Hat «10 vor 10» die Situation der Frauen in Katar beschönigt?
Im Vorfeld der Fussball-WM der Männer zeigte «10 vor 10» die dreiteilige Serie «Unbekanntes Katar». Ein Beanstander kritisiert den 3. Teil über die Frauen als oberflächlich und einseitig. Der Beitrag habe die Situation der Frauen in Katar verharmlost. Die Ombudsleute können einige Kritikpunkte nachvollziehen, sehen das Radio- und Fernsehgesetz jedoch nicht verletzt.
Mit der Sportschützin und der Immobilienhändlerin seien nur positive Beispiele von Katarischen Frauen gezeigt worden, moniert der Beanstander. Dabei vermisst er ein kritisches Nachhaken. So käme nicht zur Sprache, wie die beiden Frauen im Alltag unterdrückt oder eingeschränkt würden. Der Beitrag wirke insgesamt, als hätte sich die Rechtslage der Frauen in Katar deutlich verbessert und als gäbe es kaum Aufholbedarf.
Schwierige journalistische Arbeit transparent gemacht
Der Beitrag zeige transparent auf, wie schwierig es sei, sich vor Ort in Katar ein umfassendes Bild der Situation der Frauenrechte zu verschaffen, schreibt die «10 vor 10»-Redaktion in ihrer Stellungnahme. Dem Publikum sei klar geworden, dass die beiden interviewten Katarinnen zwei aussergewöhnliche Protagonistinnen seien, die ihre persönliche Sichtweise vermittelten.
Sowohl in der Anmoderation als auch im Beitrag sei die Kritik von Menschenrechtsorganisationen zur Sprache gekommen. Themen wie «männliche Vormundschaft», «Einschränkung der Reisefreiheit», «Heiratsregeln» oder «Einschränkung der Ausbildung» seien im Beitrag erwähnt worden.
Kein Anspruch auf Vollständigkeit
Ein kurzer Fernsehbeitrag könne ein Thema nie umfassend behandeln. Man müsse sich immer auf bestimmte Aspekte eines Themas fokussieren. Insgesamt habe der Beitrag ein differenziertes Bild der Situation der Frauen in Katar gezeigt, ist die Redaktion überzeugt. Man habe nicht vorgegeben, eine klare Antwort darauf zu haben, wie weit die Katarinnen darunter leiden, weniger Rechte als die Männer zu haben.
Eingeschränkte Frauenrechte wurden erwähnt
Die Ombudsleute zählen anhand einiger Punkte auf, wie eingeschränkt die Rechte der Frauen in Katar sind. Es treffe zu, dass die beiden interviewten Frauen «positive Beispiele» – wie sie der Beanstander nennt – seien, die sicherlich dem Staat «genehme» Frauen oder «Botschafterinnen» ihres Landes seien. Es sei nicht falsch, auch diese Sicht zu zeigen. Eine «authentische» Stimme – etwa eine Frau, die unter den Einschränkungen leidet – hätte jedoch für mehr «Gegengewicht» gesorgt.
Inhaltlich sei der Beitrag nicht einseitig, die Kritik an den Frauenrechten im Emirat werde ausgesprochen. Ungleich sei jedoch die Bildsprache. Während die beiden Katarinnen mit attraktiven Bildern aus ihrem Alltag gezeigt würden, sei die Kritik lediglich im Off-Text oder via Videokonferenz zu hören. Dies sei jedoch darauf zurückzuführen, dass es nicht einfach sei, mit katarischen Frauen überhaupt ins Gespräch zu kommen.
Da im Beitrag wiederholt und deutlich auf die eingeschränkten Rechte der Frauen hingewiesen werde, können die Ombudsleute keinen Verstoss gegen das Radio- und Fernsehgesetz feststellen.
Zum «10 vor 10»-Beitrag «Unbekanntes Katar», Teil 3.
Zum «10 vor 10»-Beitrag «Unbekanntes Katar», Teil 3.
«10 vor 10»-Beitrag «Unbekanntes Katar» – Teil 3: Frauen vom 26. Oktober 2022 (Timecode 10:42)
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