Medienfreiheit – ein Auftrag der Politik

In dieser neuen Kolumne des Magazin LINK liefert Journalist Philipp Cueni Fakten und Hintergründe zur medienpolitischen Landschaft der Schweiz. Dieses Mal: Wie setzt das Bundesparlament den Grundsatz der Medienfreiheit um? Ein Check an mehreren Beispielen.

Artikel 17 der Bundesverfassung garantiert die Medienfreiheit. Das ist für die Aufgabe der Medien eine zentrale Voraussetzung. Nur unabhängige Medien können Gesellschaft, Wirtschaft und Politik kritisch beobachten und allfällige Unstimmigkeiten aufdecken. Durch Artikel 17 ist die Politik verpflichtet, eine freie Medienarbeit mit Gesetzen zu stützen. Aber es besteht auch die Gefahr, dass die Politik kritische Medienarbeit bändigen möchte.

Vorsorgliche Zensur: Gegen die Medien entschieden haben die eidgenössischen Räte im März mit einer Änderung der Strafprozessordnung. Damit wird es einfacher, Medienberichte vor dem Erscheinen mittels superprovisorischer Verfügung eines Gerichts zu stoppen und so eine Publikation vorsorglich zu verhindern. Check: negativ.

Bank-Interna: Im Februar hat der Nationalrat eine Änderung des Bankengesetzes verlangt. Damit korrigiert er einen eigenen Gesetzeserlass aus dem Jahre 2015. Bisher regelte das Bankengesetz, dass Medienschaffende bestraft werden, wenn sie ihnen zugespielte «geheime» Informationen aus Banken veröffentlichen. Das hatte die Kontrollfunktion der Medien massiv eingeschränkt. Ein Beispiel: Einigen Medien wurden anonym grosse Datenmengen aus der Credit Suisse (CS) zugespielt. Diese Daten zeigten, dass die CS über Jahre fragwürdige Kundenbeziehungen eingegangen war. Die Schweizer Medien konnten diese Recherche nicht realisieren, sonst wären ihre Journalistinnen und Journalisten angeklagt worden. In der Schweiz konnten nur ausländische Zeitungen zitiert werden, um über diese brisanten Erkenntnisse zur CS zu berichten. Check: Änderung positiv.

Quellenschutz: Diesen hat die Medienbranche vor 25 Jahren errungen. Dadurch müssen Medienschaffende vertrauliche Informantinnen und Informanten nicht preisgeben. Und das Öffentlichkeitsgesetz – das ist 2004 erreicht worden. Damit können Medien den Zugang zu amtlichen Dokumenten einfordern. Check: zweimal positiv. Aber: Nach dem Entscheid zum CS-Verkauf verweigerte der Bund den Medien offenbar jegliche Dokumente mit Hinweis auf Notrecht. Check: hochproblematisch!

Indiskretionen: Wegen Artikel 293 im Strafgesetz können Medienschaffende bestraft werden, wenn sie «vertrauliche Informationen» veröffentlichen. Auch das widerspricht der Kontrollfunktion der Medien. 2017 hat das Parlament die Streichung des Artikels abgelehnt. Medienschaffende müssen also weiterhin damit rechnen, gerichtlich belangt zu werden. Immerhin hat der Gesetzgeber 2018 ergänzt, die Handlung sei nicht strafbar, wenn für die Veröffentlichung ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht. Check: noch ungenügend.

Missbräuchliche Klagen gegen Medien: Zunehmend wird versucht, Medienschaffende mit massiven Klagen während Recherchen einzuschüchtern und so unerwünschte Publikationen zu unterbinden. Dagegen braucht es gesetzliche Schranken. Check: Bitte handeln.

Für die konsequente Umsetzung der Medienfreiheit gemäss Artikel 17 der Bundesverfassung ist die Politik weiterhin gefordert.

Zur Person:

Philipp Cueni ist Medienjournalist und Gründer des Medienmagazins EDITO. Als freier Journalist schreibt er im Magazin LINK jeweils zu einem aktuellen Thema aus der Medienpolitik – er liefert Fakten und Hintergründe, ordnet ein und kommentiert. Die Kolumne ist von der Handschrift des Autors geprägt und widerspiegelt somit ab und zu seine persönliche Meinung.

Text: Philipp Cueni

Bild: SRG.D/Maximilian Lederer

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