Das Dilemma des Albert Rösti

Die medienpolitische Landschaft in der Schweiz wird zurzeit von vielen Herausforderungen geprägt. Medienjournalist Philipp Cueni liefert darum in dieser Kolumne Fakten und Hintergründe, er ordnet ein und kommentiert. Diesmal: Die Initiative «200 Franken sind genug» als Dilemma für Bundesrat Albert Rösti und die Aussichten der SRG.

Erstmals hat der neue Medienminister, Bundesrat Albert Rösti, sich zum Dossier Medien geäussert – wenn auch einzig zur SRG. Seine Message: Die Arbeiten zu einer Erneuerung der SRG-Konzession werden unterbrochen. Rösti will zuerst eine «Gesamtschau über die künftige Entwicklung» vornehmen und die Initiative «200 Franken sind genug» abwarten. Vor einer inhaltlichen Definition des Auftrags an die SRG müsse die Finanzierung geklärt sein. Aus SRG-Optik könnte das erschrecken. Aber das Vorgehen scheint logisch. Dennoch: Neben der radikalen Abbau-Initiative steht nun auch die Überprüfung des Auftrags an die SRG durch den Bundesrat an.

Es stehen der SRG unsichere Zeiten bevor. Was absehbar ist: Eine Annahme der «200 Franken»- Initiative würde das Budget und damit das Angebot der SRG etwa halbieren. Konkreter: Die SRG müsste mit etwa 750 Millionen Franken weniger auskommen – falls die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger dem Abbau zustimmen. Aber was machen die politischen Instanzen im Vorfeld? Bundesrat und Parlament werden zur Volksinitiative, wenn sie dann eingereicht ist, Stellung beziehen. Kaum wahrscheinlich ist eine Unterstützung. Aber was wird der Medienminister vorschlagen? Als ehemaliger Mitinitiant von «200 Franken sind genug» will er seine frühere Basis nicht verärgern. Im Gesamtbundesrat wird er kaum eine Mehrheit für die Initiative finden. Als Medienminister will er nicht riskieren, vom Volk überstimmt zu werden. In seiner neuen Rolle wird er gegen die Initiative argumentieren müssen – vielleicht sogar die Sachlage anders beurteilen. Albert Rösti steht vor einem Dilemma.

Verständlich ist deshalb, dass der Medienminister auf Zeit spielt, sich möglichst viele Optionen offenhält. Und mit der Konzessionsverlängerung ermöglicht er der SRG vorerst Kontinuität.

Wie also kann der neue Bundesrat und ehemalige SVP-Präsident Mehrheiten erreichen, ohne seine Basis zu verärgern, ohne seine «eigene» Initiative bekämpfen zu müssen? Gut möglich, dass Rösti einen Ausweg über einen Gegenvorschlag sucht. Die Erzählung dazu könnte aus seiner Optik so lauten: Weil die «200 Franken»-Initiative eine Chance beim Volk habe, «rette er die SRG». Also macht er einen «moderaten» Gegenvorschlag. Gerade das aber könnte für die SRG gefährlich werden. Denn ein Gegenvorschlag würde wohl so aussehen: die SRG finanziell deutlich beschränken, aber nicht so radikal wie die Initiative aus der SVP-Küche. Das tönt nach Kompromiss, ist für die Realisierung eines breiten Service-public-Auftrags aber brandgefährlich: Statt 750 Millionen fehlen dann der SRG vielleicht 400 oder 500 Millionen. Auch das ginge massiv an die Substanz der Rundfunkgesellschaft.

Für einen Gegenvorschlag muss der Medienminister erst noch das – bis dann neu zusammengesetzte – Parlament gewinnen. Schafft er das, würden in einer Volksabstimmung drei Variantenzur Wahl stehen: Die «200 Franken»-Initiative, der Gegenvorschlag oder zweimal Nein. Es ziehen für die SRG also eher dunkle Wolken auf. Was kann sie tun? Abwarten und mit einem guten Programm möglichst viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger davon überzeugen, dass jeder Abbau ein Verlust im Medienangebot wäre.

Philipp Cueni ist Medienjournalist und Gründer des Medienmagazins EDITO. Als freier Journalist schreibt er jeweils im Magazin LINK zu einem aktuellen Thema aus der Medienpolitik. Die Kolumne ist von der Handschrift des Autors geprägt und widerspiegelt somit ab und zu seine persönliche Meinung.

Text: Philipp Cueni

Bild: zVg

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