«Auch Kinder haben ein Recht, die Welt zu verstehen»

Kinder wollen begreifen, was in der Welt passiert. Sie wollen sich eine Meinung bilden – auch mit und in digitalen Medien. Wie geht das Kinderprogramm von SRF mit dieser Aufgabe um? Die Macherinnen Andrea Fehr und Stefanie Theil im Gespräch.

Warum ist ein Kinderprogramm wie SRF Kids für die Meinungsbildung wichtig?
Stefanie Theil: In «SRF Kids News» werden Nachrichten so erklärt, dass Kinder sie verstehen können. Sie sollen Kindern helfen, aktuelle Ereignisse besser zu begreifen. Viele bewegen sich auf sozialen Plattformen, dort finden sie eine Flut an ungefilterten Informationen. Unser Auftrag ist, kindgerechte und ausgewogene Informationen anzubieten, so dass sich Kinder eine eigene
Meinung bilden können.

Andrea Fehr: Wichtig ist, dass das auf Augenhöhe passiert. Die Welt ist selbst für uns Erwachsene manchmal nicht einfach zu verstehen. Der Ukraine-Krieg beispielsweise hat auch viele Kinder sehr beschäftigt. Es ist unsere Aufgabe, mit dem Kinderprogramm Wissen zu vermitteln, das beim Verstehen des Alltags hilft.

Auch Berichte über einen Snapchat-Chatbot oder Sicherheit auf dem Velo haben bei «SRF Kids News» Platz. Bei «SRF Kids Reporter:in» entdecken Kinder die Welt aus ihren Augen: Wie es sich mit Zöliakie lebt oder wie es ist, die Periode zu haben. Wie wichtig sind solche Berichte für die Meinungsbildung?
Fehr: Es gibt viele Themen, die keinen Aktualitätsbezug haben. Beispielsweise Vegetarismus: Ist es schlau, Fleisch zu essen, oder nicht? Themen, die die Kinder in ihrem Alltag beschäftigen, sind uns wichtig. Auch Kinder haben ein Recht, die Welt zu verstehen. Das ist unser Auftrag als Medienunternehmen. Als Service public berichten wir für alle.

Theil: Bei den Kindernachrichten ist es uns wichtig, dass wir erklären können. Warum passiert etwas? Wer vertritt welche Meinung? Ich sehe unsere Berichterstattung als eine Art Schuhlöffel, um weitere Wissensschritte zu gehen.

Im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen: Kinder können noch nicht an die Urne. Wie geht ihr mit politischen Themen um?
Theil: Die Wahlen sind für uns ein gesetztes Thema. Es ist unsere Aufgabe, so zu berichten, dass wir die Aufmerksamkeit der Kinder wecken. Wir möchten eine Basis für später legen, fürs Erwachsenenalter. Dennoch bleibt es ein Spagat: Berichten wir über das, was im Alltag der Kinder gerade aktuell ist, oder erklären wir, was in unserem Land und auf der Welt passiert?

Fehr: Es ist tricky, Kindern zu erklären, warum Politik wichtig ist. Wir landen oft bei Grundsatzfragen: Was ist eine Demokratie? Wie viel Macht hat eine Bundesrätin? Auch wenn Kinder bei einem Thema noch keine eigenen Erfahrungen haben, dürfen wir eins nicht vergessen: Kinder sind clever. Unsere Community interessiert sich beispielsweise sehr für Themen wie Klima und
künstliche Intelligenz – worüber ja auch die Politik diskutiert.

Welchen besonderen Herausforderungen begegnet ihr, wenn ihr über komplexere Themen berichtet, z.B. das Klima?
Fehr: Ein besonderes Augenmerk legen wir auf die Bilder. Sie können eine riesige Wirkung haben, im Extremfall sogar traumatisieren. Wir sind daher sehr sorgfältig und vorsichtig, wenn es um die Bildauswahl geht. Das Gleiche gilt für die Tonspur sowie unsere Wortwahl. Wir versuchen, die Kinder in ihrer Welt abzuholen.

Theil: Wir achten darauf, dass wir ausgewogen berichten, dass Gegenstimmen zu Wort kommen. Wir geben keine Meinung vor, sondern liefern Informationen. Wir können dabei nicht zu viel Vorwissen voraussetzen, sonst überfordern wir die Kinder, aber es darf auch nicht zu kindlich sein. Wir suchen stets die richtige Balance.

Kinder gelten als leicht beeinflussbar. Sind sie das? Und habt ihr da eine besondere Verantwortung?
Theil: Man weiss aus der Werbung, dass Kinder beeinflussbar sind. SRF Kids will keine Kinder beeinflussen. Unser Ziel ist, sie zu einer eigenen Meinung zu befähigen. Wir möchten vielseitig berichten, beispielsweise Menschen aus verschiedenen Kulturen oder Bildungsniveaus zeigen.

Fehr: Kinder lernen, indem sie uns Erwachsene beobachten. Daher: Ja, wir tragen eine besondere Verantwortung, wenn wir Kinderprogramme produzieren. Umso wichtiger ist, dass wir Kinder begleiten und befähigen, sich selbst ein Bild der Welt zu machen.

Andrea Fehr

Porträt Andrea Fehr

Andrea Fehr ist Leiterin von SRF Kids. Das Angebot richtet sich grösstenteils an Kinder von acht bis zwölf Jahren.

Stefanie Theil

Porträt Stefanie Theil

Stefanie Theil ist Leiterin von SRF school und Projektverantwortliche für die «SRF Kids News».

Text: Sulamith Ehrensperger

Bild: SRF

Kommentar

Kommentarfunktion deaktiviert

Uns ist es wichtig, Kommentare möglichst schnell zu sichten und freizugeben. Deshalb ist das Kommentieren bei älteren Artikeln und Sendungen nicht mehr möglich.

Weitere Neuigkeiten