Co-Präsident der Filmakademie: «Der Schweizer Filmpreis ist urdemokratisch»
Der Schweizer Filmpreis zeichnet seit 1998 die grössten Leistungen im Schweizer Filmschaffen aus. Die Preisträger:innen in den insgesamt 13 Kategorien werden jeweils von den Mitgliedern der Schweizer Filmakademie gewählt. Wir sprechen mit deren Co-Präsident, dem Zürcher Filmemacher Samir, über das «Klassentreffen» der Schweizer Filmbranche.
Zur Person
Samir (*1955 in Bagdad) ist Schweizer Filmemacher, Regisseur und Produzent von sowohl Spiel- als auch Dokumentarfilmen. 1994 gründete er die Produktionsfirma Dschoint Ventschr. Zu seinen bekanntesten Werken gehören die Dokumentarfilme BABYLON 2 (1993), FORGET BAGHDAD (2002) und IRAQI ODYSSEY (2014).
Samir, der Schweizer Filmpreis wird in diesem Jahr zum 26. Mal vergeben. Warum ist die Auszeichnung nach wie vor wichtig?
In erster Linie ist er dafür da, dass die Gemeinschaft der Schweizer Filmemacher:innen über das Schaffen der jeweils anderen Bescheid weiss. Diese Gemeinschaft ist es ja auch, die aus allen Arbeiten die besten kürt. Es ist, wenn man so will, ein urdemokratischer Prozess unter gleichwertigen, kreativen Macher:innen. Als Nebeneffekt ergibt sich eine Öffentlichkeit, die neugierig ist darüber, was wir Filmschaffenden als das Beste empfinden. Dabei vertritt die Schweizer Filmakademie inzwischen auch wirklich die Filmbranche. Das war zu Beginn anders: Damals hatte unser Verband noch weniger Mitglieder. Bei der Gründung waren andere Akteur:innen aus Fernsehen, Presse und Verleih beteiligt. Heute aber ist die Filmakademie soweit gewachsen, dass der Filmpreis auch wirklich von den Filmschaffenden verliehen und dadurch auch von ihnen mitgetragen wird.
Im Vorfeld gab es aber gerade dazu Diskussionen. Auslöser waren die französischsprachigen Filme, die den Schweizer Filmpreis vor allem in der wichtigsten Kategorie – dem Film des Jahres – dominieren. Was sagt das über über das Auswahlprozedere aus?
Es sagt vor allem eines aus: Wir beurteilen die Qualität von Filmen, egal aus welchem Landesteil er stammt. Zwei Drittel unserer Mitglieder stammen aus der Deutschschweiz. Wenn welsche Filme so gut abschneiden, zeigt das nur, dass es im Schweizer Filmschaffen eben keinen Röstigraben gibt.
Sie sind einer der renommiertesten Regisseure der Schweiz und schon lange im Schweizer Filmbetrieb. Welche Entwicklungen stellen Sie aktuell fest?
Der Wettbewerb für junge Filmschaffende ist grösser und härter als zu meiner Zeit. Aus den Hochschulen kommen viele sehr gut ausgebildete Leute mit erfrischenden Ideen und dem Willen, neue Wege einzuschlagen. Dazu bringen sie einen hohen Professionalitätsgrad in allen Bereichen der Arbeit mit. Dadurch ist das Qualitätsniveau sehr hoch. Leider fehlt ihnen wie dem ganzen Schweizer Film eine gute Anbindung der Schweiz an Europa. Das ist für uns nach wie vor ein Handicap.
Alle beim Schweizerischen Filmpreis nominierten Spiel- und Dokumentarfilme entstanden in Kooperation mit der SRG, die auch Mitorganisatorin ist. Wie blicken Sie auf diese Zusammenarbeit?
Zunächst: Es ist keine Vorbedingung, dass ein Film gemeinsam mit der SRG produziert werden muss, um einen Schweizer Filmpreis zu gewinnen. Aber die SRG ist als wichtiger Player im Schweizer Filmgeschäft eine enge Partnerin für die Förderung und Distribution des Filmpreises.
Starproduzent sorgt für neuen Filmpreis-Sound
Starproduzent sorgt für neuen Filmpreis-Sound
Neues Sounddesign von Depeche-Mode-Produzent Kurt Uenala. Er sagt: «Nach 25 Jahren in Amerika und Island ist mein Bezug zur Schweiz noch grösser als zur Zeit, als ich aufgewachsen bin. Ich schaue viel Schweizer Fernsehen und verfolge auch den Filmpreis.»
Gibt es beim Filmpreis Veränderungswünsche seitens der Filmakademie?
Seitens der Mitglieder gibt es den Wunsch zu mehr Mitsprache bei der Organisation des Anlasses. Der Tenor ist: Wir sind es, die die Werke erschaffen und die Auswahl treffen. Vergeben werden die Preise aber hauptsächlich durch Politiker:innen und Funktionäre und wir dürfen nicht einmal zum Ablauf der Veranstaltung äussern. Das Co-Präsidium, also ich und Séverine Cornamusaz, erhielten deshalb an der letzten Mitgliederversammlung den Auftrag, die Präsenz der Filmakademie am Filmpreis zu erhöhen.
Worauf freuen Sie sich besonders, wenn die Gala morgen losgeht?
Ich freue mich auf das Zusammenkommen mit den Kolleg:innen. Es ist eine Art Klassentreffen, die ganze Branche freut sich darauf. Ausserdem bin ich darauf gespannt, wer gewinnt. Wir von der Filmakademie wählen zwar die Preisträger:innen, wer schliesslich ausgezeichnet wird, ist aber für alle eine Überraschung. Ich kenne bisher nur die Person, die den Spezialpreis gewinnt, denn dort halte ich die Laudatio.
Der Schweizer Filmpreis im Programm der SRG und auf Play Suisse
SRF 2, RTS 2 und RSI LA 2 zeigen im Nachgang der Veranstaltung in ihren Programmen eine gemeinsame Sondersendung «Der Schweizer Filmpreis – Highlights» mit Ausschnitten aus der Preisverleihung sowie Gesprächen mit den Gewinner:innen vor Ort. Ausserdem begleitet SRF die Veranstaltung in der Sendung «Gesichter & Geschichten» sowie der «Tagesschau» und zeigt vor und nach der Verleihung vergangene Gewinnerfilme.
Auf der SRG-Streaming-Plattform Play Suisse steht zudem eine Spezial-Kollektion «Schweizer Filmpreis» mit 4 neuen Titeln zur Verfügung: «Drii Winter» von Michael Koch (2022), «(Im)mortels» von Lila Ribi (2022), «The Records» von Jonathan Laskar (2022) und «Soul of a Beast» von Lorenz Merz (2021). Insgesamt sind 16 preisgekrönte Filme der vergangenen Jahre zu sehen.
Mehr Infos dazu in der Medienmitteilung.
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