Das Leben als Stuntfrau: Ladina Nef im Videoporträt
Mit ihren Stunts scheinen sie Berge zu versetzen – oder zumindest darüber hinwegzuspringen: Stuntfrauen wie Ladina Nef. Die Appenzellerin brennt für perfekte Stuntszenen. Hinter den Kulissen arbeitet sie mit Hingabe dafür. Ein Porträt.
Sie springt durch Fensterscheiben, lässt sich von Autos überfahren oder setzt sich selbst in Brand. Am liebsten aber stürzt sie sich aus atemberaubenden Höhen in die Tiefe. Ladina Nef ist Stuntfrau – und stets bereit, für spektakuläre Filmszenen im Rampenlicht zu stehen. «Kleine Schnittwunden und blaue Flecken sind Teil des Jobs», sagt die 23-Jährige.
Stuntarbeit ist jedoch mehr als mutig sein und Kampfchoreografien zu perfektionieren. «Die Leute denken, ich zünde täglich eine Explosion.» Eine Illusion. Tatsächlich umfasst der Alltag einer Stuntfrau auch Büroarbeit, akribisches Üben, das Entwickeln und Vorbereiten von Szenen bis zur Perfektion. Im Studio der 1291 Productions GmbH im thurgauischen Bürglen entsteht die Magie. «In unserer Werkstatt fertigen wir alles an, was für Sichere Stunts benötigt wird – von umgebauten Autos bis hin zu Spezialeffekten wie Regen oder Explosionen.» Eine akribische Vorbereitung, die in wenigen Filmsekunden ihre Vollendung findet.
Entgegen dem Klischee muskelbepackter Blockbuster-tauglicher Stuntleute ist Nef zierlich. Sie hat feine Gesichtszüge, eine Brille und lange braune Haare. Ihre Freizeit verbringt sie mit Handball, Krafttraining und als Blauring-Leiterin. Auch der Wechsel vom sicheren Bürojob zur Stuntfrau war ein Sprung ins Ungewisse.
Einer, der sich gelohnt hat. Heute zählt sie zum Team um Oliver Keller, der sich als Stuntman in Hollywood einen Namen gemacht hat. Für Nef ist ihr Ausbilder nicht nur ein Mentor, er weiht sie auch in die Stuntwelt ein. Dank ihm hatte sie die Möglichkeit, Hollywood-Stuntmen-Legenden wie Conrad Palmisano, Bob Yerkes, John Moio sowie Troy und Tim Gilbert kennenzulernen.
«Ich bin darauf trainiert, dass nichts passieren kann.»
Ladina Nef, Stuntwoman
Nef kommt aus dem appenzellischen Herisau. «Schon als Kind war mir nichts schnell und weit genug.» Ihre Entscheidung, Stuntfrau zu werden, kam nicht über Nacht. Ihr beruflicher Weg führte sie zunächst über eine Banklehre. Nach sechs Jahren entschied sie sich für eine radikale berufliche Wende: vom Bankschalter zum Filmset.
Ein Jahr später war sie als Stuntfrau am «Tatort»-Set. In «Tschugger» sprang sie von einer Brücke, in «Jakobs Ross» fiel sie als Mann einen Abhang hinunter und im Schweizer Netflix-Thriller «Early Birds» doubelt sie die Hauptdarstellerin Caro – bei Autostunts und sogar bei einem brutalen Endkampf. Jeder Stunt bringt eine Mischung aus Vorfreude und Respekt mit sich. «Es kribbelt im Bauch.» Doch Angst kennt sie nicht. «Ich bin darauf trainiert, dass nichts passieren kann.» Dennoch gibt es Momente, die auch sie nervös machen. In «Early Birds» überfuhr sie einen Bösewicht – eine Szene, die höchste Konzentration erforderte. «Beim Anfahren musst du noch etwas mehr Gas geben» – und dies mit dem Stuntkollegen auf der Motorhaube. «Wenn ich mich verletze, bin ich selbst schuld. Aber wenn ich jemanden verletzen würde, wäre das sehr schlimm für mich.»
Für Nef ist die Faszination für Stunts ungebremst. «Ich muss zugeben, dass ich die Stunts mag, wegen des Augenblicks und des Adrenalins. Das Beste ist aber das Glücksgefühl, wenn am Ende alle zufrieden sind.» Als Stuntfrau agiert Nef im Schatten der Schauspielerin, die sie doubelt. Auch sie schlüpft in eine Rolle, als Schauspielerin sieht sie sich aber nicht. «Sobald jemand Emotionen zeigt, denke ich: Wow, das könnte ich auf keinen Fall.» Die Stuntkunst liege in der physischen Darstellung.
Ihr Traum? Nicht unbedingt Hollywood, sondern die Stuntszene in der Schweiz zu prägen und zu zeigen, dass auch hierzulande spektakuläre Stunts möglich sind. Ob Herisau oder Hollywood, ihren Wunschstunt möchte Nef auf jeden Fall realisieren: einen Autoüberschlag mit mindestens sechs Rollen.
Zur Person
Ladina Nef (23) aus Herisau wird bei 1291 Productions zur Stuntfrau ausgebildet. Sie doubelte unter anderem in «Tschugger», «Early Birds», «Jakobs Ross» sowie «Alter Ego» und war für die Spezialeffekte in «Sew Torn» verantwortlich.
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