«Wir dürfen stolz sein auf das Schweizer Fiktionsangebot»

Seit Anfang April dieses Jahres leitet Cathy Flaviano die SRG-Streamingplattform Play Suisse. Nach 100 Tagen zieht sie ein erstes Zwischenfazit.

Cathy Flaviano, seit April leiten Sie die SRG-Streamingplattform Play Suisse. Wie war Ihr Start?

Die Übergabe war intensiv. Play Suisse ist dezentral organisiert, wir haben Mitarbeitende in Zürich, Genf und Lugano. Ich wollte die Menschen kennenlernen, also bin ich in den ersten Wochen viel in der Schweiz herumgereist. Inzwischen besprechen wir uns vor allem im digitalen Raum. Ich bin seit rund 30 Jahren bei der SRG engagiert, ich kenne also den Betrieb schon gut. Trotzdem: Dieses Projekt ist für mich unter vielen Aspekten Neuland und darum herausfordernd, aber auch sehr spannend. In meinem Team gibt es zum Glück viele sehr engagierte Fachpersonen mit grossem Know-how. Ich wurde von Beginn weg super unterstützt und herzlich willkommen geheissen.

Play Suisse hat im Frühling die 1'000'000-Abo-Marke geknackt. Wie kann Play Suisse neben den grossen Streaminganbietern bestehen?

Mein Vorgänger Pierre-Adrian Irlé, der mit dem Team Play Suisse aufgebaut hat, erreichte diese Marke an seinem letzten Arbeitstag. Es freut mich ausserordentlich, dass er diesen Meilenstein noch erreichen durfte. Wie er es geschafft hat, hat er mir leider nicht verraten. (lacht) Aber wir wollen diese Entwicklung natürlich fortsetzen. Unsere Aufgabe liegt darin, ein Schaufenster für Filme, Serien und Dokumentationen zu sein, welche die SRG in den verschiedenen Landesteilen (co-)produziert. Dadurch schaffen wir Sichtbarkeit für das Schweizer Serien- und Filmschaffen in allen Sprachregionen.

Warum betreibt die SRG überhaupt eine Streamingplattform?

Streaming ist die Zukunft! Wir haben uns unterdessen daran gewöhnt, dass wir Inhalte zu jeder Zeit und überall abrufen können. Es ist eine grosse Chance für den Schweizer Film und Dokumentarfilm, sowie unsere Serien. Ob die Filme mittels «Pacte de l’audiovisuel», dem Förderbeitrag der SRG, entstanden sind oder ob es sich um Produktionen der Unternehmenseinheiten SRF, RTS, RSI und RTR handelt – diese Angebote sind für die ganze Schweiz interessant und nicht nur für die Sprachregion, in der sie produziert wurden; «Wilder» zum Beispiel, aber auch «Davos 1917».

«Die Kohäsionsleistung der SRG wird durch Play Next noch deutlicher aufgezeigt.»

Cathy Flaviano, Leiterin Play Suisse

Mit unserer Plattform wollen wir diese Werke in mindestens drei Landessprachen anbieten. So kann das Publikum Neues aus den anderen Landesteilen entdecken. Im Streamingbereich sind wir es uns unterdessen gewohnt, fremdsprachige Serien zu schauen. Wenn wir mexikanische oder koreanische Fiktionsformate konsumieren, warum sollten uns also Inhalte aus der Romandie oder dem Tessin nicht auch interessieren?

Play Suisse und die einzelnen Plattformen aller Unternehmenseinheiten sollen zusammengelegt werden zu einer einzigen Plattform, die den Arbeitstitel «Play Next» hat. Was gibt es zu diesem Projekt zu sagen?

Das Projekt Play Next will das Angebot der Player von SRF, RTS, RSI und RTR sowie Play Suisse fusionieren. Die User:innen sollen auf einer Plattform Zugriff auf das SRG-Angebotsuniversum aus allen Regionen haben. Die Kohäsionsleistung der SRG wird dadurch noch deutlicher aufgezeigt.

Das Projekt Play Next leitet Damien Corti. Wir sind in stetigem Austausch. Beim Aufbau von Play Suisse haben wir sehr viel gelernt. Die Regionen haben wiederum mit ihren Playern auch wertvolle Erfahrungen gesammelt. Diese kombinierten Erfahrungen wollen wir nun gut nutzen.

Zur Person

Cathy Flaviano leitet seit April 2024 die SRG-Plattform Play Suisse. Sie war lange als SRG-Redaktorin tätig, zuletzt bei RSI, wo sie die Abteilung «Kultur und Gesellschaft» aufgebaut und danach geleitet hat.

Hätte man von Anfang an auf nur eine Plattform setzen sollen?

Nein, zu Beginn hat die Trennung Sinn gemacht. Play Suisse musste von Anfang an eine gut sichtbare Identität, ein Nutzererlebnis auf dem Niveau der grossen Streaming-Plattformen und eine kurze Entwicklungszeit haben. Mit einer Integration in die regionalen Player hätten diese Ziele nicht erreichen werden können. Play SRF zum Beispiel unterscheidet sich von Play Suisse unter vielen Aspekten. Play Suisse bietet ein zeitloseres, kuratiertes Film- und Serienangebot; Play SRF hingegen unter anderem Zugriff auf das Informationsangebot und Live-Radio und TV. Das Fusionsprojekt möchte diese beiden Welten zusammenzubringen. Ich bin selbst sehr gespannt, wie das am Ende aussieht.

Streaming gilt als der Weg der Zukunft. Wo liegen aktuell die grössten Herausforderungen?

Heute ist alles dem Prinzip der Aufmerksamkeitsökonomie unterworfen. Das ist beim linearen Fernsehen und Radio übrigens nicht anders. Unterdessen können wir ja im Netz oder via DAB+ hunderte von Stationen aus aller Welt sehen und hören. Die Frage ist also immer: Wie schaffe ich es, dass die Leute aus der Fülle von Angeboten uns auswählen? Sicher: Zentral ist der Inhalt. Es muss qualitativ hochstehender Content sein, wie ihn die SRG anbietet. Wir dürfen stolz darauf sein, wie gut nebst den Informationsformaten auch die Fiktionsangebote aus der Schweiz inzwischen sind – und zwar aus allen Sprachregionen. Aber das Angebot muss auch den Weg zum Publikum finden! Vor allem zu jenem, welches nicht mehr klassisches TV oder Radio konsumiert. Das ist bei der grossen Konkurrenz im digitalen Raum gar nicht so einfach.

Mehr Barrierefreiheit auch auf Play Suisse

Alle Menschen in der Schweiz sollen einen barrierefreien Zugang zu den Programmangeboten der SRG haben. Das erleichtert Menschen mit einer Einschränkung die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Ein Grossteil des linearen Fernsehangebotes wird deshalb heute bereits untertitelt oder in Gebärdensprache angeboten und auch das Angebot an audiodeskribierten Inhalten wird immer grösser. So auch auf der SRG-Streaming Plattform Play Suisse.

Rund 400'000 sehbehinderte Menschen leben in der Schweiz, das sind mehr als vier Prozent der gesamten Bevölkerung. Auch sie sollen die Möglichkeit haben, Fernsehen nicht nur akustisch zu konsumieren, sondern ebenso spannende und schöne Filme schauen zu können, wie Menschen ohne Sinnesbehinderung. Dafür gibt es die Audiodeskription, also die Beschreibung von Personen, Schauplätzen, Handlungen, Gesichtsausdrücken, Kostümen und anderen visuellen Aspekten, die zum Gesamtverständnis des Inhalts beitragen.

Die SRG bietet sinnesbehinderten Menschen vor allem zur Primetime und am Wochenende ein breites Angebot an solchen Inhalten – und neu können auch auf der SRG-Streaming-Plattform Play Suisse audiodeskribierte Filme, Dokumentationen und Serien geschaut werden. Unter «Themen» gibt es nun die Rubrik «Audiodeskription» mit einer Übersicht des gesamten Angebotes.

In drei Sprachen audiodeskribiert angeboten werden beispielsweise die Schweizer Fiktionsserie Alter Ego. Am Carnevale in Bellinzona wird die Leiche eines Mädchens gefunden. Die Ermittlungen führen Kommissar Leonardo Blum und sein Team inmitten von Masken und Konfetti in eine längst vergessen geglaubte Vergangenheit.

Auch die Doku-Serie Abenteuer am Golf, die sich mit Menschen beschäftigt, die für die Fussball-WM 2022 in Katar ihren Lebensmittelpunkt temporär an den Persischen Golf verlegt haben, ist bei Play Suisse in drei Sprachen audiodeskribiert abrufbar. Die Serie wirft einen kritischen und staunenden Blick auf eine für uns eher fremde Region.

In ein bis zwei Sprachen audiodeskribiert abrufbar sind unter anderem folgende Highlights: Swissair 111 - Absturz über Halifax – die Dokumentation greift das schlimme Ereignis vom 3. September 1998 auf, als vor der kanadischen Küste bei Halifax eine Swissair-Maschine mit Kurs von New York nach Genf abstürzte. Der Film zeigt auf, wie die Tragödie das Leben von Angehörigen für immer veränderte.

Todesfalle Haute Route – Das Drama unter der Pigne d’Arolla, auf der legendären Haute Route, der Skitour zwischen Chamonix und Zermatt, ist das grösste Unglück dieser Art in den Schweizer Alpen. Unfall oder menschliches Versagen? Der Film rollt das Drama auf und zeigt, wie es dazu kam.

In cammino sulla Via Crio – Von den Monti Savorù oberhalb von Lumino bis zum Passo del Lucomagno begeben sich die Protagonisten dieser faszinierenden Wanderung auf die Via Crio, den jüngsten der Tessiner Höhenwege. Umgeben von wilder und unberührter Natur überqueren acht Wanderer Täler, Moränen, Sättel, Pässe... und zehn Gipfel über 3000 Meter.

Artémis, le temple perdu – In den 1960er Jahren machte sich der junge Neuenburger Archäologe Denis Knoepfler auf die Suche nach dem verlorenen Tempel der Artemis in Amarynthos. Es braucht fünf Jahrzehnte Ausgrabungen, einen unerschütterlichen Glauben und das Bewegen von Tonnen von Erde, bis ein schweizerisch-griechisches Team endlich eines der letzten grossen archäologischen Rätsel des griechischen Altertums lüftet.

Play Suisse: Zugang auch aus dem europäischen Ausland

Die Streaming-Plattform der SRG ist auch im europäischen Ausland zugänglich. Aus dem EU-Raum kann der Zugriff auf die mehr als 3000 Inhalte für jede:n Nutzer:in freigeschaltet werden, der/die einen Schweizer Wohnort und eine Schweizer Mobiltelefonnummer hat. Einfach in den Profil-Einstellungen «Zugang freischalten» wählen und den Anweisungen folgen. Der Zugang aus dem Ausland funktioniert sowohl für die App- und Webversion sowie neu auch für die TV-App.

Text: SRG.D

Bild: zVg

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