«Schweiz aktuell» mit irreführender Aussage zu Genfer Finanzlage

Schwimmt Genf im Geld? Diese Aussage fällt in einem «Schweiz aktuell»-Beitrag über ein geplantes Gratis-ÖV-Angebot für Junge im Westschweizer Kanton. Für die Ombudsstelle fehlt für diese Aussage aber der grössere Kontext, deshalb unterstützt sie eine entsprechende Beanstandung. Darum geht es in der beanstandeten Sendung.

In «Schweiz aktuell» wird über einen Vorschlag des Genfer Staatsrats berichtet: Dank eines guten Finanzergebnisses 2023 soll der ÖV für Personen unter 25 Jahren gratis werden. Der Beitrag geht auf die politischen Argumente für sowie gegen diesen Vorschlag ein und zeigt auf, welche bürokratischen und technischen Hürden bestehen. Auch wird die Frage gestellt, wie ein solches Vorhaben überhaupt umgesetzt werden soll.

Was wird beanstandet?

Der Beanstander kritisiert eine Aussage in der Anmoderation des Beitrags als «Fake News». Konkret geht es um die Äusserung: «Der Kanton Genf schwimmt regelrecht im Geld.» Dies stimme nicht, im Gegenteil sei der Westschweizer Grenzkanton hochverschuldet. Der Beitrag gehe mit keinem Wort auf die hohe Verschuldung ein und sei damit irreführend.

Was sagt die Redaktion?

Der «Schweiz aktuell»-Beitrag befasse sich nicht mit der Frage nach der Genfer Finanzlage, sondern damit, ob er den unter-25-Jährigen den ÖV gratis anbieten soll oder nicht. Anlass zu dieser Überlegung gebe der Überschuss in der Staatsrechnung 2023, der 1,4 Milliarden Franken betragen habe. Der Genfer Staatsrat beabsichtige, dieses Geld auszugeben und nicht, die Schuldenlast zu reduzieren. Der Vorschlag des Gratis-ÖV für Junge sei denn auch ein direkter Vorschlag des Genfer Staatsrats Pierre Maudet zur Verwendung des positiven Rechnungsergebnisses für die Bevölkerung.

In der Anmoderation werde ein direkter Zusammenhang zwischen dem guten Finanzergebnis des Vorjahres und der kritisierten Aussage hergestellt. Damit sei die Formulierung in dieser Form zulässig.

Es sei zudem zwar korrekt, dass der Kanton Genf die höchste Staatsschuldenquote aller Kantone ausweise. Jedoch müsse diese nicht zwingend als problematisch erachtet werden. Um dies zu zeigen, zitiert die Redaktion zwei Passagen aus dem vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) herausgegebenen Magazin «Die Volkswirtschaft». Diese besagen, die Kantone hätten ihre Verschuldung aktuell im Griff. Ausserdem sei Verschuldung volkswirtschaftlicher Sicht nicht zwingend schlecht. Die komplexen Zusammenhänge dahinter darzustellen, dafür reiche ein Beitrag zum Gratis-ÖV aber nicht aus.

Was sagt die Ombudsstelle?

Die Ombudsstelle schreibt in ihrem Schlussbericht, dass die Anmoderation auf die Aussage schliessen lasse, der Kanton habe keine finanziellen Probleme. Dies sei nachweislich falsch. Trotz des positiven Rechnungsergebnisses 2023 weise der Kanton Genf im interkantonalen Vergleich eine überaus hohe Verschuldung auf und suche auch nach Massnahmen zum Schuldenabbau. Die Ombudsstelle verweist hier auf einen «Echo der Zeit»-Beitrag von 2022.

Da der «Schweiz aktuell»-Beitrag versäume, auf die allgemeine Finanzsituation des Kantons einzugehen, sei er für ein nicht fachkundiges Publikum meinungsverfälschend. Das Publikum schliesse aus dem Beitrag, dass die allgemeine finanzielle Situation solche Erleichterungen wie Gratis-öV-Benutzung durch Junge unter 25 Jahren ohne weiteres erlaubt und keine vertieften finanzpolitischen Überlegungen angebracht sind. Die Ombudsstelle stellt deshalb einen Verstoss gegen das Sachgerechtigkeitsgebot gemäss Art. 4 Abs. 2 des Radio- und Fernsehgesetzes fest.

Text: SRG.D

Bild: SRG.D/Illustration Cleverclip

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