Die Begriffe «demokratisch», «antidemokratisch» und die AfD
In ihrer Berichterstattung über die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen verwendete SRF die Begriffe «demokratische Parteien» für die ‹etablierten› Parteien bzw. «antidemokratisch» für die AfD. Drei Beanstander wandten sich deshalb an die Ombudsstelle. Die Ombudsleute unterstützen die Beanstandungen nicht.
Darum geht es in den beanstandeten Beiträgen
SRF berichtete in mehreren Beiträgen über die deutschen Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen. Die Hauptausgabe und Spätausgabe der «Tagesschau» vom 1. September 2024 bezeichnete Parteien wie CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke etc. als «demokratische Parteien», die nicht mit der AfD zusammenarbeiten möchten. Ein Online-Bericht von SRF News vom 31. August 2024 bezeichnete die AfD als «antidemokratisch».
Beanstandete Sendungen:
Beanstandete Sendungen:
«Tagesschau»-Hauptausgabe vom 1. September 2024
«Tagesschau»-Spätausgabe vom 1. September 2024
Was wird beanstandet?
Die Bezeichnung von Parteien wie CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke etc. als «demokratische Parteien» empfinden einige Beanstander als missverständlich und nicht sachgerecht. Auch wenn dieser Sammelbegriff in Deutschlands Politiklandschaft üblich sei, sei er für Laien in der Schweiz irreführend. Der Betriff suggeriere, dass andere, neuere Parteien wie AfD und BSW nicht demokratisch seien.
Ein weiterer Beanstander kritisiert den Online-Bericht, der die AfD als «antidemokratisch» bezeichnet. Die AfD sei zu Wahlen zugelassen und vom Volk gewählt worden, deshalb gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, dass diese Parteien antidemokratisch seien, meint der Beanstander.
Was sagt die Redaktion?
Der Begriff «demokratisch» habe eine formale und eine inhaltliche Komponente, gibt die verantwortliche Redaktion zu bedenken. «Demokratisch» im formalen Sinne beziehe sich ausschliesslich auf die Verfahren einer Demokratie (zum Beispiel ist eine Mehrheitsentscheidung eine demokratische Entscheidung). Im inhaltlichen Sinn beziehe sich der Begriff auf die Ziele und Werte in einer Demokratie.
Die Redaktion geht davon aus, dass im allgemeinen Sprachverständnis und bei einer Mehrheit des Publikums die inhaltliche Komponente des Begriffs im Vordergrund steht. Die Frage, ob die AfD in Thüringen und Sachsen als «nicht demokratisch» bzw. «antidemokratisch» bezeichnet werden darf, wird von der Redaktion bejaht: Es sei Fakt, dass die beiden Landesverbände der AfD in Thüringen und Sachsen vom Verfassungsschutz als «gesichert rechtsextrem» eingestuft würden. Diese Einstufung sei aufgrund von Verstössen gegen die Menschenwürde und gegen das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip erfolgt. Der Thüringer Landesverband etwa vertrete gemäss dem Thüringer Oberverwaltungsgericht verfassungsfeindliche Positionen, die «mit dem Demokratieprinzip nicht mehr vereinbar» seien. zudem werde die Partei in Thüringen von einem Rechtsextremen angeführt. Dieser bediene sich bewusst immer wieder einer Nazi-Rhetorik, für die er auch verurteilt worden sei.
Es sei aus journalistischer Sicht deshalb wichtig, das Publikum immer wieder daran zu erinnern, dass diese Landesverbände der AfD eben nicht die «normale» Partei seien, als die sie sich darstellten, betont die Redaktion. Ihre Ziele und Werte basierten eben nicht auf dem Grundgesetz, sondern richteten sich dagegen.
Was sagt die Ombudsstelle?
Die Ombudsleute weisen ebenfalls darauf hin, dass die AfD in Thüringen und Sachsen gemäss Verfassungsschutz als «gesichert rechtsextrem» gilt. Rechtsextremisten lehnten u.a. die freiheitliche demokratische Grundordnung ab. Folglich werde in Deutschland häufig von der AfD als nicht demokratische Partei gesprochen. Umgekehrt würden Parteien, welche die Grundwerte respektierten, als demokratische Parteien bezeichnet.
Aus der ganzen SRF-Berichterstattung gehe hervor, dass die AfD verfassungsfeindliche Ziele verfolge, während die etablierten Parteien dies nicht täten und deshalb in Deutschland als demokratische Parteien bezeichnet werden.
Für die Ombudsleute ist aber nachvollziehbar, dass man in der «Tagesschau» der Schweiz unter dem Begriff «demokratische Partei» auf den ersten Blick eine demokratisch gewählte Partei verstehe. Deshalb erachten die Ombudsleute die so gewählte Verwendung des Begriffs in der Schweizer Berichterstattung als unglücklich.
Aus dem Kontext der gesamten Berichterstattung gehe jedoch hervor, dass mit den Bezeichnungen «demokratische Partei» bzw. «antidemokratische Partei» der Inhalt der Parteien gemeint sei. Somit können die Ombudsleute keinen Verstoss gegen das Sachgerechtigkeitsgebot feststellen.
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