Ombudsleute stützen SRF News- Porträt von Nasrallah

Zwei Personen beanstanden einen Online-Artikel von SRF News kurz nach der Tötung des Hisbollah-Anführers Hassan Nasrallah. Dessen Verantwortung für Terroranschläge und seine gewaltorientierte und -fördernde Politik würden zu wenig erwähnt, lautet die Hauptkritik. Die Ombudsleute können diese Einschätzung nicht teilen.

Darum geht es in der beanstandeten Sendung

Am 28. September 2024 wurde bekannt, dass Hisbollah-Anführer Hassan Nasrallah bei einem israelischen Angriff getötet worden ist. Am selben Tag veröffentlichte SRF News online ein Porträt von Nasrallah.

Was wird beanstandet?

Die beiden Beanstandenden sehen das Sachgerechtigkeitsgebot verletzt: Der kritisierte Online-Artikel suggeriere, Hassan Nasrallah sei ein normaler Politiker im Libanon gewesen und nicht einer der gefürchtetsten Terroristen der Welt. Es werde nicht ausreichend auf seine Verantwortung für Terroranschläge in Israel, dem Libanon und international eingegangen. Ebenso wenig würden Nasrallahs gewaltorientierte- und fördernde Politik sowie die internationale Ächtung der Hisbollah und Nasrallahs thematisiert.

Was sagt die Redaktion?

Der beanstandete Online-Artikel sei kurz nach Bekanntwerden von Nasrallahs Tod publiziert und später von der Redaktion weiterbearbeitet und ergänzt worden. Der Artikel basiere auf der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Meldung der renommierten Nachrichtenagentur sda/dpa, informiert die verantwortliche Redaktion.

Dieser Artikel sei nicht isoliert publiziert worden. Vielmehr seien gleichzeitig Informationen im Newsticker zum Krieg im Nahen Osten und ein weiterer Artikel zum Tod Nasrallahs mit Einschätzungen der Nahost-Korrespondentin erschienen. Die Online-User:innen hätten sich ein differenziertes Bild der Situation machen können. Zudem hätten später weitere Online-Inhalte weitere Facetten des Todes von Nasrallah beleuchtet.

Die Rolle Hassan Nasrallahs als Kopf der Terrororganisation Hisbollah werde im beanstandeten Text durchaus deutlich, ist die Redaktion überzeugt. Der Artikel gebe Auskunft über das Wirken von Nasrallah, inklusive der Terroraktionen. Auch dessen Unterstützung der Hamas werde thematisiert.

Zu reden gegeben innerhalb der Redaktion habe der Titel des Artikels: «Hassan Nasrallah: Sein Leben, sein Tod, sein Vermächtnis». Besonders das Wort «Vermächtnis» löste Reaktionen aus, u.a. auf Social Media. Nach Ansicht der Redaktion ist dies zwar ein neutraler Begriff, er werde von vielen Menschen jedoch positiv konnotiert und könne im vorliegenden Zusammenhang stossend wirken. Die Redaktion hat deshalb den Titel nachträglich angepasst.

Was sagt die Ombudsstelle?

Kurz nach einem Ereignis wie der Tötung des Hisbollah-Chefs könne nicht verlangt werden, ein umfassendes Bild der verstorbenen Person mit allen Nuancen und Facetten zu zeichnen, geben die Ombudsleute zu bedenken. Entscheidend für die Beurteilung der Sachgerechtigkeit sei, ob der Bericht einen adäquaten Gesamteindruck erweckt und keine unzutreffenden Tatsachenbehauptungen aufgestellt habe.

Dass bei einem solchen Porträt vor allem die von Nasrallahs geleitete Organisation Hisbollah im Vordergrund stehe, ist in den Augen der Ombudsleute korrekt. Die Kriegs- und Terrorakte der Hisbollah würden im Text klar benannt und seien aufgrund Nasrallahs Stellung als treibende Kraft in der Hisbollah offenkundig auch ihm zuzuordnen. Es werde den Leser:innen klar, dass Nasrallah diese Taten (mit) zu verantworten habe. Somit werde im beanstandeten Artikel die zentrale Rolle Nasrallahs in der Hisbollah in keiner Weise verleugnet oder herabgemindert.

Die Ombudsleute verweisen zudem auf die Mehrfachrollen der Hisbollah als Kriegspartei, Terrororganisation sowie ihre zentrale Rolle in der libanesischen Politik und Zivilgesellschaft. Diese Mehrfachrollen führten zu unterschiedlichen Wahrnehmungen und Einschätzungen auch in der arabischen Welt und in der libanesischen Gesellschaft. Für die Ombudsleute ist es nachvollziehbar, dass der beanstandete Beitrag ebenfalls auf diese für das Gesamtverständnis wichtige Ausgangslage eingeht.

Zur Verwendung des Wortes «Vermächtnis» im Titel: Dieser Begriff führe allein nicht dazu, den gesamten Beitrag als nicht mehr sachgerecht zu bezeichnen. Einerseits werde dadurch der Gesamteindruck des Beitrags nicht wesentlich verändert, anderseits lässt sich gemäss Ombudsstelle darüber streiten, ob der Begriff «Vermächtnis» effektiv einen derart positiven Gehalt aufweist.

Die Ombudsleute können im beanstandeten Beitrag keine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots erkennen.

Text: SRG.D/dl

Bild: Symbolbild Nahostkonflikt/Illustration Cleverclip

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