Fenster ins Ausland im Visier des Abbaus
Die medienpolitische Landschaft in der Schweiz wird zurzeit von vielen Herausforderungen geprägt. Medienjournalist Philipp Cueni liefert darum in dieser Kolumne Fakten und Hintergründe, er ordnet ein und kommentiert. Die Kolumne ist von der Handschrift des Autors geprägt und widerspiegelt somit ab und zu seine persönliche Meinung.
Konferenz der Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer: Auf der Tagesordnung steht eine Reform des öffentlichen Rundfunks in Deutschland. Ein Punkt bewegt auch in Österreich und in der Schweiz: die Zukunft des TV-Senders 3sat. In einem ersten Vorschlag sollte – unter anderem – 3sat abgeschafft, teilweise in ARTE integriert werden. Diese Pläne lösten heftigen Widerspruch vor allem in Kulturkreisen im deutschen Sprachraum aus.
3sat ist seit 1984 ein Gemeinschaftsprogramm von ZDF, ARD, ORF und SRG mit Redaktionen in allen drei Ländern. Die SRG trägt jährlich 7 bis 8 Millionen Franken zum Gesamtbudget bei, an Programmleistungen sind es 10 Prozent. Der Grossteil des Budgets kommt aus den beiden Partnerländern.
«Auf 3Sat kann die SRG Schweizer Kulturthemen über die Grenzen hinaus einem grossen Publikum präsentieren.»
Der Schwerpunkt von 3sat liegt auf Kultur, Wissenschaft, Bildung, Dokumentarfilm und Information. Ein Flaggschiff ist das länderübergreifende Kulturmagazin «Kulturzeit», fünfmal die Woche 38 Minuten. Die Einstellung von 3sat wäre ein schwerer Verlust für die Medienlandschaft, denn dieser Sender sei eine unverzichtbare Bühne für Kunst und Kultur, argumentierte der ORF und protestierte gegen den Plan aus Deutschland.
Die Schweiz profitiert in mehrfacher Hinsicht von 3sat: Die SRG kann dem Publikum interessante Sendungen anbieten, die von ARD, ORF oder ZDF produziert und finanziert worden sind. Sie kann umgekehrt Schweizer Kulturthemen über die Grenzen hinaus einem grossen Publikum präsentieren. Und sie kann Schweizer Nachrichten («10vor10») und Schweizer Dokumentarfilme in den Nachbarländern ausstrahlen.
Die Proteste von Kulturschaffenden und des ORF gegen die Pläne aus Deutschland scheinen indes zu wirken. Die deutsche Ministerpräsidentenkonferenz hat im eben verabschiedeten Reformprogramm zum öffentlichen Rundfunk beim Punkt 3sat relativiert: Eine Fusion von 3sat und ARTE stehe nicht an. Was der neue Vorschlag für 3sat bedeutet, wird in deutschen Medien unterschiedlich interpretiert. Die unmittelbare Bedrohung scheint aber vorerst abgewendet. Doch steht eine andere Bedrohung des Senders im Raum – ausgerechnet aus der Schweiz!
Der Bundesrat will den Beitrag von 20 Millionen Franken an das «Auslandmandat» der SRG streichen – im Rahmen des umfassenden Sparpakets des Bundes von total 4 bis 5 Milliarden Franken. Aus diesem Betrag an das «Auslandmandat» finanziert die SRG jeweils die Hälfte der Aufwendungen für Swissinfo, TV5MONDE und 3sat.
Müsste die SRG die Beteiligung an 3sat einstellen, würde sie ein Programmfenster ins Ausland schliessen. Damit würde sich die Schweiz einmal mehr von einer internationalen Kooperation verabschieden. Definitiv beschlossen ist noch nichts. Das ganze Sparpaket geht erst in die Vernehmlassung – auch die SRG wird sich zum Punkt «Auslandmandat» äussern. Deswegen hat sie bisher nicht zum Aspekt 3sat Stellung bezogen. Möglich, dass die Politik den Sparvorschlag des Bundesrats ganz oder teilweise zurückweisen wird – etwa im Punkt «Auslandmandat SRG» und damit 3sat.
Damit nicht plötzlich aus 3sat ein 2sat wird – ohne die Schweiz.
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