SRF-Berichte über Buch von Jolanda Spiess-Hegglin kritisiert
Gut zehn Beanstander:innen kritisieren SRF-Beiträge zur Buchveröffentlichung von Jolanda Spiess-Hegglin als nicht ausgewogen und teilweise fehlerhaft. Die Ombudsleute unterstützen die Beanstandungen in mehreren Punkten.
Darum geht es in der beanstandeten Sendung
Die Journalistin und ehemalige Politikerin Jolanda Spiess-Hegglin veröffentlichte im November 2024 ein Buch unter dem Titel «Meistgeklickt». Darin erzählt sie die Geschichte rund um die Ereignisse der Zuger Landammannfeier vom Dezember 2014. SRF berichtete in verschiedenen Sendegefässen über die Buchveröffentlichung.
SRF News vom 21. November 2024:
(überarbeitete Version vom 27.11.2024)
SRF News vom 21. November 2024:
(überarbeitete Version vom 27.11.2024)
Was wird beanstandet?
Die Mehrheit der Beanstander:innen kritisiert einen Audio-Clip bzw. Onlineartikel von SRF Kultur vom 21. November 2024. Sie erachtet die Beiträge als nicht ausgewogen und zum Teil nicht sachgerecht. So sei es falsch, dass die Autorin mit ihrem Buch «erstmals» ihre Sicht auf die Landammann-Feier schildere. Sie habe ihre Sicht bereits dutzendfach in Artikeln, Videos, Podcasts und Reden publik gemacht. Zudem sei die genannte Anzahl Artikel über Jolanda Spiess-Hegglin deutlich zu hoch, was ein Blick in die Mediendatenbank belege. Anstelle von 5500 Artikeln seien gemäss Mediendatenbank 924 Artikel erschienen.
Weiter kritisieren einige Beanstandende die Aussage, es sei im Zusammenhang mit dem Sexualdelikt die DNA von zwei Männern gefunden worden. Tatsächlich sei die DNA des involvierten Kantonsrats sowie ein «männliches Mischprofil» gefunden worden, das heisst die DNA von mehreren Personen.
Ausserdem sei der Eindruck entstanden, die Journalistin Michèle Binswanger hätte Gespräche verweigert. Sie habe jedoch mehrfach das Gespräch gesucht und sei von Jolanda Spiess-Hegglin abgewiesen worden. Zudem stehe im Online-Artikel, die «Tages Anzeiger»-Journalistin sei wegen Verleumdung verurteilt worden. Dass sie wegen eines Tweets verurteilt worden sei – und nicht wegen ihres Buches über die Landamman-Feier – sei aus der ersten Version des Online-Artikels nicht erkennbar gewesen.
Schliesslich monieren einige Beanstander:innen, die besagten SRF-Beiträge enthielten falsche Aussagen über angebliche Vorstrafen der mutmasslichen Stalker.
Was sagt die Redaktion?
Beim beanstandeten Audio- sowie Online-Beitrag handle es sich um eine Besprechung des Buches «Meistgeklickt» von Jolanda Spiess-Hegglin, betont die verantwortliche Redaktion. Im ersten Teil werde der Inhalt des Buches zusammengefasst. Im Schlussabschnitt formuliere der Rezensent eine Einschätzung über das Buch. Die Autorin stelle im Buch ihre Sicht auf die Vorfälle von Ende Dezember 2014 und die nachfolgenden Ereignisse, insbesondere die Berichterstattung in den Medien und das Echo auf Social Media erstmals zusammenfassend und detailliert dar. In Artikeln, auf Podien usw. habe sich Jolanda Spiess-Hegglin zwar bereits geäussert, das sei jedoch nur teilweise und nicht in dieser Ausführlichkeit möglich.
Die im Beitrag genannten Artikelzahlen beruhten auf dem Buch «Meistgeklickt». Es seien nicht alle Artikel in der Mediendatenbank des SMD zu finden, erklärt die Redaktion. Zudem führe Frau Spiess-Hegglin nach Aussage ihres Verlags seit Beginn der Geschichte Listen über die erschienenen Artikel.
Ebenfalls die Angaben zur DNA-Analyse hat die Redaktion aus dem Buch «Meistgeklickt» übernommen. Dieses berufe sich auf das Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich.
Die Redaktion räumt allerdings ein, dass der Online- sowie Audiobeitrag in verschiedenen Punkten nicht korrekt gewesen sei. So hätten die beiden Frauen 2015 miteinander gesprochen. Später hätten sie sich nicht mehr unterhalten, da Jolanda Spiess-Hegglin nicht mehr mit der Journalistin habe sprechen wollen. Die Redaktion hat diesen Passus aus dem Online- und Audiobeitrag entfernt und dies im Online-Beitrag in einer Hinweisbox transparent gemacht. Auch sei die «Tages Anzeiger»-Journalistin nicht rechtskräftig verurteilt, da sie das Urteil weitergezogen habe.
Die Informationen zu den Online-Stalkern von Jolanda Spiess-Hegglin hat die Redaktion nach eigenen Angaben aus dem Online- und Audiobeitrag inzwischen entfernt, da sie nicht korrekt gewesen seien. Bisher [Stand: November 2024] sei nur gegen einen der Stalker ein zivilrechtliches Urteil ergangen, so die Redaktion.
Was sagt die Ombudsstelle?
Die Ombudsleute weisen darauf hin, dass der Fall sich innerhalb von 10 Jahren von einem Lokalereignis zu einer riesigen Medienaffäre und zu einem erbitterten Streit zwischen zwei Frauen entwickelt habe. Beide Frauen hätten ein Buch aus ihrer Sicht verfasst und hätten ihre Anhänger:innen und Gegner:innen, die sich in der Öffentlichkeit äusserten. Deshalb sei es unumgänglich, dass eine Buchrezension besonders sorgfältig erfolge und eine allfällige Parteinahme unterbleibe.
Aufgrund der Vorgeschichte sehen die Ombudsleute bei einigen der Kritikpunkte das Sachgerechtigkeitsgebot verletzt. So sei die Aussage, es habe kein Gespräch zwischen Frau Spiess-Hegglin und der «Tages Anzeiger»-Journalistin gegeben, einseitig – auch wenn das Gespräch vor rund zehn Jahren stattgefunden habe. Ebenfalls nicht korrekt sei, die Journalistin als verurteilt zu bezeichnen. Auch die Aussage, beide Stalker seien verurteilt worden, stimme nicht. Zum Zeitpunkt der Ausstrahlung der Beiträge sei dies nur bei einem der beiden Männer der Fall gewesen.
Die genannte Anzahl der erschienenen Artikel stufen die Ombudsleute als zu hoch und als ungeprüft ein. Da mit dieser hohen Zahl offenbar die «Hexenjagd» bewiesen werden sollte, sehen die Ombudsleute auch hier die Sachgerechtigkeit verletzt.
Die Aussage, die DNA stamme von zwei Männern, ist in den Augen der Ombudsleute zwar nicht korrekt, denn man habe die DNA von einem SVP-Kantonsrat und einem «männlichen Mischprofil» gefunden. Diese Unterscheidung sei jedoch für ein Durchschnittspublikum schwierig nachzuvollziehen, finden die Ombudsleute. Sie sehen hier keine Verletzung in einem wesentlichen Punkt.
Die Redaktion hat die Beiträge nachträglich korrigiert, Passagen entfernt und die Korrekturen transparent gemacht. Die Ombudsleute haben jedoch die Originalfassung von Beiträgen zu begutachten. Sie stellen in den erwähnten Punkten eine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots gemäss Radio- und Fernsehgesetz fest.