«SRF 4.0»: Einsparungen in Angebot und Technologie
SRF vollzieht bereits in den kommenden Monaten weitere Spar- und Personalmassnahmen aufgrund der angespannten finanziellen Situation. Gleichzeitig passt das Medienhaus sein Angebot noch stärker dem Nutzungsverhalten des Publikums an. Im Rahmen des strategischen Unternehmensprojektes «SRF 4.0» wurden dafür verschiedene Anpassungen beschlossen – im Radio, im TV und online. Bis Ende 2026 werden damit knapp 8 Millionen Franken eingespart und bereits bis Anfang nächstes Jahr rund 50 Vollzeitstellen abgebaut. So wird unter anderem das Gesellschaftsmagazin «G&G» im Sommer eingestellt. Zusätzliche kurzfristige Sparmassnahmen erfolgen in der Technologie.
«Es ist leider unumgänglich, dass wir mit der Umsetzung der sorgfältig vorbereiteten und ursprünglich für 2026 geplanten Anpassungen im Angebot so rasch wie möglich starten. Nur so können wir für das laufende Jahr ein ausgeglichenes Budget sicherstellen und gleichzeitig die digitale Transformation von SRF vorantreiben. Dass wir nach dem Abbau in Produktion, Technologie sowie im Angebot im vergangenen Herbst bereits wieder Massnahmen auslösen müssen, bedaure ich sehr. Die rückläufigen kommerziellen Einnahmen, die Reduktion des Teuerungsausgleichs auf die Medienabgabe sowie die steigenden Kosten in IT und Technologie lassen uns jedoch keine andere Wahl», erklärt SRF-Direktorin Nathalie Wappler und ergänzt: «Die verschiedenen grösseren und kleineren Anpassungen im Angebot haben wir alle auf Basis der Unternehmensziele erarbeitet. Diese wiederum sind so ausgerichtet, sowohl die Wirkung beim Publikum wie auch die Zukunftsfähigkeit der Angebote und damit die Erfüllung des Service public sicherzustellen.»
Diese Angebotsveränderungen ziehen neben einem Stellenabbau auch Veränderungen insbesondere in Produktion und Infrastruktur nach sich. Insgesamt baut SRF mit diesem Entscheid bis Anfang 2026 rund 50 Vollzeitstellen ab. Die finanziellen Einsparungen belaufen sich auf knapp 8 Millionen Franken bis Ende nächsten Jahres.
Fokus auf Primetime im Fernsehen – Verzicht auf «G&G» am Vorabend
Die Anpassungen im Angebot verteilen sich auf alle Vektoren. Im Fernsehen legt SRF den Fokus noch stärker auf die Primetime, also den Hauptabend ab 19 Uhr, und vermehrt auf Inhalte, die sich auch fürs Streaming eignen. «Das entspricht zunehmend dem Nutzungsverhalten unseres Publikums. Wir wollen damit unsere Ressourcen noch konzentrierter dort einsetzen, wo sie beim Publikum die grösstmögliche Wirkung erzeugen – ganz im Sinne des zielorientierten Mitteleinsatzes», betont Nathalie Wappler.
Als Folge dieses strategischen Entscheides ersetzt SRF nach 20 Jahren das Gesellschaftsmagazin «G&G – Gesichter und Geschichten» (siehe Medienmitteilung vom 5. Februar 2025). Ab August sind zwischen 18 und 19 Uhr neben dem moderierten Newsflash und «Mini Chuchi, dini Chuchi» eingekaufte Unterhaltungsformate – insbesondere Factuals – zu sehen. Nathalie Wappler ordnet ein: «Zusammen mit dem bereits kommunizierten Ersatz der 18-Uhr-‹Tagesschau› durch einen moderierten Newsflash werden wir mit diesem Schritt nach der Sommerpause den Vorabend im TV neu ausrichten und unsere personellen und finanziellen Ressourcen noch stärker auf die Primetime fokussieren.» SRF wird auch künftig über Gesellschaftsthemen berichten. Dafür wird ein Teil des heutigen «G&G»-Teams entsprechende Inhalte für verschiedene Sendungen und Onlineangebote realisieren.
Weiter verzichtet SRF am Samstagabend auf SRF 1 auf die beiden jährlichen Ausgaben «SRF bi de Lüt – Live» sowie die Produktion der «Swiss Comedy Awards» und entwickelt neue Angebote, die sich im Sinne des veränderten Medienkonsums besser für eine zeitversetzte Nutzung auf Streamingplattformen eignen. Auf die zahlreichen weiteren «SRF bi de Lüt»-Formate wie beispielsweise «Landfrauenküche» oder «Hüttengeschichten» hat der Entscheid keinen Einfluss. Zudem werden die Sommerpausen einzelner Sendungen verlängert und zu nutzungsschwachen Zeiten mehr Wiederholungen ausgestrahlt. Kürzungen sind zudem in der Film- und Serienberichterstattung im Fernsehen, Radio und online vorgesehen. Auf srf.ch und in den Apps reduziert SRF wirkungsschwache Inhalte.
Kürzere Wortinhalte und Anpassungen zu Randzeiten im Radio
Im Radio nimmt SRF in den kommenden Monaten ebenfalls verschiedene Veränderungen im Angebot vor. Insbesondere werden längere Wortinhalte durch kürzere Beiträge ersetzt. Dies entspricht vermehrt den Nutzungsgewohnheiten des Radiopublikums und stärkt die Sender in ihrem Programmablauf. Deshalb verzichtet Radio SRF 1 auf das Hörspiel am Montag von 14 Uhr bis 15 Uhr und auf das Wirtschaftsmagazin «Trend». Stattdessen fliessen Teile der freien Ressourcen in die tagesaktuelle und vertiefende Wirtschaftsberichterstattung. Dasselbe geschieht mit dem «Wissenschaftsmagazin» auf Radio SRF 2 Kultur. Dafür werden Wissensinhalte ins Tagesprogramm integriert. Radio SRF 4 News fokussiert noch stärker auf den Morgen und den Vorabend und verzichtet stattdessen zwischen 9.30 Uhr und 12 Uhr auf Livemoderationen. Am Vormittag werden künftig ausgewählte Inhalte, Hintergrundbeiträge und halbstündige Nachrichten ausgestrahlt.
Das Morgenprogramm auf Radio SRF 2 Kultur bekommt ein einheitliches Profil. SRF stellt dafür bekanntlich die Sendung «Kontext» ein, um stattdessen rund 25-minütige Live-Talks zu Kunst, Literatur, Film, Musik und Gesellschaft auszustrahlen. Zudem entfällt die Sendung «Passage». Die damit freiwerdenden Sendeplätze am Freitagabend und Sonntagnachmittag werden für Zweitausstrahlungen von bestehenden Formaten genutzt. SRF will trotz dieser Massnahmen weiterhin auf vertiefende Audio-Features setzen. Dieses Genre wird jedoch weiterentwickelt und den Nutzungsgewohnheiten angepasst.
In der Literaturberichterstattung fokussiert SRF auf die starke Marke «Literaturclub». So erscheint auch der Podcast «Zwei mit Buch» künftig unter diesem Namen. Ausserdem wird das Online-Angebot «Bestenliste» noch enger mit dem «Literaturclub» verknüpft. Damit können Synergien zwischen TV, Radio und online noch besser genutzt werden.
Im Klassik- und Jazzangebot geht SRF den eingeschlagenen Weg konsequent weiter und fusioniert in den kommenden Monaten zusätzliche Sendungen. Synergien sind auch bei «Im Konzertsaal» möglich, indem SRF künftig weitere Konzertaufzeichnungen von RTS und RSI übernimmt. Die Details werden nun von Projektgruppen sorgfältig ausgearbeitet.
Mehrere Radio-Formate werden weiterentwickelt und teils schlanker produziert. So «Spasspartout», «Buchzeichen» sowie «Dini Mundart». Auch die «Hitparade» und «Sounds!» auf Radio SRF 3 bleiben bestehen, bekommen jedoch einen Sparauftrag. Dafür stellt SRF den Podcast «Sounds! Zentrale» ein. Radio SRF Virus nutzt mehr Synergien mit anderen Angeboten für ein jüngeres Publikum, unter anderem über eine gemeinsame redaktionelle Planung.
Sparmassnahmen in der Technologie
Zusätzlich zu den Veränderungen im Angebot muss auch die Abteilung Technologie zeitnah Einsparungen von rund 3 Millionen Franken umsetzen. Dafür hat SRF verschiedene Massnahmen ausgearbeitet. So werden bis 2026 weitere 7 Vollzeitstellen abgebaut sowie Service- und Lizenzkosten wie auch weitere IT-Leistungen reduziert. Zudem werden geplante Projekte zurückgestellt.
«Wir halten an unseren Zielen fest und investieren in die Zukunft»
«Diese Schritte sind der Geschäftsleitung von SRF nicht leichtgefallen», betont Nathalie Wappler: «Unsere angespannte finanzielle Situation lässt uns leider keine andere Wahl mehr, als auf viele lieb gewonnene Angebote zu verzichten. Das bedaure ich sowohl für unsere Mitarbeitenden wie auch für unser Publikum sehr.» Gleichzeitig unterstreicht die SRF-Direktorin deren Notwendigkeit: «Wir wollen die Innovation im Angebot steigern – sowohl im digitalen wie auch im linearen. Und wir wollen trotz finanzieller Einschnitte an unseren Zielen festhalten und in Angebote investieren, die auch in Zukunft unseren öffentlichen Auftrag möglichst wirkungsstark erfüllen, damit wir ein Medienunternehmen für alle bleiben. Diese Ziele erreichen wir, indem wir Angebote fördern, die auf die Vielfalt und Qualität von SRF einzahlen und unsere eigenen digitalen Plattformen stärken.»
Verkleinerung der Geschäftsleitung per 2026
Die Umsetzung der aktuellen Massnahmen erfolgt schrittweise ab sofort bis Anfang 2026. Dazu kommen weitere Budgetkürzungen, um 2025 eine ausgeglichene Rechnung zu erzielen. SRF vollzieht den notwendigen Stellenabbau sukzessive in den kommenden Monaten. Für die betroffenen Mitarbeitenden kommt der Sozialplan der SRG zum Einsatz. Nathalie Wappler: «Wir setzen alles daran, dank natürlicher Fluktuation die Anzahl Entlassungen möglichst gering zu halten. Wir werden aber nicht darum herumkommen, Kolleginnen und Kollegen die Kündigung aussprechen zu müssen. Diesen Schritt bedauert die Geschäftsleitung sehr.»
Neben den jetzt kommunizierten Angebotsveränderungen sind für das Budget 2026 weitere Spar- und Personalmassnahmen unumgänglich. Auslöser dafür sind hauptsächlich die rückläufigen kommerziellen Einnahmen, das veränderte Nutzungsverhalten des Publikums, die Reduktion des Teuerungsausgleichs auf die Medienabgabe sowie gestiegene Kosten, beispielsweise für Cybersecurity. Entsprechend werden aktuell im Rahmen des Unternehmensprojektes «SRF 4.0» weitere Massnahmen ausgearbeitet. Zu diesen Einsparungen gehören, wie bereits im September 2024 angekündigt, Veränderungen in der Organisation und eine Verkleinerung der Geschäftsleitung. Die entsprechende Kommunikation erfolgt in den kommenden Monaten.