Berichterstattung Ausschreitungen in Amsterdam: Weder pro-israelisch noch pro-palästinensisch

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Sieben Beanstander:innen kritisieren die SRF-Berichterstattung zu Ausschreitungen in Amsterdam gegen israelische Fussballfans vom vergangenen November. Die einen sagen, sie sei einseitig zu Ungunsten der israelischen Fans erfolgt, für die anderen war die Berichterstattung zu pro-palästinensisch. Die Ombudsleute unterstützen weder die eine noch die andere Seite.

Darum geht es in der beanstandeten Sendung

Am Rande des Europa League-Spiels zwischen Ajax Amsterdam und Maccabi Tel Aviv kam es in der Nacht vom 7. auf den 8. November 2024 zu Angriffen hauptsächlich von pro-palästinensischen Jugendlichen auf israelische Fussballfans. Israelische Fans sollen sich auch provozierend verhalten haben. SRF berichtete vor allem am 8. November 2024 auf allen Vektoren (Radio, Fernsehen, online) über den damaligen gesicherten Kenntnisstand.

Was wird beanstandet?

Die Mehrheit der Beanstander:innen kritisiert die «Tagesschau am Mittag» vom 8. November. Beanstandet werden daneben auch Radionachrichten und Online-Beiträge von SRF News.

Den Beanstandungen gemeinsam ist, dass sie die Berichterstattung über das Ereignis als nicht ausgewogen betrachten. Während die einen finden, es sei zu Ungunsten der Israelis berichtet worden, sehen es die anderen genau umgekehrt.

Ein Beanstander stösst sich an der Aussage in den Nachrichten auf Radio SRF 3 vom 8. November, wonach israelische Fans ebenfalls provoziert hätten. Es habe sich bei den Ausschreitungen vielmehr um einen «Pogrom der Palästinenser» gehandelt. Es sei nicht haltbar, wie sich viele Muslime benehmen würden. Das müsse klar angesprochen werden, so der Beanstander.

Andere Beanstandende hingegen kritisieren, die Ausschreitungen würden «als primär antisemitische Angriffe» gegen die Fussballfans von Maccabi beschrieben. Das sei falsch. Maccabi-Fans hätten zuerst Gewalt gegen Unbeteiligte ausgeführt, primär gegen Menschen mit arabischem Aussehen oder Menschen, die sich als pro palästinensisch zu erkennen gegeben hätten.

In mehreren Beanstandungen wird ausserdem moniert, die «Tagesschau am Mittag» vom 8. November habe einen Ausschnitt aus einem Video gebracht, welches Angriffe von «israelischen Hooligans» gezeigt habe. Im Text dazu werde hingegen von «Arabisch-Stämmigen gesprochen, die mehr als handgreiflich wurden». Damit werde das «Stereotyp der gewalttätigen arabischstämmigen Menschen bedient» und eine «Täter-Opfer-Umkehr» vorgenommen, finden die Beanstandenden.

Was sagt die Redaktion?

In der Nachrichtenmeldung auf Radio SRF 3 werde Bilanz gezogen zu den Ausschreitungen in Amsterdam gegen israelische Fussballfans, schreibt die verantwortliche Redaktion in ihrer Stellungnahme. Es werde ebenfalls gesagt, dass Maccabi-Fans von pro-palästinensischen Randalierenden «gejagt, geschlagen und getreten» worden seien. Es werde aber auch erwähnt, dass sich israelische Fans provozierend verhalten hätten, Palästinaflaggen von Häuserfassaden gerissen und beleidigende Lieder gesungen hätten.

Die Nachrichtenmeldung gebe den Kenntnisstand von jenem Tag wieder. Die Meldung stütze sich auf zahlreiche seriöse Quellen und bilde die Fakten ab, ohne eine Wertung vorzunehmen, fasst die Redaktion zusammen.

Auch die «Tagesschau am Mittag» vom 8. November habe die zu diesem Zeitpunkt gesicherten Informationen verbreitet, gestützt auf die aktualisierten Meldungen von renommierten Nachrichtenagenturen. Die Redaktion betont, sie habe zurückhaltend formuliert, es würden auch keine expliziten Schuldzuweisungen vorgenommen.

In einem kurzen Video-Ausschnitt habe man Bilder der Auseinandersetzungen der Nacht gezeigt. Der Text dazu spreche von einer «Menschenjagd» und: «Berichtet wird von arabisch Stämmigen, die mehr als handgreiflich gegen Israelis werden.» Laut einigen Beanstander:innen habe die Urheberin des Videos erklärt, dass in dem Video israelische Hooligans aufgenommen worden seien.

Tatsächlich seien am Anfang und Ende einige Personen mit gelben Aufnähern und Mützen – den Vereinsfarben von Maccabi – zu sehen, so die Redaktion. Das Video zeige nur einen kleinen Ausschnitt. Personen mit gelben Aufnähern verfolgten jemand oder mehrere Personen. Es sei ein unübersichtliches Gerangel, hält die «Tagesschau»-Redaktion fest. Ihr Text zur besagten Videosequenz habe keinen direkten Bezug zum Gezeigten. Die Redaktion räumt ein, dass der Off-Text nicht optimal formuliert gewesen sei. Es würde zu wenig gesagt, dass sich beide Seiten in der Nacht provozierend und aggressiv verhalten hätten. Auch die Quellenangabe zum Video hätte besser sein können.

Die gezeigte Sequenz habe zur Illustration der Vorkommnisse in der Nacht gedient und dürfte nach Auffassung der Redaktion von der Mehrheit der Zuschauenden so wahrgenommen worden sein.

Was sagt die Ombudsstelle?

Die Ombudsleute weisen darauf hin, dass es seit dem 7. Oktober 2023 stark von der jeweiligen Haltung und politischen Position des einzelnen Betrachters abhänge, wie ein Beitrag aufgenommen und verstanden werde.

Aufgabe eines öffentlichen Senders sei, Ereignisse unvoreingenommen und ohne irgendeine Parteilichkeit darzustellen. SRF komme dieser Aufgabe mit wenigen Ausnahmen sehr gut nach, so die Ombudsleute.

Es sei ein Fakt, dass es in dieser Nacht in Amsterdam von beiden Seiten zu Ausschreitungen gekommen sei. Physische Angriffe und politisch inakzeptable Parolen seien nie zu tolerieren, ungeachtet der (globalen) Umstände. Es werde in der beanstandeten SRF3-Nachrichtenmeldung aber auch klar gesagt, dass die israelischen Fussballfans sich zurückhaltender verhalten hätten als die Randalierer der pro-palästinensischen Seite. SRF habe zu zeigen, was sei – dies habe Radio SRF 3 getan.

Bei der Mittagstagesschau habe die Redaktion eingeräumt, dass Off-Text und Quellenangabe nicht optimal formuliert worden seien. Bei der Beurteilung der Frage, ob dieser Mangel meinungsverfälschend gewesen sei, stützt sich die Ombudsstelle auf Entscheide der UBI. Diese habe verschiedentlich festgehalten, dass es zur Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebotes eine «gewisse Intensität» brauche. Diese sei hier nicht gegeben.

Angewendet auf den vorliegenden Fall sehen die Ombudsleute das Sachgerechtigkeitsgebot nicht verletzt, da diese Mängel insgesamt nicht verhinderten, dass sich das Publikum eine eigene Meinung zum beanstandeten Beitrag habe bilden können. Denn die sehr kurze Video-Sequenz betreffe einen Nebenpunkt bei einer Sendung, die auf die Gewalttätigkeiten besagter Nacht fokussiert habe.

Text: SRG.D/dl

Bild: Screenshot SRF/pz

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