SRG SSR On the Road to Basel: Gemeinsam auf die grosse Bühne
Die vier Regionalgesellschaften der SRG organisieren zusammen im Vorfeld des Eurovision Song Contest (ESC) eine Eventreihe: «SRG SSR On the Road to Basel» tourt durch die Schweiz, auf der Bühne stehen aufstrebende Musikschaffende aus allen vier Sprachregionen. Unter dem Motto «Die Schweiz vereint in Musik» zeigt das Projekt auf, wie Kultur und Unterhaltung die Menschen im Land zusammenbringen können – über Röstigraben und Alpen hinweg. Wir haben mit den am Projekt beteiligten Musikschaffenden gesprochen. Über ihre Laufbahn, ihre Erfahrungen, ihre Kunst und über den Stellenwert von medialer Repräsentation – ganz egal, ob im regionalen Radio oder vor 200 Millionen Menschen am ESC.

Looppoli: Soundexperimente im RSI-Labor
Valentina Londino und Mattia Mantello sind ein eingespieltes Duo. Seit inzwischen zehn Jahren musizieren sie gemeinsam als Looppoli: Sie singt, er spielt Gitarre, und für das besondere Extra sorgen die Loop-Stations, die sie beide einsetzen. Die Geräte, mit denen einzelne kurze Aufnahmen beliebig wiederholt und vervielfältigt werden können, übernehmen die Aufgabe einer ganzen Begleitband.
Es ist Musik, die für die Bühne geschaffen ist, da die Entstehung dieser begleitenden Nuancen und Geräusche selbst Teil des Erlebnisses ist. Dies lässt sich etwa auch in einem Live-Auftritt sehen, den RSI vor drei Jahren produziert hat. Mattia Mantello sagt dazu: «Solche Aufzeichnungen sind für uns von grosser Bedeutung. So können wir unsere Projekte praktisch unter Laborbedingungen auf die Probe stellen. Ausserdem ergaben sich viele weitere Gelegenheiten durch diese Fernsehund Radiosendungen. Die mediale Präsenz war und ist für uns also sehr wichtig.»
Das sagt er auch mit Blick auf die anstehenden Konzerte in der Eventreihe «SRG SSR On the Road to Basel». «Für Tessinerinnen und Tessiner ist es oft schwierig, über den Gotthard hinauszukommen. Wir arbeiten hauptsächlich in unserem Kanton, aber möchten unsere Arbeit eigentlich häufiger dem Rest der Schweiz näherbringen. Veranstaltungen wie diese sind definitiv eine gute Möglichkeit, um in den anderen Sprachregionen auf sich aufmerksam zu machen.» Er freue sich über die Bekanntschaften, die im Rahmen des Projekts entstehen. «Wir hatten bereits beim ersten Auftritt in Lugano die Gelegenheit, uns kennenzulernen und die Musik der jeweils anderen zu entdecken. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel Qualität und Vielfalt es in einer so kleinen Szene wie der Schweizer Musiklandschaft gibt.»
Über Looppoli
Über Looppoli
Looppoli ist ein junges Akustikduo aus dem Tessin, bestehend aus Mattia Mantello an der akustischen Gitarre und Valentina Londino mit ihrer elektrisierenden Stimme.

Marie Jay: «Sprachbarriere kann stimulierend sein»
Wer Marie Jay auf Google sucht, stösst schnell auf die Formulierung «révélation musicale romande». Diesen Titel erhielt sie im Rahmen der Tataki Awards von RTS. Französische Chansons treffen bei ihr auf Elektropop, verspielt, aber nachdenklich – die Lausannerin zeigt in ihrem Schaffen viele verschiedene Facetten.
«Die Auszeichnung mit dem Tataki Award war die Krönung eines Jahres harter Arbeit, in der meine Community auf Spotify und in den sozialen Medien schnell wuchs und ich viel mediale Präsenz hatte, auch in der Deutschschweiz. Jetzt erst realisiere ich, wie viel mir das gebracht hat.» Inzwischen erhält sie immer mehr Anfragen für Konzerte, die 23-Jährige tourt bald durch Frankreich und die Schweiz, auch Auftritte an mehreren Festivals sind geplant.
«Dass Radio SRF 3 mir eine ganze Sendung gewidmet hat, gab mir die Hoffnung, dass ich vermehrt auch in der Deutschschweiz spielen kann.» Erste Erfahrungen hat sie bereits. Sie sagt, vor einem Deutschschweizer Publikum zu spielen, sei herausfordernd, da es den Menschen schwerer fällt, die Texte zu verstehen. «Das kann für das gemeinsame Erlebnis aber auch stimulierend sein, denn man muss seine Geschichten auf andere Weise erzählen als mit Worten.»
Über Marie Jay
Über Marie Jay
Zwischen französischem Pop und Chanson: Marie Jay aus dem Waadtland erzählt Geschichten, die berühren. Mit sanfter Stimme und spitzer Feder reflektiert sie die kleinen Wunder und Frustrationen des Alltags.

Cachita: «Wie toll wäre ein schweizerdeutscher Welthit?»
Gabriela Mennel vereint die Schweiz und Kuba. Als Cachita singt und rappt sie auf Schweizerdeutsch und Spanisch, ihre Lieder sind geprägt von ihrer Herkunft, von Latin-Beats und Hip-Hop. Im Zentrum steht immer die Sprache. Dabei mag die 25-Jährige Neues und Überraschendes: «Ich stelle gern Mundarttexte in einen Kontext, in dem sie sich im ersten Moment ungewohnt anhören. Deshalb produziere ich gern schweizerdeutsche Bachata- oder Reggaeton-Songs. Ich mag den Mix, er repräsentiert meine schweizerisch-kubanischen Wurzeln. Sie sollen sich in meiner Musik widerspiegeln.» Cachita verleiht damit der Mundart ein neues Selbstverständnis, neue Facetten. Die Sprache galt bisher in der Regel als Barriere für eine Karriere im Ausland. Wer ein internationales Publikum erreichen wollte, sang Hochdeutsch, Französisch oder Englisch. Cachita denkt anders. Sie sagt: «Wie toll wäre es denn, wenn es einen schweizerdeutschen Welthit gäbe?» Ihre Musik klingt international, sie glaube nicht, dass die Sprache da ein Hindernis darstelle – man müsse es sich einfach nur zutrauen.
Die Musikerin hat grosse Pläne und viel Selbstbewusstsein. Das hat sie längst bewiesen. Mit ihrem Hintergrund in der Hip-Hop-Szene kennt sie beispielsweise auch die Herausforderungen, mit denen eine junge Frau in einer Männerdomäne konfrontiert ist. Cachita zeigte sich unbeeindruckt, etwa bei ihren Auftritten am SRF-Rap-Event Bounce Cypher. Sie sagt dazu: «Der Cypher ist eine sehr wichtige Plattform, man erreicht dort ein grosses Publikum.» Und diese mediale Präsenz ist nicht nur für die eigene Laufbahn als Künstlerin wichtig: «Was mich besonders gefreut hat, waren Nachrichten von jungen Mädchen in den sozialen Medien. Sie schrieben mir: ‹Wir haben dich am Cypher gesehen und haben realisiert, dass wir das auch schaffen können.› Das zeigt mir, wie wichtig sichtbare Vorbilder sind.»
Über Cachita
Über Cachita
Cachita kombiniert in ihren Songs Einflüsse aus Latin, Pop, RnB sowie Soul und Blues. Ihre Texte – mal auf Schweizerdeutsch, mal auf Spanisch – greifen Themen wie Female Empowerment, Selbstakzeptanz und ihre kubanische Herkunft auf.

Mattiu: In fremde Welten eintauchen
Mattiu Defuns sieht sich als Botschafter seiner Sprache. Der Sänger aus Trun-Darvella in der Surselva schreibt seine Lieder auf Rätoromanisch und gilt als Versprechen für die Zukunft der Schweizer Musikszene.
Die Laufbahn des jungen Bündners ist eng verknüpft mit dem Radio. Seinen ersten eigenen Song konnte er dank Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (RTR) aufnehmen. «Ich produzierte gemeinsam mit dem RTR mein erstes Lied, und das lief dort sogleich auch», erinnert sich Mattiu.
Heute geht sein Wirkungskreis weit über seine Heimat hinaus. So wurde er vor rund drei Jahren zum «SRF 3 Best Talent» gekürt – eine wichtige Auszeichnung für ihn. «Es hat mir Türen geöffnet für Auftritte in der Deutschschweiz. Danach hatte ich ausverkaufte Shows in Bern, Zürich, Luzern, Basel. Das war für mich als rätoromanischer Künstler sehr speziell, weil das Publikum sich trotz Sprachbarriere auf mich und meine Lieder einlässt.» Er versuche jeweils auch, die Geschichten hinter seinen Stücken zu erzählen, um die Anwesenden in seine Welten eintauchen zu lassen. «In der Deutschschweiz rede ich deshalb etwas mehr auf der Bühne.» Was immer ankomme, sei die Musik. «Rätoromanisch ist eine sehr melodiöse Sprache, viele hören da auch gern einfach nur zu, ohne jedes Wort verstehen zu wollen.»
Die Musik begleitet Mattiu Defuns bereits sein ganzes Leben. Nicht zuletzt hat auch der ESC eine Bedeutung für seine musikalische Entwicklung: Sein Vater stand 1989 als Teil der Gruppe Furbaz im Finale des Musikwettbewerbs. «Ich war zwar bei diesem Auftritt noch nicht auf der Welt, und trotzdem hat es mich wohl indirekt geprägt. Der ESC war nämlich sicher ein Grund, dass mein Vater sehr lange als Musiker aktiv war. Das habe ich als Kind schliesslich schon mitbekommen.»
Über Mattiu
Über Mattiu
Der 27-jährige Mattiu bringt die Bergwelt Graubündens auf die Bühne: Er singt in seiner Muttersprache Rätoromanisch und verbindet Musik, Bilder und Natur zu einem einzigartigen Live-Erlebnis.

Gjon’s Tears: Mit der Erfahrung des Megaevents im Gepäck
Gjon’s Tears grösster Auftritt war am Finale des ESC 2021. Mit «Tout l’univers» erreichte er den sensationellen dritten Rang und wurde zum internationalen Aushängeschild der Schweizer Musik, drei Jahre bevor Nemo in Malmö schliesslich den Wettbewerb gewann.
Doch Gjon’s Tears erlebte «seinen» ESC anders als die allermeisten Auftretenden, da die Austragung 2020, für die er sich eigentlich qualifiziert hatte, abgesagt worden war. Das Coronavirus hatte damals die Welt im Griff und machte auch vor dem grössten Musikevent der Welt nicht halt. Sein damaliger Song, «Répondez-moi», kam so nie am ESC zur Aufführung, dafür durfte der heute 26-Jährige ein Jahr später erneut antreten.
«Der ESC war die beste Möglichkeit für mich als Künstler, um zu verstehen, wie die Musikindustrie auf höchstem Level funktioniert», sagt er heute. Eine bis ins letzte Detail geplante und choreografierte Showproduktion – ein prägendes Erlebnis. Aber es war nicht nur lehrreich, sondern es habe ihn auch mit Stolz erfüllt, die Schweiz vertreten zu dürfen. «Es ist vergleichbar mit dem Gefühl eines Fussballers, der für die Nationalmannschaft auflaufen darf. Man ist Vertreter der Schweiz und darf zeigen, wie viele Talente unser Land vorzuweisen hat.» Der ESC präge die Aussenwahrnehmung einer Musikszene. «Die Schweiz hat sich hier international in den letzten Jahren einen guten Ruf erarbeitet.»
Durch den Erfolg am ESC habe er auch viel Beachtung für seine Arbeit erhalten. «Ich bin sehr dankbar dafür, dass eine internationale Jury meine beiden Lieder so hoch bewertete.» Das habe ihm gezeigt, dass seine Musik gewürdigt werde – und es ermöglichte ihm weitere Schritte in seiner Laufbahn. Gjon Muharremaj, wie Gjon’s Tears mit bürgerlichem Namen heisst, ist inzwischen bei einem amerikanischen Label unter Vertrag und fasst Fuss im internationalen Musikmarkt. Er ist auf dem Weg zu einer internationalen Musikkarriere, die weit über die Schweiz hinausstrahlt.
Über Gjon's Tears
Über Gjon's Tears
Gjon’s Tears coacht die Musikschaffenden bei ihrer Aufgabe, im Rahmen der Eventreihe «SRG SSR On the Road to Basel» gemeinsam Céline Dions Lied «Ne partez pas sans moi» aufzuführen, mit dem sie 1988 den ESC für die Schweiz gewann.
Der Verein SRG feiert die Vielfalt

Mit «SRG SSR On the Road to Basel» verbindet die Musik die Kulturen und Sprachen des Landes. Die Veranstaltungsreihe steht allen offen, feiert die musikalische Vielfalt der Schweiz und stellt den künstlerischen Nachwuchs in den Mittelpunkt.
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