Ombudsstelle: Absoluter Rekord im Jubeljahr
Noch nie in den 25 Jahren ihrer Existenz gingen bei der Ombudsstelle so viele Beanstandungen ein wie 2017, nämlich 827. Damit wurde der Durchschnitt um 75 Prozent überschritten. Der Löwenanteil galt mit fast 500 Beanstandungen einer einzigen Sendung, nämlich der «Arena» mit Beteiligung des Historikers und Medienkritikers Daniele Ganser.
Die Ombudsstelle leitete 64 Fälle, für die sie nicht zuständig war, an andere Stellen weiter. Auf 4 Eingaben trat sie nicht ein, 2 wurden wieder zurückgezogen. 17 Beanstandungen waren noch aus dem Jahr 2016 übriggeblieben. Letztlich bearbeitete sie 718 Fälle. 56 waren am Ende des Jahres noch unerledigt. Die Ombudsstelle war 2017 permanent überlastet. Wichtig war die Unterstützung durch den stellvertretenden Ombudsmann Manfred Pfiffner, der 25 Fälle übernahm, und durch Denise Looser auf der Geschäftsstelle der SRG.D.
Mannigfaltige Gründe für Beanstandungen
Die 718 bearbeiteten Fälle betrafen 226 Sendungen, Sendefolgen und Online-Publikationen. Bei den Gründen für die Beanstandungen überwog einmal mehr der Vorwurf, die Beiträge seien einseitig, unvollständig, inkompetent, also nicht sachgerecht (75,4 Prozent der betroffenen Sendungen). An zweiter Stelle stand die Kritik, es habe eine Diskriminierung stattgefunden (16,6 Prozent). Weitere Gründe waren die fehlende Vielfalt, die verletzte Sittlichkeit, der missachtete Jugendschutz, verletzte religiöse Gefühle, Verherrlichung der Gewalt oder Schleichwerbung. Bei den Themen überholte erstmals die Aussenpolitik (32,3 Prozent) die Innenpolitik (24,2 Prozent). Neben Informationssendungen wurden wiederum auch Sport-, Kultur-, Satire-, Wetter- und Spielsendungen sowie Spielfilme beanstandet. Am meisten Kritik löste einmal mehr das Fernsehen aus (64,1 Prozent der betroffenen Sendungen) vor dem Radio (23,8 Prozent) und Online (12,1 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Anteil der kritisierten Online-Beiträge allerdings verdreifacht.
Insgesamt gutes Zeugnis für Journalistinnen und Journalisten von SRF
Per saldo kann die Ombudsstelle den Journalistinnen und Journalisten von Radio und Fernsehen SRF ein gutes Zeugnis ausstellen: Sie hat bei 85,8 Prozent der bestrittenen Sendungen die Beanstandungen nicht unterstützt, 9,0 Prozent teilweise und 5,4 Prozent ganz. Die Werte des Fernsehens sind leicht besser als die des Radios, diese wiederum besser als die von Online. Zwei Sendungen waren vorbildlich: Gegen die «Rundschau» und gegen die Radio-Nachrichten kam keine einzige Beanstandung durch, nicht einmal teilweise. Sorgenkinder der Ombudsstelle sind «Schweiz aktuell» und SRF News.
21mal wurden Sendungen von SRF Gegenstand von Beschwerden vor der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI). Diese entschied stets entlang den Einschätzungen der Ombudsstelle – ausser in zwei Fällen: Bei «Schawinski» mit Nationalrat Andreas Glarner wies die UBI die Beschwerde ab, während die Beanstandung teilweise unterstützt worden war. Desgleichen bei der «Arena» mit Ganser: Die Ombudsstelle hatte die Beanstandungen teilweise – zu 50 Prozent – unterstützt. Die UBI war halb-halb gespalten und wies die Beschwerden mit Stichentscheid ab.
Die Ombudsstelle hat neun Empfehlungen an die Redaktionen abgegeben, erhielt aber nie ein Feedback. Das Publikum reagiert auf Schlussberichte der Ombudsstelle entweder gar nicht, selten mit Lob und manchmal mit Beschimpfungen. Der Ton war im Vorfeld der «No Billag»-Abstimmung rauher geworden. So wurde der Ombudsmann vier Mal beim Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) eingeklagt, einmal zudem bei der Präsidentin des Publikumsrates, allerdings ohne Erfolg. Der Ombudsmann hat überdies bei der UBI beantragt, gegen einen Beanstander Massnahmen wegen Missbrauchs des Verfahrens zu beschliessen. Um aus dem Alltag der Ombudsstelle zu berichten, war der Ombudsmann oft unterwegs – bei Mitgliedgesellschaften der SRG.D, bei der «Aktion Medienfreiheit», an der Universität Zürich. Ausserdem feierten die Schweizer Medien-Ombudsleute ihr 25jähriges Bestehen – mit einem kleinen festlichen Anlass in Bern und mit der Broschüre «Die Klagemauern der Schweizer Medien».
Roger Blum, Ombudsman