«Musikmagazin» auf Radio SRF 2 Kultur beanstandet

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Mit Ihrem Brief vom 4. August 2015 haben Sie den Beitrag über die Präsentation der CD «Fritz Brun, Symphonie Nr. 4» in der Sendung «Musikmagazin» vom 1. August auf Radio SRF 2 Kultur kritisiert. Den Erhalt Ihrer Eingabe habe ich mit meinem Brief vom 12. August bereits bestätigt.

Wie üblich, habe ich die Verantwortlichen von Radio SRF gebeten, zu Ihren Kritiken Stellung zu beziehen. Dies ist erfolgt und in der Zwischenzeit habe ich die Angele­genheit analysieren können. Ich bin somit in der Lage, Ihnen heute meinen Schluss­bericht zu senden.

1.Sie begründen Ihre Eingabe wortwörtlich wie folgt:

„1) Falsche Behauptungen über mich (Dirigent) und über den Komponisten Fritz Brun

2) Unkenntnisse über den präsentierten Komponisten. Z.B. das lapidare Urteil, dass er Musik ‚im Brücknerschen Stil‘ komponiert hat, stimmt nicht. In anderen Worten: ungenügende, unseriöse Recherche.

3) Allgemeiner süffisanter Ton in Bezug auf den Komponisten und mich (herab­lassend, wichtigtuerisch, unseriös). Dass man über einen Komponisten, von dem die beiden Moderatoren überhaupt keine Ahnung haben, also bloss ein paar Takte von ihm kennen, gibt ihnen kein Recht, darüber zu ‚seufzen‘ und ihn in den Limbo zu verdammen.“

Sie finden es sehr fragwürdig, dass der „Kultursender“ des Schweizer Radios solche arroganten und oberflächlichen Moderatoren beschäftigt und legen einen entspre­chenden Brief vom. 1. August an Frau Nathalie Wappler, Abteilungsleiterin Kultur SRF, bei.

2. Wie bereits erwähnt, haben die Verantwortlichen von Radio SRF zu Ihren Kritiken Stellung bezogen. Ich möchte Ihnen das Schreiben von Frau Franziska Baetcke, Programmleiterin Radio SRF 2 Kultur, nicht vorenthalten. Sie schreibt Folgendes:

„Ich habe die beiden Autoren der Sendung gebeten, sich zu den Vorwürfen von Herrn X zu äussern. Gabriela Kägi und Florian Hauser haben ihre Argumente direkt an Herrn X adressiert. Ich erlaube mir, Ihnen das in dieser Form weiter­zuleiten. Sie haben Ihnen Folgendes geschrieben:

Ihre Beanstandung hat uns erreicht und wir bedauern sehr, dass Sie sich verletzt fühlen.

Wir gehen jedoch davon aus, dass es sich hier um ein Missverständnis handelt, denn wir besprechen im Musikmagazin grundsätzlich nur CDs, die wir gut finden, die wir gerne weiterempfehlen und die wir persönlich auch mögen. Was schlecht ist, nicht gefällt oder nicht relevant ist, kommt gar nicht erst in die Sendung. Die Selektion findet also nicht auf, sondern gewissermassen vor dem Sender statt.

Daher ist für uns auch nicht leicht nachvollziehbar, dass Sie unsere Kommentare herablassend, arrogant oder hochnäsig fanden. Das widerspricht grundsätzlich unserer Haltung, wenn wir über MusikerInnen, Konzerte und CDs berichten und uns damit an HörerInnen wenden.

Gestatten Sie, dass wir auf einige ihrer beanstandeten Worte Bezug nehmen:

  • Dass wir Worte wie ‚eigenwillig‘ oder ‚bunter Vogel‘ benutzt haben, war für uns mitnichten als Abwertung gedacht, sondern ist durchaus ein spannendes Alleinstellungsmerkmal.
  • Dass Sie darüber hinaus auf vielen Gebieten aktiv sind und nicht nur als Diri­gent auftreten, sondern auch als Filmkomponist und Souffleur gearbeitet haben, entspricht doch den Tatsachen?
  • Dass wir die Brun'sche Musik auf den ersten Blick als ‚brucknerartig‘ charakte­risieren, war als grobe Einordnung und erste Orientierung für die Hörer und Hörerinnen gedacht, die dem Komponisten Fritz Brun bisher noch nicht be­gegnet sind. Disqualifizierend ist ein solches Adjektiv unseres Erachtens nicht, gehört doch Anton Bruckner zu den grössten und heute meist aufge­führten Komponisten des späten 19. Jahrhunderts.
  • Dass wir bemerkten, eine Passage klinge uninspiriert und in der Schwere ge­fangen, war zur Verdeutlichung einer Entwicklungslinie gedacht: die Komposi­tion hebt sich aus den Tiefen zur strahlenden Pracht empor und das Orches­ter zeigt diese Entwicklung sinnfällig, wie in einem zweiten Musikausschnitt deutlich wird.
  • Die Absage nimmt nochmals die Veränderung des Hörerlebnisses auf, darum auch der ‚zwiespältiger Seufzer‘ oder ‚zweideutige‘ Seufzer über die etwas klebrige, aber schön klebende Musik.

Wir hoffen, Ihnen mit diesen Erklärungen ein wenig verdeutlichen zu können, dass wir Ihre CD als vorstellenswert erachtet haben, dass wir unsere journalis­tische Sorgfaltspflicht nicht verletzten und dass es dennoch Freiheiten in den Formulierungen geben muss. Dass Sie einen süffisanten, abqualifizierenden Un­terton vernommen haben, tut uns leid und lag nicht in unserer Absicht.

Als Programmleiterin von Radio SRF 2 Kultur kann ich mich ihrer Argumentation anschliessen. SRF 2 Kultur wird sich immer das Recht herausnehmen, auch Produk­tionen, die wir für gut befinden, kritisch zu kommentieren. Das stellt ja keine Abwer­tung dar, sondern belegt – gerade gegenüber dem unvoreingenommenen Publikum –, dass wir nicht aus einer Fan-Perspektive heraus agieren, sondern unabhängig auswählen, berichterstatten und kommentieren.

Über Details der Tonalität kann man diskutieren, und auch in guten Treuen anderer Meinung sein. Die Grenzen, die wir dabei einzuhalten haben, wurden meiner Ansicht nach in diesem Fall nicht überschritten. Ich bitte Sie also, die Beanstandung von Herrn X abzuweisen.“

3. So lautet die Stellungnahme von Frau Franziska Baetke, Programmleiterin Radio SRF 2 Kultur. Sie unterstützt ausdrücklich den Brief, den die beiden Autoren Gabriela Kägi und Florian Hauser geschrieben haben, und beantragt, Ihre Beanstandung ab­zuweisen.

Geht es um meine eigene Beurteilung, so habe ich für Ihre kritische Reaktion viel Verständnis. Denn die Art und Weise, wie in „Musikmagazin“ vom 1. August die CD der Symphonie Nr. 4 von Fritz Brun, gespielt durch das von Ihnen dirigierte Moskau­er Sinfonieorchester, präsentiert wurde, scheint mir auch problematisch zu sein. Mag sein, dass die beiden Autoren der Sendung – wie sie selber schreiben – grundsätz­lich „nur CDs, die wir gut finden, die wir gerne weiterempfehlen und die wir persönlich auch mögen“ präsentieren. Doch davon war in der Sendung nichts zu spüren. Das locker gewollte Gespräch tönte öfters süffisant. Sowohl über den Komponisten wie vor allem über das Symphonieorchester und dessen Dirigent wurde – abgesehen vom Hinweis auf die machtvollen Bläser – praktisch nur negativ berichtet. Dass am Schluss sogar Wolfgang Hildesheimer bemüht wurde, um Fritz Brun in den Limbo zu verdammen, macht die Sache nicht besser.

Ich bitte um Verständnis dafür, wenn es mir nicht möglich ist, die vorgenommenen musikalischen Wertungen zu beurteilen. Dafür fehlen mir sowohl die rechtlichen wie auch die fachlichen Voraussetzungen. Doch dies ist gar nicht nötig. Denn die Om­budsstelle hat nicht die Qualität einer Sendung zu bewerten, sondern lediglich einzu­schätzen, ob die rechtlichen Bestimmungen von Art. 4 und 5 des Radio und Fernseh­gesetzes verletzt worden sind oder nicht. Dabei gilt es stets die Programmautonomie von Radio und Fernsehen zu berücksichtigen. Diese beinhaltet auch die Freiheit in der Wahl eines Themas einer Sendung und in der inhaltlichen Bearbeitung.

Diese rechtliche Lage ermöglicht durchaus, eine musikalische Leistung kritisch zu erläutern und zu kommentieren. Ein Thema kann auch einseitig oder aus einem be­stimmten Blickwinkel beleuchtet werden, ohne das Gesetz zu verletzen, wenn dies in transparenter Weise geschieht und die wesentlichen Fakten korrekt vermittelt wer­den.

Dies war meines Erachtens auch im Beitrag unter dem Motto „Seufzer“ vom 1. Au­gust durchaus der Fall. Für das Publikum war transparent, dass Florian Hauser im Gespräch mit Gabriela Kägi seine eigene Meinung zur behandelten CD äussern würde. Berücksichtigt man zudem, dass die Sendung „Musikmagazin“ als „heiteren Streifzug durch die Musikszene“ angekündigt wird, glaube ich nicht, dass die Gren­zen des Zulässigen überschritten wurden.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass ich Ihre Unzufriedenheit durchaus nachvollzieh­en kann, Ihre Beanstandung aber, soweit ich darauf eintreten konnte, aus rechtlichen Gründen nicht unterstützen kann.

4. Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG entgegenzunehmen. Über die Mög­lichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI (Monbijoustrasse 54A, Postfach 8547, 3001 Bern) orientiert Sie der beiliegende Auszug aus dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen.

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