«Regionaljournal Bern Fribourg Wallis» über Berner Ständeratswahlen beanstandet

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Mit E-Mail vom 15. Oktober 2015 protestieren Sie wegen „unfaire Berichterstattung zu den Ständeratswahlen im Kanton Bern“ im Regionaljournal von Radio SRF. Den Erhalt Ihrer Eingabe habe ich mit meinem Brief vom 3. November bereits bestätigt.

Wie üblich, habe ich die Verantwortlichen von Radio SRF gebeten, zu Ihren Kritiken Stel­lung zu beziehen. Dies ist erfolgt und in der Zwischenzeit habe ich die Angelegenheit analysieren können. Ich bin somit in der Lage, Ihnen heute meinen Schlussbericht zu senden.

1. Sie begründen Ihre Reklamation wie folgt:

„Unter dem Motto „Wir haben die Wahl“ wurden nur die Bewerber der Grossparteien zum Live-Podium eingeladen. Die vier „alternativen“ Kandidaten wurden lediglich als Zuschauer eingeladen. In der Show wurde widerholt nur von 7 Kandidaten gesprochen. Dabei gab es für den Ständerat 11 Kandidaten. „Die kurze Interview-Zeit, die uns im Vergleich zu den Parteigenossen gewährt wurde hat natürlich mit ausgeglichener und fairer Berichterstattung nichts zu tun“. Das Interview wurde zudem erst 5 Tage vor den Wahlen eingeschaltet.

2. Wie bereits erwähnt, haben die Verantwortlichen von Radio SRF zu Ihren Kritiken Stellung bezogen. Ich möchte Ihnen das Schreiben von Herrn Rolf Hieringer, Leiter der Regionalredaktionen von SRF, nicht vorenthalten. Er schreibt Folgendes:

„Herr X kritisiert, es seien nur die sieben Bewerber der Grossparteien zum Live-Podium über die Berner Ständeratswahlen eingeladen worden. Dabei habe es elf Kandidaten gegeben. Das habe, so die Beanstandung, mit ausgeglichener und fairer Berichterstattung nichts zu tun. Ein weiterer Vorwurf: Das Interview mit ihm als Kandidaten sei zu spät, also erst 5 Tage vor den Wahlen gesendet worden.

Die Regionalredaktion Bern Freiburg Wallis von Radio SRF hat sich bei der Zulassung zum Podium vom 15. September 2015 an die Richtlinien der Chefredaktorenkonferenz der SRG für die Berichterstattung über die eidgenössischen Wahlen 2015 (Roger de Weck, 22. Dezember 2014, siehe Beilage 1) gehalten. Danach gilt als Kriterium für eine Zulassung zu Wahlsendungen eine publizistische bzw. wahlpolitische Relevanz. Für die Zulassungsregeln beruft sich die SRG SSR auf eine Bundesgerichtspraxis, die seit 1971 besteht und den Redaktionen einen Gestaltungsspielraum gibt für eine angemessene Darstellung der Parteien- oder Kandidatenvielfalt.

Die Chefredaktionen leiten aus den Richtlinien die Konzepte und Zulassungskriterien für ihre Wahlsendungen ab, im Falle von SRF auch aufgrund der publizistischen Leitlinien: Für die Zulassung von Parteien und Kandidierenden zu Wahlsendungen werden jeweils spezielle Regeln aufgestellt. Die Kriterien in diesem Zusammenhang sind publizistische und wahlpolitische Relevanz (bisherige Stärkeverhältnisse, bisherige Vertretungen in den zu wählenden Gremien u.a.). Diese Kriterien sind transparent und lassen sich überprüfen (Publizistische Leitlinien SRF, 7.2. Wahlen und Abstimmungen). Die Bereichsleitung Regionalredaktionen von Radio SRF hat darauf basierend die Rahmenbedingungen für die Vorwahlberichterstattung in den Sendungen in den Regionaljournalen definiert und dort festgehalten: «Die Teilnahme an Podien muss nach einheitlichen Relevanzkriterien geregelt werden.» Diese Relevanzkriterien sind konkret ausgeführt mit «politisch etabliert im Kanton, also im kantonalen und/oder nationalen Parlament vertreten».

Diese Einschränkung entspringt der Tatsache, dass Podien im Saal und am Radio unübersichtlich und fürs Publikum unverständlich werden, wenn die Zahl der Teilnehmenden zu gross ist. Sinn einer solchen Wahlveranstaltung ist es, inhaltliche Debatten zu ermöglichen, Differenzen zwischen den unterschiedlichen Positionen herauszuarbeiten. Die Obergrenze der Verständlichkeit liegt bei vier, maximal fünf Personen gleichzeitig. Für die Regionalredaktionen ist es deshalb bereits eine Herausforderung, alle „etablierten Parteien“ bei den Podien zu berücksichtigen.

Im beanstandeten Fall waren dies sieben Kandidatinnen und Kandidaten «von etablierten Parteien», was in der Live-Sendung auch so deklariert wurde. Die vier Aussenseiterkandidaten ohne etablierte oder gar keiner Partei im Rücken wurden nicht aufs Podium eingeladen.

Die gleichen Zulassungskriterien dienten auch als Richtschnur für das Vorstellen der Kandidatinnen und Kandidaten im Regionaljournal-Programm. Die Vertreterinnen und Vertreter der etablierten Parteien wurden in Form von Reportagen und Interviews vorgestellt, dies auch, weil die Regional-redaktionen gemäss Rahmenbedingungen «den Auftrag (Service Public) primär und Priorität bei den Ständeratswahlen erfüllen». So konnten sich die etablierten Berner Parteien via ihre Ständeratskandidaten dem Publikum im Kanton Bern präsentieren.

Im Regionaljournal ‚Bern Freiburg Wallis‘ kamen jedoch auch alle Aussenseiterkandidaten in einem Radiobeitrag zu Wort und wurden in einem Online-Artikel in Wort und Bild vorgestellt. Dieser Beitrag wurde am 14. September 2015 im Regionaljournal ausgestrahlt und am selben Tag auch ins Netz gestellt (und nicht wie vom Beanstander angegeben «erst fünf Tage vor den Wahlen»). http://www.srf.ch/news/wahlen/kantone-wahlen15/wahlen15-bern/die-staenderatswahlen-im-kanton-bern-sind-bunt

Soweit unsere Stellungnahme. Sie zeigt, dass die Regionalredaktion ‚Bern Freiburg Wallis‘ die Wahl-richtlinien eingehalten und auch Aussenseiter-Kandidaten fair behandelt hat. Wir halten die Beanstandung für unbegründet“.

3. Soweit die ausführliche Stellungnahme von Herrn Rolf Hieringer, Leiter Regionalre­daktionen von Radio SRF. Herr Hieringer begründet glaubwürdig, warum Ihre Beanstandung aus seiner Sicht abzulehnen sei.

Geht es nun um meine eigene Beurteilung, so kann ich wiederholen was ich in meinem Schlussbericht vom 27. Februar 2014 zu Ihrer damaligen Beanstandung geschrieben habe (Fall 3410). Schon damals hatte ich für Ihre Unzufriedenheit durchaus Verständnis gehabt. Denn ich teile grund­sätzlich Ihre Auffassung, wonach im Hinblick auf die Ständeratswahlen im Kanton Bern auch die kleineren Parteien oder unabhängige Kandidaten durch die Medien – und insbesondere durch die SRG-Medien – angemessen berücksichtigt werden sollten. In dieser Hinsicht ist es sicher bedauerlich, wenn Schweizer Radio SRF beim Podiumsgespräch vom 15. September 2015 vier der insgesamt elf Kandidaten ausschliessen musste.

Kann man dies aber Radio SRF vorwerfen? Hat es damit geltende Programmbestimmungen verletzt? Ist Ihre Nicht-Berücksichtigung beim erwähnten Podiumsgespräch eine unzulässige Diskriminierung oder eine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots?

In diesem Zusammenhang gilt es, die geltende Praxis zu berücksichtigen, wonach der Grundsatz der Chancengleichheit für sämtliche Kandidatinnen und Kan­didaten nicht absolut gilt. Auch den Bedürfnissen des Mediums und des Publikums ist Rechnung zu tragen. In dieser Hinsicht sind die Argumente von Herrn Hieringer stichhaltig.

Gemäss Bundesgericht und Unabhängiger Beschwerdeinstanz UBI ist es zulässig, wenn in Diskussionssendungen nicht alle Bewerber gleich behandelt werden, sondern nach sachlichen und transparenten Kriterien Unterschiede gemacht wer­den. Nach der Rechtsprechung von BG und UBI ist dies mit den rundfunkrechtlichen Grundsätzen zur Wahlberichterstattung vereinbar. Die Begründung: Die Konzentration auf Kandidatinnen und Kandidaten mit den meisten Chancen dient dazu, die Informationsbedürfnisse der Grossmehrheit des Publikums zu erfüllen. Eine Begrenzung der Anzahl Teilnehmenden an einem Radiogespräch dient der Verständlichkeit und ist durch die Programmautonomie gedeckt.

Kandidaten oder Parteien, welche von gewissen Sendungen ausgeschlossen oder marginalisiert werden, sollten aber die Möglichkeit haben, sich in anderen Sendegefässen zu präsentieren. Vorliegend war dies auch der Fall im Radiobeitrag vom 14. September.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass ich zwar für Ihre Unzufriedenheit Verständnis habe, Ihre Beanstandung aber, soweit ich darauf eintreten kann, als unberechtigt erachte.

4. Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG entgegenzunehmen. Über die Mög­lichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI (Monbijoustrasse 54A, Postfach 8547, 3001 Bern) orientiert Sie der beiliegende Auszug aus dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen.

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