«No Billag»-Sketch in «Glanz & Gloria» beanstandet (II)

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Mit Ihrem eingeschriebenen Brief vom 14. Dezember 2015 beanstanden Sie die Sendung „Glanz & Gloria“ vom 11. Dezember. Nachdem ich die Stellungnahme der Redaktion eingeholt habe bin ich in der Lage Ihnen meinen Schlussbericht zu senden.

1. Sie begründen Ihre Eingabe wie folgt:

Soweit Ihre Begründung. Sie legen zudem Wert auf die Feststellung, dass Sie nicht Mitglied des Initiativ Komitee sind.

2. Wie bereits erwähnt, haben die Verantwortlichen von SRF zu Ihren Kritiken Stellung bezogen. Ich möchte Ihnen das Schreiben von Frau Paola Biason, Redaktionsleiterin „Glanz & Gloria“, nicht vorenthalten. Sie schreibt Folgendes:

„Der Beanstander schildert den Sachverhalt wie folgt:

An sich ist diese Darstellung korrekt – allerdings wollten wir mit diesem Einstieg den Zuschauern keineswegs drohen. Die Idee war, mit einem humoristisch-augenzwinkernden Einstieg einen Bezug zur Tagesaktualität herzustellen und so etwas wie mögliche Konsequenzen aufzuzeigen, die ein Wegfall von Gebühren für die Qualität unseres Programms haben könnte.

Wir haben redaktionsintern – nicht zuletzt auch unter dem Eindruck, dass «Glanz & Gloria» in den laufenden Diskussionen um Gebühren und den Service public immer wieder zum Prügelknaben geworden ist – einen Weg gesucht, diese Tagesaktualität in unserer Art aufzunehmen: also mit einer Prise Humor, Schalk und Selbstironie. Wir sind nach wie vor überzeugt, dass dieser scherzhafte Einstieg in die Sendung mit der gesummten Titelmelodie, der weissen Wand, der brüchigen Tonqualität und dem spitzbübischen Bahrampoori-Lachen auch als solcher erkannt wurde.

In dieser kurzen Schmunzel-Sequenz einen Verstoss gegen das Sachgerechtigkeitsgebot zu sehen, scheint uns deshalb arg übertrieben. Immerhin berichtete die Tagesschau am gleichen Abend in gewohnt sachlicher Art über die eingereichte No-Billag-Initiative. Mit dem Hinweis notabene, dass sich nach Meinung der Initianten die «Initiative explizit nicht gegen die SRG, sondern gegen die Zwangsgebühren richte».

Und glauben Sie uns: Fast alle Mitarbeitenden bei «Glanz & Gloria» sind bei Privatsendern grossgeworden, haben das Fernseh-Handwerk dort erlernt und wissen genau, wie professionell es in der medialen Privatwirtschaft zu- und hergeht. Keiner, wirklich keiner von uns würde sich anmassen, sich über ehemalige Arbeitgeber und Kollegen auf irgendeine Art und Weise lustig zu machen. Dies umso weniger, weil ja auch die privaten TV-Anbieter von den Gebührengeldern profitieren.

Wir bitten Sie deshalb, diese Beschwerde abzuweisen“.

3. Soweit die Stellungnahme der Verantwortlichen von „Glanz & Gloria“. Redaktionslei­terin Paola Biason argumentiert ausführlich, warum ihrer Meinung nach Ihre Bean­standung abzuweisen sei.

Die Ausgangslage sollte unbestritten sein. In der Anmoderation der Sendung „Glanz & Gloria“ vom 11. Dezember brummte Moderator Salar Baharmpoori die Sendungs­melodie und begrüsste die Zuschauer in schlechter Ton- und wackliger Bildqualität mit folgender Aussage: „Heute Morgen sind die nötigen 100'000 Unterschriften für die No-Billag-Initiative zusammengekommen. Würde es nun zu einer Abstimmung kommen und würde diese auch noch angenommen werden, dann würde es für uns heissen: Es gibt keine Gebührengelder mehr. Und dann käme ‹Glanz & Gloria› etwa so über den Sender. Noch ist es aber nicht so weit.”

Was als witzig gemeinte Aktion gedacht war, entwickelte sich zum „Politikum“. Die Initianten der No-Billag-Initiative sprachen von „propagandistischer Desinformation“. Oliver Kessler, als No-Billag-Co-Präsident, fand das Ganze „sehr fragwürdig, ja so­gar rechtswidrig“ und kündigte medienwirksam eine Beschwerde bei der Ombuds­stelle im Laufe der nächsten Tage an (eine Beanstandung übrigens, welche die Om­budsstelle bis zum heutigen Tag nicht erhalten hat). Auch verschiedene Medien nahmen die Geschichte mit entsprechenden Titeln auf: „Glanz & Gloria ätzt gegen No-Billag-Initiative“ (20 Minuten) oder „Glanz & Gloria droht Zuschauern“ (Blick).

Sie sind ebenfalls der Meinung, dass die Behauptungen des Moderators „schlicht und einfach der Realität nicht entsprechen, gerade wenn man die Angebote der Privaten, nicht durch die Billag-Zwangsgebühren finanzierten Privatsender betrachtet“. Die Behauptungen des Moderators seien deshalb „unbewiesene Behauptungen zur Einschüchterung der Stimmbürger“ zu betrachten. Sie sind der Auffassung, dass „mit solchen propagandistische Behauptungen, wie in der Glanz & Gloria-Sendung geschehen, nützt die SRG ihre Macht schamlos aus, was nicht toleriert werden kann“.

Nachdem ich die Angelegenheit analysieren konnte, gelange ich zu einer differenzierenden Schlussfolgerung als Sie. Dies aus verschiedenen Überlegungen.

Zuerst einmal aus rechtlichen Gründen. Laut RTVG (Art. 91 Abs. 1 Ziff. a) hat die Ombudsstelle nicht die Qualität oder den Stil einer Sendung zu beurteilen. Im Zu­sammenhang mit dem Sachgerechtigkeitsgebot von Art. 4 Abs. 2 RTVG hat sie dagegen primär zu überprüfen, ob dem Publikum aufgrund der in der Sendung ver­mittelten Fakten und Meinungen ein möglichst zuverlässiges Bild über einen Sach­verhalt oder ein Thema vermittelt wird, so dass dieses sich darüber frei eine eigene Meinung bilden kann. Umstrittene Aussagen sollen als solche erkennbar sein. Fehler in Nebenpunkten und redaktionelle Unvollkommenheiten, welche nicht geeignet sind, den Gesamteindruck der Ausstrahlung wesentlich zu beeinflussen, sind programm­rechtlich nicht relevant. Die Gewährleistung der freien Meinungsbildung des Publi­kums erfordert die Einhaltung von zentralen journalistischen Sorgfaltspflichten. Der Umfang der gebotenen Sorgfalt hängt von den konkreten Umständen, dem Charak­ter des Sendegefässes sowie vom Vorwissen des Publikums ab (BGE 131 II 253 E. 2.1ff S. 257).

Bei der Behandlung von Beanstandungen muss die Ombudsstelle der den Veranstal­tern zustehenden Programmautonomie gebührend Rechnung tragen. Denn etwas darf nie vergessen werden: Art. 93 Abs. 3 der Bundesverfassung und Art. 6 Abs. 2 RTVG gewährleisten die Programmautonomie von Radio und Fernsehen. Diese beinhaltet namentlich auch die Freiheit in der Wahl eines Themas einer Sendung oder eines Beitrags und in der inhaltlichen Bearbeitung.

Das Bundesgericht schützt diese Sicht der Dinge ausdrücklich. Diesbezüglich hat es kürzlich Entscheide getroffen, welche die Wahrung der Medienfreiheit verstärken und präzisieren. Demzufolge ist es falsch, „sachgerecht“ mit „ausgewogen“ gleichzuset­zen. Das Gebot der Sachgerechtigkeit erfordert für die einzelne Sendung keine Aus­gewogenheit im Sinne einer möglichst gleichwertigen Darstellung aller Standpunkte. Ein Thema kann auch einseitig oder aus einem bestimmten Blickwinkel beleuchtet werden, ohne das Gesetz zu verletzen, wenn dies in transparenter Weise geschieht und die wesentlichen Fakten korrekt vermittelt werden.

Bei dieser gesetzlichen Ausgangslage gelange ich zur Auffassung, dass die Forde­rungen des RTVG vielleicht geritzt, aber insgesamt nicht verletzt wurden. Zwar teile ich Ihre Auffassung, wonach die unübliche und scherzhafte Aktion als problematisch und sogar als politische Propaganda gegen die Initiative angesehen werden kann und die Folgen einer möglichen Annahme überspitzt dargestellt wurden. In diesem Sinne habe ich für Ihre Kritik viel Verständnis. Doch der besondere scherzhafte Fo­kus der Anmoderation ging für das Publikum klar hervor. Dies umso mehr, als sich „Glanz & Gloria“ als „Boulevardmagazin von SRF“ an ein Publikum richtet, das spezi­ell an Regenbogeninformationen interessiert ist. Zuschauerinnen und Zuschauer waren deshalb durchaus in der Lage, den scherzhaften Einstieg in die Sendung als solchen zu erkennen und die an sich fragwürdige Aktion – und dies ist massgebend – richtig zu interpretieren und zu bewerten.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass sich das Publikum insgesamt eine eigene Mei­nung bilden konnte. Das Sachgerechtigkeitsgebot wurde deshalb nicht verletzt. Auch wenn ich Ihre Reaktion nachvollziehen kann, kann ich Ihre Beanstandung, soweit ich darauf eintreten konnte, nicht unterstützen.

4. Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG entgegenzunehmen. Über die Mög­lichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI (Monbijoustrasse 54A, Postfach 8547, 3001 Bern) orientiert Sie der beiliegende Auszug aus dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen.

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