Radio-Talksendung «Persönlich» mit Marco Rima beanstandet

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Mit Ihrem Brief vom 27. Dezember 2015 beanstanden Sie die Sendung „Persönlich“ des gleichen Tages auf Radio SRF 1. Den Erhalt Ihrer Beanstandung habe ich mit meinem Brief vom 29. Dezember bereits bestätigt.

Wie üblich, habe ich die Verantwortlichen von SRF gebeten, zu Ihren Kritiken Stel­lung zu beziehen. Dies ist erfolgt und in der Zwischenzeit habe ich die von Ihnen kriti­sierte Sendung analysieren können. Ich bin somit in der Lage, Ihnen heute meinen Schlussbericht zu senden.

1. Sie begründen Ihre Unzufriedenheit wortwörtlich wie folgt:

„Ab und zu verfolge ich am Sonntag die Sendung ‚Persönlich‘. Gerne erinnere ich mich an interessante Persönlichkeiten, die wirklich etwas zu sagen hatten.

Die heutige Ausgabe von ‚Persönlich‘ fand ich dumm und verletzend. Die als Gipfel­stürmer angekündigten Gäste Rima und Henseler konnten sich auf dieser Plattform ungebremst austoben. Der Gastgeber Zeugin hätte das Treiben mit klugen Fragen in geordnete Bahnen lenken können; hielt sich aber aus Unvermögen oder als Sympa­thisant sehr zurück.

Jeder SVP-Wähler musste sich als Dummkopf fühlen und Frau Sommaruga wurde von einem Lobestsunami überrollt. Dr. Mörgeli wird Rimas Entgleisung kaum er­schüttern; als Mediziner ist ihm längst bekannt, dass auch ein Komiker täglich Scheisse von sich gibt....

Es würde mich freuen, wenn Sie prüfen, ob diese Sendung ihren Richtlinien ent­sprach.

Mir scheint es zumindest bedenklich, wenn ein professioneller Narr seine Narren­freiheit für unflätige Beleidigungen missbrauchen kann und der Gesprächsleiter nicht korrigiert. Immerhin bin ich, vorderhand noch, an der Finanzierung solcher Sendun­gen beteiligt.“

2. Wie bereits erwähnt, habe ich die Verantwortlichen von SRF eingeladen, zu Ihrer Kritik Stellung zu nehmen. Dies ist erfolgt. Ich möchte Ihnen das Schreiben von Frau Heidi Ungerer, Publizistische Leiterin Radio SRF 1, nicht vorenthalten. Sie argumen­tiert wie folgt:

„Mit Brief vom 27. Dezember 2015 beanstandet Herr X die Sendung ‚Persönlich’ des gleichen Tages auf Radio SRF 1 wie folgt:

„Die heutige Ausgabe von ‚Persönlich‘ fand ich dumm und verletzend. Die als Gipfel­stürmer angekündigten Gäste Rima und Henseler konnten sich auf dieser Plattform ungebremst austoben. Der Gastgeber Zeugin hätte das Treiben mit klugen Fragen in ge­ordnete Bahnen lenken können; hielt sich aber aus Unvermögen oder als Sympathisant sehr zurück. Jeder SVP-Wähler musste sich als Dummkopf fühlen und Frau Sommaruga wurde von einem Lobestsunami überrollt. Dr. Mörgeli wird Rimas Entgleisung kaum er­schüttern; als Mediziner ist ihm längst bekannt, dass auch ein Komiker täglich Scheisse von sich gibt....

Es würde mich freuen, wenn Sie prüfen, ob diese Sendung ihren Richtlinien entsprach.

Mir scheint es zumindest bedenklich, wenn ein professioneller Narr seine Narrenfreiheit für unflätige Beleidigungen missbrauchen kann und der Gesprächsleiter nicht korrigiert. Immerhin bin ich, vorderhand noch, an der Finanzierung solcher Sendungen beteiligt.“

Wir haben uns das Persönlich vom Sonntagvormittag, den 27. Dezember 2015 da­raufhin angehört und eine weitgehend unterhaltende, humorvolle und lebendige Ge­sprächssendung gehört, die eigentlich bis auf eine Stelle nicht ‚dumm’ oder ‚ver­letzend’ daherkommt und wo sich die beiden Gäste auch keineswegs ‚ungebremst austoben’ können, sprich die über weite Strecken gut moderiert war.

Dass in einem Teil des Gesprächs Herr Rima die Arbeit von Frau Bundesrätin Som­maruga und ihrem Amt sehr positiv beurteilt, mag nicht mit Herrn Xs eigener Beurteilung übereinstimmen, ist aber als persönliche Meinungsäusserung eines Gesprächsgastes in einer SRF-Sendung nichts Anstössiges. Auch weil jederzeit klar und transparent war, dass dies Herr Rimas persönliche Meinung darstellt.[1]

Anders beurteilen wir eine kurze und heftige Meinungsäusserung von Herrn Rima gegen Ende der Sendung, wo er dem ehemaligen SVP-Nationalrat Mörgeli plötzlich pauschal und ohne für Aussenstehenden nachvollziehbaren Begründung unterstellt, dieser ‚erzähle jeden Tag Scheisse’[2] im Themenbereich der Diskussionen rund um die Neutralitätsgeschichte. Hier hätte unser Moderator den Gast Rima unbedingt unterbrechen sollen.

Herr Zeugin sagt im Rückblick zu dieser Situation selbstkritisch: ‚hier ist mir die Sen­dung am vergangenen Sonntag kurz entglitten. Aus einer normalerweise ‚persönli­chen’ Sendung wurde eine ‚politische Sendung’. Dazu kommt, dass Herr Zeugin die pauschalisierte Verunglimpfung von Herrn Mörgeli nicht nur nicht teilt, sondern derar­tige Entgleisungen in seinen Sendungen mit moderativen Esprit normalerweise für das Publikum ins richtige Licht rücken kann. Es hätte ja z.B. genügt, Herrn Rima da-ran zu erinnern, den von ihm selbst in der Sendung mehrfach gewünschten Anstand in Diskussionen in der Schweiz auch selbst einzuhalten gegenüber politisch Anders­denkenden.

Solch eine korrigierend-mässigende, eben genuin moderative Intervention ist Herr Zeugin in dieser Live-Situation eindeutig nicht gelungen. Er hat sich denn auch selbstkritisch dafür bei den Hörern, die sich nach der Sendung beschwert haben, entschuldigt und tut dies natürlich auch gern gegenüber Herrn X: ‚Dass Sie sich durch meine fehlende Intervention als Gastgeber und Moderator in Ihrer politischen Haltung verletzt fühlen, dafür entschuldige ich mich.’

Zusammenfassend möchten wir festhalten, dass in Livesendungen auch versierte Moderatoren wie Herr Zeugin nicht immer gefeit sind vor einem ‚Blackout’ und dass auch kleine Nicht-Reaktionen auf deplatzierte Äusserungen von Live-Gästen bei den Hörern, wie auch bei Herrn X verletzend ankommen können!

Dass solch ein Fehler dann im Gesamtbild für Teile der Hörerschaft auf eine ganze Sendung negativ abfärbt, akzeptieren wir natürlich. Auch wenn wir abschliessend noch einmal bekräftigen, dass im Rest der Sendung eigentlich keine unqualifizierten Verunglimpfungen vorkommen, die geäusserten Meinungen transparent und nach­vollziehbar waren, auch wenn man sie inhaltlich nicht teilt.“

3. Soweit die Stellungnahme der publizistischen Leiterin von Radio SRF 1. Frau Heidi Ungerer sowie auch Moderator Christian Zeugin geben offen und selbstkritisch zu, dass es ein Fehler war, die pauschale und nicht begründete Kritik an Herrn Mörgeli ohne „korrigierend-mässigende“ Intervention des Moderators gesendet zu haben. Frau Ungerer argumentiert aber plausibel, dass der Rest der Sendung als „weitgeh­end unterhaltendes, humorvolles und lebendiges“ Gespräch anzusehen ist.

Nachdem ich die Angelegenheit studieren konnte, teile ich die Einschätzung von Frau Ungerer. Anders als Sie, fand ich die Sendung insgesamt sehr interessant und gut moderiert. Dies betrifft auch die lobenden Ausführungen von Herrn Rima zur Flüchtlingspolitik der Schweiz und zum Einsatz von Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga. Zwar nahm Herr Rima auch gegen die sogenannte Durchsetzungsini­tiative Stellung. Diese Kritik war aber keinesfalls pauschal und wurde argumentativ begründet. Das Publikum war somit in der Lage, diese Kritik als persönliche Meinung von Herrn Rima einzuordnen und zu bewerten und sich darüber eine eigene Meinung zu bilden.

Anders dagegen ist die pauschale Kritik an Herrn Mörgeli zu bewerten. Nachdem Herr Rima seine Sicht der Dinge bezüglich Geschichte der Schweizer Neutralität erläutert hatte, warf er Herrn Mörgeli vor, darüber „jeden Tag Scheisse“ zu erzählen. Zwar präzisierte Herr Rima, warum seiner Meinung nach „gewisse Leute ... histori­schen Blödsinn erzählen“ und Moderator Zeugin quittierte seine Aussage mit einem „uiuiui“. Doch man hätte erwarten müssen, dass der Moderator eine derartige unbe­gründete Verunglimpfung von Herrn Mörgeli hinterfragen würde.

Durch diese Unterlassung des Moderators war das Publikum ungenügend in der Lage, sich darüber eine eigene Meinung zu bilden. In dieser Hinsicht erachte ich Ihre Beanstandung, soweit ich darauf eintreten konnte, als teilweise berechtigt.

4. Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG entgegenzunehmen. Über die Mög­lichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI (Monbijoustrasse 54A, Postfach 8547, 3001 Bern) orientiert Sie der beiliegende Auszug aus dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen.

[1] Transkript 1: Ab 35 Minuten 20 Sekunden:

Marco Rima: Und an dieser Stelle möchte ich einmal von mir auses ist mir ein wichtiges Anliegen – der Frau Simonetta Sommaruga danken für ihren Einsatz. Sie kann nichts dafür, dass diese Flüchtlinge kommen, sie muss darauf reagieren mit einem Bundesrat, der eigentlich eine gute Arbeit macht. [30 Sekunden...] Aber diese Leute machen eine gute Arbeit, und versuchen auch nach bestem Wissen und Gewissen ihre Arbeit gut zu machen, Frau Sommaruga macht eine sehr gute Arbeit.

Moderator Zeugin: Sie haben ihr ja einen Brief geschrieben?

Marco Rima: Ja, sie hat eine Sendung am TV gehabt, einen Kassensturz, sie hat sich dazu geäussert, sie hat auch ganz klar gesagt, wir wollen den Leuten helfen, die in Not sind, wir wollen auch vorausschauen, und jetzt schon alles aufgleisen. Wir führen einmal in der Woche Gespräche mit den Kantonen, also das ist ein grosser Prozess und die, die kein Bleiberecht haben, die müssen wir halt ausschaffen. Also ganz klare Positionen, klare Stellung. Da habe ich auch den Leuten von ihrem Amt gratuliert, denn sie müssen ja auch gegen den Sturm der Empörung dagegenhalten.“

[2] Transkript 2: Ab 45 Minuten und 20 Sekunden:

Marco Rima: „Plus, was man auch sagen muss, die Schweiz hatte in vielen Momenten Glück! Ich meine: unsere Neutralität verdanken wir einem griechischen Diplomaten in russischen Diensten, der den damals zerstrittenen Helvetiern gesagt hat: Präsentiert euch als kleine Republik und dann werdet ihr am Wiener Kongress Erfolg haben. Und sie hatten Erfolg. Die Schweiz hat die Neutralität, weil sie eine Pufferzone wurde zwischen Österreich und Frankreich. Und dort würde ich einen Mörgeli am Kräglein packen, weil er jeden Tag Scheisse erzählt auf Deutsch gesagt.“

[Es folgt etwas Gelächter, im Hintergrund hört man den Moderator „uiuiui“ sagen, es folgt eine kleine Klatschpause, bevor Rima fortfährt mit dem Historien-Thema].

„Und da tun gewisse Leute unserem Land nicht gut, weil sie historisch Blödsinn erzählen.....“

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