Radiosendung «Echo der Zeit» über Drogen in Indien beanstandet
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Ich habe mich mit der Redaktion abgesprochen, dass ich Ihnen auf Ihre Zuschriften zum Beitrag „Drogen – das Wohlstandsphänomen in Indien“ im „Echo der Zeit“ vom 6. August 2016 direkt antworte. Sie haben sich darüber aufgeregt, dass in einem Beitrag, der hauptsächlich von Heroin und Opium handelt, das Haschisch-Rauchen problematisiert wird und dass gesagt wird, dass dieses manchmal schuld sei an Schlafstörungen, Depressionen oder sexuellen Problemen.
Wer sagt das? Es ist ein einheimischer Psychiater im indischen Bundesstaat Punjab, der sagt, dass täglich etwa 30 Drogenabhängige zu ihm kämen, aber aus anderen Gründen, dass aber oft die Drogen die Ursache seien. Das ist die Aussage eines indischen Fachmannes – ob sie das Phänomen hinreichend erklärt, muss offen bleiben.
Was macht denn der Korrespondent Thomas Gutersohn? Er liefert eine Reportage, die von vier Fakten ausgeht:
- Es gibt den Film „Flying Punjab“, der das Drogenproblem in diesem indischen Bundesstaat anspricht. Die Zensurbehörde wollte 90 Stellen streichen und jeden Hinweis auf Punjab eliminieren, doch das oberste indische Gericht hat den Film für ganz Indien freigegeben und jeglicher Zensur eine Absage erteilt.
- Es gibt eine wissenschaftliche Studie, die zeigt, dass es im Bundesstaat Punjab viermal so viele Opium-Abhängige gibt wie im weltweiten Durchschnitt.
- Es gibt nach einem wirtschaftlichen Boom in den neunziger Jahren jetzt eine wirtschaftliche Baisse, die zur großer Jugendarbeitslosigkeit führte. Dies wiederum erhöhte die Zahl der Drogenabhängigen. Da aber die Drogen enorm teuer seien, würden viele junge Leute in den Ruin getrieben.
- Es stehen Wahlen bevor, und die amtierende Koalitionsregierung, die weder das wirtschaftliche noch das soziale Problem gelöst hat, möchte weiterregieren. Sie will daher im Wahlkampf die Drogenproblematik unter den Teppich kehren.
Die Reportage war vielfältig und differenziert. Dass unter denen, mit denen der Korrespondent sprach, auch ein Haschisch-Kiffer war, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es im Punjab ein ernsthaftes Drogenproblem gibt. Und darum ging es primär. Für die Ansichten, die die Gesprächspartner von Thomas Gutersohn äußerten, kann er nichts. Sie machen das Bild farbiger, aber sie bleiben individuelle Ansichten.
In der wissenschaftlichen Studie war davon die Rede, dass ein Prozent der Bevölkerung des Bundesstaats Punjab opiumabhängig sei. Das sind 280‘000 Menschen! Man muss sich der Dimensionen bewusst sein: Punjab ist eine riesige Region, durch die die indisch-pakistanische Grenze verläuft. Auf pakistanischer Seite fließt der Indus. Die Provinz Punjab in Pakistan, wo hauptsächlich Muslime leben, zählt 91 Millionen Einwohner – ist also bevölkerungsreicher als Deutschland. Der Bundesstaat Punjab in Indien, wo hauptsächlich Sikhs leben, zählt 28 Millionen Einwohner – und ist so bevölkerungsreich wie Saudi-Arabien.
Dass diese Region unter dem Drogenproblem leidet und dass das Leiden meist vor allem ein finanzielles ist, hat die Reportage schön herausgearbeitet. Da war die Bemerkung, dass einer Haschisch kifft, eher eine Randnotiz. Ich finde daher, dass die Redaktion das Thema auf gute und einprägsame Weise bearbeitet hat.
Dies ist mein Schlussbericht in dieser Sache. Ihnen steht das Recht zu, zusammen mit mindestens 20 Anderen per Beschwerde an die UBI zu gelangen (siehe http://www.ubi.admin.ch/de/themen_beschwerde.htm ).
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