Film «Feuchtgebiete» – ein Grenzfall
Die Zweitausstrahlung des Films « Feuchtgebiete » am 17. August durch SRF hat 43 Beanstandungen nach sich gezogen. Für die Beanstanderinnen und Beanstander ist der Film moralisch und ethisch nicht vertretbar. Etliche von ihnen finden zudem den Sendezeitpunkt um 22.55 Uhr zu früh. Einige sorgen sich schliesslich um das Wohl der fernsehschauenden Kinder und Jugendlichen. Ombudsmann Roger Blum wägt Pro und Contra einer Ausstrahlung ab.
Bei Fernsehen SRF zuständig für den Einkauf des fiktionalen Programms ist Heinz Schweizer. Er erinnert an die inhaltliche Vielfalt, welche SRF mit seinen Programmen abdecken soll. Schweizer kauft jährlich Filme für rund 1500 Sendeplätze und ca. 5000 Serienfolgen für die Programme von Fernsehen SRF 1 und SRF zwei ein. Die Ausstrahlung des Films «Feuchtgebiete» sei gemäss Schweizer nicht als Provokation, sondern als Teil des umfangreichen fiktionalen Gesamtangebots erfolgt.
Die Zweitausstrahlung des Films am 17. August 2016 fand im Zusammenhang mit einer SRF-Dokumentation über junge Schauspielschüler statt, so Schweizer. Die Erstausstrahlung im August 2015 habe übrigens kaum Reaktionen und keine Beanstandung hervorgerufen. Schweizer räumt ein, dass der Film «Feuchtgebiete», der auf dem gleichnamigen Roman von Charlotte Roche beruht, an Grenzen gehe. Er verweist jedoch auch auf die Beteiligung öffentlicher deutscher Institutionen am Film (u.a. das ZDF) und die mehrheitlich positive Resonanz, welche der Film in Fachkreisen und an Filmfestivals hervorgerufen hat. Hauptdarstellerin Carla Juri sei für mehrere Preise nominiert und am Filmfestival in Locarno als beste Darstellerin ausgezeichnet worden.
Jugendschutz eingehalten
SRF hat mit der Ausstrahlung des Films weder rechtliche Bestimmungen noch den Jugendschutz verletzt, betont Schweizer. Der Film ist ab 16 Jahren freigegeben und darf ab 22 Uhr – versehen durch eine Warnung an das Publikum – gezeigt werden. Die Einhaltung der Gesetze und Richtlinien kann Ombudsmann Roger Blum ebenfalls bestätigen.
«Die einzige Frage, die sich stellt, ist, ob der Film quer zur öffentlichen Sittlichkeit steht und ob man das Publikum vor ihm hätte schützen müssen.» Roger Blum, Ombudsmann
Blum ruft die gewandelte Sexualmoral in den letzten Jahrzehnten in Erinnerung. Die Gesellschaft sei offener geworden, kenne weniger Tabus. Es werde mehr zugelassen, auch in den Medien.
Für den Ombudsmann ist der Film ein Grenzfall. Einerseits gilt der Film als künstlerisch wertvoll, die schauspielerischen Leistungen – vor allem der Hauptdarstellerin – seien herausragend. Anderseits stünden der Ekel, den der Film evoziere und das Zeigen des Intimen und Abartigen quer zur gesellschaftlichen Moral. Für Roger Blum hätte man es mit der einmaligen Ausstrahlung des Films bewenden lassen können.
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