Kindersendung «Zambo» über US-Präsidentschaftswahl beanstandet

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Mit Ihrer e-Mail vom 10. November 2016 beanstandeten Sie die Sendung „Zambo“ (Radio SRF) vom 9. November 2016. Sie bezeichneten die Kindersendung als „Trump-Bashing“ und deshalb nicht sachgerecht, und Sie schrieben: Schreiten Sie ein und stellen Sie diese Verletzungen fest! Besten Dank.“ Ihre Eingabe erfüllt die formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Folglich kann ich auf sie eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

„Gestern habe ich zufällig die Sendung Zambo im Radio gehört (Kindersendung). Thema waren die US-Präsi-Wahlen. Ich habe ca. 20 Min. hingehört. Es fand ein sog. TRUMP-Bashing statt. Kinder und auch Lehrkräfte äusserten sich schockiert über die Wahl dieses demokratisch gewählten Mannes. Kinder äusserten ihre Ängste etc. Auch wurden Mails etc., Internetbeiträge zum Besten gegeben (alle sehr negativ i.S. Trump).

Eine gebührenfinanzierte Sendung mit instrumentalisierten Kindern ins öffentliche Radionetz zu stellen, ist eine Frechheit. Unabhängige Berichterstattung sieht anders aus.

Es ist mir bekannt, dass in der Schweiz Medienfreiheit herrscht. Es ist grundsätzlich Sache der Journalisten zu entscheiden, über welche Themen und auf welche Weise sie berichten wollen. Ihr Spielraum ist gross. Dennoch ist ihnen nicht alles erlaubt (vgl. Ihre Homepage). Für Radio und Fernsehen schreibt das Gesetz vor, dass die Sendungen die Menschenwürde beachten, dass sie niemanden diskriminieren, nicht zum Rassenhass beitragen, die öffentliche Sittlichkeit nicht gefährden und Gewalt weder verherrlichen noch verharmlosen. Ferner spielt eine Rolle, dass die Sendungen sachgerecht sind und dass in einer grösseren Anzahl von Sendungen die Vielfalt der Ereignisse und Ansichten zum Ausdruck kommt. Das Publikum muss sich eine eigene Meinung bilden können.

Mr. Trump wurde m.E. offensichtlich diskriminiert und seine Menschenwürde wurde beeinträchtigt. Nur weil ‚alle‘ diesen Herrn sehr negativ beurteilen (obwohl man ihn ja eigentlich nicht kennt), ist es dem (gebührenfinanzierten) Radio (und v.a. in einer KINDERSENDUNG) nicht erlaubt, so über jemand herzufallen. Die Sendung war in keiner Weise SACHGERECHT!“

B. Die zuständige Redaktion erhielt Gelegenheit, zu Ihrer Beanstandung Stellung zu nehmen. Christoph Aebersold, Leiter des Bereichs Junge Zielgruppen, schrieb:

„Wir nehmen zur Beanstandung von Herrn X gerne Stellung. Eingangs die wichtigsten Punkte zur Positionierung von ‚Zambo‘ und den Leitlinien, an denen sich die redaktionellen Mitarbeitenden orientieren:

Positionierung Zambo:

Die Sendung ‚Zambo‘ von Radio SRF 1 ist – zusammen mit der Webseite zambo.ch – als Angebot für Kinder im Alter zwischen 8 und 12 Jahren konzipiert. ‚Zambo‘ positioniert sich als Plattform, auf der sich Kinder austauschen, Neues erfahren und Spass haben können. Zu den Leistungen von ‚Zambo‘ gehört es unter anderem, mit den Kindern einen aktiven Dialog über Dinge, die sie beschäftigen, zu pflegen. Dazu gehören auch aktuelle gesellschaftliche und politische Ereignisse. ‚Zambo‘ soll dem jungen Publikum mit Gesprächen, Beiträgen und Artikeln dabei helfen, die Welt etwas besser zu verstehen.

Die Redaktion orientiert sich bei der inhaltlichen Gestaltung ihrer Angebote an den Bedürfnissen der Kinder in der Deutschschweiz. Einen grossen Stellenwert nimmt dabei die Web-Community von ‚Zambo‘ ein, in der sich mehrere tausend Kinder bis max. 15 Jahre in einer gesicherten Umgebung untereinander und mit den ‚Zambo‘-Macher/innen austauschen können. Hier erhalten die Kinder die Möglichkeit, eigene Blogs zu verfassen und Kommentare abzugeben. Die Gedanken und Fragen, die sich die Mitglieder der Community stellen, können oft als Interesse-Barometer genutzt werden und fliessen in die redaktionelle Planung ein.

Gerne gehen wir in den folgenden Abschnitten auf die einzelnen Punkte in der Beanstandung von Herrn X ein:

Fokus:

Das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahlen war am Mittwoch, 9. November 2016, das beherrschende Thema innerhalb der ‚Zambo‘-Community. Zahlreiche Kinder äusserten ihre Gedanken zur Wahl. Aufgrund dieser Aktivitäten entschloss sich die Redaktion, auf das ursprünglich geplante Thema zu verzichten und die US-Wahlen ins Zentrum zu rücken. Gegen den Vorwurf der Instrumentalisierung, wie ihn Herr X in seinem Schreiben äussert, wehren wir uns. Das Gegenteil ist der Fall: Die ‚Zambo‘-Redaktion nahm ein Thema auf, das die Kinder an diesem Tag offensichtlich stark beschäftigte und an Mittagstischen, in Klassenzimmern und auf Pausenhöfen diskutiert wurde.

Inhalte:

Während der Sendung wurden die US-Präsidentschaftswahlen in mehreren Teilen auf unterschiedliche Art thematisiert. Im Zentrum standen zwei redaktionellen Beiträge, wovon einer der Abbildung der momentanen Befindlichkeit der Kinder, der andere der inhaltlichen Einordnung diente. Insgesamt erstreckte sich die Behandlung über vier Wortplätze.

Der erste Beitrag fasste die Äusserungen von mehreren redaktionell ausgewählten Kindern aus der ‚Zambo‘-Community zusammen. Es handelte sich dabei um Kinder, die sich im Laufe des Tages auf der Webseite zu Wort gemeldet hatten und die von der Beitragsautorin vor der Sendung telefonisch kontaktiert worden waren. Die Kinder berichteten darüber, wie das Thema sie durch den Tag begleitete, formulierten ihre Verunsicherung über die Wahl von Donald Trump und äusserten teilweise ihre Ängste zu Aussagen des gewählten Präsidenten im Wahlkampf. Die Stimmen waren mehrheitlich kritisch. Zur Verdeutlichung nachfolgend einige Zitate von Kindern aus der Sendung:

  • <Es sind ein paar Sechstklässlerinnen gekommen und haben gesagt: ‚Scheisse, Trump ist gewählt. Für wen seid Ihr gewesen?‘ Und ich habe eigentlich von fast allen gehört: ‚Ja, eigentlich für Hillary Clinton.‘ (...) Er hat eine Mauer zwischen Mexiko und Amerika bauen wollen. Ich glaube, das funktioniert nicht. (...) Ich hoffe jetzt einfach, es wird nichts mit der Schweiz passieren. Aber ich habe da jetzt nicht so genaue Vorstellungen.>
  • <Sicher mehr als 50% in unserer Klasse sind Ausländer. Die hat er ja auch nicht so gern. (...) Man weiss halt jetzt auch nicht, macht er etwas Gutes oder passiert gar nichts. Oder geht Amerika finanziell – weiss auch nicht was. Oder gibt’s wirklich Krieg? (...) Ich glaube, sie haben ihn gewählt, weil er so viele Sachen verspricht. Er verspricht, dass die Leute Arbeitsstellen bekommen. (...) Auch dass er die illegalen Ausländer ausschaffen will und ja.>

Diese Äusserungen entsprach an diesem Tag durchaus der vorherrschenden Meinung in der ‚Zambo‘-Community. Allerdings wurde Donald Trump dadurch weder diskriminiert noch in seiner Menschenwürde beeinträchtigt, wie Herr X es gehört haben will. Lehrer kamen - entgegen der Wahrnehmung von Herrn X - weder in diesem Beitrag noch an anderer Stelle in der Sendung zu Wort.

Ein zweiter Beitrag widmete sich der thematischen Einordnung und stellte die kindliche Frage ‚Muss man vor dem US-Präsidenten Angst haben?‘ ins Zentrum. Dabei wurde erläutert, über wieviel ‚Macht‘ ein US-Präsident verfügt, aber auch welche demokratischen Grenzen ihm gesetzt sind. Die Beitragsautorin wies kindgerecht darauf hin, dass man sehr oft Angst habe vor Dingen oder Personen, die man nicht wirklich kennt, der USA-Korrespondent von Radio SRF erklärte in einfachen, verständlichen Worten das Prinzip der ‚Checks & Balances‘. Ausserdem wurde auf einen Artikel auf der ‚Zambo‘-Webseite hingewiesen, in dem die Aufgaben eines US-Präsidenten noch ausführlicher behandelt wurden. Aus unserer Sicht konnte der Beitrag in dieser Form zur Meinungsbildung des jungen Publikums beitragen und ordnete die geäusserten Befürchtungen über die Wahl von Donald Trump auf sachgerechte Weise ein.

Die Redaktion hat an diesem Tag den Fokus darauf gelegt, die Befindlichkeit der Kinder abzubilden. Eine Einordnung der Stimmungen unter Einbezug von Erläuterungen zur medialen Inszenierung des US-amerikanischen Wahlkampfs fand nur teilweise statt. Diese gab es zwar zuvor schon in anderen ‚Zambo‘-Sendungen. Allerdings kann rückblickend festgehalten werden, dass diese Aspekte auch in der aktuellen Ausgabe hätten deutlicher berücksichtigt werden können.

Moderation:

In der Begleitmoderation der Sendung wurde den Zuhörerinnen und Zuhörern gleich eingangs erklärt, warum das Thema US-Wahlen überhaupt aufgegriffen worden ist. Der Moderator machte transparent, dass man sich im ‚Zambo‘-Team zuerst nicht sicher war, ob das Thema US-Wahlen die Kinder interessieren könnte. Erst durch die Äusserungen der Kinder in ihren Blogs habe man sich für dafür entschieden. In der Moderation wurde auch darauf hingewiesen, dass die Rückmeldungen der Kinder nicht als repräsentativ gelten können. Der Moderator forderte nach einer kritischen Äusserung durch einen Hörer explizit, dass man Donald Trump doch erstmal eine Chance geben solle.

Die moderative Einbettung der redaktionellen Beiträge hat aus unserer Sicht mehrheitlich gut funktioniert und wurde dem Thema gerecht.

An einer Stelle würden wir uns rückblickend eine andere Gestaltung wünschen: Die Abmoderation des zweiten Beitrags kann relativierend und daher missverständlich wirken. Ausserdem räumen wir ein, dass in der Moderation noch deutlicher hätte zum Ausdruck kommen können, dass es sich bei der Wahl des US-Präsidenten um eine legitime demokratische Entscheidung handelt. Diesen Umstand haben wir redaktionsintern im Rahmen unserer normalen Sendungsbeurteilung mit den verantwortlichen Personen besprochen.

Fazit:

Die Beanstandung von Herrn X, wonach in der Sendung ein ‚Trump-Bashing‘ stattgefunden hat, ist nach unserer Beurteilung nicht zutreffend. Die Kinder zeigten sich aufgrund unserer Einschätzung weder schockiert über die Wahl von Donald Trump, noch wurden Diffamierungen laut. Die Äusserungen der Kinder bezogen sich auf Aussagen, die Donald Trump im Wahlkampf gemacht hatte und waren durchaus reflektiert. Eine Instrumentalisierung der Kinder fand zu keiner Zeit statt.

Vielmehr wurde versucht, ein allgegenwärtiges aktuelles Thema auf adäquate Art und Weise abzubilden, auf die von vielen jungen Zuhörerinnen und Zuhörern geäusserte Verunsicherung einzugehen und ihnen verständlich die Befugnisse eines US-Präsidenten verständlich zu machen. Wir räumen ein, dass in dieser Ausgabe der Sendung nicht deutlich thematisiert wurde, wie die mediale Inszenierung des US-amerikanischen Wahlkampfs möglicherweise einen Einfluss darauf hat, wie die Kandidierenden durch Kinder und Erwachsene wahrgenommen werden.

Die ausgewählten Inhalte und Formen in der ‚Zambo‘-Sendung vom 9.11.2016 widerspiegeln die Befindlichkeit am ersten Tag nach der Wahl und ergänzen das übrige diesbezügliche Angebot von ‚Zambo‘ und SRF. Es gehört zu den redaktionellen Aufgaben von ‚Zambo‘, das junge Publikum einerseits mit ‚klassischen‘ Inhalten wie z.B. Hörspielen und Tierbeiträgen zu begeistern. Andererseits auch, Stimmungen und Fragen, die Kinder bei wichtigen aktuellen Ereignissen beschäftigen, aufzugreifen und einzuordnen.

Wir respektieren ausdrücklich die Auffassung von Herrn X, auch wenn wir seine Wahrnehmung und Schlüsse nicht teilen können.“

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Beurteilung der Sendung. Sie haben Recht, dass es nicht anginge, wenn eine Radiosendung Kinder instrumentalisierte und gegen den gewählten amerikanischen Präsidenten aufhetzte. Das ist aber bei der von Ihnen beanstandeten Sendung „Zambo“ nicht der Fall. Wie Herr Aebersold schreibt, ging die Initiative von den Kindern aus. Erst als die Redaktion sah, dass das Wahlergebnis in den USA die Mitglieder der „Zambo“-Community umtreibt, ja ängstigt, hat sie sich entschlossen, die Präsidentenwahl zum Thema zu machen. Sie hat auf der einen Seite die Stimmung unter den Kindern wiedergegeben, die deutlich Trump-kritisch war, anderseits staatsbürgerlichen Unterricht betrieben, indem sie darüber aufklärte, wie mächtig der amerikanische Präsident wirklich ist und wie die „Checks and Balances“ wirken. Der Moderator hat auch dazu aufgefordert, sich zu melden, wenn man Trump cool findet – offenbar ohne Erfolg, jedenfalls innerhalb der Sendezeit.

Der Jugendschutz gebietet, dass Kinder vor vielen Medieninhalten bewahrt werden – beispielsweise vor Pornografie und vor Gewaltszenen, aber auch vor politischer oder religiöser Indoktrination. Es gibt aber keinen Grund, Kindern politische Information und politisches Wissen vorzuenthalten. Im Gegenteil: Gerade in einer direkten Demokratie wie der schweizerischen ist es unabdingbar, dass die Jugendlichen so früh wie möglich mit dem politischen System und der politischen Kultur, aber auch mit den Unterschieden zu anderen politischen Systemen und mit deren Eigenheiten vertraut gemacht werden. Kinder leben ja nicht in einem Vakuum. Sie hören in der Familie, wie über Politik gesprochen wird. Sie erfahren über Medien, was politisch läuft. Und sie diskutieren auf ihre Art, oft als Abklatsch der Elternmeinung, über politische Ereignisse, die Wellen werfen. Die Schulen greifen zum Glück solche Themen, die im Pausenhof und auf dem Schulweg Gesprächsstoff sind, im Unterricht auf. Denn außenpolitische Ereignisse wie 9/11 (2001), der Irakkrieg (2003), der Arabische Frühling (2011), das Attentat auf Charlie Hebdo (2015) oder der Syrienkrieg und die Flüchtlingswelle (2015/16) genauso wie umstrittene amerikanische Präsidentenwahlen beschäftigen auch Kinder und Jugendliche. Es war daher meines Erachtens nur richtig, am 9. November das Ergebnis der Präsidentenwahl in den USA in der Sendung „Zambo“ zu thematisieren. Ich kann mich deshalb den Ausführungen von Herrn Aebersold voll anschliessen: Die Kinder wurden an keiner Stelle instrumentalisiert.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

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