Werbeeffekt in Unterhaltungssendung «Mini Beiz, dini Beiz» beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 31. Dezember 2016 beanstandeten Sie die Sendung „Mini Beiz, dini Beiz“ vom 30. Dezember 2016[1]. Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen, die an eine Beanstandung gestellt werden. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

„In der gestrigen Sendung - übrigens auch in vielen vorherigen – wurde nach meiner Ansicht Gratis-Werbung für ein Thurgauer Golf-Hotel betrieben. Eine solches Luxus-Resort mit einer normalen Land-Beiz zu vergleichen, ist unlauterer Wettbewerb. Denn was haben die gezeigten Schwimmbäder, Saunas, Wohlfühl-Oasen und eigene Konditorei mit einer normalen ‚Beiz‘ zu tun?

Abgesehen davon, dass normale Mostäpfel mit Granatäpfel verglichen werden, ist alles ein absolut ungerechter Vergleich und ein Wettbewerb/ Vergleich mit einer typischen ‚Beiz‘ völlig illusorisch. Unstatthaft finde ich aber vor allem die Gratis-Präsentation eines Luxus-Betriebes der oberen Zehntausend!“

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Frau Karen Ballmer, Senior Producer im Bereich Show von Fernsehen SRF, schrieb:

„Besten Dank für Ihr Schreiben vom 4.1.2017 zur Beanstandung von Herrn X bezüglich der Sendung ‚Mini Beiz, dini Beiz‘ vom 30. Dezember 2016. Herr X beanstandet in seiner Beschwerde die Repräsentation vom Hotel Golf Panorama und dem dazugehörigen Restaurant Lion d‘Or, in der Sendung „Mini Beiz, dini Beiz“ und begründet seine Reklamation wie folgt:

<In der gestrigen Sendung - übrigens auch in vielen vorherigen – wurde nach meiner Ansicht Gratis-Werbung für ein Thurgauer Golf-Hotel betrieben. Eine solches Luxus-Resort mit einer normalen Land-Beiz zu vergleichen, ist unlauterer Wettbewerb. Denn was haben die gezeigten Schwimmbäder, Saunas, Wohlfühl-Oasen und eigene Konditorei mit einer normalen ‚Beiz‘ zu tun?>.

Gerne nehmen wir dazu wie folgt Stellung:

Es ist ein grundsätzlicher Bestandteil der Sendung ‚Mini Beiz, dini Beiz‘, dass der Stammgast, zusammen mit dem Geschäftsführer/Wirt und/oder Koch, das Restaurant zu Beginn der Sendung den Zuschauern präsentiert. In der Sendung vom 30. Dezember 2016 hat sich der Stammgast Daniel Staub für das Restaurant ‚Lion d’Or‘, welches zum Hotel Golf Panorama in Lipperswil / TG gehört, entschieden. Nach unserer Auffassung wurde der Betrieb in der gleichen Form vorgestellt wie die Restaurants in anderen Ausgaben von ‚Mini Beiz, dini Beiz‘. ‚Saunas, Wohlfühl-Oasen und eigene Konditorei‘ wurden keine gezeigt, lediglich das hauseigene Schwimmbad, welches aber dazu dient, das Ambiente in der Restaurant-Umgebung zu bebildern. Mit ‚Gratis-Werbung‘ hat dies unserer Meinung nach nichts zu tun.

Desweiteren beanstandet Herr X, dass in dieser Runde ein ‚unlauterer Wettbewerb‘ stattgefunden hat:

<Abgesehen davon, dass normale Mostäpfel mit Granatäpfel verglichen werden, ist alles ein absolut ungerechter Vergleich und ein Wettbewerb/ Vergleich mit einer typischen ‚Beiz‘ völlig illusorisch.>

Dazu lässt sich sagen, dass es Teil des Konzepts von ‚Mini Beiz, dini Beiz‘ ist, die ganze Bandbreite der Gastronomie-Betriebe in der Schweiz abzudecken. Hier ein Zitat des Sendungsporträts, welches öffentlich zugänglich ist:

<Vom Sternerestaurant bis zum einfachen Dorfrestaurant, von der traditionellen bis zur innovativen Küche, die Bandbreite der möglichen Restaurants ist riesig. Wir schauen hinter die Kulissen der Schweizer Gastronomie und lernen die Kandidaten und ihr Lieblingsrestaurant kennen.>[2]

Alle Restaurants der Woche werden nach den gleichen Kriterien bewertet, die Meinungen der Stammgäste sind subjektiv. Von ‚unlauterem Wettbewerb‘ zu sprechen, stimmt unserer Ansicht nach nicht, da die Spielregeln ganz klar gegeben sind und auch eingehalten wurden. Zudem ist es nicht immer so, dass die ‚Beiz‘ mit der höchsten Sterneanzahl auch wirklich gewinnt. Als klares Gegenbeispiel der Fall in der Sendung vom 30. 10. 2014, in welcher der einzige Gourmet-Tempel der Runde am Schlechtesten abgeschnitten hat.[3]

Zusammengefasst können wir demzufolge sagen, dass die Sendung vom 30. Dezember 2016 in jeglicher Hinsicht dem Konzept und den Regeln von ‚Mini Beiz, dini Beiz‘ entsprach und das Restaurant ‚Lion d’Or‘ in gleicher Art und Weise dargestellt wurde, wie die Restaurants in anderen Ausgaben von ‚Mini Beiz, dini Beiz‘.

Wir hoffen Ihnen mit diesen Ausführungen gedient zu haben und stehen für weitere Rückmeldungen zu Verfügung.“

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Auf den ersten Blick war ich geneigt, Ihnen voll beizupflichten: Einfach gestrickte, völlig unkritische Sendung, Werbung pur! Doch dann habe ich mir andere Sendungen der Serie „Mini Beiz – dini Beiz“ angesehen und betrachte die Sache jetzt etwas differenzierter.

Die Serie „Mini Beiz – dini Beiz“ läuft schon seit über zwei Jahren; sie wurde im Herbst 2014 gestartet. Inzwischen war sie in den Kantonen Zürich, Bern, Luzern, Uri, Schwyz, Nidwalden, Obwalden, Glarus, Zug, Freiburg, Solothurn, Basel-Stadt, Baselland, Schaffhausen, beiden Appenzell, St. Gallen, Graubünden, Aargau, Thurgau, Tessin und Wallis unterwegs, in den meisten schon mehrfach. Vielfach galt sie auch Subregionen wie dem Engadin, dem Emmental, dem Berner Seeland, dem Berner Oberland, dem Zürichsee, dem Vierwaldstättersee oder Städten wie Zürich, Basel, Luzern, Winterthur. Einzig die Kantone Waadt, Neuenburg, Genf und Jura hat sie nicht gestreift, wohl weil es dort sehr schwierig wäre, deutschsprachige Stammgäste aufzutreiben. Jedenfalls ist die Serie so etwas wie eine „Gastro-Tour de Suisse“.

Dabei funktioniert das Prinzip immer gleich: Fünf Personen stellen den jeweils vier andern ihr Lieblingsrestaurant vor. Erwartet wird, dass ein Apéro und zwei Gänge serviert werden, entweder eine Vorspeise und ein Hauptgang oder ein Hauptgang und ein Dessert. Die vier Geladenen bewerten dann das Restaurant nach den Kriterien 1) Ambiente 2) Service 3) Essen und 4) Preis/Leistung. Für jede Kategorie können sie maximal 10 Punkte vergeben. Aus den vergebenen Punkten wird pro Region jeweils ein Siegerrestaurant ermittelt. Im Fall der von Ihnen beanstandeten Sendung war das Gourmet-Restaurant „Lion d’Or“ im Hotel Golfpanorama in Lipperswil (TG) an der Reihe. Es war das letzte der vorgestellten Thurgauer Restaurants der betreffenden Woche. Deshalb wurden am Schluss nicht nur Punkte für dieses Restaurant vergeben, sondern man hat zugleich auch den Wochensieger ermittelt. Zufällig errang dieses Restaurant auch den Sieg.

Sie stören sich daran, dass erstens ein Gourmet-Restaurant überhaupt in die Restaurant-Auswahl aufgenommen und mit den anderen gemessen wird, da es sich ja nicht um eine „Beiz“ handle, und zweitens, dass es auf diese Weise Werbung für sich machen kann.

Nun hat SRF offenbar den Begriff „Beiz“ sehr weit ausgelegt: Unter den vorgestellten Restaurants – bisher sind es weit über 500 – befinden sich Skihütten und Pizzerien, Dorfkneipen und Spezialitäten-Restaurants, Landgasthöfe und Gourmet-Tempel. Ich kann daran nichts Anstössiges finden, denn auch die Gourmet-Restaurants müssen sich den gleichen Kriterien unterwerfen wie die andern – und sie können scheitern, wie das von Frau Ballmer angeführte Beispiel aus Graubünden zeigt: Den einen ist die Ambiance zu kühl, für die andern ist das Essen zu raffiniert, zu dick aufgetragen oder geschmacklich nicht überzeugend, den dritten ist der Wein zu wenig rund, und die vierten beurteilen das Preis-Leistungs-Verhältnis als ungünstig. Ein Gourmet-Restaurant steht daher nicht zum vorneherein auf dem Sieger-Treppchen. Ich glaube daher nicht, dass man von unlauterem Wettbewerb reden darf.

Viel ernster zu nehmen ist Ihr Vorwurf der Gratiswerbung. Die Serie „Mini Beiz – dini Beiz“ ist in der Tat eher dem Typus „Spiel“ als dem Typus „Reportagen“ zuzuordnen. Journalistisch daran sind das Konzept, die Auswahl der Gäste und der Restaurants, die Bildschnitte und die Interviews. Aber es handelt sich nicht um Gastrojournalismus: Die Restaurant-Kritik überlässt die Redaktion vollkommen den Gästen. Die vorgestellten Gasthäuser werden durch die Journalistinnen und Journalisten nicht kritisch hinterfragt. Aber die jeweils auftretenden Wirte und Köche stehen dennoch auf dem Prüfstand. Denn in den kurzen Interviews mit den Gästen und in der abschliessenden Bewertung erhalten sie ein kritisches Feedback. Wir können daher nicht von reiner Public Relation, von unverhüllter Propaganda sprechen.

Es ist eben nicht so, dass Medienberichterstattung frei von jedem Werbe-Effekt wäre. Jede Buchbesprechung hat einen Werbe-Effekt. Jede Theaterkritik, jede Filmkritik wirbt auch für das Stück oder den Streifen und hilft den Veranstaltern, ihre Kasse zu füllen. Der Bericht über die Premiere des Circus Knie, auch wenn die eine oder andere Nummer nicht gelobt wird, macht die Leute zirkushungrig. Der Bericht über die Eröffnung der Elbphilharmonie in Hamburg weckt in vielen das Bedürfnis, dort auch einmal ein Konzert zu erleben. Vieles, was Medien durchaus kritisch präsentieren, nützt auch kommerziellen Interessen der Vorgestellten. Da aber in der Serie „Min Beiz – dini Beiz“ so viele Restaurants vorkommen, ist sie letztlich Werbung für die Vielzahl, und der Effekt verteilt sich, da die einen Zuschauerinnen die italienische Küche der japanischen vorziehen, und die andern die gemütliche Landbeiz lieber haben als das schicke Restaurant. Und der Effekt verteilt sich auch regional. Ich komme daher zum Schluss, dass die Serie durchaus Werbe-Effekte auslöst und dass im konkreten Fall auch das Restaurant „Lion d’Or“ in Lipperswil dank der Sendung durchaus den einen oder anderen neuen Gast anzieht. Aber die Spielregeln der Serie „Mini Beiz – dini Beiz“ sind dem Publikum bekannt. Es weiß, dass Restaurants durch die Gäste getestet werden. Es wird daher nicht von unentgeltlicher Schleichwerbung überrascht, gegen die es machtlos ist. Es kann sich frei seine eigene Meinung über die vorgestellten Restaurants bilden.[4] Aus diesem Grund kann ich Ihre Beanstandung, so sehr ich Ihre Beweggründe verstehe, nicht unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

[1] http://www.srf.ch/sendungen/mini-beiz-dini-beiz/kanton-thurgau-tag-4-lion-d-or-lipperswil-siegerbeiz

[2] http://www.srf.ch/sendungen/mini-beiz-dini-beiz/sendungsportraet

[3]http://www.srf.ch/play/tv/mini-beiz-dini-beiz/video/graubuenden-tag-4-restaurant-mann-und-co-?id=8238560f-d355-467b-8c34-3fe8bad8ed01

[4] Vgl. die Ausführungen zur unentgeltlichen Schleichwerbung von Nicolas Capt in: Masmejan, Denis/ Bertil Cottier/ Nicolas Capt (Ed., 2014): Loi sur la radio-télévision (LRTV). Bern: Stämpfli Editions, p. 189.

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