Wutbürger und ihre gesetzliche Gratwanderung
Das Publikum schimpft. Diesen Eindruck erweckt ein Teil der Beanstandungen, die gegen Sendungen oder Publikationen von Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) an die Ombudsstelle gelangen. Das schimpfende Publikum äussert sich in letzter Zeit zunehmend aggressiver.
Die Urheber der Beanstandungen an die Ombudsstelle können, etwas schematisch betrachtet, in sechs Gruppen eingeteilt werden (siehe Kasten). Die grosse Mehrheit der Beanstanderinnen und Beanstander ist zumindest in der Form höflich und anständig. Aber ein Teil des Publikums äussert sich aggressiv. Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass man sich von einem mit «Zwangsgebühren» finanzierten Sender nicht alles bieten lasse. Jemand schrieb beispielsweise: «Wo unser Staatssender SRG meint, das Volk bevormunden zu müssen, weil das Volk ansonsten Vorurteile haben könnte, entscheidet das SRF sich für Zensur. Es ist beleidigend, den Bürgern dies zu unterstellen. (...) Dass die SRG entscheidet, welchen Teil der ‹Wahrheit› das Volk erfahren darf und welchen Teil der Wahrheit dem Volk verschwiegen werden soll, ist nicht nur skandalös, bevormundend, sondern nach meiner Überzeugung ein schwerer Verstoss gegen den Verfassungsauftrag der SRG!»
Ein anderer Bürger fand : «Was hier von SRF geboten wird, ist Propaganda der übelsten Sorte und bereitet den Weg zum nächsten grossen Krieg. Mit dieser Form der Berichterstattung wird ein Bild vom bösen Russland gezeichnet, ohne Rücksicht auf Tatsachen. (...) In jedem Fall haben die Leitmedien, da gehören Sie dazu, brav mit der Verbreitung von Unwahrheiten die nötige Akzeptanz in der Bevölkerung für Angriffe auf legitime Regierungen den Weg bereitet. Der Leichenberg, der so entstanden ist, stellt Hitlers Werk in den Schatten.» Ein Dritter formulierte: «Es ist Fakt, wie in den SRF-Foren von SRF-News Nicht-Linke an der freien Meinungsäusserung teilweise massiv behindert werden und gleichzeitig Linke Narrenfreiheit zu geniessen scheinen.(...) SRF fordert ja auch uneingeschränkt ihre Zwangsmediensteuer. (...) SRF-News zermürbt so Menschen, welche
Die Urheber der Beanstandungen
Etwas schematisch betrachtet können die Urheber der Beanstandungen an die Ombudsstelle in sechs Gruppen eingeteilt werden:
- Die erste Gruppe besteht aus Betroffenen, die in einer Sendung oder in einem Text direkt oder indirekt vorkamen und die sich oder ihr Anliegen falsch dargestellt fanden.
- Die zweite Gruppe bilden die Genauen, die Sach- oder Formulierungsfehler entdecken und zu Recht auf mangelnde Sorgfalt aufmerksam machen.
- Die dritte Gruppe setzt sich aus Sensiblen zusammen, die dann aufmucken, wenn Darstellungen ins Freizügige oder gar Pornografische gehen oder wenn sie ihrer Ansicht nach respektlos satirisch oder brutal sind.
- In der vierten Gruppe finden sich Sachverständige, die sich in einem Thema besonders gut auskennen und erwarten, dass SRF genau ihre Lesart übernimmt.
- Die fünfte Gruppe umfasst Ideologen, die von einer anderen Weltsicht ausgehen und darum immer wieder behaupten, dass SRF lügt.
- Zur sechsten Gruppe zählen Querulanten, die immer wieder entweder spitzfindige oder abwegige Kritik üben und sich mit keiner Antwort zufrieden geben.
keine linke Gesinnung haben, hier weiterzuschreiben.» Eine Zeitgenossin schrieb: «Nicht Assad und Russland sind die Bösewichte – werden von unseren Medien inklusive SRF durchgehend immer und immer wieder gebasht – ungerechtfertigt – und Obama, Hillary, Merkel und Co., welche der Drecks-Elite der Bilderberger / Illuminati / Freimaurer /Zionisten / Jesuiten wie Rockefeller, George Soros, der Rothschilds, Henry Kissinger usw. angehören, in den Himmel gelobt.(...) Glauben Sie mir das oder auch nicht, ich tue mir das Propaganda-SRF auf jeden Fall nicht mehr an – wie auch keine anderen Sender. Das ist reinste Mind Control.»
Dem Fass den Boden schlug ein Bürger aus, der sich wie folgt äusserte : «Es ist nun also so weit. Es darf hemmungslos und ungestraft gelogen werden. Die Lügereien der Linksterroristen und linksradikalen Medien-Schnudderis der ‹Tagesschau› und des Schweizer Fernsehen sind angewachsen zu einem Bundesamt für Volksaufklärung und Propaganda. Göbbels hätte seine wahre Freude an den Lügereien unserer ‹Tagesschau›-Beiträge und würde vor Neid erblassen, wie bei uns in der Schweiz hemmungslos und staatlich gesteuert gelogen werden darf. Diese total verlogene ‹Tagesschau› war für mich das schlimmste Erlebnis, das ich mir als Schweizer Bürger vorstellen konnte – natürlich zusammen mit dem Erlebnis von 125 ehr- und charakterlosen, schäbigen Nationalräten, welche den Eid auf die Verfassung gebrochen haben und zu Landesverrätern geworden sind. Ich erkläre unsere Demokratie offiziell als beendet und gestorben. Die staatlich verordnete Einheitsmeinung und die staatlich zensurierten Medien sind unerträglich geworden! Ich ernenne hiermit das Schweizer Fernsehen offiziell zur linksterroristischen, kriminellen politischen Partei! Schön, wenn man sich das schändliche Gehabe mit vielen Lügereien mit ergaunerten Gebühren vom Volk finanzieren lassen kann!»
«Es gibt einen republikanischen Anstand. Und der gilt für alle.» Roger Blum, Ombudsmann
Als Ombudsmann nehme ich jede Beanstandung aus dem Publikum ernst. Ich prüfe in der Sache, ob die Reklamation begründet ist. Wenn ja, stelle ich das in meinem Schlussbericht entsprechend fest. Gleichzeitig lasse ich gemeine Anwürfe gegenüber SRF nicht unkommentiert. Ich erkläre jedem, der die SRG als Staatssender bezeichnet, dass er sich irrt, denn die SRG ist ein privater Verein, der zwar vom Bund via Verfassung, Gesetz und Konzession einen Auftrag erhält, aber unabhängig vom Staat agiert und volle Programmautonomie geniesst. Und ich verweise jeweils auf China, Russland, Ägypten oder Iran, die wirkliche Staats- (und Propaganda-)Medien kennen. Und jeden, der schwere Beleidigungen ausstösst, mache ich darauf aufmerksam, dass er sich – vielleicht unwissentlich, vielleicht wider besseren Wissens – strafbar macht. Es ist wichtig, über allfällige Fehler der Programmschaffenden zu reden. Es ist wichtig, dass dieser Diskurs öffentlich stattfindet. Aber es gibt einen republikanischen Anstand. Und der gilt für alle.
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