«Puls» (Fernsehen SRF) über «Raumluftklima – Luftbefeuchtung» beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 16. Februar 2017 haben Sie einen Beitrag bei PULS vom 31.01.2017 zum Thema «Raumluftklima – Luftbefeuchtung» beanstandet. Ihre Eingabe erfüllt die formalen Voraussetzungen an eine Beanstandung. Somit kann ich auf sie eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

Wir wenden uns an Sie mit der Beschwerde einer „unsachgemässen Darstellung“ im Beitrag PULS vom 31.01.2017 zum Thema „Raumluftklima - Luftbefeuchtung“.

Einen Beschwerdebrief (Kopie im Anhang) haben wir an die Redaktion von PULS bereits geschickt, leider blieb dieser aber bis heute ohne Reaktion und Antwort.

Im Anhang senden wir Ihnen auch unsere Unternehmensbroschüre in welcher ersichtlich wird, wer wir sind und was unser Haupteinsatzgebiet ist. Vorweg: Wir stellen keine kleinen, mobilen Luftbefeuchter her, sondern sind global im gewerblichen und industriellen Umfeld tätig. Auch möchten wir betonen, dass wir den Inhalt der PULS-Sendung nicht als komplett falsch betrachten, lediglich die einseitige und tendenziöse Berichterstattung beanstanden wir.

B. Ihre Beanstandung wurde der zuständigen Redaktion zur Stellungnahme vorgelegt. Herr Gerald Tippelmann, Redaktionsleiter Puls schrieb:

Die Beanstandung der Firma Condair erreicht die Redaktion via Mail am 16.2.2017. Ein vorausgegange­ner Beanstandungsbrief in dieser Sache liegt uns nicht vor. Der medizinische Berater der Firma, Dr. W. Hugentobler, hatte am 8.2. eine in Teilen gleichlautende Beanstandung eingeschrieben der Redaktion und dem Fernsehdirektor zugestellt. Diese wurde am 11.2. per Mail und postalisch beantwortet.

In der jetzt vorliegenden Beanstandung wird der Redaktion einseitige und „tendenziöse“ Berichterstat­tung auf Basis ungenügender Recherche vorgeworfen. Dem Beitrag fehlten notwendige bau­physika­lische Basisfakten und wissenschaftlich sei der Zusammenhang zwischen Erkrankungen und zu geringer Luftfeuchtigkeit zweifelsfrei belegt. Die zitierten Experten seien einseitig und Fachleute mit anderen Aussagen bereits mehrfach von der Redaktion abgewiesen worden.

Kern der Berichterstattung unserer Sendung war es, dass vor dem Hintergrund von über 100.000 verkauften Luftbefeuchtern pro Jahr für den Privatgebrauch eine gesundheitliche Gefährdung eher von einer unkontrollierten Überfeuchtung der Luft ausgeht. Die Bewerbung solcher Geräte geht bis zur Aussage, trockene Luft sei Ursache von Asthmaerkrankungen. Durch belastbare Untersuchungen lassen sich solche Behauptungen nicht belegen. Unsere Recherchen zumindest haben das in keiner Weise ergeben, auch wenn die Beanstander „Zusammenhänge zwischen Luftfeuchtigkeit und Erkrankungen“ als in „dutzenden von Studien“ belegt sehen. Wir haben neben der obligatorischen Literaturrecherche auch beim BAG, bei Hochschulen und Pneumologen nach der Evidenz für Grenz­werte der Mindestfeuchtigkeit der Raumluft recherchiert. Das Ergebnis ist Basis unserer Berichterstat­tung und stützt sich auf Reviewartikel von Prof. Hildebrand (Luzern 2014) und Dr. Hahn (Berufsgenos­senschaftliches Institut für Arbeitsschutz 2007). Diese Übersichtsarbeiten kommen zum Schluss, dass keine Studie eine definitive untere Luftfeuchtigkeitsgrenze von 30 % medizinisch begründen würde. Auch eine aktuelle Cochrane Untersuchung aus dem Jahr 2016 legt diesen Schluss nahe. Und schliess­lich vertritt auch das BAG die Haltung: „Achtung beim Luftbefeuchten. Wenn dann nur kontrolliert, sonst geht der Schuss nach hinten raus“. https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/themen/mensch-gesundheit/wohngifte/gesundes-wohnen/luftbefeuchter.html

Wir haben uns mithin keineswegs auf einzelne, sich den publizierten Erkenntnissen verweigernde Experten gestützt. Dass wir Experten mit anderer Meinung „bereits mehrfach“ abgewiesen hätten, ist mir nicht bekannt.

Nach wie vor stehen wir zu der Kernaussage des Schwerpunktes: unkontrolliertes Befeuchten der Raumluft ist aus Sicht der Krankheitsprävention eher mit Vorsicht zu betreiben. Ein Vertiefen bau­physi­kalischer Aspekte in diesem Zusammenhang sprengt den Rahmen eines Gesundheitsmagazins.

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Beurteilung der Sendung. Zuerst gilt es festzustellen, was die Absicht der Sendung «Puls» ist. Im Sendebeschrieb steht: ««Puls» ist das wöchentliche Gesundheitsmagazin mit Ratgeber-Charakter und hohem Nutzwert für die Zuschauer. Eine halbe Stunde lang berichten wir über Trends, Neuigkeiten und Überraschendes aus Diagnose, Prävention und Therapie. Zentral geht es um die Frage: Was kann ich selbst tun, um meine Gesundheit und mein Wohlbefinden zu erhalten oder wiederherzustellen? So soll die Eigenverantwortung in Gesundheitsfragen gefördert werden, und die Zuschauer sollen konkrete Tipps im Umgang mit ihrer Gesundheit erhalten. Bei «Puls» stehen die menschlichen und fachlichen Aspekte von Gesundheit und Krankheit vor den ökonomischen und gesundheitspolitischen Fragen» (www.srf.ch/sendungen/puls/sendungspor
traet
). «Puls» besteht aber nicht nur aus der eigentlichen Sendung, sondern auch aus einem umfassenden Internetauftritt, der Vertiefungen vielfältigster Art anbietet.

Insofern wird bereits klar, dass sich die Sendung nicht an ein Fachpublikum wendet, sondern an ein Publikum, das konkrete Tipps zum Thema Gesundheit erhalten möchte. Ebenso wird deutlich, dass «Puls» kein Wissenschaftsmagazin ist, das Fragen bis ins letzte Detail klären kann.

Der ausgestrahlte Beitrag stand unter der Fragestellung «Raumklima – Allzu feucht ist ungesund». In der Sendung wurde der Fokus in der zur Verfügung stehenden Zeit dann auch klar auf dieses Problem gerichtet. Es liegt daher in der Natur der Sache, dass die Redaktion in der Sendung nicht sämtliche Detailfragen klären und erörtern kann.

Für das Publikum ist entscheidend, dass es konkrete Tipps zum Thema erhält. Dazu hat die Sendung Meinungen von verschiedenen Fachexperten eingeholt, die ihr Fachwissen einem interessierten Publikum auf leicht verständliche Art erklären können. Ihren Vorwurf, «dass sich die Redaktion von wenigen "Experten", vorwiegend aus dem Ingenieursbereich, mit einseitiger Meinung blenden liess und diesen Beitrag nicht besser recherchiert hat» kann ich so nicht stehen lassen, hat die Redaktion doch in der Sendung den Pneumologen Dr. Otto Brändli, den Pneumologen sowie Allergologen PD Dr. Günter Menz, den Ingenieur Prof. Kurt Hildebrand und – wie in jeder Sendung – den Hausarzt Dr. med. Thomas Kissling befragt. Dazu wurde dem Publikum ein begleitender «Experten-Chat» zum gesunden Raumklima angeboten, und zwar mit den Experten Prof. Arnold Brunner (Consultant für Reinraumtechnik; Dozent für Gebäudetechnik; Hochschule Luzern T&A), Prof. Hans-Werner Duchna (Ärztlicher Direktor; Chefarzt Pneumologie/Allergologie; Hochgebirgsklinik Davos) und PD Dr. Günter Menz (Pneumologe/Allergologe; Senior Consultant Zentrum Pneumologie/Allergologie; Hochgebirgsklinik Davos). Hier konnte das interessierte Publikum Detailfragen stellen und erhielt entsprechende Antworten. Von einer einseitigen Berichterstattung oder gar einem Übermass an Fachexperten aus dem Ingenieursbereich kann also nicht gesprochen werden.

Wie die Redaktion von «Puls» aufzeigt, wurden neben den obligatorischen Literaturrecherchen weitere Institutionen (Bundesamt für Gesundheit, Hochschulen und Fachärzte) zu Aussagen über die Evidenz für Grenzwerte der Mindestfeuchtigkeit der Raumluft beigezogen. Ausserdem liegen mir sowohl der Reviewartikel von Prof. Hildebrand (2014), Dr. Hahn (2007) und die Cochrane Untersuchung (Byber et al., 2016) vor. Diese belegen die Stossrichtung des «Puls»-Beitrages.

Auf der Website werden zusätzlich verschiedene Zusatzangebote für ein interessiertes Publikum aufgeschaltet:

In Ihrem Brief vom 6. Februar 2017 an die Redaktion von «Puls» bemängeln Sie, dass im Beitrag die «nötigen, bauphysikalischen Aspekte, welche vor allem zur Schimmelproblematik führen» fehlen. Sie erläutern anschliessend, wie Kältebrücken zu kalten Innenwänden führen und beim Unterschreiten des Taupunkts das nun entstehende Kondenswasser zusammen mit dem Baumaterial die Lebens- und Nahrungsgrundlage des Schimmels bildet. Sie halten fest anschliessend, dass geringe Luftfeuchtigkeit die Schimmelpilze entgegen der weitverbreiteten Meinung keineswegs am Wachstum hindere und Schimmelpilze kein Wasser aus der Luftfeuchtigkeit aufnehmen können und für das Überleben auf das flüssige Wasser in der Wand angewiesen seien. Trockene Luft lasse sogar die Konzentration der Pilzbestandteile (Sporen und Fragmente) in der Luft deutlich ansteigen. Es seien diese Pilzbestandteile in der Luft, die wir einatmen und Beschwerden, Allergien und Asthma auslösten.

Wie bereits erwähnt, fokussiert die Sendung auf ein zu feuchtes Raumklima. Auf die detaillierten Entstehungsarten von Schimmel und die Spezifikationen, wie sich die Konzentration der Pilzbestandteile erhöht, wird nicht explizit eingegangen. Allerdings verweist die «Puls»-Site https://www.srf.ch/
sendungen/puls/schimmel-unschoen-und-nicht-ungefaehrlich publikumsgerecht und mit dem entsprechenden Ratgeber-Charakter auf die Gefahr und die Beseitigung von Schimmelpilzen hin.

Ihren Vorwurf, dass die Sendung nur auf die Problematik einer zu hohen relativen Luftfeuchte eingegangen sei und dass die Reaktion der Atemwege auf eine Überlastung durch zu trockene Raumluft ungenügend beleuchtet wurde, kann ich daher nicht unterstützen. Diverse Fachleute bekräftigen in der Sendung, dass das Befeuchten der Luft kaum notwendig sei und die meisten Probleme von zu feuchter Luft stammen. In der zur Verfügung stehenden Sendezeit ist es schlicht nicht möglich, alle Aspekte anzusprechen oder auszuleuchten. Sie werfen schliesslich noch die Frage auf «Wie viel Energieaufwand darf unsere Gesundheit kosten?». Allein diese umfassende Fragestellung bedürfte wohl einer eigenen Sendung.

Eine – wie Sie bemängeln – «einseitige und tendenziöse» Berichterstattung kann ich aufgrund der oben aufgeführten Gründe nicht erkennen. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass ich Ihre Beanstandung, soweit ich darauf eintreten konnte, als unbegründet erachte.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Manfred Pfiffner stv. Ombudsmann

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