Radio SRF 3, Morgensendung Bemerkung über Präsident Trump beanstandet
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Mit Ihrer E-Mail vom 22. März 2017 beanstandeten Sie die Sendung auf Schweizer Radio SRF 3 vom gleichen Tag und dort insbesondere eine Bemerkung von Moderator Mario Torriani zulasten des amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann daher darauf eintreten.
A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:
„Heute Morgen, Mittwoch, 22.03.2017, ca. 0615 Uhr, fuhr ich mit meinem Auto zur Arbeit. Dabei hörte ich Radio SRF 3. Radiomann Mario Torriani moderierte einen Beitrag über die Basel World, resp. Basels Uhren- und Schmuckmesse. In diesem Beitrag ging es um die anstehende Zeitumstellung am kommenden Wochenende und die Herausforderung der Aussteller, bezüglich der Umstellung der Zeit an den etlichen, ausgestellten Uhren. Als finalen Jux des Beitrags äusserte sich Mario Torriani sinngemäss wie folgt:
Amerikanern würden die Zeit nicht um eine Stunde verstellen, sondern um einige Monate...zurück auf Obamatime.
Ich finde diese immerwährende Antitrump-Suggestion Torrianis nur nervend. In praktisch jeder Sendung muss der Moderator seine persönliche Meinung zum amtierenden US Präsidenten kundtun. Ich bin wirklich der Auffassung, dass das SRF einen Grundauftrag der Information zu erfüllen hat, welcher für alle Hörergruppen neutral erfolgen sollte. Torrianis persönliche Einstellung interessiert dabei, insbesondere mich, nicht. Da das SRF keine Privatinstitution ist, bin ich der Ansicht, dass der politischen Haltung eines Moderators in öffentlich-rechtlichen Medien keine Plattform geboten werden darf, auch wenn diese vermutlich seine eigene Lockerheit unterstreichen sollte. Diese stetigen Äusserungen durch Mario Torriani, in das ihm anvertraute Mikrofon, kommt meiner Meinung nach bereits einem Amtsmissbrauch gleich und hat mit Pressefreiheit nichts mehr zu tun. Ich bitte Sie, diese Angelegenheit zu prüfen. Schweizer Radio- und Fernsehen sollte für alle Hörer und Seher neutral gehalten werden.“
B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für sie antwortete Herr Pascal Scherrer, publizistischer Leiter von Radio SRF 3, wie folgt:
„Mit Mail vom 22. März 2017 beanstandet Herr X eine Aussage in der Morgensendung von Mario Torriani vom 22.3.2017 bei Radio SRF 3:
Zum Umfeld der Sendung: Die Morgensendung von SRF 3 ist eine Mischung aus Information, Wirtschaft, Service, Unterhaltung und Musik/Kultur. Die Rolle der Moderation ist es, das Publikum zwischen diesen verschieden gelagerten Schwerpunkten zu begleiten; in unterhaltender und positiver Grundstimmung, stets der inhaltlichen Umgebung angemessen.
In diesem Umfeld setzt SRF 3 auf ModeratorInnen mit einem hohen Anspruch im Bereich Handwerk; hinzu kommen Ausstrahlung und Persönlichkeit. Diese Anforderungen bringen es mit sich, dass die Morgenmoderatoren aktuelle Stimmungen transportieren und Gesprächsstoff des Morgens aufgreifen. Regelmässige Hörerinnen und Hörer des SRF 3-Morgenprogramms wissen und schätzen, dass sich die ModeratorInnen der Morgensendung den aktuellen und von der Redaktion ausgewählten Themen humorvoll und auch mal schräg-pointiert annähern.
Zum beanstandeten Programminhalt: Rund um den Start der Schmuck- und Uhrenmesse Baselworld haben Mario Torriani und seine Produzentin einige Fakten aufgelistet und sich mit der leicht bizarren, aber realen Problematik befasst, dass während der Uhren-Messe die ausgestellten Uhren mehrheitlich von Hand auf Sommerzeit gewechselt werden müssen. Als Schlussbemerkung äussert Mario Torriani den Gedanken, ‚es gebe Gerüchte‘, dass alle Uhren vorgestellt werden, ausser jene von US-amerikanischen Herstellern.
Er bezieht sich damit inkl. klassischem Ironiesignal (‚Gerüchte‘) auf die aktuellen und überall in den Medien dargestellten Umfragezahlen von US-Präsident Donald Trump[1], der sich wenige Wochen nach Amtsantritt in einem Umfrage-Tief befindet. Die Analogie zwischen europäischer Zeitumstellung und Umstellung von ‚US-Obamazeit‘ auf ‚US-Trumpzeit‘ war keineswegs ernsthaft und auch nicht in hämischem oder anklagendem Ton formuliert.
Wenn Herr X aus dieser einen Bemerkung eine ‚immerwährende Anti-Trump Suggestion‘ interpretiert, so fehlt dieser Unterstellung meines Erachtens eine Beweisführung.
Zusammenfassend halte ich fest, dass Mario Torriani nicht seine persönliche Einstellung oder gar seine politische Haltung zum Besten gab. Dass die befragten Teile der US-Bevölkerung den amtierenden US-Präsidenten bereits kurze Zeit nach Amtseinführung eher schlecht ‚benoten‘, ist ein Faktum und bildet die Basis für die Bemerkung von Herrn Torriani. Im Nachhinein würde Mario Torriani heute direkt auf die Faktenbasis seiner Schlusspointe hinweisen. Er sagt: <Selbstkritisch betrachtet hätte ein faktischer Einschub z.B. mit den Umfragewerten meiner Pointe eine aktuellere Einordnung gegeben.>
Für die weiteren Interpretationen von Herrn X haben wir keine Grundlagen in der Sendung gefunden. Dies erstaunt uns auch nicht, weil die Moderation bei SRF und auch bei Radio SRF 3 tatsächlich ganz im Sinn von Herrn Xs Meinung angehalten ist, auf rein persönlich-gefärbte politische oder religiöse Statements konsequent zu verzichten.“
C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Es steht nirgends geschrieben, dass Schweizer Radio und Fernsehen SRF neutral sein müssen. Sachgerecht müssen sie sein, und fair. Die Journalistinnen und Journalisten sollen Distanz nach allen Seiten halten, sich mit keiner Sache gemein machen, also sich nicht kaufen lassen. Dies heißt aber nicht, dass sie nicht engagiert sein dürfen, beispielsweise für die Menschenrechte, gegen den Krieg, für den Kampf gegen Hunger, Elend und Seuchen, gegen Sklaverei und Menschenhandel. Von einem gebührenfinanzierten, unabhängigen Service public-Sender erwartet man, dass er kritisch ist gegenüber allen Mächtigen und allem Verlogenen. Genau dafür zahlen wir Gebühren: Dass sich die Medien nicht gängeln lassen von jenen, die die Macht haben, und von jenen, die das Geld haben, sowie von jenen, die beides haben. Zusammen mit der Presse und den Online-Medien sollen Radio und Fernsehen garantieren, dass wir in jeder Situation uns einerseits frei eine eigene Meinung bilden können und anderseits frei unsere Meinung sagen können. Die Pressefreiheit ist nicht unser Feind, sie ist unser Schutz.
Kommt dazu, dass das Programm von Radio SRF 3 eher ein lockeres und nicht ein todernstes ist. Da ist es Brauch, dass die Moderatorinnen und Moderatoren auch mal einen Witz, einen Kalauer oder eine ironische Bemerkung von sich geben. Es gehört geradezu zum Markenzeichen von Radio SRF 3, dass die Moderierenden ihren Spielraum ausnützen und die Ereignisse mit kurzen, sarkastischen oder leichtfüssigen Kommentaren begleiten. Vergleicht man allerdings den Stil der Moderatorinnen und Moderatoren von Radio SRF 3 mit jenem der Moderatorinnen und Moderatoren in der Suisse romande, so wirkt er geradezu brav. Denn dort ist man noch schärfer, noch pointierter, und das Maul ist viel loser.
Es gibt also Gründe, bei Radio SRF 3 toleranter zu sein und nicht alles auf die Goldwaage zu legen. Und es gibt Gründe, bei Präsident Trump unnachsichtig zu sein. Denn er gehört nun mal zu den Mächtigen, die sich der Kritik stellen müssen, und er gehört, man muss es leider sagen, außerdem zu den Verlogenen. Das kleine Witzchen, dass die Amerikaner ihre Uhren nicht auf Sommerzeit umstellen, sondern zurück auf Obamatime, war schon darum legitim, als die Umfragewerte für Trump so tief waren wie noch nie für einen neugewählten Präsidenten in den ersten zwei Monaten seiner Amtszeit. Dabei hat Ihre Beanstandung beim betroffenen Moderator immerhin die Einsicht ausgelöst, dass es vielleicht klug gewesen wäre, auf diese Umfragewerte zuerst hinzuweisen. Alles in allem sehe ich jedenfalls keinen Grund, Ihre Beanstandung zu unterstützen.
D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
[1] Die Umfragewerte in dieser Woche besagen, dass gerade noch 37% der US-Bürgerinnen und Bürger hinter Trumps Politik stehen. Hier Artikel rund um die Zeit vom 22. März 2017.
https://www.welt.de/print/die_welt/article163021865/Umfragewerte-werden-immer-schlechter.html
http://www.huffingtonpost.de/2017/03/20/umfrage-gallup-trump_n_15480942.html
http://edition.cnn.com/2017/03/20/politics/gallup-poll-donald-trump-approval/index.html
http://www.20min.ch/ausland/news/story/Nur-noch-37-Prozent-sind-mit-Trump-zufrieden-20585172
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