Sprache der Wetterberichte an Radio und Fernsehen SRF beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 8. September 2017 beanstandeten Sie, dass die Wetterberichte an Radio und Fernsehen in Dialekt gesendet werden. Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

„Die Schweiz ist ein Tourismusland. Viele Touristen verstehen ein wenig Deutsch aber sicher kein Dialekt. Wäre es nicht möglich die Wetterprognosen auf Schriftdeutsch zu senden?“

B. Die zuständigen Redaktionen erhielten Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für Radio SRF 1 äußerte sich Frau Heidi Ungerer, publizistische Leiterin, wie folgt:

„Die Wetterprognosen werden innerhalb der Nachrichtensendungen stündlich, in den Hauptsendezeiten sogar halbstündlich in deutscher Standardsprache verbreitet. So ist sichergestellt, dass das deutschsprachige Publikum immer mit den aktuellsten Wetterdaten versorgt wird. Die Gespräche mit den Meteorologen aus der SRF Meteoredaktion sind Teil des Laufprogramms von Radio SRF 1 und bleiben deshalb in Mundart.

Diese doppelspurige ‚Sprachregelung‘ im Programm hat sich bestens bewährt und entspricht auch der publizistischen Linie von SRF, dass die stündlichen Informations- und Serviceleistungen immer in Standardsprache angeboten werden, was hier der Fall ist. Dass wir im Begleitprogramm unsere Dialekte pflegen, die Umgangssprache der Regionen der Schweiz, schafft Nähe und Heimat und nicht zuletzt auch Verständlichkeit.

Radio SRF 1 bedient also beide gerne gut, zuverlässig und gleich regelmässig. ‚Einheimische‘ genauso wie Touristen.“

Ausführlich nahm zudem Herr Thomas Bucheli, Redaktionsleiter SRF Meteo, Stellung:

„Die Fachredaktion ‚SRF Meteo‘ vom Schweizer Radio und Fernsehen SRF hat den Auftrag, die Öffentlichkeit via TV, Radio, Internet, App, Teletext etc. mit qualitativ hochstehenden, präzisen und verständlich aufbereiteten Wetter-Prognosen und -Informationen zu versorgen.

Das Dienstleistungsangebot von SRF Meteo ist auf den angestammten Heim-Markt (Deutschschweiz) ausgerichtet: Die Prognosen sind entweder in Dialekt und/oder in Hochdeutsch gesprochen, geschrieben und verlesen/veröffentlicht. Andere Sprachen sind nicht vorgesehen.

Wetterprognosen haben aber den grossen Vorteil, dass sie weltweit mit ähnlichen Symbolen und Grafiken auskommen – und so die sprachlichen Barrieren überwinden. Die grafischen Produkte/Prognosen von SRF Meteo können selbst ohne Kenntnisse des Dialektes und selbst ohne Kenntnisse der (hoch)deutschen Sprache vom Publikum verstanden und korrekt interpretiert werden. Namentlich die Internet- und App-Prognosen von SRF Meteo werden daher nachweislich auch von unseren ausländischen Touristen sehr gerne konsultiert.

Für folgende Sendungen, Produkte und Prognosen von SRF Meteo sind weder Dialekt- noch überhaupt Deutsch-Kenntnisse erforderlich:

  • Wetterkanal auf SRF 1, täglich ab 07:00 (Winter: 07:30 Uhr) bis ca. 09.00 Uhr.

Hier werden ausschliesslich Wettergrafiken sowie aktuelle Wetterbilder von Live-Cams gezeigt - ohne zusätzlichen Kommentar. Diese Sendung ist durchaus auf ein internationales Publikum ausgerichtet und gibt einen detaillierten Überblick über das Wetter in der Schweiz und in vielen touristisch gut besuchten Regionen. Kaum Texte.

Deutschkenntnisse sind nicht erforderlich; allfällige textliche Ergänzungen sind alle in Hochdeutsch verfasst.

  • Lokalprognosen auf.srf.ch/meteo und auf der SRF Meteo-App.

Wetter-Prognosen von rund 28'000 Orten/Punkten der Schweiz. Mittels Wettersymbolen, Grafiken und Zahlen erhalten die Kunden detaillierte Informationen über das künftige Wetter am gefragten Ort. Kaum Texte.

Hier kann sich das Publikum laufend über das Wetter vor Ort informieren, ohne dass Deutschkenntnisse notwendig sind. Allfällige textliche Ergänzungen sind alle in Hochdeutsch verfasst.

Für folgende Sendungen, Produkte und Prognosen von SRF Meteo sind keine Dialekt-Kenntnisse erforderlich:

  • Wetterberichte/Kurz-Flashes in der Tagesschau auf SRF1 und in den Radio-Nachrichten-Sendungen auf den Radiosendern SRF1, SRF3, SRF 4 und Musikwelle.

Diese Wetterberichte werden in den TV-News stets mit Grafiken unterlegt, in den Radio-Nachrichten erfolgt die Verbreitung teils stündlich.

Alle diese Prognosen/Texte werden immer in Hochdeutsch verlesen.

  • Im Internet und auf der SRF Meteo-App veröffentlicht SRF Meteo dreimal täglich ausführliche Text-Wetterprognosen. Diese Prognosen stehen dem Publikum auf folgenden Kanälen rund um die Uhr zu Verfügung:

Teletext: (Seite 502 bis 508)

Im Internet auf http://www.srf.ch/meteo/wetterbericht

In der SRF Meteo-App (unter der Rubrik «Wetterbericht»

Alle diese Texte/Prognosen sind in hochdeutsch geschrieben.

  • Meteo-Sendungen um 18:10 Uhr, 19:55 Uhr und 22:15 Uhr:

Diese Sendungen werden alle in Mundart/Dialekt moderiert. Der gesprochene Text wird indes mit aussagekräftigen und selbst-erklärenden Karten und Grafiken zusätzlich unterstützt (analog ‚globalen‘ Internet- & App-Grafiken).

Auf den Teletext-Seite 777 erfolgt zudem die schriftliche Simultanübersetzung des gesprochenen Textes. Diese Untertitelung ist in hochdeutscher Sprache verfasst.

Somit bleiben ‚lediglich‘ folgende Produkte übrig, die ausschliesslich in Schweizerdeutsch/Dialekt «daherkommen»:

  • Meteo-Sendung um 13:00 Uhr

Diese Sendung wird in Mundart/Dialekt moderiert. Eine Untertitelung ist bisher nicht vorgesehen. Aber auch hier wird der gesprochene Text mit aussagekräftigen und selbst-erklärenden Karten und Grafiken unterstützt (analog ‚globalen‘ Internet- & App-Grafiken).

Selbst ohne Kenntnisse des Dialektes ist eine ‚Annäherung‘ an den Inhalt und an die fachlichen Aspekte allein durch die gezeigten Karten und Grafiken möglich.

  • Wettergespräche/Live-Interviews in den Radio-Sendern von SRF

Diese Produkte sind gezielt darauf ausgerichtet, dass sie dem (heimischen) Publikum das Wetter in Form eines authentisch, locker und lebendig geführten Gespräches zwischen Moderator und Meteorologen ‚näher‘ bringen. Es liegt in der Natur der Sache, dass solche Live-Gespräche mit Frage & Antwort-Spiel in Mundart wesentlich natürlicher wirken als wenn diese in Hochdeutsch geführt werden müssten.

Diese Wettergespräche sind üblicherweise eingebettet in ein Radio-Programm, das ebenfalls in Mundart moderiert wird. Eine Umstellung auf Hochdeutsch ausschliesslich für dieses Wettergespräch wäre befremdlich und würde wohl von einem Grossteil der Stammhörerschaft nicht ‚verstanden‘.

Fazit:

Wir sind uns bewusst, dass Mundart und Dialekte nicht von allen Zuschauern gleichermassen gut verstanden werden.

Gerade deshalb werden die Prognosen von SRF Meteo in den zuschauerstärksten Wetter-Sendungen am TV immer schriftlich (Hochdeutsch) untertitelt, in den Radio-Nachrichten- und TV-News-Sendungen immer in Hochdeutsch verlesen und via Internet, Teletext und der SRF Meteo-App in Textform (Hochdeutsch) einem breiten Publikum zu Verfügung gestellt.

Insbesondere werden die Prognosen von SRF Meteo wenn immer möglich mit aussagekräftigen Wettersymbolen und Grafiken bildhaft unterstützt. Damit ist gewährleistet, dass auch Interessenten (Touristen) aus jedem beliebigen Sprachraum und selbst ohne jegliche Deutschkenntnisse Zugang haben zu den Prognosen von SRF Meteo – und diese auch interpretieren und verstehen können.

Die Einführung von ‚striktem Hochdeutsch‘ erachtet SRF Meteo daher als nicht notwendig.“

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Problematik. In der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft steht in Artikel 4: „Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.“ [1] Es steht, etwa im Unterschied zu Luxemburg, nichts von Dialekten. Nun ist aber bekannt, dass die deutsche Sprache stark von Dialekten geprägt ist, nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland (Alemannisch, Schwäbisch, Bayerisch, Sächsisch, Kölsch, Platt usw.), Österreich, Südtirol, Luxemburg, Ostbelgien und Liechtenstein. Gerade in der Schweiz spielen die Dialekte eine herausragende Rolle, werden sie doch nicht nur in der Familie, auf der Strasse, auf dem Pausenhof, auf dem Sportplatz, im Restaurant und am Arbeitsplatz gesprochen, sondern auch in vielen kantonalen und lokalen Parlamenten, in den Gerichten und in den Radio- und Fernsehprogrammen. Das schafft Nähe und Vertrautheit, baut Schwellen ab und erleichtert auch den weniger Redegewandten den Zugang zur öffentlichen Kommunikation. Allerdings schließt es viele Immigranten und Touristen vom öffentlichen Diskurs weitgehend aus, zumal erwachsene Eingewanderte, die in der deutschen Schweiz wohnen, zwar die deutsche Standardsprache lernen, aber eben in der Regel die Dialekte nicht beherrschen. Der Gebrauch des Dialekts schliesst auch die Schweizerinnen und Schweizer anderer Sprachregionen weitgehend aus. Nicht zuletzt deshalb verlangt das Radio- und Fernsehgesetz in Artikel 24, Absatz 5 von der SRG: „In wichtigen, über die Sprach- und Landesgrenze hinaus interessierenden Informationssendungen ist in der Regel die Standardsprache zu verwenden.“[2]

Die Frage ist, ob auch die Wetterberichte solche wichtigen Informationssendungen sind. Persönlich würde ich es vorziehen, wenn die Meteo-Sendungen im Anschluss an die „Tagesschau“ - genau gleich wie die „Tagesschau“ selber - auch in Hochdeutsch moderiert würden. Beim Wetter muss man nicht künstlich Nähe herstellen; es ist durch seine Dauerpräsenz automatisch „nah“. Außerdem würden dann die Wetterberichte auch von Touristen, Immigranten sowie Zuschauerinnen und Zuschauer in Süddeutschland auf Anhieb verstanden. Dies ist aber lediglich meine persönliche Meinung, keine Aussage in meiner Funktion als Ombudsmann, da Wetterberichte in Dialekt keine Grundsätze nach Artikel 4 des Radio- und Fernsehgesetzes (wie: Grundrechte, Sachgerechtigkeitsgebot, Vielfaltsgebot, Jugendschutz usw.) verletzen. Es ist daher eine Angelegenheit der Programmautonomie, darüber zu entscheiden, in welcher Sprachform die Wetterberichte verbreitet werden. Und wie aus der Stellungnahme der Redaktionen ersichtlich ist, ist die Mehrzahl der Wetterberichte entweder in der Standardsprache gesprochen, geschrieben oder untertitelt. Dies mag auch sie trösten. Ihrer Beanstandung kann ich zwar in der Sache beipflichten, nicht aber in der Form, da sie meinen Zuständigkeitsbereich überschreitet, kann sie also letztlich formal nicht unterstützen. Mein Verständnis aber haben Sie.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

[1] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19995395/index.html#a8

[2] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20001794/index.html

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