Fernsehen SRF, Sendungen «10 vor 10» («Kommt das Aus für den Eigenmietwert?») und «Tagesschau» («Neuer Anlauf zur Abschaffung des Eigenmietwerts») beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 2. September 2017 und Ihrer später nachgereichten Erläuterung beanstandeten Sie die Sendungen „10 vor 10“ vom 14. August 2017[1] und „Tagesschau“ vom 16. August 2017[2] und dort Beiträge zur Abschaffung des Eigenmietwertes. Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

In den beiden Berichten waren min. von 3 Varianten die Rede:

  1. Mietwert abscha ff en, sämtliche steuerlichen Abzüge für Unterhalts-, Betriebskosten u. Schuldzinsen, Liegenschaftssteuer, Baurechtszinse abschaffen.
  2. Mietwert abschaffen, Abzüge nur für Unterhalt und Schuldzinsen beibehalten, restliche Abzüge fallen weg.
  3. Mietwert abschaffen, Abzüge Unterhalt umbenennen in Renovation, und zusammen mit Abzug Schuldzins beibehalten, restliche Abzüge fallen weg. (Präsident Gewerbeverband)

Für folgende Fragen fehlen mir die Antworten:

Wer ist der Urheber, der die Sache erneut ans Tageslicht gezogen hat? Der Hauseigentümerverband (HEV) oder Nationalrätin Leutenegger Oberholzer?

  • Welche Variante wurde in der Nationalrats-Kommission einstimmig beschlossen u. an die Ständerats-Schwester-Kommission weitergeleitet?
  • Weshalb hat die Redaktion entschieden, den Zusammenhang über die Funktion des Mietwertes zu unterdrücken und nur im Vorspann zu bringen?
  • Weshalb gewährt sf als neutrale Institution, einer ‘Pressure Group‘ volle Unterstützung, bestehend aus HEV, NR LEUTENEGGER OBERHOLZER und dem VZ VERMÖGENSZENTRUM AG, sowie dem bedauernswerten RENTNER Herrn MARTIN METZGER als Vertreter der Mieter, ausgerechnet er, der alle (???) Schulden abgebaut hat. Der Mieterverband od. eine andere geeigneten Personal Vertreter der Gegenseite hätte man sicher finden können? (Der Mieterverband ist eben auch SP-gesteuert, und soll sich erst später äussern dürfen, wenn überhaupt)
  • Warum wurde das in dieser einseitigen Form kommuniziert, und nicht wie vom Gesetz verlangt, ausgewogen und Interessenneutral? Ist das möglicherweise ein Test für ein neues Meinungsbildungsverfahren, nämlich soviel Verwirrung stiften wie möglich?

Ich bin überzeugt, dass das Sachgerechtigkeitsgebot und das Transparenzgebot verletzt worden sind. Das Vielfältigkeitsgebot vermutlich nicht. Denn vielfältiger darstellen als mit 3 Varianten, werden nur noch die Parlamentarier fertigbringen.

Ich bin nicht mehr Hausbesitzer und wohne seit über 10 Jahren in einer Mietwohnung. Sollte aber der Mietwert abgeschafft werden, und die Abzüge nicht oder nur teilweise, dazu noch mit einem juristischen Haken wie die Umbenennung von Unterhalt in Revision, ziehe ich einen Teil meines Mietzinses ebenfalls von der Steuer ab. Das werde ich durchziehen bis vor das Bundesgericht.

Im übrigen finde ich, dass der Eigenmietwert eine gute Lösung darstellt, auch wenn die OECD wegen der hohen Verschuldung im Vergleich zu den umliegenden Ländern, dieser Ansicht ist, und von CH die totale Abschaffung verlangt. Wer setzt sich nun als Erste dafür ein? Natürlich die SP als Befürworterin des baldigen EU-Beitritts, und mit ihrem Gleichschaltungssyndrom. Soll der Eigenmietwert auf Bundesebene oder Kantonsebene abgeschafft oder beides? CH hat nicht nur hohe Schulden sondern auch ein hohes Preisniveau und pflegt vielleicht mehr Steuergerechtigkeit als das in den umliegenden Ländern der Fall sein dürfte.

Man kann durchaus die beiden Berichte etwa so präsentieren wie das gemacht wurde. Jedoch nur wenn ein politisches Interesse oder ein Auftragsverhältnis mit der Interessengruppe besteht. Oder wenn heimlich Geld in Taschen fliesst, die es eigentlich nicht geben dürfte. (Beispiel Kameramänner von TV-Anstalten). Es könnte aber auch Eigennutz oder Profilierungssucht mehrerer Beteiligten dahinterstecken. Vielleicht auch von Allem ein wenig.

Sicher ist, die ganze Kampagne, wird durch diesen unüberlegten (aber politisch überlegten) Vorstoss erhebliche Summen verschlingen. Die ersten 100’000.- sind bereits verbraten. Ausserdem hiess es im Vorspann vom 16.08, dass es diesmal klappen könnte. Das ist wie ein Weckruf an die Zielgruppe der Hüslischweizer welche noch nicht Mitglied des HEV sind, oder noch keine Dienstleistungen des VZ Vermögenszentrums AG in Anspruch genommen haben, und noch nie SP gewählt haben.

Der Mietwert hat noch andere Funktionen, z.B in Sachen amtlicher Wert, die Berechnung der Vermögenssteuer usw. Zudem wird der Mietwert unterschiedlich gehandhabt in den Kantonen. Ich kann nur vom Kanton. Bern sprechen. Warum soll es vorläufig nicht noch eine Weile so bleiben? Für die OECD gäbe es genügend Sto ff von weitaus grösserer Wichtigkeit.

TV ist ein Meinungsmacher 1.Güte. Die Macher setzen jeweils das Bild und das Wort so ein, dass es eine bestimmte Wirkung erzielt. Dazu gehören Sendezeit, Gliederung, Aufnahmetechnik, usw. Diese Sendung dürfte Wochen, wenn nicht Monate im Voraus geplant worden sein.

Ich warte nun darauf, dass die Gegner im geeigneten Moment in die Diskussion eingreifen können. Und zwar mindestens auf dieselbe Art und Weise wie in den beiden Sendungen, und mit ebenso viel Sendezeit von ca. 7 Min.

B. Die zuständigen Redaktionen erhielten Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für die Sendung „10 vor 10“ antwortete deren Redaktionsleiter, Herr Christian Dütschler, für die Sendung „Tagesschau“ Herr Franz Lustenberger, und zwar wie folgt:

„Herr X beanstandet den Beitrag ‚Kommt das Aus für den Eigenmietwert?‘, welchen 10vor10 in der Sendung vom 14. August 2017 ausgestrahlt hat, und den Beitrag Neuer Anlauf für die Abschaffung des Eigenmietwertes‘, welche die Tagesschau am 16. August 2017 ausgestrahlt hat.

Anlass für die beiden Beiträge war die aktuelle Diskussion der Wirtschaftskommission des Nationalrats über eine mögliche Abschaffung des Eigenmietwerts, wobei es erstmals eine breite Allianz dafür gibt.

Gerne nimmt in einem ersten Teil die Redaktion von 10vor10, in einem zweiten Teil die Redaktion der Tagesschau zur Kritik des Beanstanders Stellung. Da sich die Inhalte der beiden Beiträge überschneiden und aus der Beanstandung nicht immer klar ersichtlich ist, welchen Beitrag der Beanstander nun meint, gibt es auch in der Stellungnahme der beiden Redaktionen Überschneidungen resp. Wiederholungen.

10vor10 vom 14. August 2017

Frage des Beanstanders nach dem Urheber:

Zum Thema Eigenmietwert gibt es einerseits eine Initiative der Wirtschaftskommission des Ständerats und andererseits eine parlamentarische Initiative von Seiten der Nationalrätin Leutenegger Oberholzer. Die Urheber, welche den Eigenmietwert - in den Worten des Beanstanders – ‚erneut ans Tageslicht gezogen‘ haben, sind also Parlamentarier in Bern. Die Wirtschaftskommission des Nationalrates hat in ihrer Medienmitteilung vom 16. August schliesslich mitgeteilt, dass sie die Kommissionsinitiative unterstütze, nicht aber jene von NR Leutenegger Oberholzer.[3]

Ohne diese technischen Details zu erwähnen, haben wir im Beitrag klar gemacht, dass der Wunsch nach einer Veränderung erstmals von beiden politischen Polen kommt. So hiess es bereits in der Moderation wörtlich:

Immer wieder sind Versuche gescheitert, den Eigenmietwert abzuschaffen. Doch jetzt steht er wieder zur Diskussion, die zuständige Kommission berät heute und morgen über eine Abschaffung. Und erstmals zeichnet sich ab, dass links und rechts eine Veränderung wollen.

Im Beitrag kommen dann auch Susanne Leutenegger Oberholzer (Nationalrätin SP/BL) und der Präsident des Hauseigentümerverbands, Hans Egloff (Nationalrat SVP/ZH) beide zu Wort.

Frage des Beanstanders nach der Variante:

Wie oben erwähnt, hat die Wirtschaftskommission des Nationalrates die Initiative von NR Leutenegger Oberholzer abgelehnt und jene der Wirtschaftskommission des Ständerates unterstützt. Der oben erwähnten Medienmitteilung der Wirtschaftskommission des Nationalrates ist auch zu entnehmen, dass diese die Wirtschaftskommission des Ständerates nun dazu beauftragt hat, ‚eine entsprechende Vorlage auszuarbeiten‘. Die Details der künftigen Vorlage sind also noch offen, weshalb wir diese in unserem Bericht auch nicht erwähnt haben. Welche Variante in Zukunft also verwirklicht werden wird, weiss heute noch niemand

Funktion des Eigenmietwerts nur im Vorspann, aber nicht im Beitrag erwähnt:

Der Beanstander wundert sich, ‚weshalb die Redaktion entschieden hat, den Zusammenhang über die Funktion des Mietwertes zu unterdrücken und nur im Vorspann zu bringen‘.

Es ist nicht möglich, in einem kurzen Fernsehbeitrag ein so komplexes Thema wie die Eigenmietwertbesteuerung umfassend zu thematisieren. Wir müssen uns deshalb regelmässig auf einzelne Aspekte konzentrieren, die wir jeweils in der Moderation transparent machen. In der Moderation hiess es wörtlich:

<Nun zu einem Zankapfel, an dem die Schweiz schon lange herumbeisst: Dem Eigen-Mietwert. Die Steuer, die eigentlich Hausbesitzer und Mieter gleichstellen soll. Immer wieder sind Versuche gescheitert, den Eigen-Mietwert abzuschaffen. Doch jetzt steht er wieder zur Diskussion, die zuständige Kommission berät heute und morgen über eine Abschaffung. Und erstmals zeichnet sich ab, dass links und rechts eine Veränderung wollen. Das würde vor allem all jene freuen, welche jahrelang brav ihre Hypothek abbezahlt haben und sich steuerlich benachteiligt fühlen. Pasquale Ferrara.>

Die Moderation macht also klar, dass der Fokus des Beitrages einerseits auf der neuen Allianz von links und rechts und andererseits auf jenen Hauseigentümern liegt, welche ihre Hypothek abbezahlt haben. Die vom Beanstander aufgeworfenen Frage nach der Funktion des Eigenmietwerts wird in der Moderation zwar angetönt (Die Steuer, die eigentlich Hausbesitzer und Mieter gleichstellen soll), der Beitrag hatte aber ein anderes Thema. Im Laufe der Debatte um einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung wird die Frage nach der Funktion resp. der Gleichbehandlung von Mieter und Hausbesitzer bestimmt eine Rolle spielen und auch von SRF thematisiert werden. Aber: Diese Frage war nicht Thema des beanstandeten Beitrages.

Gewählte Interview-Partner resp. ‚Pressure Group‘:

Anders als der Beanstander meint, gibt es keine ‚Pressure Group‘ bestehend aus den von uns interviewten Personen. Wir haben unsere Interview-Partner nach sachlichen Kriterien ausgewählt: Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer ist Präsidentin der Wirtschaftskommission des Nationalrates und gleichzeitig Urheberin einer parlamentarischen Initiative zum Eigenmietwert. Sie steht in unserem Beitrag, der ja unter anderem die neue Allianz von links und rechts thematisierte, als SP-Nationalrätin auch für die Linke. Von der politisch rechten Seite haben wir SVP-Nationalrat Hans Egloff interviewt. Als Präsident des Hauseigentümerverbands vertritt er die Interessen der Hauseigentümer, welche von einem Systemwechsel direkt betroffen wären. Die beiden gehören also zu den Hauptakteuren der Diskussion.

Auch die Wahl von Rentner Martin Metzger als Interviewpartner machte in unserem Beitrag absolut Sinn, handelt es sich doch bei ihm um einen Hauseigentümer, der seine Hypothek abbezahlt hat und sich durch das jetzige System der Wohneigentumsbesteuerung benachteiligt fühlt.

Als Experten haben wir schliesslich mit Markus Stoll den Leiter des Team Steuern des Vermögenszentrums befragt. Er verfügt über anerkanntes Expertenwissen und hat für SRF eigens eine Musterrechnung durchgeführt.

Es ist korrekt, dass der Mieterverband in diesem Beitrag nicht zu Wort kam. Wir haben aber im Vorfeld des Beitrages Gespräche mit diesem geführt, bei denen sich zeigte, dass er grundsätzlich die Meinung von NR Leutenegger Oberholzer teilt. Das Auftreten des Mieterverbands war zu den im Beitrag thematisierten Aspekten und zu diesem Zeitpunkt der Diskussion nicht zwingend.

«Nicht ausgewogen und interessensneutral»:

Der Beanstander ist der Meinung, der Bericht wäre ‚nicht ausgewogen und interessensneutral‘. Wie oben bereits ausgeführt und in der Moderation transparent gemacht, haben wir uns auf einzelne Aspekte konzentriert, nämlich die neue Allianz zwischen links und rechts und die Situation derjenigen Hauseigentümer, die ihre Hypothek abbezahlt haben. Es ist nicht möglich, in einem kurzen Fernsehbeitrag ein so komplexes Thema wie den Eigenmietwert umfassend zu thematisieren.

Das heisst aber nicht, dass die Gegenseite, also die Befürworter des Status Quo, in Zukunft nicht auch zu Wort kommen werden. Wir weisen nochmals darauf hin, dass wir ganz am Anfang der politischen Diskussion stehen. Die Wirtschaftskommission des Nationalrates hat einzig entschieden, dass die Wirtschaftskommission des Ständerats jetzt eine Vorlage erarbeiten kann, um einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung anzugehen. Die Befürworter des jetzigen Systems werden sich bestimmt in die kommende Diskussion einschalten und auch zu Wort kommen. SRF wird das Thema jedenfalls weiterverfolgen und auch in Zukunft über verschiedene Aspekte berichten.

Weitere, schwere Vorwürfe:

Der Beanstander ist der Meinung, dass ‚ein politisches Interesse oder ein Auftragsverhältnis mit der Interessengruppe‘ bestehe oder ‚heimlich Geld in Taschen fliesst, die es eigentlich nicht geben dürfte. (Beispiel Kameramänner von TV-Anstalten).‘ Diese Vorwürfe wiegen schwer. Als Journalisten ist unsere Unabhängigkeit unser höchstes Gut. Wir treffen unsere redaktionellen Entscheidungen ausschliesslich aufgrund journalistischer Erwägungen und nicht aufgrund anderer Einflüsse. Weder wir noch unsere filmenden Kolleginnen und Kollegen sind bestechlich.

Tagesschau vom 16. August 2017

Ausgangspunkt für den Bericht in der Tagesschau war die Sitzung der nationalrätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK), welche einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung beschlossen hat.

Am Ursprung stand die WAK des Ständerates, welche mit einer parlamentarischen Initiative im Februar 2017 das Thema nach mehreren Volksabstimmungen neu lancierte hatte.[4]

Die erste Frage von Herr X kann also beantwortet werden: Es sind weder der Schweizerische Hauseigentümerverband HEV noch Frau Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer, welche das Thema wieder auf den Tisch gebracht haben, sondern es sind die Parlamentarier in Bern selber.

Die Tagesschau hat darauf verzichtet, den ganzen Prozess – parlamentarische Initiative als Auslöser, WAK-Ständerat, WAK-Nationalrat – darzustellen. Dies spielt für den weiteren Verlauf der Beratungen nur eine untergeordnete Rolle. Im Bericht der Tagesschau wird im letzten Satz gesagt, dass nun die WAK des Ständerates am Zuge sei, eine Vorlage auszuarbeiten, in welcher die zu erwartenden Steuerausfälle möglichst kompensiert werden. In der parlamentarischen Initiative des Ständerates steht die Formulierung ‚möglichst haushaltneutral‘.

Einstimmig unterstützt wurde diese Kommissionsinitiative des Ständerates, welche eine möglichst haushaltneutrale Umsetzung zum Ziele hat. Deshalb die Formulierung im Schlusssatz: <Die Wirtschaftskommission des Ständerates wird nun eine Vorlage ausarbeiten und dabei über die Frage brüten, wie die Ausfälle nach Abschaffung des Eigenmietwertes kompensiert werden könnten.> Wie das im Detail dann aussehen wird, ist noch offen; es geht um folgende Fragen: Gibt es noch Abzüge, welche Abzüge und wie hoch können sie sein, wie geht man mit Zweitwohnungen um, etc. Das heisst, nach dem Grundsatzentscheid der WAK’s der beiden Räte folgt jetzt die Detailarbeit, zuerst wiederum in den Kommissionen, dann im Plenum. Darum kann die Frage, welche Variante gewählt wird, welche Abzüge allenfalls noch möglich sein werden, zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht beantwortet werden.

Die politische Auseinandersetzung folgt, wenn die WAK des Ständerates einen konkreten Gesetzesvorschlag erarbeitet, wenn dieser in die beiden Räte kommt, wenn allenfalls gegen den Entscheid das Referendum ergriffen wird und es damit zu einer Volksabstimmung kommen wird. Die Tagesschau wird dann die politische Auseinandersetzung entsprechend darstellen und alle Seiten zu Worte kommen lassen. Dies ist aber derzeit noch nicht der Fall; die Kommission des Nationalrates hat die Kommissionsinitiative des Ständerates einstimmig unterstützt. Die Auseinandersetzung beginnt dann, wenn die Details auf dem Tische liegen.

Die Tagesschau widerspricht der Darstellung des Beanstanders, wonach sie ein politisches Interesse habe oder dass sogar ein ‚Auftragsverhältnis mit der Interessengruppe‘ bestehe, oder ‚wenn heimlich Geld in Taschen fliesse‘. Die Tageschau wählt ihre Themen aufgrund der Aktualität und der Relevanz aus; der Beitrag wurde auch nicht Wochen oder Monate im Voraus geplant. Schon gar nicht kann er als ‚Weckruf an die Zielgruppe der Hüslischweizer‘ verstanden werden.

Fazit

Zusammenfassend sind wir der Meinung, dass die beiden beanstandeten Beiträge ein relevantes Thema verständlich erzählt haben. Die aktuelle Diskussion wurde ausgewogen und sachgerecht dargelegt. Das Publikum konnte sich über die laufende Diskussion und einige komplexe Zusammenhänge ein Bild machen und sich eine eigene Meinung bilden.

Wir bitten Sie deshalb, die Beanstandung nicht zu unterstützen.“

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendungen. Sie wollen den Eigenmietwert behalten. Das ist Ihr gutes Recht. Aber deshalb kann das Fernsehen nicht auf die Berichterstattung verzichten, wenn eine parlamentarische Kommission den Eigenmietwert abschaffen will. Sie sind der Meinung, die Sendungen „10 vor 10“ und „Tagesschau“ hätten einseitig berichtet und verschiedene Fragen nicht beantwortet.

Sie unterstellen, dass die Berichterstattung von einen Interessen-Kartell gesteuert war. Ich kann das überhaupt nicht erkennen und schließe mich hier voll den Ausführungen der beiden Redaktions-Vertreter an: Die beiden Beiträge haben dargestellt, was die Wirtschafskommission des Nationalrates beabsichtigt und inwiefern sich die geltende Regelung nachteilig auf Hauseigentümer auswirkt. Sie haben die entscheidenden Protagonisten zu Wort kommen lassen. Von Einseitigkeit kann überhaupt keine Rede sein. Und die Unterstellung, dass die Berichterstattung von irgendeiner Seite bezahlt und gesteuert gewesen sei, entbehrt nicht nur jeder Grundlage; sie ist infam.

Sie formulieren Fragen, die die Sendungen Ihrer Meinung nach nicht beantwortet haben. Teilweise haben Sie übersehen, dass die Antworten in den Beiträgen durchaus vorhanden waren; ich verweise hier auf die Ausführungen der Redaktionen. Und teilweise hätte das zu sehr ins Detail geführt. An dieser Stelle ist es wichtig, sich zu vergegenwärtigen, was Journalismus überhaupt soll. Es handelt sich immer um Komplexitätsreduktion. Journalistinnen und Journalisten müssen dem Publikum, gerade auf dem Feld der Politik, die Sachverhalte immer so einfach und leicht verständlich wie nur möglich erzählen. Sie müssen unnötigen Ballast weglassen. Sie müssen sich auf das Wesentliche konzentrieren. Der französische Politologe und Journalismusforscher Eric Neveu[5] zeigte auf, mit welchen Schwierigkeiten politische Journalisten konfrontiert sind, wenn sie ihr Publikum über Politik informieren wollen: „A (...) peculiarity of political journalism concerns the acuteness of the problems of transmission and intelligibility of the news that it hast o deal with. Other specialisms (such as scientific and economic news) confront similar challenges. At least three reasons suggest that this difficulty is at its highest level for political coverage. First, the direct experience of political activities (especially elections) is more transient than the permanent experience of social roles such as consumer, television viewer or sports fan. Second, one of the most basic conclusions of research of political participation suggests that a majority of citizens do not pay much attention to politics (...). The nature of institutional rules, the vocabulary of politics and the political significance of the differences between parties and candidates often remain blurred or mysterious for many citizens. Finally, there are the problems derived from the continuous process of professionalization of political activities which locks practitioners into their ‘small world’ and reinforces the institutionalization of politics, giving pride of place to esoteric ‘insider’ games above issues which have a stronger social claim for consideration (...). These factors strengthen the public perception of political news as often being indecipherable or boring, evidenced by the lack of audience interest in programmes with a political content on radio and television (...). This situation poses a fundamental educational challenge for political journalism.” [6]

Worum ging es bei den beiden Beiträgen in “10 vor 10“ und in der „Tagesschau“? Es ging darum, das Neue in Bezug auf den Eigenmietwert zu berichten - während der Beratungen der Wirtschaftskommission des Nationalrates („10 vor 10“) und nach Abschluss dieser Beratungen („Tagesschau“). Das Neue war, dass Linke und Rechte zusammenspannen, um den Eigenmietwert abzuschaffen. Die Sendung "10 vor 10“ hat dabei das Thema schön veranschaulicht, indem sie nicht nur die beiden politischen Lager und einen Steuerexperten zu Wort kommen ließ, sondern auch das Beispiel eines Basler Rentnerpaares vorstellte. Damit wurde die institutionell-abstrakte Darlegung des Problems durch einen individuell-konkreten Fall ergänzt. Beide Beiträge machten klar, dass erst ein Startschuss erfolgt ist und dass jetzt die Wirtschaftskommission des Ständerates nicht nur eine konkrete Gesetzesvorlage ausarbeiten, sondern auch nach Kompensationsmöglichkeiten für den Steuer-Einnahmenausfall des Staates suchen muss.

All das in Rechnung gestellt, komme ich zum Schluss, dass die Beiträge sehr wohl sachgerecht und transparent waren. Ich kann daher Ihre Beanstandung nicht unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

[1] https://www.srf.ch/play/tv/10vor10/video/kommt-das-aus-fuer-den-eigenmietwert?id=9d03c6d2-dbde-4523-b9f0-6760a4318368

[2] https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/neuer-anlauf-zur-abschaffung-des-eigenmietwerts?id=96b7a4d7-b0c0-4b04-a2be-ee3ec9a2b75e

[3] https://www.parlament.ch/press-releases/pages/mm-wak-n-2017-08-16.aspx

[4] https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20170400

[5] https://www.researchgate.net/profile/Erik_Neveu

[6] Erik Neveu (2002): Four generations of political journalism, in: Kuhn, Raymond/ Erik Neveu (Ed.): Political journalism. New challenges, new practices. London: Routledge, p. 23-24.

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