Fernsehen SRF, «Sternstunde», fehlende Gottesdienst-Übertragung am Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag beanstandet
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Mit Ihrer E-Mail vom 17. September 2017 beanstandeten Sie, dass SRF am Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag keinen Gottesdienst ausgestrahlt habe. Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.
A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:
„Wie ist es möglich, dass es das Staatsfernsehen der Schweiz SRF am Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag vom 17.09.2017, keinen Gottesdienst (Direktübertragung) ausstrahlt?
Schlimmer noch, es wurde überhaupt keinen Gottesdienst ausgestrahlt, nicht einmal einer aus der Konserve war den verantwortlichen Damen und Herren würdig.
Der Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag ist ein staatlich angeordneter überkonfessioneller Feiertag. Er gilt als ein hoher Feiertag. Es ist eine Schande, dass das SRF diesen nicht mitfeiert.
Für jeden fremdländischen Religionsbrauch wird ein grosses Tamtam gemacht, doch für die Geschichte, Herkunft und die Bedeutung des Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag, fehlen den Sendungsmacher die Ideen. Wahrscheinlich ist es so, dass diese selber nicht wissen, warum dieser Feiertag staatlich eingerichtet wurde. Es wäre Zeit, sich wieder vermehrt mit der eigenen Geschichte zu befassen und den Sendungsauftrag auch in der Sternstunde Religion wahrzunehmen.“
B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für die „Sternstunden“ antwortete deren Redaktionsleiterin, Frau Dr. Judith Hardegger, wie folgt:
„Grundlage der Gottesdienstübertragungen von SRF sind die Vereinbarungen mit den drei Landeskirchen (christkatholisch, römisch-katholisch und evangelisch-reformiert), zuletzt erneuert am 22. März diesen Jahres.
Diese Vereinbarungen regeln die Zusammenarbeit und Zuständigkeiten bei sogenannten Verkündigungssendungen, zu denen Gottesdienstübertragungen gehören. SRF verpflichtet sich zu durchschnittlich zehn solcher Fernsehübertragungen pro Jahr. Davon sind neun auf die verschiedenen Konfessionen verteilt, einer bildet das religiöse Feiern entweder der orthodoxen Christenheit oder einer anderen in der Schweiz ansässigen Religion ab. Um dem Publikum mehr als 10 Gottesdienste zeigen zu können, übernimmt SRF immer wieder auch Übertragungen aus der Westschweiz von RTS, der italienischsprachigen Schweiz von RSI sowie aus dem deutschsprachigen Ausland von ARD oder ZDF.
Die Vereinbarungen halten keinen Feiertag als verbindlich zu übertragen fest, jedoch gehört der Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag in der Regel gleich den kirchlichen Hochfesten in unseren Jahresplan. In diesem Jahr gab es aus folgendem Grund eine Ausnahme: Am Sonntag nach dem Bettag, am 24. September, fand in Sachseln ein grosser ökumenischer Gottesdienst anlässlich der Feierlichkeiten zu 600 Jahre Bruder Klaus statt. Hierfür reiste eigens der Schweizer Kardinal Kurt Koch aus dem Vatikan an. Reformierterseits war der Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes Gottfried Locher beteiligt. Niklaus von Flüe ist auch nach 600 Jahren für die moderne Schweiz faszinierend und wichtig. Daher haben wir uns in Absprache mit den kirchlichen Medienbeauftragten entschieden, im Jahr 2017 anstelle des Bettags diese besondere Feier zu übertragen, da auch diese von nationaler Bedeutung ist.
Leider war es aus programmplanerischen, produktionellen und finanziellen Gründen nicht möglich, an zwei Wochenenden nacheinander einen Gottesdienst zu übertragen. Wegen des Bruder-Klaus-Jubiläumsjahrs fiel der Entscheid ausnahmsweise gegen den Bettag aus.
Wir bitten zu beachten, dass im ebenfalls zu den Verkündigungssendungen zählenden und von der gleichen Redaktion verantworteten ‚Wort zum Sonntag‘ am Abend vor dem Bettag dieser explizit thematisiert wurde.[1]
Ich hoffe, dass ich zur Klärung der Sachlage beitragen konnte und bitte Sie, die Beanstandung von Frau X zurückzuweisen.“
C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sache. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass es den Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag hochzuhalten gilt. Er ist ein hoher, im Grunde politischer kirchlicher Feiertag, wurde er doch vom Staat angeordnet, zum ersten Mal durch die Regierung der Helvetischen Republik am Ende des 18. Jahrhunderts. Er sollte stets auch dazu dienen, nach inneren Konflikten die verfeindeten Lager wieder zu versöhnen. Bis heute werden die Bettagsmandate nicht von kirchlichen Behörden, sondern von den Kantonsregierungen verfasst.[2] Im 19. Jahrhundert war es lange Zeit Gottfried Keller, der als Staatsschreiber die Bettagsmandate für die Zürcher Regierung schrieb. Heute steht der Bettag im Zeichen der Ökumene.
Es ist klar, dass das Bekenntnis zur Ökumene überkonfessionelle Gottesdienste braucht, und es ist klar, dass solche Gottesdienste noch stärker ausstrahlen, wenn sie nicht nur von jenen erlebt werden, die physisch zugegen sind, sondern wenn sie zusätzlich von einem dispersen Publikum außerhalb des jeweiligen Kirchenraum aufgenommen werden können, also beispielsweise durch die Übertragung im Fernsehen. Es ist eigentlich ein Kompliment an Radio und Fernsehen SRF, wenn ein Feiertag erst dann als richtig anerkannt gilt, wenn ihn das Fernsehen würdigt.
1917 beging man in der Schweiz den 600. Geburtstag von Niklaus von Flüe[3], und der Zufall wollte es, dass genau eine Woche nach dem Bettag in Sachseln ein großer ökumenischer Gottesdienst in Erinnerung an Bruder Klaus stattfand, der dann direkt im Fernsehen übertragen wurde. Es ist nachvollziehbar, dass aus diesem Grund nicht auch noch am Bettag ein Gottesdienst direkt übertragen werden konnte.
Kommt dazu, dass es in der Programmautonomie der zuständigen Redaktion liegt, darüber zu entscheiden, ob und welche Gottesdienste übertragen werden. Als Ombudsmann müsste ich nur einschreiten, wenn Themen und Anlässe der christlichen (katholischen, evangelisch-reformierten, christkatholischen oder orthodoxen) Religionen systematisch durch SRF boykottiert würden. Davon kann indes keine Rede sein. Deshalb kann ich Ihre Beanstandung nicht teilen.
Allerdings wäre wünschenswert, dass die Redaktionen ihre Entscheide dem Publikum noch besser kommunizierten. Es wäre sinnvoll gewesen, um den Bettag herum mitzuteilen, dass dieses Jahr wegen der Feier zu Ehren von Bruder Klaus am Bettag kein Gottesdienst übertragen wird.
Noch etwas: Sie bezeichnen Fernsehen SRF als „Staatsfernsehen“. Da erliegen Sie einem Irrtum. Richtig ist zwar, dass der Bund mit dem Radio- und Fernsehgesetz den Rahmen für die Rundfunkmedien festlegt und dass sowohl die SRG als auch zahlreiche private Radio- und Fernsehsender durch vom Bund festgelegte Gebühren finanziert werden. Aber die Bundesverfassung legt in Artikel 93 Absatz 3 fest: „Die Unabhängigkeit von Radio und Fernsehen sowie die Autonomie in der Programmgestaltung sind gewährleistet.“ [4] Und das Radio- und Fernsehgesetz betont in Artikel 3a nochmals: „Radio und Fernsehen sind vom Staat unabhängig.“ [5] Das heißt: Regierung und Parlament können den Rundfunkmedien – und damit auch der SRG – nicht vorschreiben, was sie zu senden haben. Die Verantwortung für die Inhalte tragen die Redaktionen. Die Radio- und Fernsehsender haben das Recht, Regierung, Parlament, Verwaltung und Gerichte zu kritisieren, was sie auch tun. Wäre Fernsehen SRF ein Staatsmedium, dann könnte der Bundesrat den Inhalt der „Tagesschau“ bestimmen. Solche Staatsmedien gibt es beispielsweise in China, Nordkorea, Kuba, Syrien, in Russland oder in Thailand. Sie sind Lautsprecher der jeweiligen Regierung. Von solchen Medien unterscheidet sich SRF beträchtlich.
D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
[1] Vgl. «Wort zum Sonntag» vom 16. September 2017, SRF1, 20.00 Uhr: https://www.srf.ch/sendungen/wort-zum-sonntag/findling-bettag-2
[2] Beispiele von 2017: Baselland: https://www.baselland.ch/politik-und-behorden/direktionen/finanz-und-kirchendirektion/generalsekretariat/dossier-kirchen/bettagsmandat-2017 Graubünden: https://www.gr.ch/DE/Medien/Mitteilungen/MMStaka/2017/Seiten/2017091301.aspx Aargau: https://www.ag.ch/de/weiteres/aktuelles/medienportal/medienmitteilung/medienmitteilungen/mediendetails_84227.jsp
[4] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19995395/index.html#a8
[5] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20001794/index.html
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