Rundumschlag gegen Radio und Fernsehen SRF, Bundesrätin Doris Leuthard und gegen die Ombudsstelle

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Mit Ihrer E-Mail und Ihrem Brief vom 8. Januar 2018 führen Sie im Zusammenhang mit „No Billag“ einen Rundumschlag gegen Radio und Fernsehen SRF, gegen Bundesrätin Doris Leuthard und gegen die Ombudsstelle, den Sie „Protest“ nennen. Ich trete auf die Beanstandung ein.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

„Jeden Tag die unerträgliche zensurierte verlogene Staatspropaganda. Angeführt vom Departement der kriminellen Lügen- und Märchentante Doris Leuthard – ‚Bundesrätin‘ und Volksverarscherin ohne Alternativen und ohne Plan B – unterscheidet sich das totalitäre Schweizer Fernsehen und die übrigen gleichgeschalteten zensurierten Medien, in gar nichts von der damaligen Gräuel-Propaganda des Minister Göbbels! Auch heute erleben wir ein gut funktionierendes Ministerium für ‚Volksaufklärung und Propaganda‘ – ganz genau wie zu Hitlers Zeiten! Damals wie heute werden die dreisten No-Billag Lügen zwangsfinanziert durch belogene, beschissene und verarschte Bürger.

Die staatlich verordnete Einheitsmeinung und die permanenten Fehlinformationen werden pausenlos zu besten Sendezeiten als einzige grosse Wahrheit angepriesen. Aufmerksam habe ich registriert wer sich da alles an einer unglaublichen Lügenkampagne beteiligt, die noch bis zum Abstimmungstag andauern soll!

Und die sogenannte ‚unabhängige Beschwerdestelle‘? Unabhängig? Auch das schon wieder so eine gottverdammte Lüge! Selbstverständlich ist auch die Beschwerdestelle Teil einer gottverdammten, verlogenen, korrupten Saubande. Von Unabhängigkeit keine Spur.

Wer ist denn diese Beschwerdestelle, welche offensichtlich keine Ahnung davon hat was im Fernsehen gesendet wird. Ich sage es Ihnen gerne: Unterwürfige korrupte Hosenscheisser! Ein gut bezahltes Aemtli ist ihnen wesentlich wichtiger als unsere Medienfreiheit und eine ausgewogene Berichterstattung. Die Antworten dieser völlig unnützen und vorgetäuschten Beschwerdestelle sind nicht einmal das Papier Wert auf dem ihre Antworten geschrieben wurden.

Es gibt viel mehr abzuschaffen als nur die Zwangsgebühren. Das ganze verlogene Ministerium Leuthard muss gründlich ausgemistet werden.

Auf eine Antwort der Beschwerdestelle verzichte ich gerne. Die Antwort einer verlogenen Saubande, welche finanziert wird durch eine andere verlogene Saubande, welche allesamt der Lügen- und Märchentante Doris mit den grossen Augen unterstellt sind, hat mit Wahrheit keinen Zusammenhang!

Ich fordere ein Fernsehen und Medien mit ausgewogenen ehrlichen und fairen Berichterstattungen!

Deshalb ist auch die Forderung nach der Errichtung eines Konzentrationslagers im hinteren Gasterntal, wo die ganze verlogene Saubande inhaftiert werden könnte, absolut berechtigt und legal!

Es gibt nur eine Möglichkeit: ANNAHME der Initiative.“

B. Ich nehme wie folgt Stellung:

1. Zur Sache

Sie irren sich, wenn Sie annehmen, in der Schweiz herrsche Zensur. Pressezensur gab es vorübergehend während des Zweiten Weltkriegs[1]; seither nicht mehr. Im Gegenteil: Die Bundesverfassung schreibt in Artikel 17, Absatz 2 ausdrücklich vor: „Zensur ist verboten.“[2] Es herrscht Informations- und Meinungsvielfalt. Jedermann kann sich nach Belieben durch die in- und ausländische Presse, durch in- und ausländische öffentliche oder private Rundfunkprogramme, durch Online-Portale aus aller Welt und über Social Media informieren. In der Rangliste der Medienfreiheit, die Reporters sans frontières jedes Jahr erstellt, nimmt die Schweiz Rang 7 unter 180 Ländern ein.[3]

Sie irren sich weiter, wenn Sie annehmen, Radio und Fernsehen SRF betrieben Staatspropaganda. Die Schweiz kennt kein Staatsfernsehen und kein Staatsradio. Staatsender gibt es beispielsweise in China, in Nordkorea, in Kuba, in Syrien, in Ägypten, in Russland, in Thailand oder in der Türkei. Staatssender sind Lautsprecher der jeweiligen Regierung. Radio und Fernsehen SRF berichten hingegen durchaus kritisch über die schweizerische Regierung, und völlig unabhängig von ihr. In Artikel 3a des Radio- und Fernsehgesetzes steht: „Radio und Fernsehen sind vom Staat unabhängig.“[4] Weder der Bundesrat noch das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) von Bundesrätin Doris Leuthard schreiben Radio und Fernsehen inhaltlich etwas vor. Sie gehen darum auch falsch in der Annahme, dass das Departement von Bundesrätin Leuthard ein „Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda“ sei. Dieser Vergleich mit dem Ministerium von Joseph Goebbels zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland ist völlig abwegig, hanebüchen und beleidigend. Erstens waren die Medien damals strukturell gleichgeschaltet: Alle kommunistischen, sozialdemokratischen und linksliberalen Zeitungen waren verboten worden, jüdische Journalisten waren von ihren Posten entfernt worden, und der nationalsozialistische Presseverlag kaufte immer mehr Zeitungen auf, so dass er im Laufe des Krieges die Mehrheit der Gesamtauflage kontrollierte. Die Nachrichtenagenturen, der Rundfunk und die Filmwochenschau waren ohnehin staatlich kontrolliert. Zweitens gab Goebbels in einer täglichen Pressekonferenz den Redaktionen die Gewichtung und die Kommentierung der Nachrichten vor. Nichts von alledem in der Schweiz!

Sie nehmen weiter an, über Radio und Fernsehen SRF werde eine Einheitsmeinung vertreten. Auch da irren Sie sich. Auf den Kanälen von SRF wird mehr analysiert als kommentiert. Und wenn kommentiert wird, vertritt jeder Journalist, jeder Kabarettist oder jeder Gast seine persönliche Meinung. Gerade die vielen Diskussions- und Interviewsendungen (wie „Arena“, „Club“, „Schawinski“, „Samstagsrundschau“ usw.) garantieren ja, dass eine Vielfalt von Meinungen zum Ausdruck kommt.

Sie behaupten zudem, Radio und Fernsehen SRF würden permanent Fehlinformationen verbreiten. Auch das ist kreuzfalsch. Es trifft zwar zu, dass jeder Sender auch mal Informationen weitergibt, die sich nachträglich als falsch erweisen. Aber die Devise von SRF ist, dass nichts berichtet wird, was nicht auf glaubwürdigen Quellen beruht. Die Informationen von Radio und Fernsehen SRF sind daher in aller Regel zuverlässig und belegt.

Wenn ich Sie richtig verstehe, meinen Sie vor allem, dass SRF über die „No Billag“-Initiative lüge. Sie führen das aber nicht weiter aus. Und Sie können versichert sein, dass ich die Berichterstattung mit Argusaugen verfolge und mich zu Wort melde, wenn sie nicht fair und sachgerecht ist.

Schliesslich zweifeln Sie die Unabhängigkeit der Ombudsstelle an. Sie können glauben, was Sie wollen, aber ich sehe mir jede beanstandete Sendung völlig unbefangen aus dem Blickwinkel des Publikums an und bewerte die Arbeit der jeweiligen Redaktion sine ira et studio. Als Ombudsmann bin ich kein Angestellter der SRG. Ich habe auch nie bei der SRG gearbeitet, sondern komme von aussen, und gewählt bin ich vom Publikumsrat der SRG Deutschschweiz. Die SRG Deutschschweiz ist ein privater Verein, der SRF begleitet und kontrolliert. Sie mögen der Ansicht sein, dass meine Antworten das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben stehen. Aber Sie müssen sich die Antwort zumindest anhören, das erspart Ihnen niemand. Und das Fazit meiner Ausführungen ist, dass ich Ihre Beanstandung in keiner Weise unterstützen kann.

2. Zur Form

Ihre Beanstandung ist in einem Ton verfasst, der inakzeptabel ist und jeglichen Anstand vermissen lässt. Wenn Sie Bundesrätin Leuthard mitsamt den Mitarbeitenden ihres Departements, die Angestellten von SRF und mich in ein Konzentrationslager im hinteren Gasterntal im Berner Oberland einweisen wollen, dann zeigt das, wie niederträchtig Sie denken. Ich habe daher bei der Staatsanwaltschaft Graubünden Strafanzeige gegen Sie eingereicht.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich nicht zur Verfügung.

[1] Vgl. Kreis, Georg (1973). Zensur und Selbstzensur. Die schweizerische Pressepolitik im Zweiten Weltkrieg. Frauenfeld: Huber; Weber, Karl (1948): Die Schweiz im Nervenkrieg. Aufgabe und Haltung der Schweizer Presse in der Krisen- und Kriegszeit 1933-1945. Bern: Lang; Bericht Nef https://www.amtsdruckschriften.bar.admin.ch/viewOrigDoc.do?id=10035749 ;
Debatte im Nationalrat: https://www.eda.admin.ch/dam/parl-vor/2nd-world-war/1945-1949/pressepolitik-ergaenzungsberichte-vom-februar-und-maerz-1947.pdf

[2] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19995395/index.html#a8

[3] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Presse/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2017/Rangliste_der_Pressefreiheit_2017_-_Reporter_ohne_Grenzen.pdf

[4] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20001794/index.html

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