Interview mit Bundesrätin Simonetta Sommaruga im «Rundschau talk» beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 11. Dezember 2017 beanstandeten Sie den «Rundschau talk» vom 6. Dezember 2017 mit Bundesrätin Simonetta Sommaruga.[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Ich erhebe Beschwerde und Einspruch gegen den Vorkommnissen in der Sendung Rundschautalk, durch Sandro Brotz und Susanne Wille. Kurz vor Schluss der Sendung, wurde die Aktion der SVP im Nationalrat eingeblendet, das Thema war das Nein des Schweizervolkes vor 25 Jahren zur EWR am 06.12.1992, mit dem Singen der Nationalhymme, gleichzeitig wurde der Bundesrätin Simonetta Sommaruga ein Chlaus-Säckli und eine Rute überreicht, da die Bundesrätin nicht auf den Zweck der Aktion eingegangen ist, wurde dies geändert, mit der Frage, wem Sie die Rute und den Chlaus-Sack im Bundeshaus oder an welche Person überreichen würde. Da die Bundesrätin (für welche ich absolut nichts am Hut habe) 10 mal schlauer ist als die beiden Moderatoren, hat sie auf die Rute verzichtet aber den Sack nehme sie mit. Solche Aktionen im Schweizer Fernsehen mit Rute und Sack, sind im Kindergarten angebracht und nicht in einer öffentlichen Anstalt. Wir als zahlende müssen uns nicht jeden Chabis gefallen lassen. Für diese Aktion hätten die Moderatoren/innen die Rute verdient. Solche Belehrungen könnt ihr intern in Leutschenbach machen. Und wieso 2 Moderatoren bei dieser Sendung, dies ist ein verbraten von den Billag-Gebüren. Es ist einfach immer noch zuviel Geld in Leutschenbach etc. vorhanden. Diese Aktion in der Rundschautalk war einfach bedenklich, unangebracht und ich erwarte einfach seriöse Handlungen. Hoffentlich sind solche Belehrungen ab sofort ein Tabu und eine Rüge an die beiden, ist das mindeste was ich erwarte.»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Frau Marianne Gilgen, leitende Produzentin des „Rundschau talk“, schrieb:

«Gerne nehme ich zur Beanstandung der letzten Rundschau talk-Sendung Stellung

Der Zuschauer X hat sich bei der letzten Sendung Rundschau talk geärgert, dass die beiden Moderatoren Bundesrätin Sommaruga eine Rute und ein Samichlaussäcklein verteilen liessen. So etwas sei in einer Rundschau unangebracht, bedenklich und ein Chabis.

Natürlich kann man über diese vorweihnächtliche Aktion zum Schluss der Sendung geteilter Meinung sein. Wir finden jedoch, dass es nach fast 40 Minuten Politinterview in der letzten Minute auch noch etwas Leichteres verträgt. Mit CVP-Präsident Gerhard Pfister haben wir beispielsweise über seine Lieblings-Comicfigur ‚Snoopy‘ gesprochen. Dieser etwas leichtere Interviewstoff gehört zum Konzept der Sendung und bietet idealerweise die Gelegenheit den Interviewgast von einer etwas anderen Seite kennen zu lernen. Eine so kontrollierte Person wie Bundesrätin Sommaruga lockt man allerdings nicht so einfach aus der Reserve, das war uns bereits bei der Planung der Sendung bewusst. Die Rute hat sie denn auch geschickt niemandem vergeben und das Säcklein sehr politisch korrekt dem Parlament. Eine Belehrung, wie der Beschwerdeführer gehört haben will, hat zu keinem Zeitpunkt stattgefunden.

Herr X stellt in seinem Schreiben aber einen gewissen Zusammenhang her zwischen der SVP-Feieraktion vor Sitzungsbeginn und unserer kleinen ‚Chlausaktion‘. Der einzige Zusammenhang ist jedoch das Datum des Sendetages, des 6. Dezembers. Es war Samichlaustag und der fünfundzwanzigste Jahrestag der EWR-Abstimmung. Aus aktuellem Anlass haben wir die überraschende SVP-Aktion vom Morgen kurz gezeigt. Weil Bundesrätin Sommaruga das Geschehen jedoch nicht kommentieren wollte, sind wir dann zu unserem letzten geplanten Sendepunkt übergegangen.

Dass eine Moderatorin und ein Moderator als Duo das Interview führen ist das Konzept von Rundschau talk. Dies ist eine Sondersendung, welche nur viermal jährlich stattfindet. Das Doppelinterview ist ein weltweit etabliertes Sendeformat. Es wird in der Regel bei wichtigen Interviewgästen eingesetzt. Die Sendung wird deshalb nur unwesentlich teurer und bleibt immer noch günstiger als eine normale Rundschau-Sendung. Die Löhne unserer Moderatoren sind nicht so hoch, wie sich das Herr X wohl vorstellt.

Ich hoffe diese Erläuterungen sind für die Beantwortung der Beschwerde dienlich. Für weitere Auskünfte stehe ich selbstverständlich jederzeit zur Verfügung.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung, vor allem der Szene mit der Rute und dem Chlaus-Säckli. Sie werfen der Sendung dreierlei vor:

1. Dass das Interview im Rahmen der Sendung «Rundschau talk» durch zwei Journalisten geführt wird, was einem «Verbraten von Billag-Geldern» gleichkomme;

2. Dass die Gesangs-Demonstration der SVP-Fraktion im Nationalrat zum 25jährigen Jubiläum des EWR-Neins[2] eingespielt und Bundesrätin Simonetta Sommaruga um eine Kommentierung gebeten wurde.

3. Dass der Bundesrätin zum Schluss eine Rute und ein Chlaus-Säckli überreicht wurden, was Ihrer Meinung nach im Kindergarten angebracht sei, nicht aber im Fernsehen.

Zu 1: Interviews mit zwei Journalisten sind vor allem dann zweckdienlich, wenn heikle Situation entstehen könnten, in denen der Gesprächspartner oder die Gesprächspartnerin durch kritische Fragen so aufgebracht ist, dass er oder sie das Interview abbrechen möchte. Dann ist es wichtig, dass der eine Fragesteller den «bad guy» spielt (also die harten Fragen stellt), der andere aber den «good guy» (also die Situation entspannt und die befragte Person beruhigt). Je nach Gast kann das im «Rundschau talk» mal vorkommen. Es ist daher begründet, zwei Fragesteller zu haben. Dass dies kein wesentlicher Kostenpunkt ist, hat Frau Gilgen schon erläutert.

Zu 2: Die Demonstration der SVP-Fraktion im Nationalratssaal war ungewöhnlich und führte zu heftigen Reaktionen sowie zu einer Rüge des Nationalratspräsidenten. Sie missachtete die Geschäftsordnung. Da sie sich am gleichen Tag ereignete, lag es auf der Hand, auch Bundesrätin Sommaruga um ihre Meinung zu fragen. Sie aber verwies elegant auf die Zuständigkeit des Nationalrates für dessen eigene Angelegenheiten.

Zu 3: Die Übergabe von Rute und Claus-Säckli an die Bundesrätin am Schluss der Sendung mit der Bitte, zu sagen, wem sie die Rute und wem sie das Säckli geben würde, war ein spielerischer und heiterer Schluss-Akzent nach einem ernsthaften Gespräch. Ich schließe mich Frau Gilgen an, dass eine solche Auflockerung willkommen ist und auch zeigt, wie eine Ministerin auf Fragen reagiert, die sich nicht aus ihren Dossiers ergeben.

In allen drei Punkten sehe ich keinerlei Verstoß gegen das Programmrecht, keinerlei Manipulation des Publikums. Für eine Rüge der Moderatorin und des Moderators – zu der ich als außenstehender Ombudsmann sowieso nicht befugt wäre, sie wäre im Kompetenzbereich des Chefredaktors - besteht daher kein Anlass, im Gegenteil: Ich unterstütze Ihre Beanstandung mitnichten.

Vor lauter Widerwillen gegenüber Fernsehen SRF ist Ihnen möglicherweise entgangen, welche Botschaft Bundesrätin Sommaruga mit ihren Antworten vermittelt hat: Respekt vor den Institutionen und Liebe zu den Institutionen. Durch das ganze Interview hindurch hat sie immer die Linie des Bundesratskollegiums vertreten und keinen Entscheid in Frage gestellt. Sie sagte zwar, das Jahr mit einer Frauen-Mehrheit im Bundesrat sei ein besonders gutes Jahr gewesen, sie kritisierte damit aber nicht das Klima im gegenwärtigen Bundesrat, sondern sagte nur, es sei anders. Und sie brachte ihren Respekt gegenüber dem Parlament auf doppelte Weise zum Ausdruck: Zum einen sagte sie, wie der Nationalrat mit einer Demonstration wie jener der SVP-Fraktion umgehe, sei seine Sache, da mische sie sich nicht ein. Und sie schenkte das Chlaus-Säckli symbolisch dem Parlament, denn es leiste gute Arbeit. Was hier die Justizministerin zum Ausdruck brachte, gilt im Prinzip für alle sieben Bundesräte: Sie achten das Volk, sie achten das Parlament, sie achten das Bundesgericht. Sie stehen zur Demokratie, zum Rechtsstaat und zu den Grundrechten. Und das ist gut so.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

[1] https://www.srf.ch/play/tv/rundschau-talk/video/rundschau-talk-mit-simonetta-sommaruga?id=3a1e7283-a076-4446-bce0-446b4ae08c63

[2] https://www.srf.ch/sendungen/tagesschau/sendungen/(offset)//23

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