Online-Text «Regulierer einigen sich auf schärfere Banken-Regeln» von «SRF News» sowie «SRF Börse» beanstandet
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Mit Ihrer E-Mail vom 10. Dezember 2017 haben Sie den Online-Text «Regulierer einigen sich auf schärfere Banken-Regeln»[1] von SRF News vom 7.12.2017 sowie die Sendung von Schweizer Fernsehen «SRF Börse»[2] vom 8.12.2017 beanstandet. Ihre Eingabe erfüllt die formalen Voraussetzungen an eine Beanstandung. Somit kann ich auf sie eintreten.
A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:
Der Bericht vom Donnerstag, 7. Dezember 2017, 20:39 Uhr mit Titel "Basel III“ auf srf.ch/news <http://srf.ch/news> ermöglicht mir nicht, meine eigenen Meinung zu bilden. Insbesondere kritisiere ich, dass nicht ausgewiesen wird, wie hoch die EK-Quote und die Leverage-Ration zukünftig ist. Genau diese Punkte sind aber Kern des Regelwerks. Es wird suggeriert, dass mit internationalen Standards zur Berechnung der EK-Quote (ohne zu nennen, wie hoch diese ist) die Sicherheit erhöht wird
- ohne dabei eben die Hauptpunkte zu nennen. Ich kann mir so keine Meinung bilden.
Weiter beschwere ich mich über den Bericht von SRF-Börse vom 8.12.2107.
Auch hier wird nicht über EK-Quote und Leverage-Ratio berichtet. Zudem, und das ist noch viel schlimmer, wird im Einspieler eine Grafik gezeigt, die suggeriert, dass die EK-Quote bei rund 50 % liegt. Ich erachte das als Missinformation. Neben der Tatsache, dass ich mir keine eigene Meinung bilden kann über die Sicherheit von Banken (weil nämlich die relevante Information fehlt), werden mir auch noch falsche Informationen gegeben.
Meines Erachtens verstossen beide Berichte gegen das Sachgerechtigkeitsgebot, weil ich die Tatsachen erstens nicht so dargestellt werden, dass ich mir als Zuschauer eine eigene Meinung bilden kann und zweitens, im Fall von SRF Börse, das ganze auch noch falsch dargestellt wird.
Der Einwand, das ganze sei zu kompliziert, kann ich nicht gelten lassen.
Wie die Grafik von SRF-Börse zeigt, ist der Grundsatz der EK-Quote ziemlich einfach zu verstehen. Zudem ist die Frage nach der EK-Quote von Banken sehr relevant für die Gesellschaft und das SRF sollte dementsprechend ausführlich und korrekt informieren.
B. Ihre Beanstandung wurde der zuständigen Redaktion zur Stellungnahme vorgelegt. Herr Reto Gerber, Redaktionsleiter Wirtschaft SRF und Frau Sandra Manca, Bereichsleiterin SRF News schrieben:
Gerne nehmen wir die Gelegenheit wahr, auf die Eingabe von X zu reagieren. Dieser beanstandet den Online-Text „Regulierer einigen sich auf schärfere Banken-Regeln“ von SRF News vom 7.12.2017 sowie die Sendung SRF Börse vom 8.12.2017. Da es bei beiden Beanstandungen um die gleiche Thematik geht, mit gleichen oder ähnlichen Kritikpunkten, beantworten wir diese in einem Schreiben.
1. „Regulierer einigen sich auf schärfere Banken-Regeln“ von SRF News, 7.12.2017
X kritisiert, er könne sich keine eigene Meinung bilden, weil nicht erwähnt wird, wie hoch die Eigenkapitalquoten und Leverage-Ratios der Banken künftig sein müssten. Denn diese seien der Kern des Regelwerks Basel III. X hat zwar recht, dass diese EK-Quoten und Leverage-Ratios zentrale Punkte des Reformpakets darstellen. Allerdings hat sich der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, der für Basel III zuständig ist, diese Punkte bereits vor einigen Jahren festgelegt. Bei der Einigung, über die wir am 7.12.2017 berichtet haben, ging es vielmehr um andere Themen, nämlich ob und wie die Banken ihr regulatorisches Eigenkapital selber berechnen dürfen (bis zu einem gewissen Grad anhand bankinterner Risikomodelle) und wie schnell diese Reform umgesetzt wird (schrittweise und relativ langsam). Das hat der Text entsprechend thematisiert:
(...) Die Regeln sehen nun vor, dass die Banken sich bei der Bewertung ihrer Risiken weitgehend an internationale Standardmodelle halten müssen. Selber berechnen dürfen sie nur beschränkt. (...) Ursprünglich sollte es ab 2019 losgehen, jetzt sollen die neuen Regelungen schrittweise ab dem 1. Januar 2022 greifen. In ihrer vollen Schärfe umgesetzt werden die Regeln erst nach fünf Jahren Übergangsfrist ab 2027. (...)
Die konkreten Eigenkapitalquoten und die Leverage-Ratios waren am 7. Dezember auch in anderen Medien kein Thema: Das gilt für nicht zuletzt für die Nachrichtenagentur SDA, auf deren Meldung der Online-Text von SRF News beruht. Ebenso haben etwa NZZ oder Finanz und Wirtschaft nur über die zuletzt noch umstrittenen Punkte von Basel III berichtet.
Kommt dazu, dass die internationalen Vorgaben zu Eigenkapitalquote und Leverage-Ratio von Basel III für die Schweiz zwar gelten, aber nicht die ganze Wahrheit sind. In der Schweiz gilt der so genannte «Swiss Finish», der noch einmal erhöhte Vorgaben setzt. Darüber hat SRF mehrfach und ausführlich berichtet, etwa in der Tagesschau vom 22.10.2015 mit einem dazugehörenden Online-Text auf SRF News[3] oder im ECO vom 26.10. 2015 mit ebenfalls einem Text auf SRF News[4]. Die Leserinnen und Leser konnten sich bei SRF demnach zu diesem Thema durchaus ein eigenes Bild machen.
2. SRF Börse vom 8.12.2017
Wie beim Online-Text kritisiert X bei dieser Sendung von SRF Börse, dass Angaben zu Eigenkapitalquoten und Leverage-Ratios fehlten und er sich darum keine eigene Meinung bilden könne. Hier gilt die gleiche Argumentation wie beim Online-Text (siehe oben). Der Moderator sagt denn auch explizit:
(...) Mittlerweile ist nicht nur die Höhe der Kapitalpuffer festgelegt, sondern seit gestern auch die Methodik, mit der sie berechnet werden. (...)
X kritisiert an der Börsensendung zudem die Erklärgrafik als „Missinformation“. Diese suggeriere, die Eigenkapitalquote liege bei rund 50 Prozent. Zahlen werden in der Grafik jedoch bewusst keine genannt, vielmehr wird auf einfachste Weise der Mechanismus hinter den Vorschriften für die Eigenkapitalquote erklärt sowie die gegensätzlichen Positionen dabei und diese auch genannt:
(...) Die Banken wollten diese Kapitalpuffer möglichst niedrig ansetzen - die Behörden möglichst hoch. (...)
Gerade, weil die Eigenkapitalquote entscheidend ist für eine Bank, wird in der Sendung dieser Mechanismus grafisch erklärt. Da aber je nach Masszahl und je nach Bank die Eigenkapitalquote sehr unterschiedlich vorgegeben sein kann (und es erst noch einen Swiss Finish gibt – siehe oben), werden an dieser Stelle bewusst keine Werte genannt. Eine ausführliche Information, wie von X gewünscht, ist an dieser Stelle auch zeitlich nicht möglich, würde das doch den Rahmen der Sendung SRF Börse sprengen. Wie oben erwähnt, hat SRF in verschiedenen Formaten aber ausführlich über diesen Punkt berichtet.
Die kritisierte Erklärgrafik in der Sendung SRF Börse ist schematisch zu verstehen, was X auch würdigt. Insofern erfüllt die Grafik ihren Zweck. Die Angabe von Zahlen macht zudem keinen Sinn, da die notwendige Differenzierung zu gross wäre, um dies in einer kurzen Sendung wie SRF Börse korrekt abbilden zu können.
3. Zusammenfassung
Der beanstandete Text und die beanstandete Sendung thematisieren die neuste Entwicklung beim Reformpaket Basel III. Dabei geht es nicht um die bereits festgelegten Eigenkapitalquoten oder Leverage-Ratios sondern um andere Aspekte des Reformpakets. Entsprechend haben die Forderungen von X keinen direkten Zusammenhang zum Text und zur Sendung.
Grundsätzlich ist zudem unbestritten, dass Basel III durch strengere Vorgaben als jene von vor der Finanzkrise vor 10 Jahren die Gefahr einer erneuten Finanzkrise reduziert oder den Zusammenbruch von Banken erschwert. Genau dieser Punkt wird in der Börsensendung betont, ebenso im Online-Artikel. Insofern wird nichts «suggeriert», wie X schreibt, sondern vielmehr eine allgemein anerkannte Tatsache wiedergegeben.
Wir beantragen deshalb, die Beschwerde abzuweisen.
C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der beiden Sendungen. Sie werfen den beiden beanstandeten Berichten vor, dass Sie gegen das Sachgerechtigkeitsgebot verstossen. In Artikel 4 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen steht:
Art. 4 Mindestanforderungen an den Programminhalt
2 Redaktionelle Sendungen mit Informationsgehalt müssen Tatsachen und Ereignisse sachgerecht darstellen, so dass sich das Publikum eine eigene Meinung bilden kann. Ansichten und Kommentare müssen als solche erkennbar sein.[5]
Es stellt sich die Frage, was der inhaltliche Kern der beiden Sendungen war. Es ging dort um die Information des Publikums bezüglich der Einigung und – wie Frau Sandra Manca, Bereichsleiterin SRF News und Herr Reto Gerber, Redaktionsleiter Wirtschaft SRF festhalten – um die Fragestellungen ob und wie die Banken ihr regulatorisches Eigenkapital selber berechnen dürfen und wie rasch die Reform umgesetzt wird. Die beiden Berichte fokussierten also nicht auf Details, sondern auf das «grosse Ganze». Dabei ist es durchaus legitim, dass keine Zahlen genannt werden. Das hat aber nicht damit zu tun, dass der Sachverhalt kompliziert darzustellen ist, sondern damit, dass a) es fürs allgemeine Verständnis nicht notwendig ist, die Eigenkapitalquoten und Leverage-Ratios der Banken, im Detail zu kennen und b) diese Punkte bereits vor einigen Jahren festgelegt wurden. Zum Verständnis des Durchschnittspublikums sind die genauen Kennzahlen nicht nötig. Bei der Wirtschaftssendung «ECO» könnte das Publikum diese Zahlen allenfalls erwarten. Dort stehen fokussierte Wirtschafsthemen im Zentrum und das Publikum darf eine höhere Detaildichte erwarten. Ausserdem steht für einen Beitrag in der Regel mehr Zeit zur Verfügung. «SRF Börse» beschreibt den Regulationsmechanismus in einer einfachen, animierten Grafik in 26 Sekunden. Dabei wird in kurzer und verständlicher Art aufgezeigt, welche Absichten die Banken und die Aufsichtsbehörden bezüglich des Kapitalpuffers hegen. Sie monieren, dass im Einspieler eine Grafik gezeigt wird, «die suggeriert, dass die EK-Quote bei rund 50% liegt». Dies mag Ihr subjektiver Eindruck sein. Aufgrund der Tatsache, dass die Höhe der Geldsäulen nicht mit einem Zahlenwert versehen ist, wird klar, dass es lediglich darum geht, die Positionen von tief zu hoch und einen Bereich dazwischen zu zeigen.
Zum Online-Text von SRF News, 7.12.2017 kann ich mich ganz den Aussagen von Frau Manca und Herrn Gerber anschliessen. Allerdings wäre es für die Nutzerinnen und Nutzer des Online-Angebotes hilfreich, wenn die SRF Online-Redaktion mehr Verlinkungen auf frühere Beiträge aufführen könnte. In der oben aufgeführten Stellungnahme wird beispielsweise auf die Tagesschau vom 22.10.2015 mit einem dazugehörenden Online-Text auf SRF News oder auf «ECO» vom 26.10. 2015 mit einem Text auf SRF News (s. Fussnoten 4 und 5) verwiesen. Diese Infos hätten einen Mehrwert dargestellt.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass sowohl beim Online-Text als auch in der Sendung «SRF Börse» die Tatsachen und Ereignisse jeweils sachgerecht dargestellt und vermittelt wurden. Das Publikum konnte sich eine eigene Meinung bilden. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass ich Ihre Beanstandung nicht unterstützen kann.
D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Manfred Pfiffner
Stellvertretender Ombudsmann
[1] www.srf.ch/news/wirtschaft/basel-iii-regulierer-einigen-sich-auf-schaerfere-banken-regeln
[2] www.srf.ch/play/tv/srf-boerse/video/srf-boerse-vom-08-12-2017?id=b2c9fac5-0336-4ff8-9e7e-74ca52ecad48
[3] www.srf.ch/news/schweiz/ubs-und-cs-brauchen-doppelt-so-viele-eigenmittel-wie-bisher
[4] www.srf.ch/news/wirtschaft/neue-too-big-to-fail-vorgaben-ein-harter-kompromiss
[5] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20001794/index.html
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