Gewaltverherrlichung im Vorspann der «Sports Awards» beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 29. Dezember 2017 haben Sie die Gewaltverherrlichung beim Schweizer Fernsehen SRF im «Sports Awards»-Vorspann[1] vom 10. Dezember 2017 beanstandet. Ihre Eingabe erfüllt die formalen Voraussetzungen an eine Beanstandung. Somit kann ich auf sie eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

Ich erhebe formell Beschwerde zu obiger Sendung. Begründung:

Im knapp vierminütigen Vorspann werden die Grundrechte und Menschenwürde missachtet bzw. Gewalt verherrlicht oder verharmlost.

Der Moderator Rainer Maria Salzgeber trifft dort auf den «Konkurrenten» Sven Epiney, greift diesen am Kopf und schlägt den Kopf dreimal hart auf den Korpus. Anschliessend stösst er den Konkurrenten zu Boden. Den Auftritt schliesst Salzgeber ab mit dem verwerflichen Zitat: «So lösen wir das im Sport».

Anschliessend tritt die Moderatorin Sandra Studer auf, tritt einem Sportler auf den Fuss, wirft den Schwinger unfair zu Boden und knallt der Mountainbikerin den Ball an den Kopf. Der wiederum verwerfliche Kommentar von Salzgeber: «gut, wunderbar, richtig schön».

Es steht SRF nicht zu, Gewalt dermassen zu verherrlichen oder zu verharmlosen. Diese Szenen kann man nicht abtun mit: es ist ja nicht ernst gemeint, es ist ja nur gespielt, es ist Ironie. Insbesondere im Sport, wo man viel Aufwand betreibt um Fairness zu vermitteln, ist dies besonders verwerflich. Und Sport soll gegenüber Jungen Vorbildfunktion haben. Dass ausgerechnet ein Moderator von Fussballsendungen von diesem Leitsatz nichts weiss, oder ihn bewusst missachtet, ist beschämend. Bei jedem Fussballspiel ist Fairness, Fairplay und Respect ein Thema[2].

Im Übrigen lässt dieser Vorspann jede journalistische Qualität vermissen. Es ist eine peinliche und billige Selbstdarstellung der beiden Moderatoren.

Dass weder die Moderatoren noch die Sendeleitung diese Verfehlungen bzw. Mängel sehen, ist nicht zu entschuldigen.

Treu dem Grundsatz «SRF schafft sich selber ab» ist dies beste Werbung für die NO-Billag-Initiative.

Ich bitte Sie, meiner Beschwerde zu folgen.

B. Ihre Beanstandung wurde der zuständigen Redaktion zur Stellungnahme vorgelegt. Herr Nök Ledergerber, Stabschef SRF Sport schrieb:

Zur Beanstandung betreffend Sports Awards (Intro-Clip) nehme ich nach Rücksprache mit dem Sendungsverantwortlichen wie folgt Stellung:

Dass eine Sendung mit einem nicht alltäglichen Intro-Clip (oder Vorspann) beginnt, wird seit Jahren immer wieder angewendet. Im Sport und in der Unterhaltung, welche die Sendung Sports Awards produzieren, ist es nicht alltäglich, aber bisweilen wird dieses Element benutzt, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und das Publikum einzustimmen. So wurde der Clip im Vorfeld der Sendung auch auf Social Media verbreitet, um auf die Sports Awards aufmerksam zu machen.

Aufhänger war dabei die Rückkehr von Moderatorin Sandra Studer, die nach Steffi Buchlis Weggang zurückkehrt und wie schon vor einigen Jahren an der Seite von Rainer Maria Salzgeber moderiert. Der Clip war eindeutig als Satire zu erkennen. Die mitspielenden Athletinnen und Athleten hatten übrigens grosse Freude am Mitwirken.

Selbstverständlich stehen wir für Fairplay und wollen Gewalt nicht verherrlichen, aber wie gesagt, das Intro war klar als unterhaltendes Element mit einer Prise Satire und Humor erkennbar. Aber wie bei vielem gilt auch hier: es ist Geschmackssache.

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Ihre Beanstandung bezieht sich auf den kurzen Vorspann der Sendung «Sport Awards». In diesem werden nebst einigen Tanz- und Gesangseinlagen auch zwei Szenen gezeigt, die Sie als gewaltverherrlichend bzw. gewaltverharmlosend kritisieren.

In der ersten Szene[3] treffen Rainer Maria Salzgeber und Sven Epiney aufeinander. Dabei scheint es so (in Wirklichkeit ist der Vorgang nämlich nicht sichtbar), als ob Herr Salzgeber den Kopf von Herrn Epiney, seinen vermeintlichen Konkurrenten, auf einen Korpus schlägt. Kurz darauf sieht das Publikum das Gesicht von Sven Epiney, dieser verdreht die Augen und meint «Ok, seisch ä Gruess». Dann tippt ihn R. M. Salzgeber mit einem Finger an, worauf S. Epiney theatralisch nach hinten fällt. Während R. M. Salzgeber sein Jackett richtet, mein er: «So lösen wir das im Sport!».

Die kurze Szene erinnert eher an einen Ausschnitt einer Western-Komödie im Stil von «Bud Spencer und Terence Hill» als an eine brutale Attacke des Moderators auf seinen Kollegen. Der Satz «Ok, seisch ä Gruess» von Sven Epiney löst das Ganze als nicht ernst gemeinte, humoristische Aktion auf. Salzgebers Satz «So lösen wir das im Sport» ist zwar flapsig, aber keinesfalls als ernst gemeint einzustufen. Der Gag war vielleicht nicht besonders lustig, aber im Kontext (Sandra Studer ist die „neue, alteˮ Moderatorin) der kurzen Szene durchaus als solchen erkennbar.

Die zweite Szene[4], die Sie monieren, beginnt mit der Aufforderung von Rainer Maria Salzgeber an Sandra Studer, dass es nicht reiche, nur tanzen und singen zu können. Vielmehr müsse sie mindestens so sportlich sein wie «Brägger». Pablo Brägger, der nominierte Kunstturner, steht, sich auf Krücken stützend, neben dem Moderator. Spätestens hier wird es für das Publikum erkennbar, dass die ganze Aktion witzig gemeint ist. Die Moderatorin (resp. ihr Double) springt in der Folge mit einem Salto über eine Brüstung und tritt bei der Landung dem Kunstturner auf den Fuss. Dieser schreit theatralisch auf. In der Folge springt Sandra Studer über Pablo Brägger, stösst einen gut zwei Köpfe grösseren Schwinger mühelos ins Sägemehl, kickt anschliessend (auch hier kommt wieder das Double zum Einsatz) mit einem Fallrückzieher einen Fussball in Richtung eines Handballtors, von wo dieser zurückprallt und eine Mountainbikefahrerin am Kopf trifft. Diese fällt samt dem Fahrrad um. Der Ball fliegt weiter und wird von R. M. Salzgeber aufgefangen. Der Moderator ist sichtlich erstaunt und völlig verblüfft. Er sagt: «Isch guet, wunderbar, jez gömmer üs richtig schön go aalegge». Beim Verlassen des Studios klopft Sandra Studer dem Schwinger das Sägemehl vom Rücken, genau so, wie dies jeder Sieger in einem Schwingerwettkampf beim unterlegenen Gegner macht. Auch hier ist die oben erwähnte Bemerkung Rainer Maria Salzgebers keinesfalls als gewaltverharmlosend oder gar gewaltverherrlichend einzustufen. Sie zeigt vielmehr dessen Verblüffung und deutet den Abschluss der Szene an. Gleichzeitig dient die Bemerkung als Überleitung zur Live-Sendung. Ob man die ganze Aktion nun lustig findet oder nicht, muss jede Zuschauerin und jeder Zuseher selber entscheiden. Das Studiopublikum lacht während den vielen Gags jedenfalls kräftig.

Die beiden Szenen wurden – wie der Stabschef SRF Sport, Herr Nök Ledergerber, betont – dafür geschaffen, Aufmerksamkeit zu schaffen, das Publikum zu überraschen und zu unterhalten. Dabei wurden neben Gesangs- und Tanzeinlagen auch slapstickartige Sequenzen eingebaut, die man lustig oder auch daneben finden kann. Wie bei «kultur-online» nachzulesen ist, gehören bspw. Prügeleien, Tortenschlachten oder das Ausrutschen auf einer Bananenschale zu den typischen Slapstickeinlagen. Dabei kommt niemand ernsthaft zu Schaden, «denn in den Slapstickkomödien beweist der menschliche Körper stets eine comichafte Regenerationsfähigkeit»[5]. Genau so war es hier der Fall. Es kam niemand zu Schaden und es war klar, dass es sich um eine humoristische Einleitung in die «Sport Awards» handelte.

Aus dem Gesagten komme ich zum Schluss, dass man den Verantwortlichen keinesfalls die Missachtung der Grundrechte und Menschenwürde bzw. Gewaltverherrlichung oder Gewaltverharmlosung unterstellen kann. Ich kann Ihre Beanstandung daher nicht unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Manfred Pfiffner
Stellvertretender Ombudsmann

[1] https://www.srf.ch/play/tv/sport/video/credit-suisse-sports-awards?id=b6a50cae-ec49-498b-8809-69d65f7ed9ea&station=69e8ac16-4327-4af4-b873-fd5cd6e895a7

[2] https://www.srf.ch/sendungen/myschool/fairness-von-spielregeln-profitieren

[3] https://www.srf.ch/play/tv/sport/video/credit-suisse-sports-awards?id=b6a50cae-ec49-498b-8809-69d65f7ed9ea&station=69e8ac16-4327-4af4-b873-fd5cd6e895a7 [Zeit: 01:20 – 01:44]

[4] https://www.srf.ch/play/tv/sport/video/credit-suisse-sports-awards?id=b6a50cae-ec49-498b-8809-69d65f7ed9ea&station=69e8ac16-4327-4af4-b873-fd5cd6e895a7 [Zeit: 02:45 – 03:21]

[5] http://www.kultur-online.net/?q=node/393

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