Folge «Der begrabene Hund» von «Der Bestatter» beanstandet
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Mit Ihrer E-Mail vom 24. Januar 2018 haben Sie die Darstellung eines Rottweilers in der Folge «Der begrabene Hund»[1] aus der Serie «Der Bestatter» von Schweizer Fernsehen SRF 1 vom 9. Januar 2018 beanstandet. Ihre Eingabe erfüllt die formalen Voraussetzungen an eine Beanstandung. Somit kann ich auf sie eintreten.
A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:
Am 9.1.2018 wurde auf SRF 1 in der Sendung «Der Bestatter» ein Rottweiler in verwerflicher Art als bösartiges Ungeheuer missbraucht. Da Rottweilerhunde durch unsachgerechte Haltung in der Oeffentlichkeit leider ein fragwürdiges Ansehen haben und ein Hund dieser Rasse absichtlich für diese reisserische Szene gewählt wurde, hat SRF damit bewusst in Kauf genommen, dass solche sog. Listen-Hunde noch mehr in Verruf geraten.
Als langjähriger Besitzer (24 Jahre) von Rottweilern verurteile ich diese boulevardmässige und tendenziöse Darstellung eines Hundes dieser Rasse auf's Schärfste, denn einerseits sind Rottweilerhunde bei korrekter Haltung und Führung zuverlässige, treue und sehr anhängliche Familien-, Arbeits- und Diensthunde und andererseits werden nach derartigen Ausstrahlungen die Halter solcher Hunde unnötigen Anfeindungen und Kritiken ausgesetzt.
Ich habe mein Missfallen darüber SRF in mehreren Mails mitgeteilt, bin aber bedauerlicherweise auf taube Ohren gestossen, ist man sich dort offenbar keiner Verfehlungen bewusst. Der Schaden für unsere Hunderasse und deren Besitzer ist damit angerichtet und leider nicht mehr rückgängig zu machen. Hingegen gilt es weitere solch missbräuchliche «Verwendung» von Tieren im Allgemeinen und spezifische Rassen im Besondern inskünftig zu verhindern.
Ich beschwere mich daher in aller Form gegen die gezeigte, irreführende und falsche Abbildung des zähnefletschenden Rottweilers als blutrünstige Bestie und ersuche Sie deshalb höflich, sich dieser Angelegenheit anzunehmen und SRF dafür entsprechend zu rügen. Es kann und darf nicht Aufgabe von SRF sein irgendwelche Tiere vor laufender Kamera zu verunglimpfen und diese dadurch in ein der Wahrheit widersprüchliches Licht zu stellen.
Für Ihre Befassung und Bearbeitung dieses leidigen Falls danke ich Ihnen im voraus herzlich, ebenso für Ihr Verständnis, dieses Vorkommnis nicht im Raum stehen lassen zu dürfen, denn die meisten TV-Zuschauer hinterfragen die gezeigte Szene nicht und sehen sich deshalb in ihrer bisherigen Ansicht über «Kampfhunde» (Dieser Begriff ist eine menschliche Erfindung) bestätigt.
B. Ihre Beanstandung wurde der zuständigen Redaktion zur Stellungnahme vorgelegt. Herr Urs Fitze, Bereichsleiter Fiktion SRF, schrieb:
Wie wir nach ausführlichem Schriftwechsel mit dem Beschwerdenführer aus dessen abschliessender Mail entnehmen konnten, kritisiert er genau genommen den 30-sekündigen Teaser der Folge 2. Die Folge selbst hat er – solange er direkt mit SRF in Kontakt stand – nicht gesehen: «Auf Ihre Darstellungen und Schilderungen über die betreffende Sendung kann und will ich mich nicht äussern, denn ich habe mir diese Ausstrahlung bewusst nicht angeschaut. Einerseits meide ich grundsätzlich Sendungen mit solch bedenklichem Niveau und andererseits hat mir die unfreiwillig gesehene Vorschau derselben mit der reisserischen Hunde-Sequenz völlig gereicht.»
Da sich dies inzwischen geändert haben könnte, nehmen wir zuerst Stellung zur ganzen Sendung, anschliessend zum beanstandeten Teaser. Die Argumentationsweise deckt sich dabei in den wesentlichen Punkten mit derjenigen, die wir in unserem Schriftwechsel auch dem Beschwerdenführer zukommen liessen.
1. Zur Thematik im Allgemeinen
«Der Bestatter» spielt im Kanton Aargau und nimmt ab und zu auch relevante und kontroverse Themen vor Ort auf. In den letzten Jahren kam es auch in diesem Kanton zu mehreren Vorfällen mit Hunden. Damit war für uns eine Relevanz gegeben – auch wenn das Thema «Hund» letztlich nicht das Hauptthema der Folge 2 war, sondern das Thema «Tiger Mum» im Schlagermilieu.
2. Zur Wahl des Wortes «Kampfhund»
Kritisch erwähnt wird zurecht die Verwendung des Wortes «Kampfhund» (das jedoch in der Vorschau nicht vorkommt); auch wenn dieses Wort oft in der Öffentlichkeit und den Medien verwendet wird, hätten wir hier sensibler sein können. «Listenhund» (da der Kanton eine Liste führt) wäre allerdings ein Begriff gewesen, der nicht jedem und jeder im Publikum geläufig sein dürfte. Die Figur Anna-Maria Giovanoli hätte also in einem Dialog den Begriff erläutern und auf die eine oder andere Weise die Aargauer Gesetzgebung bezüglich «Hunden mit erhöhtem Gefährdungspotential» erwähnen müssen. Rückblickend am besten wäre wohl gewesen, wenn die Polizei einfach von «Hunden» geredet hätte. Dies deshalb, weil es sich bei der Kommissarin Anna-Maria Giovanoli und dem Polizisten Reto Doerig um unsere Identifikationsfiguren handelt (auf den Aspekt der Identifikationsfiguren wird unter Punkt 4 nochmals eingegangen).
3. Zur Wahl der Hunderasse
Es ist kein Zufall, dass eine Hunderasse genommen wurde, bei der eine potentielle Gefährdung möglich ist – schliesslich wird in einem Krimi ein Hund von einer bösartigen Halterin quasi als «Waffe» benutzt, um jemanden zu gefährden. Eine kleine Rasse wäre diesbezüglich nicht in Frage gekommen. Zudem: Hätte man sich für eine Rasse entschieden, die nicht auf der Liste steht, wäre es denkbar, dass sich dann Besitzer dieser betroffenen Hunderassen gemeldet hätten. Sie hätten kritisieren können, dass man ausgerechnet ihre Rasse genommen hat, die laut Liste nicht mal mit erhöhtem Gefährdungspotential einher geht.
Dass «ein Hund dieser Rasse [Rottweiler] absichtlich für diese reisserische Szene gewählt wurde» ist jedoch nicht zutreffend. Im Drehbuch wurde die Hunderasse explizit offen gelassen. Die Wahl des Hundes hatte ausschliesslich mit produktionellen Überlegungen bezüglich Drehzeitraum, zur Verfügung stehender Hunde und Tiertrainer zu tun. Und dass nicht alle Rassen der kantonalen Liste gezeigt werden können, um einen Ausgleich zu schaffen und man damit automatisch auf eine Rasse reduziert, ist bei einer fiktionalen Geschichte leider nicht zu umgehen.
4. Zur Antagonistin
Gerda Bachmann, die Hundehalterin und Mörderin, ist das genaue Gegenteil einer Identifikationsfigur. Sie ist eine kaltherzige Egoistin, die Mensch (Tochter) und Tier (Hund) für ihre niederen Ziele benutzt, manipuliert und beinahe misshandelt. Die Frau ist so bösartig und überzeichnet dargestellt, dass sie eigentlich eine Karikatur ist. Das macht sie aus unserer Sicht zu einer eigenständigen und klar gesetzten Filmfigur, die somit auch nicht exemplarisch für alle Hundehalter steht – so handelt nur Gerda Bachmann im «Bestatter».
Es geht deshalb aus unserer Sicht in der Folge klar hervor, dass das eigentliche Problem nicht das Tier und auch nicht Hundehalter per se, sondern nur diese eine, ganz spezielle Halterin ist, die den Hund als Waffe missbraucht. Denn der Hund hat den Jungen nicht aus freien Stücken angegriffen, sondern wird von der Mörderin aufgehetzt. Der Hund greift den Jungen auch erst auf den expliziten Befehl Gerdas an, die das Ganze dann auch noch krankhaft-genussvoll mitanschaut. Sobald die Mörderin dann ausser Gefecht gesetzt wird, schaut der Hund versöhnlich zur Tochter.
Der Beschwerdenführer hat sicher recht, dass Rottweiler «durch unsachgerechte Haltung in der Öffentlichkeit leider ein fragwürdiges Ansehen» haben. Genau diese unsachgerechte Haltung wird aus unserer Sicht aber gezeigt, wenngleich nicht explizit thematisiert. Man kann natürlich die Meinung vertreten, dass dies Wasser auf die Mühlen von Hundegegnern ist. Den Vorwurf allerdings, dass es sich – allein, weil man dies zeigt –, um eine «missbräuchliche Verwendung» von Tieren handelt, möchten wir in aller Form zurückweisen. Es ist auch nicht die Aufgabe eines fiktionalen Stoffes, speziell Krimis, ein ramponiertes Ansehen in der Öffentlichkeit quasi «zurecht zu rücken».
Selbstverständlich ist die Sorge, dass ein bereits umstrittenes Thema einmal mehr negativ in den Medien dargestellt wird, berechtigt. Ein Krimi zeigt als Täter aber oft Figuren, die für eine Gruppe stehen; die Frage, die wir uns dabei stellen ist, ob pauschal die ganze Gruppe verunglimpft wird. Und das tut die 2. Folge aus unserer Sicht – wie oben mit der Figur Gerda Bachmann beschrieben – nicht.
5. Zur filmischen Darstellung im Kontext der Krimiserie «Der Bestatter»
Selbst wenn man unserer Argumentation bisher folgen möchte, so könnte man immer noch die filmische Darstellung bemängeln. Es wird bezweifelt, dass unser Publikum den oben beschriebenen Unterschied zwischen der bösartigen Halterin und dem Hund machen würde. Wir können diese Sorge nachvollziehen, teilen sie jedoch nur bedingt. Denn der «Bestatter» ist mit seinem Humor für alle erkenntlich überhöht (im Vergleich bspw. zu «Der Kriminalist» oder auch «Wilder»). Die 2. Folge war dabei selbst für den «Bestatter» nochmal eine Stufe überdrehter mit der Glitzerwelt des Schlagers sowie der karikaturhaften Darstellung der Mörderin. In so einem klar überzeichneten Kontext trauen wir dem Publikum durchaus zu, zwischen Fiktion und Realität zu unterscheiden und weder den Hund noch alle Hundehalter, sondern nur Gerda als die wahre und einzige Übeltäterin zu identifizieren.
Schwieriger wäre diese Abwägung allenfalls noch für kleinere Kinder. Darum wurde die Folge auch (wie alle anderen Folgen) unter jugendschutzrechtlichen Aspekten geprüft – man kam zum Schluss, dass die Folge ab 12 Jahren gezeigt werden kann; 12 Jahre ist die generelle Altersempfehlung für das Programm von SRF ab 20 Uhr.
6. Zur Vorschau
Bei der Vorschau geht es klar um die Thematiken «Schlager» und «Fan/Stalker». Der Teaser verwendet das Wort «Kampfhund» nicht. Allerdings wird ein zähnefletschender Rottweiler für ca. 3 Sekunden gezeigt. Da die Folge «Der begrabene Hund» heisst, erachten wir es als legitim, einen Hund zu zeigen. Und da es ein Krimi ist, finden wir es auch legitim, ihn ohne viel Kontext als Bedrohung zeigen zu dürfen.
Insofern hat ein Teaser sicherlich etwas «Reisserisches». «Reizen» und «Anreissen» ist jedoch die eigentliche Aufgabe eines Teasers. Auf Grund der vergleichsweise vielen Zeit (über 20 Sekunden), die der Teaser für das Hauptthema verwendet, ohne Hunde überhaupt zu erwähnen, erscheint uns die Darstellung – für ein festetabliertes, fiktionales Format mit hohem Humoranteil – als verhältnismässig und gut vertretbar.
Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen möchten wir Sie bitten, die Zuschauerkritik abzuweisen.
C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Darstellung in der Sendung.
In der von Ihnen beanstandeten Folge «Der begrabene Hund» aus der sechsten Staffel der fiktionalen Serie «Der Bestatter» geht es um einen Mann, der tot in einem Hundezwinger aufgefunden wird. Er war ein grosser Fan des bekannten Schlagersternchens Rikki Bachmann. Die Hauptkommissarin Anna-Maria Giovanoli und der Kriminalfahnder Reto Doerig wagen einen Blick hinter die Kulissen der Schlagerszene und entdecken eine Welt, die weniger heil ist, als sie vorgibt zu sein.[2] Mit von der Partie ist selbstverständlich auch «Der Bestatter», Luc Conrad, der seinen Teil zur Auflösung des Falles beiträgt.
Die Folge wurde – wie üblich – mit einer kurzen Vorschau beworben. Dabei konnte man in einer knapp drei Sekunden dauernden Einstellung einen zähnefletschenden, bellenden Hund sehen, der heftig an der Leine zerrt. Das Wort «Kampfhund» fiel nicht. Als Zuschauer war es in dieser Vorschau denn auch nicht klar, welche Bedeutung dem Hund zukommt. Einzig der Titel der Folge deutete darauf hin, dass es etwas mit einem Hund auf sich haben muss. Um den Hund als Rottweiler zu erkennen, muss man sich allerdings mit Hunderassen einigermassen auskennen. In der Vorschau ging es allerdings primär um die Schlagerwelt und den jungen Stalker.
Wie Herr Urs Fitze, Bereichsleiter Fiktion SRF, schreibt, hätten die Verantwortlichen mit der Verwendung des Begriffes «Kampfhund» sensibler sein können. Das Wort fiel innerhalb des gut 60-minütigen Krimis aber nur einmal. Sie, sehr geehrter Herr X, haben mit Ihrer Beanstandung sicher zur künftigen Sensibilisierung beigetragen.
Ich traue dem Publikum im Übrigen zu, dass es sehr wohl zwischen Realität und Fiktion unterscheiden kann. Die Charakterzüge der Mörderin, Gerda Bachmann, waren derart überzeichnet, dass es klar ist, dass sie keine gewöhnliche Hundehalterin ist und sie sicher nicht stellvertretend für normale Hundehalter steht. Sie hat den Hund als Waffe missbraucht, was durchaus einem gängigen Krimielement entspricht. Auch in Filmen wie beispielsweise James Bond (Feuerball, 1965; Leben und sterben lassen, 1973) oder Hannibal (2001) werden Tiere als Waffe eingesetzt. Bei jedem dieser Filme ist es unmissverständlich, dass die Bösewichte überzeichnet sind und es sich nicht um Realität, sondern um Fiktion handelt.
Warum in der von Ihnen beanstandeten Folge ein Rottweiler eingesetzt wurde, hat Herr Urs Fitze nachvollziehbar erklärt. In der Krimiepisode geht es aber in erster Linie um die karikierte Hundehalterin, die ihren Hund als Waffe missbraucht und einsetzt. Im Übrigen stimme ich den Ausführungen des Bereichsleiters Fiktion SRF, Herrn Urs Fitze, in allen Punkten zu.
Auch wenn ich für Ihre geäusserten Sorgen ein Stück weit Verständnis aufbringen kann, so bin ich sicher, dass Schweizer Radio und Fernsehen SRF keinesfalls, wie Sie schreiben, «bewusst in Kauf genommen [hat], dass solche sog. Listen-Hunde noch mehr in Verruf geraten». Es ist mir ebenso klar, dass Rottweilerhunde «bei korrekter Haltung und Führung zuverlässige, treue und sehr anhängliche Familien-, Arbeits- und Diensthunde» sind. Von einer korrekten Haltung und Führung eines Hundes ist die fiktive Mörderin im Krimi meilenweit entfernt.
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass ich Ihre Beanstandung nicht unterstützen kann.
D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Manfred Pfiffner
Stellvertretender Ombudsmann
[1] https://www.srf.ch/sendungen/der-bestatter/staffel-6/der-begrabene-hund
[2] https://www.srf.ch/sendungen/der-bestatter/staffel-6/der-begrabene-hund
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