Beitrag zu Beschwerden gegen Groupe Mutuel von «Kassensturz» beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 14. Februar 2018 beanstandeten Sie die Sendung «Kassensturz» (Fernsehen SRF) vom 13. Februar 2018 und dort den Beitrag «Von wegen Einzelfall: Noch mehr Beschwerden wegen Groupe Mutuel».[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Ich möchte eine Beschwerde gegen die Aussage von Kathrin Winzenried stellen, welche am Ende des Beitrags zur Groupe Mutuel sagt (Zitat): <Hände weg von denen Vermittler>.

Diese Aussage täuscht vor, dass alle Vermittler in betrügerischer Absicht (wie im geschilderten Fall) handeln. Anstelle davon, die Kunden richtig zu informieren, nämlich die Unterlagen, welche sie unterschreiben genau durchzulesen, wird gesagt, dass Vermittler nicht seriös arbeiten. Ich brauche hier nicht auszuführen, dass es sich beim Vermittler im Beitrag um ein schwarzes Schaf handelt und dieser auf diesem Gebiet nichts zu suchen hat. Dennoch möchte ich, als Vermittlerin (seit über 10 Jahren in der Finanzbranche) ganz vehement bestreiten, dass alle Vermittler schlecht sind. Das Angebot im Bereich Versicherungen und Krankenkassen ist für einen normalen Bürger nicht mehr überschaubar. Und genau hier tritt der Vermittler in die Lücke, um den Kunden nach seinen Bedürfnissen zu beraten. Auch den schwarzen Peter nur der Groupe Mutuel anzuhängen ist doch sehr einseitig. Ich kenne die Abläufe bezüglich Einreichung eines Krankenkassenantrags. Der Kunde muss mindestens 4 mal unterschreiben: das VAG Art. 45-Blatt (Informationspflicht), den Maklervertrag, den Versicherungsantrag und das Beratungsprotokoll. Sowohl auf dem Versicherungsantrag wie auch auf dem Beratungsprotokoll steht ganz klar, dass man mit der Unterschrift einen verbindlichen Antrag eingeht. Auch steht im Beratungsprotokoll, dass man über den Beginn, die Dauer und weitere Punkte aufgeklärt wurde und es verstanden hat. Darum ist mir schleierhaft, wie jemand einen Antrag unterschrieben kann und dann sagt, <aber der Berater hat gesagt...>. Es handelt sich alles um mündige Personen, welche lesen und schreiben können, wieso lesen sie dann die Papiere nicht durch, welche sie unterschreiben? Meiner Meinung nach sollte hier die Arbeit des Kassensturz ansetzen! LESEN – VERSTEHEN – UNTERSCHREIBEN!

Ich erwarte vom Kassensturz eine Richtigstellung, dass nicht alle Vermittler schlecht sind. Dies kann z.B. so aussehen:

<Woran erkenne ich einen guten Vermittler? Er ist (persönlich) im Vermittlerregister registriert [2], er weist sich durch eine Visitenkarte und das VAG Art. 45-Blatt (Informationspflicht [3] aus, er beantwortet alle Fragen oder klärt diese ab, er gibt für die Durchsicht der Unterlagen Zeit und er gibt nach Abschluss eine Kopie der Anträge ab.>»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Frau Ursula Gabathuler, Redaktionsleiterin des «Kassensturz», antwortete:

«Beim beanstandeten Inhalt handelt es sich um eine Aussage der ‹Kassensturz›-Moderatorin Kathrin Winzenried. Am Ende des Interviews mit Christian Feldhausen, Mediensprecher der Krankenversicherung Groupe Mutuel, fasst sie zusammen: <Hände weg vo dene Vermitttler>.

Frau X, die selber als Vermittlerin tätig ist, stört sich an dieser Aussage, weil sie der Meinung ist, diese Aussage sei eine pauschale Abwertung der Versicherungsvermittler. Moderatorin Winzenried meinte damit aber nur diejenigen Vermittler, über deren undurchsichtige Tätigkeiten der ‹Kassensturz› berichtet hatte.

Was ist der Hintergrund: Am 30. Januar 2018 erzählte der ‹Kassensturz› die Geschichte der Familie Franchini und von Frau Karli.[4] Unabhängig voneinander hatten sie Ähnliches zu berichten: Sie liessen sich von einem Vermittler zum Angebot der Groupe Mutuel im Grund- und Zusatzversicherungsbereich beraten. Die Betroffenen schildern, sie hätten sich eine unverbindliche Offerte zur Ansicht unterbreiten lassen wollen. In beiden Fällen habe der Vermittler allerdings auf eine Unterschrift bei der vermeintlichen Offerte gedrängt. Nichtsahnend gingen sie damit einen Vertrag mit der Groupe Mutuel ein. Laut Aussage der Betroffenen stimmten die unterschriebenen Dokumente und die mündlichen Aussagen der Vermittler nicht überein.

Erst aufgrund des ‹Kassensturz›-Berichts stoppte die Groupe Mutuel die Pfändung gegen die Familie Franchini und machte den Vertrag rückgängig. Sie entschuldigte sich für das Vorgehen des Vermittlers und liess verlauten, dies sei ein Einzelfall. Der besagte Vermittler sei bereits nicht mehr für die Firma tätig, mit der die Groupe Mutuel zusammenarbeite.

Nach dieser Sendung meldeten sich zahlreiche Betroffene mit beinahe identischen Geschichten: Vermittler versprachen mündlich Offerten der Groupe Mutuel, liessen jedoch Verträge unterschreiben. Aufgrund der vielen Rückmeldungen berichtete der ‹Kassensturz› am 13. Februar 2018 erneut über das Vorgehen der Vermittler und die Handhabung der Fälle seitens Groupe Mutuel. Im Anschluss an den Bericht konfrontierte Moderatorin Kathrin Winzenried den Medienverantwortlichen der Groupe Mutuel, Christian Feldhausen, mit zwei konkreten Fällen und dem Vorgehen der Vermittler. Christian Feldhausen stellte sich auf den Standpunkt, die Leute hätten einen Vertrag unterschrieben und dieser sei für sie als Kasse rechtsgültig. Die Vermittler hätten korrekt informiert, jedenfalls sei ihnen das seitens der Vermittler so rückversichert worden.

Da der Medienverantwortliche der Groupe Mutuel keinerlei Signale von sich gab, gegen Vermittler vorzugehen, die ihre Kunden auf diese Art und Weise täuschen, schloss Moderatorin Winzenried das Gespräch mit den Worten <Hände weg vo dene Vermittler ganz grundsätzlich und nie, nie unterschriebe>. Wie eingangs bereits geschrieben, waren damit nur diejenigen Vermittler gemeint, die so agierten wie jene, über welche der ‹Kassensturz› in den beiden Sendungen berichtet hatte. Gemeint war nicht die Versicherungs-Vermittlerbranche als solche. Um dies zu verdeutlichen, hätte die Moderatorin allerdings tatsächlich bei der Betonung das Wort «dene» noch mehr hervorheben können. Da es sich um eine Live-Situation handelte, kann eine falsche Betonung zu Missverständnissen führen.

Dass nur die Machenschaften der in der Sendung erwähnten Vermittler gemeint waren (und dass die Berichterstattung sicherlich ihre Berechtigung hatte), kam dann in der Sendung vom 20. Februar 2018 nochmals ganz klar zum Ausdruck:[5]

Der ‹Kassensturz› berichtete erneut über das Thema, weil die Groupe Mutuel nach der Berichterstattung vom 13. Februar 2018 eine Kehrtwende vollzog: Die Krankenkasse entliess die Betroffenen aus ihren Verträgen und kündigte die Zusammenarbeit mit der einen Vermittlerfirma auf. Zudem richtete die Krankenkasse umgehend eine Kontaktadresse mit dem Vermerk ‹Kassensturz› ein, damit sich weitere Betroffene melden konnten.

‹Kassensturz›-Moderator Ueli Schmezer nahm in diesem Zusammenhang den Hinweis von Beschwerdeführerin X bezüglich der Qualitätskriterien für Makler auf und sagte in der Sendung wörtlich: <A propos Qualitätskriterie bi Makler: Oeppis wei mir no betone: Es git schlechti und es git seriösi Makler. E seriöse Makler erkennet dir unter anderem da drann, dass er öich nie zur e Unterschrift wird dränge.>

Insofern wurde dem Wunsch von Frau X entsprochen, in der Sendung explizit zu erwähnen, dass der ‘Kassensturz’ nicht der Meinung ist, sämtliche Vermittler würden unseriös arbeiten.

Verzichtet haben wir auf einen Hinweis zum Vermittlerregister. Die Finanzmarktaufsicht (Finma) des Bundes, welche dieses Register führt, macht in ihren Ausführungen klar, dass mittels Registereintrag nur bedingt Rückschlüsse auf die Qualität der Vermittler gemacht werden können. Die Finma schreibt gegenüber ‹Kassensturz› dazu: <Festzuhalten ist, dass ein Registereintrag als Versicherungsvermittler die geringsten Anforderungen aller Bewilligungskategorien der Finma stellt. Auch die Überwachungsintensität ist bei den Versicherungsvermittlern am geringsten.> Deshalb werde das Bewilligungs-Set-up für Versicherungsvermittler seit längerem mit der Branche diskutiert, schreibt die Finma weiter, weil sie unter anderem eine stärkere laufende Aufsicht über die Vermittler für nötig hält.

Die Vermittlerin X stört sich in ihrer Beanstandung daran, dass sich der ‹Kassensturz› anwaltschaftlich auf die Seite der Kunden schlägt. Doch das muss die Sendung, wenn sie genügend stichfeste Hinweise darauf hat, dass Kunden von Maklern getäuscht worden sind. Dies, auch wenn in diesem Fall unbestritten ist, dass auch die Kunden Fehler begangen haben, indem sie ohne genaue Prüfung etwas unterschrieben haben.

Der ‹Kassensturz›-Beitrag verstösst unserer Meinung nach nicht gegen die Konzession und die Zuschauer und Zuschauerinnen konnten sich ihre eigene Meinung bilden. Das Sachgerechtigkeitsgebot wurde nicht verletzt. Allfällige Missverständnisse wurden im Nachgang zur Beschwerde von Frau X in der ‹Kassensturz›-Sendung vom 20. Februar 2018 behoben.

Aufgrund unserer Ausführungen bitte ich Sie, Herr Blum, die Beanstandung als unbegründet zurückzuweisen.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung(en). Sie haben natürlich Recht: So, wie die Moderatorin Kathrin Winzenried den beanstandeten Satz ausgesprochen hat: «Hände weg vo dene Vermittler», musste man ihn als Warnung vor den Vermittlern generell verstehen, auch wenn es Frau Winzenried sicher nicht so meinte. So, wie der Satz daherkam, war er diskriminierend für eine ganze Berufsgruppe. Das hat offensichtlich auch die Redaktion von «Kassensturz» gemerkt, möglicherweise darauf gestoßen durch Ihre Beanstandung, denn in der Folgesendung eine Woche später, in jener vom 20. Februar 2018[6], betonte Moderator Ueli Schmezer, dass es «schlechte Makler» und «selbstverständlich auch seriöse Makler» gebe, und dass man die seriösen daran erkenne, dass sie einen Kunden nie zu einer Unterschrift drängen. Das Problem, das «Kassensturz» hatte, wurde gegenüber dem Publikum durch diese Aussage geheilt.

Frau Winzenried war im Moment ihrer Aussage ziemlich erregt, weil ihr Gesprächspartner Christian Feldhausen, Mediensprecher der Groupe Mutuel, immer auf neuen Details beharrte und die betroffenen Kunden indirekt gar als Lügner taxierte, obschon sich bei «Kassensturz» etwa 20 Personen gemeldet hatten, die von der Groupe Mutuel bzw. von den involvierten Vermittlern ebenfalls über den Tisch gezogen worden waren. Und dass man generell vorsichtig sein muss, zeigt der Fall der Vermittlerfirma, die diese fragwürdigen Verträge vermittelt hat und von der sich die Groupe Mutuel schliesslich, wie Mediensprecher Christian Feldhausen in der Sendung vom 13. Februar 2018 mitteilte, getrennt hat: Just diese Firma – die Schutzschild AG – bezeichnet sich in ihrer Eigenwerbung als «eines der führenden Vergleichsportale für individuelle Versicherungsvergleiche in der Schweiz»:

«SCHUTZSCHILD ist eines der führenden Vergleichsportale für individuelle Versicherungsvergleiche in der Schweiz. Dank SCHUTZSCHILD können Konsumenten einfach und schnell Tarife und Leistungen von Versicherungen vergleichen. Durch die SCHUTZSCHILD-Vergleiche können private Personen und Unternehmen direkt zum Anbieter mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis wechseln.

Zudem testet und bewertet SCHUTZSCHILD unabhängig Versicherungen aller Art und vergibt an die besten Versicherungen ein Testsiegel.» [7]

Wenn also das «schwarze Schaf» eines der führenden Vergleichsportale ist, wie sollen dann die Seriösen ihre Glaubwürdigkeit unter Beweis stellen? Ich glaube Ihnen gerne, dass Sie seriös arbeiten. Aber dass die Branche ein Problem hat, scheint offensichtlich zu sein. Noch das größere Problem hat die Groupe Mutuel, die immer wieder negativ von sich reden macht und nichts unternimmt, um grundsätzlich reinen Tisch zu machen. Es war jedenfalls wichtig und richtig, dass «Kassensturz» diesen Fällen nachging.

Wenn ich nur die Sendung vom 13. Februar 2018 betrachte, dann hat «Kassensturz» mit einer diskriminierenden Äusserung gegen das Radio- und Fernsehgesetz verstossen. Wenn ich aber alle drei Sendungen (vom 30. Januar, vom 13. Februar und vom 20. Februar 2018) und somit die ganze Geschichte in Betracht ziehe, so relativiert sich der Fehler deutlich und die Verletzung ist durch die Korrektur in der letzten Sendung geheilt. Ihren Ärger kann ich sehr gut verstehen, aber alles in allem hat die Redaktion genau das gemacht, was von gutem Journalismus erwartet wird: Sie hat eine missverständliche Aussage durch eine spätere differenzierte Aussage vom Missverständnis befreit. Sie hat so den Fehler behoben. Aus diesem Grund möchte ich Ihre Beanstandung nicht unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

[1] https://www.srf.ch/sendungen/kassensturz-espresso/von-wegen-einzelfall-noch-mehr-beschwerden-wegen-groupe-mutuel

[2] https://www.finma.ch/de/bewilligung/versicherungsvermittler/vermittlerportal/

[3] https://www.finma.ch/de/bewilligung/versicherungsvermittler/vermittlerportal/dokumentation/informationspflichten/

[4] https://www.srf.ch/sendungen/kassensturz-espresso/eigenmaechtige-krankenkasse-schuften-auf-abruf-fiebermessertest

[5] https://www.srf.ch/sendungen/kassensturz-espresso/neuer-pferdefleisch-skandal-sozialhilfe-schock-tischgrill-test

[6] https://www.srf.ch/sendungen/kassensturz-espresso/neuer-pferdefleisch-skandal-sozialhilfe-schock-tischgrill-test

[7] https://www.schutzschild-ag.ch/über-uns/

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