Sendung «Arena» «Entwaffnete Schweiz?» beanstandet

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Mit Ihrem Brief vom 17. April 2018 beanstandeten Sie die Sendung «Arena» (Fernsehen SRF) vom 13. April 2018 zum Thema «Entwaffnete Schweiz?».[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Gerne möchte ich vorausschicken, dass die Sendung über alles gesehen, nicht massiv ungerecht war. Jedoch sehe ich mich in einigen Punkten gezwungen eine Beschwerde wegen Verstössen gegen das Sachgerechtigkeitsgebot und in einem Punkt gegen das Transparenzgebebot hervor zu bringen.

1.Teil: Beschwerden gegen Sachgerechtigkeitsgebot

Nr.1

Im Beschrieb zur Sendung wird die Behauptung getätigt, dass das vom Bundesrat vorgeschlagenen Gesetz Veränderungen beinhaltet, welche die Angehörigen der Armee (AdA) und die Schützen kaum betreffen.

Das ist nicht korrekt. Es betrifft nur AdAs nicht, welche gleichzeitig in einem Verein Sportschützinnen/ Sportschützen sind, wenn sie in der Disziplin schiessen, welche ihrer Armeewaffe entspricht. Bsp. Schiesst ein Offizier mit einem Gewehr 90 PE, ist diese Waffe in der verbotenen Kategorie A. Es ist kein militärischer Vollautomat, der zu einem Halbautomaten gemacht wurde und somit nicht die persönliche Waffe des AdA. Entsprechend ist es unerheblich, ob mit einer halbautomatischen AK47 oder AR15 Variante oder einer nicht militärischen halbautomatischen SIG 550-Version geschossen wird. Diese Waffe kann nur mit einer Ausnahmebewilligung besessen werden, wenn Magazine 10 Schuss+ eingesetzt werden (sie merken, das sind sehr viele Details, um die man sich hier kümmern muss, ich verweise in einem späteren Kommentar darauf). ‹Kaum betreffen› ist daher vorgegriffen und nicht neutral oder sachgerecht, da genau dies noch zur Debatte steht.

Nr.2 (in der 1. Minute)

Die Einleitung von Herrn Projer mit dem Ziehen der ‹Waffe› aus dem ‹Tschöpli› ist insofern nicht sachgerecht, als dass kein namhafter Vertreter der Legalwaffenbefürwortenden eine Position vertritt, dass alle Menschen Waffen tragen sollten. Gerade unter Berücksichtigung des offiziellen Auslösemoments dieser Waffenrichtlinie, wäre ein Bezug dazu deutlich

neutraler und in der Sache richtiger gewesen. Als Beispiel: Stellen sie sich vor, wir sind in einem Konzertsaal und plötzlich hören wir automatisches Gewehrfeuer und Schreie vom Eingangsbereich. Ich fasse nun in mein Tschöpli - wäre es Ihnen lieber, dass ich nun eine Pistole herausziehe oder sind Sie froh, dass es nur ein Mikrofon ist? Mir ist klar, dass die Gegenseite sagen wird, dass dies nicht neutral ist, da die Interpretation ergebnissoffen ist (ist es gut das Herr Projer nun möglichweise eine Waffe ziehen kann, ist es nicht gerechtfertigt, unter welchen Umständen sollte es möglich sein). Aber genau das sollte sie meiner Meinung nach sein, wenn sie neutral sein will.

Nr.3 (in der 2. Minute)

Herr Projer erzählt rudimentär vom im Januar 2018 erschossenen Medienanwalt, was die Fakten betrifft. Mit den emotionalen Ausführungen zum Ereignis schafft er eine deutliche Antipathie zu Waffen. Ich finde dieses Ereignis ist eine Tragödie und es hätte nicht passieren dürfen. Jedoch scheint es so, dass der Täter die Waffe nicht mehr hätte besitzen dürfen.

Auch wenn es eine Armeewaffe war, war sie illegal im Besitz des Mannes. Dieses Beispiel ist weit weg von ‹neutral› (und damit sachgerecht) präsentiert worden. Ebenso war es nicht das aktuellste (so war die Schiesserei in Zürich von Ende Februar 2018 deutlich aktueller). Weshalb wurde also dieses Bespiel genommen? Weshalb wurde nicht diskutiert oder beleuchtet, in welchem Status dieses Waffe war?

Nr.4 (in der 8. Minute)

Ein Kommentar von Herrn Projer, der einer neutralen Präsentation nicht gerecht wird: ‹zum Glück fliegen keine Kugeln...›. Auch bei mir als Legalwaffenbefürworter ruft dies negative Gefühle zu Schusswaffen hervor. Ich bin absolut gegen jede Form von gesetzlich nicht legitimierter Gewalt. In einer so sensiblen Sache war dieser Kommentar nicht angebracht.

Nr.5 (in der 14. Minute)

Der Einspieler zu den geplanten Verschärfungen war deutlich zu oberflächlich. Damit wurde die Seite der Befürwortenden einer Verschärfung nachdrücklich bevorteilt (sind ja alles ‹nur› Details). Um die Situation sachgerecht einordnen zu können, müsste zwischen legalen Waffen und illegalen Waffen unterschieden werden. Ebenso hätte der Auslöser konkret benannt und dargestellt werden müssen. Der offizielle Grund für die Verschärfung des Gesetzes waren Ereignisse, bei denen Personen Waffen illegal einsetzten die sie illegal besassen. Nun müsste doch hier diskutiert werden, ob es Sinn macht etwas extra zu verbieten, was schon verboten ist? Oder ob es vielleicht besser wäre, die Durchsetzung der bestehenden Gesetze zu forcieren. Wenn Tausende legale Waffenbesitzer indirekt unter Terrorverdacht gestellt werden, ist das keine Kleinigkeit.

Weiter hätte beleuchtet werden müssen, dass die Gesetzesvorlage eine Umkehr der bisherigen Praxis vorsieht. Heute muss der gesetzestreue Bürger dem Staat glaubhaft machen, dass er kein Risiko für die Gesellschaft darstellt. Wenn der Staat dagegen keine begründeten Zweifel hegt, besteht ein Anspruch darauf, eine Waffe zu besitzen.

Mit dem neuen Gesetzt wird der Teil der Waffen, der heute überwiegend für sportliche Zwecke und den Selbstschutz eingesetzt wird, einer Umdeklarierung unterzogen. Neu sind diese halbautomatischen Waffen genauso verboten wie vollautomatische Maschinengewehre und Granatenwerfer. Sie können nur mit einer kantonalen Sonderbewilligung besessen (und eventuell auch geschossen) werden. Entsprechend ist der Bürger nun in der Pflicht, ein Bedürfnis glaubhaft zu machen. Die Vermischung von Halbautomaten, Vollautomaten und Waffen mit Detonationskörpern ist hier problematisch, da es an Differenzierungsmöglichkeiten in der Kategorie mangelt.

Der Bedürfnisnachweis hat beim Waffentragen dazu geführt, dass die Bürgerin/der Bürger ihr/sein Recht auf Verantwortungsübernahme (Bundesverfassung Titel 1 Art.6) und Recht auf Leben und auf persönliche Freiheit (Bundesverfassung Titel 1 Art.10) insofern beschränkt bekommen hat, als sie/er nichtmehr durch den Staat befähigt ist, über ein tadelloses Verhalten und einen Nachweis der Sachkunde im Falle eines widerrechtlichen Angriffs mit tödlicher Gewalt, im Rahmen der Verhältnismässigkeit ebenso mit tödlicher Gewalt reagieren zu können. Gemäss dem Waffengesetz ist das Recht auf Erwerb, Besitz und Tragen von Waffen, die konsensuell zur Bundesverfassung Art 107 sind (dass Waffenmissbrauch verhindert werden muss und als logische Konsequenz, ansonsten der missbrauchsfreie Umgang mit Waffen möglich sein muss), garantiert. Faktisch ist das zu hinterfragen, da es real nicht mehr möglich ist.

Ebenso wurde nicht beleuchtet, dass der Gesetzesentwurf aus fachlicher Sicht massive Mängel aufweist. Hier hätte ein Beispiel, dass Herr Salzmann mitgebracht hat, auch von der Redaktion gemacht werden müssen.

Nr.6 (in der 22. Minute)

Herr Projer stellt die Frage in den Raum, ob das nicht alles Details sind? Das hängt vermutlich vom Standpunkt ab. Klar ist aber, dass dies eine sehr gute Vorlage für C. Galladé war und sie sich nicht mehr mit konkreter Thematik, den spezifischen Ausführungen zum Waffenrecht befassen musste. Ebenso wurde dieser Themenbereich ‹toxisch› gemacht.

Die Bürgerinnen und Bürger müssen über eine extrem komplexe Vorlage abstimmen. Wie sollen sie einen fundierten Entscheid fällen, wenn sie nicht fundiert informiert sind. Es sind eben keine unwichtigen Details im Sinne von nur noch blaue, grüne und rote Waffen sind erlaubt. Diese Vorschriften wären tatsächlich Details, da an den technischen Spezifikationen nichts geändert wird. Diese Vorlage ist in den Details so unsachgemäss ausgearbeitet, dass in der Diskussionsrunde neutral darüber hätte berichtet werden müssen. Es ist so wie Frau lnes Kessler und Herr Werner Salzmann berichteten: Das Gesetz hat massive Ungenauigkeiten und grosses Potential für Missverständnisse: Pistolenmagazine in einer Langwaffe des gleichen Kalibers = verbotene Waffe. Original StGw57 mit 24 Schussmagazin ist verboten, mit 10 Schuss ‹nur› erlaubnispflichtig (macht das Sinn auch für Suizidprävention?).

Nr.7 (in der 47. Minute)

Herr Udry bringt den Vergleich mit dem Film Schindlers Liste. Herr Projer stoppt daraufhin den Argumentationsfluss und verweist auf Nationalrat Fricker, der nach einem Vergleich zwischen Tiertransporten und Holocaust-Transporten zurückgetreten ist. Der Vergleich von Herr Fricker beinhaltet dass gesellschaftlich akzeptierte Töten von Tieren zum Verzehr und eines der grössten Verbrechen der Menschheitsgeschichte. Dass dies zu Aufregung führen kann, verstehe ich. Herr Udry hat mit seinem Vergleich aber in der Sache richtig dargestellt, dass das Argument ‘nur der Staat soll Waffen haben’ nicht valide ist. Der Staat kann viel leichter Verbrechen begehen, wenn die Zivilbevölkerung über keine Waffen verfügt (daher haben die Nazis die Bevölkerung systematisch entwaffnet). Herr Udry hätte aus meiner Sicht besser auf die Stalin Ära, Mao-China oder Venezuela zurückgreifen können. Das Problem ist, dass in der linken Ecke des Argumentationsspektrums nicht zweifelsfrei geklärt ist, dass diese Länder Unrechtsstaaten sind. Entsprechend bietet sich ein Nazi-Vergleich an, da ausnahmslos alle Anwesenden sicher gegen Nationalsozialismus sind. Aus meinem Dafürhalten hätte Herr Projer Herrn Udry den Gedanken fertig lassen machen müssen.

2.Teil: Verstoss gegen das Transparenzgebot kombiniert mit der Sachgerechtigkeit (Ab der 49. Minute)

Der durch die Redaktion eingeladen Psychiater wurde als Experte eingeladen und wird dadurch als neutral und eine Überinstanz wahrgenommen. Er stelle sich eindeutig auf die Seite der Waffengegner. Dass sich ein Experte auf eine Seite der beiden stellen kann/muss, ist aus meine Dafürhalten erstmals kein Problem. Jedoch wurde mit der Positionierung in der Sendung diese Person komplett ‘ungechallanged’ auf dieser Stufe gelassen (Angriffe von Salzmann und Udry wirkten gegen die Aussagen eines Mediziners nicht auf gleicher Stufe, obwohl Herr Haas keine Studien gemacht hatte, sondern nur seine persönlichen Erfahrungen erzählte). Seine Aussagen waren eine Verstärkung der Argumente von C.

Galladé. Ein Blick in die Statistik hätte seine und die Aussagen von Frau Galladé relativiert und ebenso eine Annäherung an ein Gleichgewicht der Argumente in ihrer Validität bedeutet.

Geänderte Methode im Bundesamt für Statistik. Die Bedeutung von Schusswaffen als Suizidinstrument ist seit langem sehr gering. Mit der Darstellung der BaZ hätte ein interessanter Gegenpunkt in der Diskussion gemacht werden können.

Generell wird leider nicht zwischen legalen und illegalen Waffen unterschieden. Aber selbst mit dieser Ungenauigkeit hätte anhand der Grafik aufgezeigt werden können, dass die Argumente von Frau Galladé und Herrn Sebastian Haas nichts als traurige Anekdoten sind. Statistisch gesehen kann interpretiert werden, dass die Zahl an Schusswaffentoten seit 1998 sinkt. Das ist ein Jahr vor der Etablierung des Bundegesetztes zu Waffen (1999). Ebenso bleibt die Gesamtzahl an Suiziden relativ stabil. Während aber die Schusswaffensuizide rückläufig sind, stiegen die assistierten Suizide. Da Schusswaffen trotz der hohen Waffendichte nicht Nr. 1 in

Publiziert in der Basler Zeitung (BaZ)

den Tatmitteln sind, müsste entsprechend in Frage gestellt werden, ob ein Totalverbot oder auch ein Teilverbot überhaupt einen Effekt hätte.

Ebenso reicht für einen Suizid in den meisten Fällen wohl eine Kugel. Daher ist die Magazinbegrenzung auf 10 respektive 20 Schuss ohne Bedeutung für die Suizide.»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Die Antwort stammt von Frau Franziska Egli, Teamleiterin «Arena»:

«Vielen Dank für die Zustellung der Beanstandung von X (Geschäftsnummer 5441) zur Sendung ‹Entwaffnete Schweiz?› vom 13. April 2018.

Herr X kritisiert in seiner sehr ausführlichen Beschwerde zahlreiche Punkte.

Insbesondere beanstandet er den Einstieg in die Sendung, bei welcher der Moderator ein Mikrofon aus dem ‹Tschöpli› zieht (Nr. 2). Ebenfalls kritisiert er den Pressetext, welcher im Vorfeld der Sendung publiziert wurde, als nicht sachgerecht (Nr. 1).

Der Beanstander stört sich zudem an Formulierungen und Fragen des Moderators (Nr. 4, Nr. 6), die er als nicht neutral und damit nicht als sachgerecht empfindet. Ebenso kritisiert er die Gästewahl in der hinteren Reihe, der sogenannten Loge (Teil 2), und beanstandet Inputs und Einspieler, welche in der Sendung gezeigt wurden (Nr. 3, Nr. 5), als nicht sachgerecht und als einen Verstoss gegen das Transparenzgebot. Des Weiteren kritisiert er die Unterbrechung Herrn Udrys durch den Moderator, als dieser einen Vergleich mit dem Film ‘Schindlers Liste’ ausführen wollte (Nr. 7).

Gerne nehmen wir dazu wie folgt Stellung:

Waffe im ‹Tschöpli› (Nr.2)

In der Moderation wird gesagt, dass sich die Waffenlobby in der Schweiz für das Waffenhaben einsetze und ein Teil davon sich auch für das Waffentragen ausspreche. Jean-Luc Addor, SVP-Nationalrat und Vizepräsident der Organisation Pro Tell, hatte im März 2017 eine Parlamentarische Initiative (17.415, ‹Waffentragen auch für Bürgerinnen und Bürger› [2]) eingereicht. Ziel dieses Vorstosses war die Streichung von Art 27 Absatz 2 Buchstabe b. (Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition, Waffengesetz, WG [3]).

Gemäss dieser Bestimmung muss jemand, der eine Waffe tragen will, glaubhaft darlegen, dass er oder sie eine Waffe zum Schutz vor einer Gefährdung benötigt. Der Wegfall dieses ‹Bedürfnisnachweises› kommt einer Öffnung des Waffenbesitzes für alle Bürger gleich. Diese Absicht bestätigt Jean-Luc Addor auch in der Begründung zu seinem Vorstoss: < Wir leben im Zeitalter des molekularen Kriegs, (...). In einem solchen Krieg tragen bewaffnete Bürgerinnen und Bürger, zusätzlich zum Einsatz der Ordnungskräfte, zur besseren Sicherheit bei. (...). Hier kommt das Konzept des ‚Waffentragens für Bürgerinnen und Bürger‘ als zusätzliche Sicherheitsmassnahme ins Spiel: (...) >[4] Nationalrat Addor vergleicht waffentragende Bürger und Bürgerinnen mit dem Erste-Hilfe-Prinzip oder der Verwendung eines Feuerlöschers im Brandfall. Dass Jean-Luc Addor seine Initiative ein Jahr später zurückgezogen hat, ändert nichts an der Tatsache, dass er sich für ein möglichst freies Waffentragen von Bürgerinnen und Bürger ausgesprochen hat. Die Parlamentarische Initiative wurde von Nationalrat Werner Salzmann, der in der Arena-Sendung mitdiskutierte, mitunterzeichnet. [5]

Hans-Peter Wüthrich, damaliger Präsident von Pro Tell, wird im Rahmen der Mitgliederversammlung im Herbst 2017 zum Thema Waffentragen ausserdem wie folgt zitiert: <Die Freiheit des Schweizers beinhaltet das Recht, eine Waffe zu besitzen.>[6]

Die Einstiegsgeste des Moderators ist also nicht aus der Luft gegriffen. Sie nimmt Bezug zu Aussagen und Vorstössen von namhaften Vertretern der Waffenbefürworter und ist damit sachgerecht. Sie bringt bildhaft zum Ausdruck, worum es in der Sendung geht – nämlich um den Besitz von Waffen, respektive deren Einschränkung durch die vorgesehenen Anpassungen an die EU-Richtlinien im Rahmen von Schengen/Dublin.

Pressetext (Nr.1)

Der Beanstander kritisiert die schriftliche Sendungsankündigung. Insbesondere beanstandet er die Formulierung ‹kaum betroffen› als nicht sachgerecht in Bezug auf den Grad der Betroffenheit von Armeeangehörigen und Schützen von einem möglichen neuen Waffenrecht.

Die entsprechende Passage im Pressetext lautet folgendermassen: <Der Bundesrat muss das Waffenrecht der EU übernehmen, sonst droht eine Kündigung des Schengen/Dublin-Abkommens. Er machte einen Vorschlag, der die Armeeangehörigen und Schützen kaum betrifft. Schiess- und Waffenverbände sind trotzdem unzufrieden und drohen mit dem Referendum.>[7]

Unmittelbar im Anschluss an die beanstandete Formulierung wird demnach gesagt, dass die Schiess- und Waffenverbände dies anders beurteilen. Die betreffende Formulierung stützt sich ausserdem auf Aussagen des Bundesamtes für Polizeiwesen (fedpol), respektive auf die Botschaft des Bundesrates zuhanden des Parlamentes [8]. So hält das fedpol in Bezug auf die Ordonnanzwaffen fest, dass das schweizerische System durch die neue Richtlinie ‹keine Änderung› erfährt: < Wer die Ordonnanzwaffe nach Beendigung des Militärdienstes behalten möchte, kann das auch künftig unter den derzeit geltenden Bedingungen tun (Art. 28d Abs. 4) .> [9] Die Redaktion verweist im Weiteren auf die Botschaft des Bundesrates. Darin hält der Bundesrat gleich zu Beginn fest: < Das schweizerische System der Übernahme der Armeewaffe nach Beendigung des Dienstes bleibt weiterhin möglich.>[10]

Ebenfalls nicht betroffen sind Jägerinnen und Jäger. Es trifft zwar zu, dass Sportschützen, Waffensammler und Museen bei einer Einführung des neuen Waffengesetzes neuen Vorschriften unterliegen würden, aber keiner der genannten Akteure müsste unter Einhaltung dieser neuen Auflagen auf den Besitz, das Sammeln oder Ausstellen von Waffen verzichten.[11] Ein Pressetext (Sendungsankündigung auf der Homepage) kann alleine aufgrund seiner Länge die verschiedenen Waffentypen, welche von der neuen Richtlinie betroffen sind, nicht differenziert thematisieren. Ebenso kann ein Pressetext nicht auf die detaillierten Bedingungen und Auswirkungen für Ordonnanzwaffen, für Sportschützen, für Sammler und Museen, für Jägerinnen und Jäger, für Waffenhändler und Waffenhersteller (siehe Merkblatt des fedpol) eingehen.

Aufgrund obiger Ausführungen hat die Redaktion im Einstiegstext auf der Homepage die Formulierung ‹kaum betroffen› verwendet, und gleich den Satz angehängt, dass die Schiess- und Waffenverbände dies anders sähen. Aus Sicht der Redaktion ist die Sendungsankündigung deshalb sachgerecht.

Weitere Kritikpunkte (Teil 2, Nr. 4, Nr. 6, Nr. 3, Nr. 5)

Die ‹Arena› ist eine kontroverse Diskussionssendung aktueller politischer Themen der Schweiz oder mit einem Schweiz-Bezug. In der Sendung kreuzen in der Regel je zwei Vertreterinnen oder Vertreter der beiden Ansichten zu einem Thema die Klingen oder aber sie vertreten vier sich voneinander unterscheidende Positionen.

Alle Diskussionsteilnehmer haben jederzeit die Möglichkeit, aus ihrer Sicht angebliche Falschaussagen oder nicht-sachgerechte Informationen zu korrigieren. Sie haben jederzeit die Option, ihre Sicht der Dinge einzubringen.

Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu den reinen Informationssendungen (Tagesschau, 10v10, etc.), mit einer Einweg-Kommunikation. Zwar wird in den Beiträgen der jeweiligen Sendungen ausgewogen berichtet; es kommen jeweils beide Seiten zu Wort. Eine unmittelbare Reaktion auf Aussagen der Gegenseite ist jedoch nicht möglich. Anders in der ‹Arena›: Hier besteht jederzeit die Möglichkeit des Widerspruchs.

Zentral für die ‹Arena› ist, dass die anwesenden Parteien und Interessenvertreter ihre Standpunkte angemessen vertreten und ihre Positionen klarmachen können. Fragen, Inputs und Moderationen haben in diesem Format nicht die Funktion ‹neutraler Stichworte› (Nr. 4, Nr. 6 der Beanstandung). Stattdessen sollen sie anregen und dadurch die Diskussion voranbringen. Wichtig ist in dieser Hinsicht also nicht die Neutralität sämtlicher Moderationen und Inputs, sondern deren Ausgewogenheit über die ganze Sendung hinweg: Beide Seiten, bzw. alle Teilnehmer einer Sendung, werden gleichermassen mit kritischen Fragen konfrontiert.

Die Ausgewogenheit über die ganze Sendung hinweg ist auch in Bezug auf die Wahl der Gäste, sowohl jene in der Hauptrunde, wie auch in der hinteren Reihe, der sogenannten ‹Loge› zentral (Teil 2 der Beanstandung): In der Sendung kommen auch Personen in der Loge zu Wort, die aus ihrer je eigenen Berufserfahrung heraus das Thema Waffenbesitz und Waffenverfügbarkeit thematisierten, so etwa Psychiater Sebastian Haas oder aber die Büchsenmacherin Ines Kessler. Während Haas für eine Verschärfung des Waffengesetzes eintrat, kritisierte Kessler die zahlreichen Unklarheiten der neuen EU-Waffenrichtlinien. Beide Inputs bringen die Diskussion voran; sie argumentieren aus ihren je eigenen Gesichtspunkten heraus, wobei Psychiater Haas nicht mehr oder weniger Experte ist als Büchsenmacherin Kessler. Alle ‹Arena›-Teilnehmenden in der ersten Reihe können diese Argumente aufnehmen und weiterführen. Die Voten der Logen-Gäste stützen und verstärken die Argumentation der Politiker und Interessenvertreter in der ersten Reihe: Die Gäste in der Hauptrunde konnten auf beide Aussagen reagieren - und ihre Sicht der Dinge darlegen. Aus Sicht der Redaktion wurde darum weder gegen das Transparenzgebot verstossen, noch war der Auftritt von Herrn Haas nicht sachgerecht.

Auch Inputs und Einspieler (Nr. 3, Nr. 5 der Beanstandung) haben die Funktion, die Diskussion inhaltlich voranzubringen. Das Beispiel des Tötungsdeliktes von Rünenberg etwa diente zur Lancierung der Diskussion über die Frage, ob solche Taten weniger häufig vorkommen, wenn weniger Waffen in Schweizer Haushalten aufbewahrt und damit verfügbar wären oder nicht. Dazu konnten sich beide Seiten ausgiebig äussern.

Der konkrete Status der Waffe ist zwar nicht Gegenstand der zentralen politischen Diskussion – es geht um die neuen EU-Richtlinien und deren Übernahme durch die Schweiz. Aber dennoch ist festzuhalten, dass die Waffe gemäss der Staatsanwaltschaft des Kantons Baselland legal im Besitz des Täters war: <Bei der verwendeten Waffe handelt es sich um eine, sich in Privatbesitz befindliche Ordonnanz-Faustfeuerwaffe der Schweizer Armee. Dabei handelte es sich um die ehemalige Dienstwaffe des Täters, welche dieser nach seinem Ausscheiden aus der Armee erworben hatte.>[12]

Der Einspieler zu den geplanten Verschärfungen hatte ebenfalls zum Ziel, die konkrete Diskussion darüber anzustossen. Im Anschluss an den Beitrag lancierte die Moderation diese mit folgender Frage an die Fraktionschefin der Grünliberalen: <Diverse Schikanen, diverse Verschärfungen für Waffenbesitzer, Tiana Angelina Moser, weshalb wollen Sie die Waffenbesitzer derart schikanieren?>[13]. Der Beitrag zählt die Verschärfungen, die der Bundesrat mit der EU ausgehandelt hat, auf. Diese Aussagen stützen sich auf das Faktenblatt des fedpol zur Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie[14]. Ausserdem liess die Redaktion die Fakten des Einspielers erneut vom Bundesamt für Polizei fedpol prüfen.

Der Beanstander bemängelt ausserdem, dass der Auslöser der Verschärfung der EU-Waffenrichtlinie konkret hätte benannt werden müssen. Dies war der Fall: Bereits im ersten Satz des Beitrags wird gesagt, dass die EU das Waffenrecht verschärft – und zwar wegen der Terrorgefahr. Für die Änderung des Waffenrechtes aufgrund der Terrorgefahr ist es irrelevant, ob ein Terrorist eine Waffe legal oder illegal beschafft hat. Es geht nicht um die Art der Beschaffung der Waffe, sondern um die Waffen selber. Damit wird ein Besitzer von Waffen auch nicht indirekt unter Terrorverdacht gestellt.

Aufgrund obiger Ausführungen kann die Redaktion die Beurteilung des Beanstanders nicht teilen, der Einspieler sei ‹deutlich zu oberflächlich› und nicht sachgerecht gewesen.

Ob der Gesetzesentwurf ‹aus fachlicher Sicht massive Mängel aufweist›, wie der Beanstander schreibt, ist Gegenstand der Diskussion unter den ‹Arena›-Teilnehmenden. Die Qualifikation einer Gesetzesvorlage kann und darf nicht durch die Redaktion der ‹Arena› oder deren Moderator vorgenommen werden. Sonst würde er sich ja auf die eine oder andere Seite schlagen. Was Herr X hier verlangt, wäre letztlich die Parteinahme der Redaktion.

Vergleich mit dem Film «Schindlers Liste» (Nr.7)

Unabhängig davon, ob dieser Vergleich zutrifft oder nicht, ist die Redaktion der Ansicht, dass jegliche Vergleiche mit der Nazizeit in der ‹Arena› unangebracht sind.

Fazit

Die ‹Arena›-Sendung unter dem Titel ‹Entwaffnete Schweiz?› war übers Ganze gesehen sehr ausgewogen. Sogar der Beanstander selbst räumt ein, dass diese ‹nicht massiv ungerecht war›. Die wichtigen Themen – ausgehend von der anstehenden Umsetzung der EU-Richtlinie bis hin zu Grundsatzfragen – wurden angesprochen und kontrovers diskutiert. Der Moderator hielt zu allen Diskussions-Teilnehmenden die gleiche kritische Distanz und stellte allen gleichermassen kritische Fragen. Die Behandlung des Themas war sachgerecht. Das Publikum konnte sich aufgrund der Diskussion eine Meinung bilden.

Ich bitte Sie, die Beanstandung in diesem Sinne zu beantworten.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Was ist die Funktion einer politischen Diskussionssendung wie die «Arena»? Sie soll dem Publikum ermöglichen, die wichtigsten Argumente zu einem umstrittenen Problem kennen zu lernen, sie zu wägen und sich frei eine eigene Meinung zu bilden. Eine «Arena» ist keine parlamentarische Kommissionssitzung, in der Hauptanträge, Nebenanträge und Unteranträge zu vielen Details diskutiert und dann in komplizierten Abstimmungsverfahren entschieden werden. Eine «Arena» ist auch keine Schulstunde. Aber sie weist Elemente beider Formate auf: Wie in der Parlamentskommission prallen die Meinungen aufeinander, und es gibt immer auch Berührungspunkte quer über die Lagergrenzen hinweg. Und wie in der Schulstunde sollen «Zwänzgerli» fallen, soll das Publikum «Aha-Erlebnisse» haben, wenn es die Zusammenhänge besser erkennt. In dieser Sendung wurde klar, dass die Schweiz im Rahmen des Schengen/Dublin-Abkommens ihr Waffenrecht anpassen muss und dass sie in den Verhandlungen die Weiterführung von Sonderrechten erwirkt hat. Und es wurde klar, dass die vorgesehene Gesetzesänderung administrativen Aufwand für Büchsenmacher, Waffensammler, Schützenvereine und die Armee bedeutet, dass aber das Nein dazu das Schengen/Dublin-Abkommen gefährden würde mit weitreichenden Folgen für Wirtschaft, Wissenschaft, Immigration und Tourismus.

Das alles wurde klar, weil Jonas Projer die Diskussion pädagogisch geschickt und durchaus unparteiisch leitete und weil die vier Hauptgesprächspartner Robin Udry, Generalsekretär der «Pro Tell»[15], Nationalrat Werner Salzmann (SVP, Bern)[16], Nationalrätin Chantal Galladé (SP, Zürich)[17] und Nationalrätin Tiziana Angelina Moser (Grünliberale, Zürich)[18], sich in der Materie auskannten. Doch sie konnten nicht sämtliche Details besprechen, die Ihnen ein Anliegen sind. Sie mussten allgemeinverständlich bleiben. Zu Ihren Einwänden hat sich die Redaktion in ihrer Stellungnahme eingehend geäußert. Ich habe dem nichts beizufügen, außer dies: Es ist richtig, dass der Holocaust in seinem Horror «unvergleichlich» ist. Es ist darum richtig, dass der Moderator alle Versuche, andere Phänomene mit ihm zu vergleichen, sofort unterbindet. Das bedeutet aber nicht, dass man nicht Vergleiche mit dem Nationalsozialismus anstellen kann – etwa mit der damaligen Medienordnung, mit der Parteiorganisation, mit den Nürnberger Parteitagen, mit der Gleichschaltung, mit dem Ermächtigungsgesetz. Vergleiche mit dem Holocaust verbieten sich – schon aus Ehrfurcht vor den Opfern. Vergleiche mit dem nationalsozialistischen Regime hingegen sind denkbar.

Aus dem Gesagten folgt, dass ich ihre Beanstandung nicht unterstütze.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

[1] https://www.srf.ch/sendungen/arena/entwaffnete-schweiz

[2] https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20170415

[3] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19983208/index.html

[4] https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20170415

[5] https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20170415

[6] https://www.swissinfo.ch/ger/politik/waffenlobby-pro-tell_-die-freiheit-des-schweizers-beinhaltet-das-recht-auf-eine-waffe-/43637222

[7] https://www.srf.ch/sendungen/arena/entwaffnete-schweiz

[8] https://www.fedpol.admin.ch/dam/data/fedpol/sicherheit/waffen/schengen-besitzstand/2018-03-02/bot-d.pdf

[9] https://www.ejpd.admin.ch/dam/data/ejpd/aktuell/news/2017/2017-09-290/rohst-d.pdf, S. 2.

[10] https://www.fedpol.admin.ch/dam/data/fedpol/sicherheit/waffen/schengen-besitzstand/2018-03-02/bot-d.pdf

[11] https://www.ejpd.admin.ch/dam/data/ejpd/aktuell/news/2017/2017-09-290/rohst-d.pdf

[12] https://www.baselland.ch/politik-und-behorden/direktionen/sicherheitsdirektion/staatsanwaltschaft/medienmitteilungen/toetungsdelikt-ruenenberg-voraussichtlich-letztes-update

[13] https://www.srf.ch/sendungen/arena/entwaffnete-schweiz

[14] https://www.ejpd.admin.ch/dam/data/ejpd/aktuell/news/2017/2017-09-290/rohst-d.pdf

[15] https://www.protell.ch/de

[16] https://www.parlament.ch/de/biografie/werner-salzmann/4172 ; http://www.werner-salzmann.ch/index.php?ConObj=156

[17] https://www.parlament.ch/de/biografie/chantal-gallad%c3%a9/1125 ; https://www.chantalgallade.ch/

[18] https://www.parlament.ch/de/biografie/tiana-angelina-moser/3897 ; http://www.tianamoser.ch/

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