Beitrag «Haarausfall – Machen Anti-Glatzen-Mittel impotent?» von «Puls» beanstandet

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Mit Ihrem eingeschriebenen Brief vom 11. Mai 2018 haben Sie den Beitrag «Haarausfall – Machen Anti-Glatzen-Mittel impotent?»[1] in der Sendung «Puls» vom 7. Mai 2018 beanstandet. Ihre Eingabe erfüllt die formalen Voraussetzungen an eine Beanstandung. Somit kann ich auf sie eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

1. Einführung

Seit Jahren verfolge ich die Sendung «Puls» am Fernsehen. Als fachlich nicht ganz unqualifizierte Per­son (Inhaber einer Drogerie/Fachbuchautor) fällt mir regelmässig auf, dass die Fachpersonen die in dieser Sendung auftreten, sehr pharmanahe Personen darstellen, und der Hausarzt auch keine Kom­petenzen im Bereich Naturheilkunde aufweist. Es sind zweifellos medizinische Fachpersonen, aber nur mit dem traditionellen chemischen Hintergrunddenken. Unter diesen Umständen ist es unmöglich aus­gewogene Gesundheitssendungen zu produzieren, denn der Mensch ist nicht nur ein chemisches We­sen, sondern hat auch eine Psyche und ist ein sensibles Wesen. Zur Ausgewogenheit gehören daher nicht nur chemische Stoffe, sondern die ganze Palette von Möglichkeiten im Markt, und ev auch ein­mal einen Verzicht einer Behandlung. Dabei gäbe es jeweils sehr wohl gut belegte Alternativen aus dem Bereich Naturheilmittel, oder man sollte auch mal den Mut haben zu sagen, dass man besser nichts einnehmen würde und dann halt eine Glatze hat....

Man spürt auch die Nähe der Moderatorinnen zur Chemie. Bei der Sendung zum Thema «Prolia» gibt es sehr wohl kritische Stimmen und haarsträubende Rückmeldungen zum Produkt, und am Schluss der Sendung macht die Moderatorin eine Zusammenfassung und spricht beim Prolia «von einem guten Medikament». Ein solches Medikament kann kein «Gutes» sein, sondern es ist ein katastrophales Arz­neimittel das vom Markt verbannt werden sollte! Eine solche Argumentation hätte beim Thema Prolia dazu gehört, oder die natürlichen Alternativen die es bei Osteoporosen gibt, hätten zu einer ausgewo­genen Sendung gehört.

Wenn ich also eine Beschwerde schreibe zur letzten Sendung betreffend Haarwuchsmittel, so habe ich diese Sendung stellvertretend für viele andere Sendungen ausgewählt. Das «Strickmuster» ist immer dasselbe. Man argumentiert medizinisch korrekt, macht unterschwellig Andeutungen, und «vergisst» dann wohl Tatsachen, aber nicht so auffällig, so dass sich niemand dazu äussert. Man fragt nach Ne­benwirkungen, diese werden mit einem Nebensatz unvollständig erwähnt, und schon hat man eine scheinbar ausgewogene Sendung. So ist jede einzelne Sendung «etwas pharma-freundlich », jedes Mal werden die Alternativen vergessen, und in der Gesamtschau aller Sendungen ist Puls ein hervorragen­des Vehikel für die Pharma-Industrie der Schweiz. Von der Puls Sendung erwarte ich jedoch, keine Lobbying Sendung, sondern möglichst neutrale Informationen.

Sind Sie als Ombudsstelle oder unabhängige Beschwerdestelle auch bereit, eine solche Gesamtschau zu gewichten, und auch mal die oben beschriebene Einseitigkeit zu gewichten?

2. Die Pharma Promo Tour in der Sendung

Zuerst wurde in der Sendung über Finasterid und seine Nebenwirkungen berichtet. Der persönliche Patientenbericht dazu zeigt eindrücklich, wie einschneidend die Nebenwirkungen sein können. Es wurde auch aufgezeigt, dass nach Absetzung vom Präparat die Nebenwirkungen auftreten können. Das Post Finasterid Syndrom.

Diese Darstellungen fand ich sehr gut.

Was die Fachleute dann daraus gemacht haben, ist Chemiepromotion pur. Zuerst wird von den Ärzten bestätigt, dass es solche Vorkommnisse gibt, zugleich aber auch erwähnt, dass es 100'000 Anwender geben soll in der Schweiz und offensichtlich ohne Probleme. (stimmt diese Zahl?) Dass es aber Prob­leme gibt nach Absetzung vom Produkt wird gleich wieder vergessen. Übrigens wenn die 100'000 An­wender verzichten würden, und wohl gesünder wären, hätten die Krankenkassen Fr. 28 Mio. Arznei­mittel Kosten weniger zu tragen....

Weiter wird darauf verwiesen, dass es keine placebo kontrollierte Studie gäbe zu dem Syndrom. Diese Bemerkung ist ein Hohn. Welche Firma macht eine solche Studie gegen sein eigenes Präparat. Diese Studie wird es also nie geben! Ein weiterer Facharzt bestätigt, dass er das Präparat weiter verschreibt, nur zurückhaltender... Die geschädigten Patienten beeindrucken die Ärzte mehrheitlich nicht. Im zwei­ten Teil vom «Glatze-Bericht» werden Alternativen gesucht. Zuerst wurden kosmetische Produkte ge­zeigt. Mit eine verschmitzten Lächeln meint der Mediziner Ralph Trueb, dazu gäbe es keine hochwerti­gen Studien, und damit wurden mögliche Alternativen gesamthaft disqualifiziert. Dieses Thema war damit «gegessen».

Die Alternative seien Haar Verpflanzungen und Minoxidil Präparate. Dabei wurde immer explizit von Minoxidil in Form vom Wirkstoff gesprochen. Die Minoxidil Wirkung sei «vielversprechend» wurde dabei gesagt. Zwischendurch gab es Andeutungen für äusserliche Anwendungen, aber auch solche auf die Einnahme als Blutdruckmittel.

Dass Minoxidil Präparate eingenommen werden nicht nur für den Blutdruck, ersieht man durch die Äusserungen vom Arzt (Verweis auf «harmloses» Blutdruckmittel), und dadurch, dass während der Sendung nur der Wirkstoff im Zentrum stand.

Als sich die Moderatorin nach den Nebenwirkungen erkundigte, erwähnte der Arzt nur den Haarwuchs an unüblichen Stellen.

Wenn Sie aber die Nebenwirkungen berücksichtigen, die im Arzneimittel Compendium stehen, sehen Sie folgende Nebenwirkungen für die äusserlichen Anwendungen:

Sehr häufig: Kopfschmerzen

Häufig: Dyspnoe, Ekzem in diversen Formen, peripheres Ödem, Gewichtszunahme, Depressionen und beim Präparat das eingenommen wird (offiziell nur bei Bluthochdruck .. ..?!)

Sehr häufig: Tachykardie, Perikarditis (17%)

  • Also Herzbeutelentzündung in 17% der Fällen, die zu lebensbedrohlichen Zuständen führen können.

Die obgenannten Nebenwirkungen die viel schwerwiegender sind als der erwähnte Haarwuchs, wur­den total verschwiegen. Dieser Umstand ist völlig unhaltbar.

3. Schlussfolgerungen, Teil 1

  1. Aus der Reportage ist leicht zu ersehen, wenn es Probleme gibt mit einem chemischen Prä­parat, dass die Pharmaindustrie bemüht ist, sofort eine Alternative zu ihrem «angeschosse­nen» Präparat zu offerieren. (Finasterid bekommt Unterstützung mit Minoxidil) Diese Puls Sendung ist ein hervorragendes Medium um dies umzusetzen.
  2. Alternativen werden nicht erwähnt, oder mit der Bemerkung «keine hochwertigen Stu­dien» disqualifiziert. Dies hilft auch nicht mit, wenn man ausgewogen informieren will... Bei kosmetischen Präparaten gibt es keine placebo kontrollierte Doppelblind Studien.
  3. Bemerkenswerte Nebenwirkungen werden unterschlagen. (Ekzematöse Hautaus­schläge bieten optimale Verdienstmöglichkeiten für die Pharmaindustrie ...) Diese Un­terschlagung von Informationen ergibt in der Summe eine Fehlinformation (es ist ein harmloses Produkt. ..), und widerspricht in dieser Form einer ausgewogenen Berichter­stattung.
  4. Der Umstand ob solche Präparate mit den Nebenwirkungen überhaupt sinnvoll sind, und ob sich die Nebenwirkungen lohnen im Verhältnis zum erwarteten Gewinn für die Patienten, dieser Umstand müsste Teil einer ausgewogenen Berichterstattung sein! Also hätte ich nicht besser weniger Haare und ich wäre gesund, diese Frage müsste zwingend Teil einer unabhängige Berichterstattung sein!

4. Schlussfolgerungen, Teil 2

Zusammenfassend hat die Sendung die Problematik der chemischen Arzneimittel aufgezeigt, dann mit den Fachleuten die Thematik relativiert, und dann eine Pseudo-Alternative die die wenigsten Leute machen werden dargestellt.

(Haarverpflanzungen). Man disqualifiziert mit einem Satz die kosmetischen Alternativen, und zeigt dann auf, dass es wirksame chemische Mittel gibt. Also vom Anfang bis zum Ende eine bündige Sendung für die Pharma Industrie.

Die aufgezeigten Punkte zeigen, dass die Puls Sendung zum Thema Haarausfall und Glatze, die Anforderungen an eine ausgewogene Sendung nicht erfüllt. Ich bitte Sie deshalb die Beschwerde gutzuheissen.[2]

B. Ihre Beanstandung wurde der zuständigen Redaktion zur Stellungnahme vorgelegt. Herr Jörg Niggli, Stv. Redaktionsleiter «Puls», schrieb:

Der Vorwurf des Beschwerdeführers, pharmanah zu berichten bzw. eine eigentliche «Pharma Promo Tour» veranstaltet zu haben, kommt für uns doch sehr überraschend, nachdem wir in einigen unserer letzten Sendungen kritisch über die Nebenwirkungen mehrerer Medikamente berichtet haben.

So haben wir am 26.3. über die Nebenwirkungen von «Esmya» berichtet und am 26.2. - wie vom Be­schwerdeführer angeführt - ausführlich über die schweren Nebenwirkungen des Osteoporose-Medika­ments «Prolia».

Diese Berichte sind für uns als Gesundheitsmagazin immer auch eine heikle Gratwanderung. Einerseits verstehen wir es als unsere Aufgabe, auf neu oder aussergewöhnlich auftretende Nebenwirkungen aufmerksam zu machen und Patienten aber auch Ärzte und die breitere Öffentlichkeit zu sensibilisie­ren. Andererseits handelt es sich bei den Medikamenten ja um zugelassene Produkte, die in langen Verfahren ihre Wirksamkeit beweisen mussten und bei vielen Patienten auch die gewünschte Wirkung erzielen. Zudem sind oft der Zusammenhang der Nebenwirkung mit dem Wirkstoff und/oder das Aus­mass der Nebenwirkung noch nicht genauer bekannt und nicht klar nachgewiesen. So müssen wir auch vermeiden, ein Medikament in Bausch und Bogen zu verurteilen, wie es dem Beschwerdeführer vorschwebt. Das ist letztlich die Aufgabe der Aufsichtsbehörden.

Ähnlich ist der Fall beim Haarwuchsmittel Finasterid. Dabei handelt es sich um ein in der Schweiz von Swissmedic zugelassenes Medikament, das als Lifestyle-Medikament aber nicht kassenpflichtig ist (ausser wenn es - unter anderem Namen und in anderer Dosierung - zur Prostatabehandlung einge­setzt wird).

Gerade bei einer Lifestyle-Behandlung wie Haarausfall ist die Schwelle für tolerierbare Nebenwirkun­gen deutlich tiefer, als bei einer medizinisch indizierten Anwendung. Deshalb haben wir uns auch ent­schlossen, das Thema aufzugreifen.

Die Zahl von rund 100'000 Patienten, die das Mittel zur Haarbehandlung verwenden, haben wir selber aufgrund der Verkaufszahlen von 1.07 Mio. Packungen (für 1, 3 und 6 Monate erhältlich) hochgerech­net, da leider - wie so oft in unserem Gesundheitswesen - genauere Daten fehlen. Befragte Experten gehen zudem davon aus, dass sich viele Männer das Medikament auch im Ausland kaufen.

Hauptfokus des Themenschwerpunktes in der Sendung waren die Nebenwirkungen des Medikamentes Finasterid bzw. das Post-Finasterid-Syndrom, bei dem über die im ersten Beitrag beschriebenen Symp­tome berichtet wird, die erst nach dem Absetzen der Pille auftreten. Über das Ausmass dieser Neben­wirkungen gehen aber die Meinungen auseinander, was im Beitrag auch aufgrund der Stellungnahmen von Fachärzten deutlich wird.

Im Studio befragten wir dazu auch Thomas Kündig, den Leiter der Haarsprechstunde des Universitäts­spitals Zürich. Er riet von einem sofortigen Absetzen ab, räumte aber ein, selber Finasterid heute deutlich zurückhaltender einzusetzen.

Im nächsten Beitrag ging es vor allem darum, Alternativen zu Finasterid aufzuzeigen. «Wer öppis gege sini schüttere Haar wott unternää, aber um Medikement mit Finasterid än wiite Booge macht, für dä git's Alternative...» Dabei stützen wir uns, wie in der Moderation angekündigt, auf Fachleute, aber auch auf eigene Recherchen (siehe Anhänge 1 und 2).

Leider ergab weder die Recherche der Fachliteratur noch die Befragung der Fachleute, dass es aus der Naturheilkunde sanftere Methoden oder Mittel gibt, die den Haarausfall nachweislich stoppen oder das Wachstum wieder in Gang bringen könnten. Dies haben wir im Beitrag so widergegeben.

Zum Vorwurf, wir hätten Mittel mit dem Wirkstoff Minoxidil verharmlost bzw. als chemisches Präparat quasi beworben, folgendes:

Wir haben bewusst nur den Wirkstoff benannt und nicht die verschiedenen Markennamen, unter de­nen diese Präparate vertrieben werden, um einen werberischen Effekt zu vermeiden.

Auf die möglichen Nebenwirkungen von Minoxidil haben wir im Studio Thomas Kündig auch explizit angesprochen. Dr. Kündig wies darauf hin, dass durch die oberflächliche Anwendung weniger Wirk­stoff in den Körper gelangt. Und dass er im klinischen Alltag als Nebenwirkungen vor allem uner­wünschtes Haarwachstum erlebt.

Dies deckt sich mit unseren eigenen Recherchen im Vorfeld der Sendung.

Minoxidil ist seit 1988 in den USA zur oberflächlichen Behandlung zugelassen. Die im Beipackzettel be­schriebenen Nebenwirkungen treten seither nur sehr selten auf. Dies zeigt eine Cochrane-Analyse mehrerer Studien (Anhang 3, Seiten 205, 209 und 210). Auch bei unseren Recherchen in Foren sties­sen wir auf keine Berichte zu Minoxidil-Nebenwirkungen. Deshalb sahen wir auch keinen Grund, ver­tieft auf die in den Beipackzettel beschriebenen Nebenwirkungen einzugehen.

Natürlich stellt sich beim Thema Haarausfall auch die Frage, ob man nicht gescheiter mit einer Glatze leben würde, statt teure Medikamente oder Haarverpflanzungen in Kauf zu nehmen. Wir haben es nicht für nötig befunden diesen Aspekt explizit anzusprechen, weil wir davon ausgehen, dass sich un­ser Publikum diese Frage sowieso stellt, je nachdem wie man als Zuschauerin, als Zuschauer selber davon betroffen ist.

Insgesamt hat die Sendung gezeigt, dass es keine einfachen Lösungen gibt, gegen den Haarausfall anzukämpfen. Sämtliche wirksamen Behandlungen sind teuer, zum Teil schmerzhaft oder haben ein mehr oder weniger hohes Risiko für Nebenwirkungen.

Wir bitten Sie deshalb, die Beschwerde abzuweisen.

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung des Beitrags. Im Sendungsportrait[3] von SRF steht: «Puls» ist das wöchentliche Gesundheitsmagazin mit Ratgeber-Charakter und hohem Nutz­wert für die Zuschauer. Eine halbe Stunde lang berichten wir über Trends, Neuigkeiten und Über­raschendes aus Diagnose, Prävention und Therapie. Zentral geht es um die Frage: Was kann ich selbst tun, um meine Gesundheit und mein Wohlbefinden zu er­halten oder wiederherzustellen? So soll die Eigenverantwortung in Gesundheitsfragen gefördert wer­den, und die Zuschauer sollen konkrete Tipps im Umgang mit ihrer Gesundheit erhalten. Bei «Puls» stehen die menschlichen und fachlichen Aspekte von Gesundheit und Krankheit vor den ökonomischen und gesundheitspolitischen Fragen. «Puls» besteht aber nicht nur aus der eigentlichen Sendung, sondern auch aus einem umfassenden Internetauftritt, der Vertiefungen vielfältigster Art anbietet.

Sie monieren den Beitrag «Haarausfall – Machen Anti-Glatzen-Mittel impotent?» stellvertretend für viele andere Sendungen und verweisen darauf, dass medizinisch korrekt argumentiert werde, dass unterschwellig Andeutungen gemacht würden, dann aber Tatsachen „vergessenˮ gingen. Es würde zwar nach Nebenwirkungen gefragt, diese blieben aber unvollständig erwähnt. So komme SRF zu einer aus­gewogenen Sendung. Ausserdem bemängeln Sie, dass die Sendungen «etwas pharma-freund­lich» seien, jedes Mal Alternativen vergessen werden und «Puls» ein «hervorragendes Vehikel für die Pharma-Industrie» sei. Sie erwarten «keine Lobbying Sendung, sondern möglichst neutrale Information».

In der von Ihnen beanstandeten Sendung wird bereits in der Einleitung des ersten Beitrags von «massiven Nebenwirkungen» des Medikaments mit dem Wirkstoff Finasterid gesprochen und auch davon, dass diese möglicherweise andauern, wenn das Medikament wieder abgesetzt wird. Zu­dem erzählt Franz Fuchs, der das Medikament abgesetzt hat, ausführlich von massiven Nebenwir­kungen. Er endet sogar mit dem Satz, dass er sich umbringen möchte. Darauf werden zwei weitere, eindrückliche Beispiele aus einem Onlineforum eingeblendet. Gleich anschliessend beschreiben so­wohl die Urologin med. pract. Doris Mannhard vom Universitätsspital Zürich und Dr. med. Christian Sigg, Dermatologe und Venerologe, Zürich, weitere Nebenwirkungen. Es wird zudem auf den Bei­packzettel aufmerksam gemacht und kritisch angemerkt, dass das Post-Finasterid-Syndrom nicht auf­geführt ist. Letztlich legt die Urologin, Doris Mannhard, sogar noch nach und würde den Wirkstoff Fi­nasterid am liebsten ganz verbieten. Fast der ganze Beitrag wird den verschiedensten Nebenwir­kungen des Medikaments gewidmet. Von einer «pharmafreundlichen» Berichterstattung oder von einem «hervorragenden Vehikel für die Pharma-Industrie» sehe ich hier nichts, im Gegenteil.

Im zweiten Teil des Beitrages folgt das Interview mit Prof. Dr. med. Thomas Kündig vom Universitäts­spital Zürich. Der Dermatologe argumentiert bezüglich der Absetzung des Medikaments zurückhal­tend, differenziert und nachvollziehbar. Auch er weist auf die Gefahren des Medikaments hin, betont aber gleichzeitig, dass die wissenschaftlichen Daten zum Post-Finasterid-Syndrom nicht so klar seien und erklärt, dass er lieber auf Alternativen ausweiche.

Anschliessend werden im Beitrag alternative Therapien und Produkte aufgezeigt. Diese werden von Fachpersonen bezüglich deren Wirksamkeit eingeschätzt. Zuerst wird auf Kosmetika hingewiesen. Die beiden Dermatologen PD Dr. med. Andreas Arnold und Prof. Dr. med. Ralph Trüb äussern sich skeptisch über deren Wirksamkeit und weisen dabei auf die medizinisch wissenschaftliche Sicht hin. Es folgt dann als alternative Methode die Haartransplantation. Anschliessend wird über Mi­noxidil berichtet und die Meinung der beiden Dermatologen eingeholt. Dabei sind die Medikamente Rega­ine®5% Solution, Neocapil 2% und eine kleine Flasche Minoxidil-Lösung 5% zu sehen. Auch wenn Herr Jörg Niggli, stv. Redaktionsleiter «Puls», schreibt, dass bewusst nur der Wirkstoff Mi­noxidil benannt wurde und nicht die verschiedenen Markennamen, unter denen diese Präparate ver­trieben werden, um einen werberischen Effekt zu vermeiden, waren die Markennamen doch deutlich sichtbar.

Im abschliessenden Interview befragt die Moderatorin von «Puls», Frau Odette Frey, Herrn Prof. Dr. med. Thomas Kündig. Sie fragt, ob Minoxidil das neue Wundermittel sei und ob man in zehn Jahren über die Nebenwirkungen reden werde. Der Dermatologe verneint zuerst und weist auf die langjähri­gen, guten Erfahrungen hin. Die Moderatorin insistiert und fragt, ob das Medikament «vollkommen harmlos» sei. «Vollkommen harmlos ist jetzt ein wenig ein grosses Wort, dass man das von einem Medikament behaupten könne, gibt es fast prinzipiell nicht. Aber das einzige, was wir an Nebenwirkungen sehen, sind speziell bei Frauen, wenn sie viel oder zu viel davon nehmen, dass an Körperstellen doch etwas aufgenommen wird. An Körperstellen, an denen es die Frauen nicht wollen, so an der Seitenbacke und ein Fläumchen an der Oberlippe, dass dort eben Haare spriessen, die man eben nicht will.» Er ergänzt auf Nachfragen der Moderatorin, dass auf die Dosiervorschrift ge­achtet werden müsse. Zum Schluss weist die Moderatorin noch kurz darauf hin, Haaraus­fall könne man so gut es geht, auch kaschieren und der Dermatologe hält fest, Minoxidil sei kein Wun­der­mittel, aber es nütze.

Es fällt auf, dass beim Wirkstoff Finasterid sehr klar und facettenreich auf die Nebenwirkungen fo­kussiert wurde, bei Minoxidil dagegen deutlich weniger. Zwar weist der Dermatologe Thomas Kün­dig darauf hin, dass wohl jedes Medikament Nebenwirkungen habe, fokussiert dann aber auf die Ne­benwirkung von unerwünschtem Haarwuchs bei Frauen im Gesicht. Das Gesundheitsmagazin «Puls» erhebt an sich selber den Anspruch einen hohen Nutzwert für das Publikum zu haben. Hier hätte deshalb in der Sendung oder mindestens im Online-Beitrag[4] darauf hingewiesen werden müssen, dass Minoxidil (bei Regaine®5%, das im Beitrag deutlich sichtbar war, gemäss der Fachinformation des Arzneimittel-Kompendiums der Schweiz[5]) noch weitere Nebenwirkungen wie beispielsweise Kopf­schmerzen (sehr häufig), Dyspnoe, ekzematische Reaktionen, Dermatitis oder Gewichtszunahme (häu­fig) aufweist, die nicht zu unterschätzen sind. Das Publikum kann ohne diesen Hinweis glauben, Mino­xidil sei insgesamt ein recht harmloser Wirkstoff.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass ich Ihre Beanstandungspunkte der «Pharmafreundlichkeit», der «vergessenen Alternativen» und des «hervorragenden Vehikels für die Pharma-Industrie» nicht unterstütze. Nebenwirkungen werden bei «Puls» nicht unterschlagen. In der von Ihnen bean­standeten Sendung hätte ich beim Wirkstoff Minoxidil allerdings präzisere Aussagen zu den Ne­benwirkungen erwartet. Diesen Beanstandungspunkt kann ich unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernseh­gesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Manfred Pfiffner, stellvertretender Ombudsmann

[1] https://tp.srgssr.ch/p/portal?urn=urn:srf:video:db97b26c-339e-4293-93e2-a838117b3cc7&autoplay=true&legacy=true&width=640&height=360&playerType=

[2] Der Beanstander fügt seinem Schreiben 3 Kopien aus compendium.ch an.

[3] https://www.srf.ch/sendungen/puls/sendungsportraet

[4] https://www.srf.ch/news/panorama/haarwuchsmittel-in-der-kritik-volles-haar-dafuer-flaute-im-bett

[5] https://compendium.ch/mpub/pnr/3154/html/de

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