Der «Tagesschau»-Nahost-Bericht war knapp und präzis
Der «Tagesschau» wird vorgeworfen, falsch und nicht detailliert genug über den Nahost-Konflikt berichtet zu haben. Ombudsmann Roger Blum sieht dafür jedoch keine haltbaren Argumente und lobt die Berichterstattung.
Der Schwerpunkt der beanstandeten «Tagesschau»-Sendung vom 14. Mai 2018 lag auf den aktuellen Ereignissen im Nahen Osten. Zum einen ging es um die Auseinandersetzungen an der Grenze Israels zum Gaza-Streifen, zum anderen um die Feierlichkeiten zur Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem am 70. Jahrestag der Gründung des Staates Israel, den die meisten Palästinenser als ‘Tag der Katastrophe’ bezeichnen. Gemeint ist damit die Flucht und Vertreibung von etwa 700'000 Menschen aus dem britischen Mandatsgebiet Palästina. Diese fand in den Jahren 1947 bis 1949 während der Kampfhandlungen im Zuge der Staatsgründung Israels statt.
Historisch begründete Vorwürfe
Der Beanstander sieht in der Sendung das Sachgerechtigkeitsgebot verletzt. Seiner Meinung nach konnte sich das Publikum durch diese Sendung nur eine Meinung bilden, die auf falschen Fakten oder nicht vorhandenen Informationen beruhte. So seien beispielsweise die Gründe der Flucht der palästinensischen Bevölkerung nicht ausreichend differenziert geschildert worden – stattdessen weise der Artikel auf eine angebliche Alleinschuld Israels hin.
Weiter wird bemängelt, dass im beanstandeten Bericht nicht erwähnt wurde, dass das ganze Gebiet um Jerusalem vor 2000 Jahren den Juden gehört hatte. Auch die Gründe, warum die Stadt für Juden und Palästinenser wichtig ist, fehle. Als Zusatzinformation erwähnt der Beanstander noch die Anzahl Nennungen Jerusalems in der jüdischen Bibel (699) sowie im Koran (0).
Geschichte und Gegenwart
In seiner Stellungnahme für die «Tagesschau»-Redaktion anerkennt Franz Lustenberger, dass der angesprochene palästinensische Exodus viele verschieden Gründe gehabt hat, jedoch unbestreitbar direkt mit den kriegerischen Ereignissen rund um die Gründung Israels als jüdischer Staat im Zusammenhang steht.
Den historischen Argumenten des Beanstanders begegnet Lustenberger mit einem Hinweis auf die Komplexität der Konfliktsituation und hält fest: Aus der Geschichte allein territoriale Ansprüche abzuleiten, ohne die gegenwärtige Situation mit zu berücksichtigen, führt selten zu konstruktiven Lösungen für die Zukunft. In diesem Sinne sind weder der Verweis auf das jüdische Königreich vor der Eroberung durch die Römer (Zerstörung des Tempels im Jahre 70 nach Christus) noch wären es solche auf die jahrhundertelange Herrschaft des Osmanischen Reiches bis 1918 hilfreich. Ebenso nicht von Belang ist die Anzahl Erwähnungen in religiösen Schriften.
Der Aktualität verpflichtet
Roger Blum erklärt sich mit den Ausführungen Lustenbergers einverstanden. Er weist ausserdem darauf hin, dass eine Sendung wie die «Tagesschau» immer von der Aktualität ausgeht und Themen gerafft und knapp einfangen muss. Es kann also nicht jeder Beitrag mit dem Tempel Davids beginnen. Blum kommt zum Schluss, dass die Fakten stimmen und sich das Publikum eine eigene Meinung bilden konnte.
Sowohl Lustenberger als auch Blum liefern einen schönen, ganz kurzen historischen Abriss über die Staatsgründung Israels sowie über die Geschichte von Jerusalem, die von israelischer wie palästinensischer Seite als ihre jeweilige Hauptstadt bezeichnet wird.
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