«WM-Talk: Letschti Rundi» vom 20. Juni 2018 beanstandet
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Mit Ihrer E-Mail vom 21. Juni 2018 beanstandeten Sie die Sendung «WM-Talk: Letschti Rundi» vom 20. Juni 2018. Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.
A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:
«Komik in allen Ehren. Aber muss es so unter der Gürtellinie sein wie gestern Herr Renato Kaiser über den portugiesischen Fussballer Christiano Ronaldo gesprochen hat?
Das war weder lustig noch komisch, sondern einfach vulgär und blöd. Des weiteren sehr verachtend gegenüber Herr Ronaldo und die Zuschauer. Wenn Sie in die Gesichter des Publikums sehen, werden Sie bemerken die Begeisterung ist gleich Null.
Aus meiner Sicht wurde hier klar gemäss Artikel 4 und 5 des Radio- und Fernsehgesetzes[1] die Menschenwürde missachtet und Herr Ronaldo an sich diskriminiert.
Ich hoffe das das Niveau in dieser Sendung wieder auf einen Level kommt, wo man auch lachen kann.»
B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für SRF-Sport äußerte sich Herr Nök Ledergerber, Stabchef SRF Sport:
«Zur Beanstandung betreffend ‘Letschi Rundi’ vom 20. Juni nehme ich nach Rücksprache mit Mario Denzler, Bereichsleiter Formate und Grossprojekte, wie folgt Stellung:
Der WM-Talk ‘Letschti Rundi’ soll den langen WM-Tag, an dem stundenlang eingehend und vertieft mit sachlichem Zugang über die WM und den Fussball diskutiert wurde, mit einem unterhaltsamen Talk abrunden. Die Sendung hat zum Ziel, so über den WM-Tag zu reden, wie es zur gleichen Zeit an unzähligen Tischen oder Tresen geschieht, quasi ein Stammtisch-Gespräch. Dies wird in der Sendungsanlage sehr transparent inszeniert: Mit einem Bar-Setting, mit einem Sendungsbeginn, bei dem der Moderator die ‘letschti Rundi’ wie in einem britischen Pub einläutet und den Gästen ein letztes Getränk an den Tisch bringt.
Wir halten uns im Grundsatz an die Publizistischen Leitlinien, darüber hinausgehende Richtlinien gab es für die Sendungsreihe keine.
Nach dieser Ausgabe von ‘Letschi Rundi’ waren sich die Sendungsverantwortlichen allerdings einig, dass die Passage, in der Comedian und Satiriker Renato Kaiser Cristiano Ronaldo wiederholt und betont als ‘Wichser’ bezeichnet hat, den schmalen Grat des Sendungsziels verlassen und die Grenze überschritten hat. Der Moderator hat den Gast auf dessen Nachfragen sogar aufgemuntert, man dürfe in dieser Sendung alles sagen, was dem generellen Ziel eines Stammtischgesprächs entspricht. Aber als Renato Kaiser darauf wiederholt das Wort ‘Wichser’ verwendet hat, schritt der Moderator ein: <es isch jetzt guet!>. Ein Signal, das der Gast verstand und in der Folge auf die Formulierung verzichtete.
Bereits direkt nach der Sendung besprachen die Macher den Vorfall und waren sich einig, dass Häufigkeit und Betonung des Wortes zu weit gingen. Tags darauf verfasste Mario Denzler ein Mail an Produzenten und Moderator, in dem die Erkenntnisse für die künftigen Sendungen schriftlich festgehalten worden sind.
Wir entschuldigen uns dafür.»
C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass in der Sendung «Letschti Rundi» drei (oder vier) Personen am Bartisch beim Bier in lockerer Art und Weise über den eben zu Ende gegangenen Fussball-Weltmeisterschafts-Tag diskutieren. Wie an einem Stammtisch werden Sprüche gemacht, wie dort punktet derjenige, der Lacher erzielt und der pointierte Einwürfe macht. Die Runde bestand an diesem Tag aus dem Moderator Tom Gisler, dem Fussball-Journalisten Silvan Lerch und den Satiriker und Komiker Renato Kaiser. Später kam dann noch der Fussballtrainer Winfried Schäfer hinzu. In dieser Runde nannte Renato Kaiser den portugiesischen Fussballstar Cristiano Ronaldo von Anfang an und durchgehend einen «Wichser», einen «geilen Wichser», und dies zunächst mit ausdrücklicher Bewilligung des Moderators («Dies ist eine Sendung, in der man alles sagen darf»).
Man darf in einer Sendung in der Schweiz viel sagen, eigentlich fast alles, das erlaubt die Meinungsäußerungsfreiheit, aber eben nicht ganz alles. Ein Wichser ist ein Mann, der onaniert. Wird ein Mann «Wichser» genannt, dann schimpft man ihn einen Versager oder Angeber. Es handelt sich eindeutig um ein Schimpfwort. Gleichgültig, ob Renato Kaiser den Begriff ironisch gemeint hat oder nicht, für das Publikum stand Ronaldo als beschimpft, als in seiner Menschenwürde verletzt da. Eine solche Beschimpfung verstößt daher gegen das Radio- und Fernsehgesetz, wo im Artikel 4, Absatz 1 steht: «Alle Sendungen eines Radio- oder Fernsehprogramms müssen die Grundrechte beachten. Die Sendungen haben insbesondere die Menschenwürde zu achten, dürfen weder diskriminierend sein noch zu Rassenhass beitragen noch die öffentliche Sittlichkeit gefährden noch Gewalt verherrlichen oder verharmlosen.» [2]Gerade weil der Moderator die Aussage nicht sofort unterbunden hat, halte ich Ihre Beanstandung für berechtigt.
D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
[1] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20001794/index.html#id-2-1-2
[2] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20001794/index.html
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