«Kassensturz»-Beitrag «Kritik an Star-Arzt: Hochrisiko-Operationen an Privatpatienten» beanstandet (II)

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Mit Ihrem Brief vom 15. Juni 2018 beanstandeten Sie die Sendung «Kassensturz» (Fernsehen SRF) vom 5. Juni 2018 und dort den Beitrag «Kritik an Star-Arzt: Hochrisiko-Operationen an Privatpatienten».[1] Sie reichten Ihre Beanstandung als Anwalt im Namen des vom Fernsehbeitrag zentral betroffenen Prof. Dr. Jan Schmidt ein. Ihre Bevollmächtigung wiesen Sie nach. Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis dafür, dass die Bearbeitung dieses Falles länger gedauert hat. Ich entschuldige mich nochmals dafür, dass ich ihn erst nach meinen Ferien abschliessen konnte statt vor meinen Ferien.

Ihre Beanstandung umfasst mit den Beilagen 70 Seiten. Alle Beilagen lagen der Ombudsstelle und der Redaktion vor und flossen in die Beurteilung der Beanstandung ein. Im vorliegenden Schlussbericht, der veröffentlicht wird, zitiere ich Ihre Begründung im Wortlaut, lasse aber die Beilagen weg.

Mit Ihrer Beanstandung stellten Sie folgende Anträge:

1. Es sei eine Verletzung von Art. 4 Abs. RTVG (Sachgerechtigkeitsgebot) festzustellen.
2. Es seien dem Programmveranstalter zur Erledigung dieser Beanstandung die geeigneten Empfehlungen abzugeben.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

I. Materielles (Sachverhalt}

A. Ereignisse vor der Ausstrahlung der beanstandeten Sendung

1. Der Beanstandende ist Facharzt für Chirurgie mit Spezialgebiet Gefäss - und Viszeralchirurgie . Er gehört zu den Gründern des Chir urgischen Zentrum Zürich, das seit 2012 in der Hirslanden Klinik und in der ebenfalls zur Hirslanden - Gruppe gehörenden Klinik im Park in Zürich betrieben wird und ein bedeutendes Kompetenzzentrum fü r komplexe chirurgische Therapien in der Viszeral - , Thorax - und komplexen Tumorchirurgie darstellt . Er ist Belegarzt in der Klinik Hirslanden und der Klinik im Park . Davor war er über 20 Jahre am Uniklinikum Heidelberg als Leiter der Transplantationschirurgie tätig und hat in diesem Rahmen mehr als 500 Nierentransplantationen durchgeführt . Er hat zudem eine Professur an der medizinischen Fakultät an der Universität Heidelberg inne , wo er weiterhin in Lehre und Forschung aktiv ist ( > 300 wissenschaftliche Publikationen) . Darüber hinaus wurden ihm zwei Ehrendoktoren und zahlreiche Preise verliehen . Mit mehr als 14'000 durchgeführten Operationen gehört er z u den sehr erfahrenen Chiru r gen.

2 . Mit E - Mail vom 7. Mai 2018 informierte Nadine Woodtli, Redakteurin der Sendung « Kassensturz » des Schweizer Fernsehens, dass sie einen Fernsehbericht zum Thema ‚Überarztung ‘ plane und dazu Informationen aus verschiedenen operativen Eingriffen des Beanstandenden an vier Patienten habe, die gemäss sog. Experten nicht ordnungsgemäss durchgeführt worden seien . Es handelte sich um konkrete Informationen zu ärztlichen Eingriffen an einem verstorbenen Leberkrebspatienten ‚P.F.‘ Jg. 1941, bei der es zu einer Verletzung der Bauchspeicheldrüse gekommen sein soll, einem Krebspatienten ‚P . B . ‘, Jg . 1930, dem mehrere Organe (Niere, Blase, Samenblase, Harnleiter) entnommen worden sein sollen, die alle histologisch unauffällig gewesen sein sollen sowie den Eheleuten Y , an denen eine Lebendnierentransplantation durchgeführt worden sei, obwohl der Ehemann (Empfänger) aufgrund einer frühen Form des Prostatakrebses als nicht transplantabel gegolten haben soll. Die Operation des Patienten ‚ P . B . ‘ wurde unter der Leitung von Dr . Christian Rüedi , Spezialarzt für Operative Urologie mit Praxis in Zürich und ebenfalls als Belegarzt für die Hirslanden[2] t ä tig , und mit viszeral - chirurgischer Assistenz durch den Beanstandenden durchgeführt .

3 . Woher Frau Woodtli ihre Informationen zu den genannten Patienten und Eingriffen hatte, verschweigt sie bis heute. Dafür erhob sie bereits im Vorfeld schwerste Vorwürfe gegen den Beanstandenden

a) Behandlung ‚P.F.‘

- Vorwurf, das Leben des schwerstkranken Patienten sei durch den Eingriff < unnötigerweise verkürz t worden>
- Unterstellung, er sei nicht < darüber aufgeklärt worden, dass die Operation zu seinem frühzeitigen Tod führen kann>

b) Behandlung ‚ P.B .‘

- Vorwurf, der betagte Patient sei < trot z seines Alters risikoreichen Eingriffen unterzogen > worden
- Unterstellung, es seien ihm <tumorfreie Organe entnommen> worden
- Unterstellung, es hätte <schonendere Eingriffe gegeben>

c) Behandlung Herr und Frau Y

- Vorwurf, bei den beiden Patienten einen Doppeleingriff vorgenommen zu haben, der <nicht Standard> sei und <unter Experten als hochriskant> gelte
- Unterstellung, Herr Prof. Schmidt habe <diesen experimentellen Eingriff trotz Blutgruppenunverträglichkeit, trotz Krebserkrankung des Mannes und trotz hohem Blutdruck der Nierenspenderin> durchgeführt

d) Weitere Vorwürfe

- Vorwurf des Vorgehens von Herrn Prof. Schmidt als ‚aggressiv‘, ‚Cowboy- oder Raubritter-Chirurgie‘
- Vorwurf, er würde <Chirurgie an der Grenze des Machbaren praktizieren und damit grosse Komplikationsrisiken in Kauf nehmen. Dies verstosse gegen einen Grundsatz in der Medizin : 'nicht zu schaden'>
- Vorwurf, er zeige <entgegen den standesrechtlichen Gepflogenheiten medial wenig Zurückhaltung>
- Vorwurf der Bereicherung, indem er seine operativen Leistungen meistens an Patienten vornehme, die ‚privatversichert‘ seien, und in Inseraten für ausländische Patienten ‚ teure Eingriffe‘ werbe
- Unterstellung, es würden damit <möglicherweise unrealistische Heilserwartungen bei Schwerkranken geschürt>

4. In ihrem E-Mail vom 22. Mai 2018 erhob Frau Woodtli ebenfalls gestützt auf die ihr zugespielten Informationen weitere massive Vorwürfe gegen den Beanstandenden.

5. Der Beanstandende antwortete auf die verschiedenen Fragen, Vorwürfe und Unterstellungen von Frau Woodtli anlässlich eines Gesprächs vom 17. Mai 2018 sowie mittels einer Stellungnahme vom 17. Mai 2018 und mit Schreiben seines Anwalts vom 25. Mai 2018. Er wies damit die den Fragen von Frau Woodtli zugrundeliegenden Vorwürfe mit überzeugenden medizinischen und tatsächlichen Argumenten zurück, soweit ihm das im Lichte des Arztgeheimnisses und des Schutzes der Daten der betreffenden Patienten möglich und erlaubt war. Darauf ist unten 111/20 im Einzelnen zurückzukommen.

6. Die den Fragen von Frau Woodtli zugrundeliegenden Vorwürfe und Unterstellungen wurden auch von der Hirslanden AG sowie im Fall des Patienten ‚P. B.‘ vom mitbehandelnden Arzt Dr. Rüedi widerlegt.[3]

7 . Zudem teilte die Hirslanden AG Frau Woodtli mit E - Mail vom 25 . Mai 2018 mit, dass der Beanstandende während seiner Tätigkeit als Belegarzt bei Hirslanden einen ‚hervorragenden Leistungsausweis‘ hat und in Bezug auf seine Mortalitätsstatistiken, auch im Vergleich mit anderen Viszeralchirurgen, ‚keinerlei Auffälligkeiten‘ zu verzeichnen sind. Das Gleiche gelte für Reoperationen und Rehospitalisationen sowie Infektionsraten. Insbesondere vor dem Hintergrund von fast 2'000 Patienten in den sieben Jahren seiner Tätigkeit für Hirslanden sowie der sehr hohen durchschnittlichen Fallschwere beim Beanstandenden sei dieser Umstand ‚bemerkenswert‘. Zudem seien bei Hirslanden für diesen Zeitraum ‚keinerlei Patientenklagen ‘ (Haftpflichtfälle) eingegangen und man habe im Gegenteil ‚nachweislich mehrfach positive Patientenrückmeldungen‘ erhalten.

8. Im Schreiben vom 25. Mai 2018 wurde Frau Woodtli vom Anwalt des Beanstandenden zudem darauf hingewiesen , dass sie ihre Vorwürfe auf ihr (und evt . weiteren Personen) illegal zugespielte, anonyme Patientenakten stütze, zu denen keine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht vorliegen und die einzig dazu dienen, den Beanstandenden als anerkannten Arzt und renommierten Wissenschaftler öffentlich zu diskreditieren .

9. Tatsächlich folgt aus dem E - Mail von Frau Woodtli vom 7 . Mai 2018 sowie vor allem aus ihren Nachfragen gemäss E- Mail vom 22. Mai 2018, dass sie detaillierte Kenntnis von den Krankengeschichten der besagten Patienten hat und diese offenbar auch an weitere Drittpersonen (sog. Experten, die sie namentlich nicht bekanntgeben wollte und die in der geplanten Sendung des ‚Kassensturz‘ gegen die Behandlungsmethoden des Beanstandenden Stellung nahmen) zur Begutachtung weitergeleitet hat.

10 . Nachdem Frau Woodtli ihre Fragen zu den vorgenannten Operationen zeitgleich auch an die Hirslanden-Gruppe geschickt hatte, wurde sie auch von dort bereits in einem früheren E- Mail vom 8. Mai 2018 der Hirslanden AG darauf hingewiesen, dass sie <aus Patientenakten ( . . . ) sehr sensible Details zitieren, die klar dem Datenschutz und der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen> .
Daher forderte Herr Nehlig Frau Woodtli auf, mitzuteilen ob sie diese Daten von den Patienten bzw. den Angehörigen der Patienten erhalten hat, ob ihr entsprechende Entbindungserklärungen vorliegen, die es ihr erlauben, sich mit diesen Informationen an Hirslanden bzw. an den Beanstandenden zu wenden und falls ja, ob sie ihnen diese Erklärungen bzw. Vollmachten zukommen lassen könne.

11. Frau Woodtli antwortete Herrn Nehlig mit E-Mail vom 9. Mai 2018 , jedoch ohne die ersuchten Entbindungserklärungen bzw. Vollmachten vorzulegen. Stattdessen verwies sie in Bezug auf den Patienten ‚B.‘ (gemeint der Patient ‚P.B.‘) darauf, der Beanstandende habe eine entsprechende Entbindungserklärung von Herrn B. eingeholt. Das trifft zwar zu, diese beschränkt sich aber auf Angaben gegenüber der Zürcher Staatsanwaltschaft, die im Fall des Patienten ‚P . F . ‘ auf anonyme Anzeige hin Vorermittlungen gegen unbekannt durchführt (zuständig ist dafür STA lic.iur . M. Wyss von der Staatsanwaltschaft IV) .

12 . Ein Gesuch des Beanstandenden sowie von Herrn Nehlig und Herrn Dr. Daniel Liedtke, Chief Operating Officer der Hirslanden-Gruppe[4], um Entbindung von der beruflichen Schweigepflicht gegenüber dem SRF bzw. dem ‚Kassensturz‘ wurde von der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich mit Schreiben vom 16. Mai 2018 abgelehnt.

13. Die Anwältin des Patienten ‚P . B . ‘ stellte zudem in einem Schreiben vom 25 . August 2018 gegenüber Frau Ursula Gabathuler , Redaktionsleiterin ‚Kassensturz ‘ , klar , dass <er sich dank der Operation durch den Beanstandenden und Herrn Dr. Rüedi wieder frei bewegen kann, sich in guter gesundheitlicher Verfassung befindet (was vorher nicht der Fall war) und damit wieder mehr Lebensfreude (... ) hat>, er sich <klar von> den <Vorwürfen gegenüber den beiden Chirurgen distanziert > , er und seine Ehefrau Frau Woodtli <unmissverständlich klar gemacht haben, dass er unter keinen Umständen wünscht , dass sein Fall und damit seine Krankengeschichte in den Medien ausgebreitet wird> und er sie ersucht, <seinen Fall nicht als Beispiel für angeblich unnötige medizinische Eingriffe zu missbrauchen > und auch die < Nennung der beiden behandelnden Ärzte zu unterlassen, damit keine Rückschlüsse auf > seinen < Fall möglich sind und dieser nicht zur Kritik an ihnen missbraucht wird.>

14 . Auch auf das weitere Ersuchen des Anwalts des Beanstandenden, die Ausstrahlung des Berichts von Frau Woodtli zu unterlassen, wurde seitens des SRF nicht eingetreten .

15. Auf das Schreiben des Anwalts des Beanstandenden vom 4. Juni 2018 , worin er die Verantwortlichen des fraglichen ‚ Kassensturz ‘ -Berichts u . a . darauf hingewiesen hat , dass die beiden von Frau Woodtli befragten Experten - zum einen der Basler Urologe Prof. Alexander Bachmann, der privat bezahlter Parteigutachter der Angehörigen Y und damit klar Partei ist, zum anderen der Zürcher Viszeral- und Transplantationschirurge Prof Pierre - Alain Clavien, der als Leiter der Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie des Universitätsspitals Zürich ein Hauptkonkurrent des Beanstandenden ist - wurde seitens des SRF gar nicht mehr reagiert .[5]

B. Der beanstandete Bericht

16 . Beim beanstandeten Bericht handelt es sich um einen rund 15 - minütigen Beitrag der ‚Kassensturz‘ -Redaktorin Nadine Woodtli, der am 5. Juni 2018 in der Sendung ‚Kassensturz ‘ , gefolgt von einem Interview des ‚ Kassensturz‘ - Moderators Ueli Schmezer mit dem Beanstandenden, ausgestrahlt wurde. Im Bericht von Frau Woodtli sowi e im dazu ebenfalls publizierten Text wurden unter dem Titel < Hochrisiko - Operationen an Privatpatienten > massive Vorwürfe gegen den durchwegs mit Namen, Beruf, Bild und Angabe seiner Belegarzttätigkeit für Hirslanden dargestellten Beanstandenden erhoben:

- „Unnötige und teure Operationen: Privatpatienten leben gefährlich“
- Frage von Frau Woodtli an Frau Y, ob sie gewusst habe, dass si e und ihr Mann als «Versuchskaninchen » dienten
- Behauptung, der Beanstandende habe die Auswirkungen des Krebses bei Herrn Y <nicht vorgängig abgeklärt>
- Aussage von Frau Y, sie und ihr Mann seien nicht darüber aufgeklärt worden, dass der Doppeleingriff erstmals durchgeführt und sie über dessen Risiken nicht informiert worden seien
- Bezeichnung der Nierentransplantation im Fall Y als ‚misslungen‘
- Behauptung, der Beanstandende habe in einem Fall (Patient F . ) ‚ohne vorgängige Gewebeentnahme operiert‘
- Behauptung, ‚laut chirurgischen Richtlinien ‘ werde< ‚ ein solch bösartiger Tumor mit Ablegern nicht mehr operiert>
- Aussage, ein solcher Eingriff (2-malige Hipec-Operation) sei ‚experimentell‘ und <entspricht nicht den Richtlinien >
- Aussage eines anonymen Experten, < der Eingriff führte zur Lebensverkürzung bei sonst schlechter Prognose>
- 2- fache Nennung einer Voruntersuchung der Zürcher Staatsanwaltschaft gegen unbekannt wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung.[6]

Aussage von Prof. Bachmann aufgrund von « mehreren zugespielten Krankengeschichten », dass «die Risiken, die mit diesen Eingriffen verbunden sind, wahrscheinlich nicht richtig abgeschätzt wurden» und «die Patienten möglicherweise nicht wirklich über die potentiellen Risiken aufgeklärt wurden»
Aussage von Prof. Clavien, bei ungenügender Information über die Operationsrisiken werde «den Patienten geschadet » Bezeichnung von Eingriffen des Beanstandenden im Fall P.B. als « weiterer gravierender Fall » Aussage eines weiteren anonymen Experten, wonach dies ein «nutzloser gefährlicher, grosser Eingriff» gewesen sei
Aussage von Frau E. Ziltener von der Patientenstelle Zü ri ch, wonach ihr der Beanstandende <durch seine TV - Auftritte in der Sendung 'CheckUp ' negativ aufgefallen > sei, seine <Werbeauftritte unzulässig > se i en und es < unethisch > sei, <Schwerstkranken Hoffnung zu Machen>

17. Um die gegen den Beanstandenden ge r ichteten Vorwürfe für das Zuschauerpublikum besser verständlich zu machen, wurden sie im Bericht durch diverse Ausschnitte aus den Krankengeschichten untermalt, die Frau Woodtli von einem sog. Whistleblower vermutlich illegal zugespielt worden sind. In diesem Zusammenhang läuft auf Anzeige (Strafantrag) des Beanstandenden und der Hirslanden Gruppe bei der Zürcher Staatsanwaltschaft zurzeit eine Untersuchung gegen unbekannt wegen Verletzung des Berufsgeheimnisses (Art. 321 StGB und Art. 3 5 DSG) . Die in den Krankengeschichten enthaltenen Patientendaten gehören zur Geheimsphäre der betreffenden Patienten, die in deren Verbreitung nie eingewilligt haben und wofür keine entsprechende Entbindung vom Berufsgeheimnis durch die Aufsichtsbehörde (Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich) vorliegt.

III. Rechtliches (Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots)

18 . Bei Sendungen mit Informationsgehalt muss das Publikum in die Lage versetzt werden , sich aufgrund der vermittelten Fakten und Ansichten eine eigene Meinung zu den behandelten Themen bilden zu können (Art. 4 Abs. 2 RTVG) . Umstrittene , nicht erhärtete Aussagen müssen als solche klar erkennbar sein, und zwar nicht nur formell durch den sprachlichen Hinweis, dass dem Publikum blasse Indizien präsentiert werden, sondern materiell in der Weise , so dass es versteht, dass weder höchstwahrscheinliche noch gar feststehende Tatsachen, sondern lediglich Spekulationen und Hypothesen thematisiert werden. Fehler in Nebenpunkten und redaktionelle Unvollkommenheiten, welche nicht geeignet sind, den Gesamteindruck der Ausstrahlung wesentlich zu beeinflussen, sind programmrechtlich nicht relevant. Soweit die Fehler jedoch einzeln oder in ihrer Gesamtheit dazu beitragen, dass das Publikum einen falschen Eindruck von den tatsächlichen Verhältnissen des behandelten Themas erhält, handelt es sich um Fehlleistungen, die das Sachgerechtigkeitsgebot nach Art. 4 Abs . 2 RTVG verletzen . Die Gewährleistung des Sachgerechtigkeitsgebots und der freien Meinungsbildung des Publikums erfordert im Rahmen der gesetzlich und konzessionsrechtlich[7] vorgegebenen Programmqualität die Einhaltung journalistischer Professionalität[8] und die Beachtung von zentralen journalistischen Sorgfaltspflichten. Dazu gehören vorrangig die Pflicht zur wahrheitsgemässen und tatsachengerechten Berichterstattung (siehe Ziff. 1. 2 der publizistischen Leitlinien des SRF sowie Ziff. 1 des Journalistenkodexes des Schweizer Presserates[9]), aber auch die Pflicht, Abmachungen, die zwischen dem Medienschaffenden und dem Betroffenen im Hinblick auf die Durchführung eines Interviews getroffen werden, einzuhalten (siehe auch Ziff. 4 des Journalistenkodexes und Richtlinie 4.5).[10]

19 . Bei Sendungen, in denen, wie hier , schwerwiegende Vorwürfe gegenüber Personen , Unternehmen oder Behörden erhoben werden, gelten in Bezug auf die vermittelten Inhalte, den Ton und den Stil qualifizierte Anforderungen bezüglich der Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflichten (vgl. Ziff. 7 . 1 der publizistischen Leitlinien des SRF). Der Standpunkt der Angegriffenen ist in geeigneter Weise dar zustellen .

20 . Aus Sicht der Beanstandenden haben die Verantwortlichen des ‚Kassenstur z‘ das Sachgerechtigkeitsgebot im beanstandeten Bericht gleich in mehrfacher Weise verletzt:

a) Bei mehr als 14'000 Operationen , darunter viele mit hohem oder sehr hohem Schwierigkeitsgrad und sehr niedriger Sterberate, die der Beanstandende in seinem ärztlichen Berufsleben durchgeführt hat, gestützt auf drei Fälle (wovon einer z ur Zufriedenheit des Patienten erfolgte) z u behaupten , <Privatpatienten leben gefährlich >, ist völlig übertrieben und irreführend. Mit solchen Aussagen wird nicht die sachgerechte Information der Zuschauer bezweckt, sondern Ängste von (potentiellen) Patienten geschürt und beim Publikum Stimmungsmache betrieben.

b) Die Behauptung, die Eheleute Y hätten als ‚ Versuchskaninchen ‘ gedient, ist nicht sachgerecht, da die an ihnen vorgenommenen Eingriffe medizinisch indiziert und fachmännisch durchgeführt worden sind. Das SRF hat es im beanstandeten Bericht unterlassen, den Zuschauern mitzuteilen, dass beide Operationen (Nierentransplantation und Prostataentfernung) erfolgreich verlaufen sind, der Patient Y mit funktionierender Niere entlassen und nicht dialysiert werden musste, auch wenn er bedauerlicherweise mehrere Monate später wiederkehrende urologische Infektionen entwickelte und nach ca. acht Monaten verstarb.
Diese Infektionen hatten jedoch keinen Zusammenhang mit dem Simultaneingriff, sondern waren der lnfektanfälligkeit unter Immunsuppression anzulasten. Ein von der Ehefrau des Patienten angestrengtes Strafverfahren wurde aufgrund der haltlosen Vorwürfe von Frau Y, die im beanstandeten Bericht ausführlich und sehr emotional wiedergegeben wurden, eingestellt. Frau Y trotzdem die Gelegenheit zu geben, im beanstandeten Bericht ihre erwiesenen Falschbehauptungen zu wiederholen, war verantwortungslos und manipulativ. Daran ändert nichts , dass der Mode r ator Schmezer im Anschluss an den Bericht auf diese Tatsache hingewiesen hat. Sachgerecht und konsequent wäre vielmehr gewesen, die betreffenden Vorwürfe im beanstandeten Bericht wegzulassen.

c) Völlig falsch und daher ebenfalls nicht sachgerecht ist die Wiedergabe der Behauptung von Fr au Y, der Beanstandende habe die Auswirkungen des Krebses bei Herrn Y ‚ nicht vorgängig abgeklärt‘ . Das SRF hat es im beanstandeten Bericht unterlassen , die Zuschauer darüber zu informieren , dass nach eingehender Abklärung eine blutgruppeninkompatible Lebendnierentransplantation als sinnvollste Lösung angesehen wurde , dieses Vorgehen durch ein ganzes Expertengremium eingehend geprüft und im Rahmen der Voruntersuchungen beim Patient Y ein sehr frühes Stadium eines Prostatakarzinoms festgestellt wurde , ferner , dass erst nach reiflicher Prüfung und nach Durchlaufen aller Gremien (Ethikkommission, Interdis z iplinäres Ex pertengremium, Eurotransplant etc.) die Operation nicht durch den Beanstandenden alleine, sondern durch ein Urologen - und ein Transplantchirurgenteam durchgeführt wurde . Eine wissenschaftliche Analyse hat die Korrektheit des Vorgehens eindrucksvoll bestätigt. Danach hätte sich das Risiko zu Versterben an einer fortbestehenden Dialyse über 2 - 3 Jahre auf über 40 % summiert während das Risiko einer Simultanoperation höchstens 2 - 3 %, also weniger als ein Zehntel davon, betrug . Dies war auch die Rationale , den Simultaneingriff bei diesem seltenen zusammentreffen eines Prostatafrühkarzinoms und Transplantationsnotwendigkeit durchzuführen.

d) Nicht den Tatsachen entspricht die Aussage von Frau Y , sie und ihr Mann seien nicht darüber aufgeklärt worden , dass der Doppeleingriff erstmals durchgeführt und sie über dessen Risiken nicht informiert worden seien. Der Beanstandende hat , wie bei allen seinen Patienten , auch in diesem Fall eine ausführliche und umfassende Aufklärung über die Behandlungsri s iken vorgenommen . Das stellte auch die Staatsanwaltschaft Heidelberg in der oben lit. b erwähnten, eingestellten Strafunter s uchung fest. F r au Y trotzdem die Gelegenheit z u geben, im beanstandeten Bericht ih r e erwiesenen Falschbehauptungen z u wiederholen , war auch in diesem Punkt verantwortungslos und manipulativ . Da r an ändert auch nichts, dass der Moderator Schmezer auch hier im Anschluss an den Bericht auf diese Tatsache hingewiesen hat. Sachgerecht und konsequent wäre vielmehr gewesen , die betreffenden Vorwürfe im beanstandeten Bericht wegzulassen.

e) Unwahr ist die Behauptung, die im Fall Y durchgeführte Nierentransplantation sei ‚misslungen ‘. Siehe das oben lit. b Gesagte .

f) Die Behauptung , der Beanstandende habe im Fall P . F . < ohne vorgängige Gewebeentnahme operiert> , ist an sich nicht falsch. Die Aussage verleitete die Zuschauer aber zur unzutreffenden Annahme, der Beanstandende habe damit einen ärztlichen Fehler begangen oder unnötige Risiken in Kauf genommen . Beides ist falsch. Das SRF hat es im beanstandeten Bericht unterlassen , die Zuschauer darüber aufzuklären, dass beim Patient F., nach Erörterung im Tumorboard , ein sog. PET CT 10[11] durchgeführt wurde , mit der bösartige von gutartigen Lymphknoten unterschieden werden können , nachdem bei ihm vergrösserte Lymphknoten im Bereich der sog. Leberpforte aufgefallen sind, die auf einen Leberkrebs hingedeutet haben . Da ein solcher oft operabel und durch eine Operation heilbar ist , war es medizinisch ange z eigt, den betreffenden Patienten zu operieren . Eine Gewebeentnahme, die auch mit hohen Risiken behaftet wäre , wäre als Alternative denkbar gewesen , aber keinesfalls notwendig , sicherer oder weniger invasiv als ein PET CT .

g) Unzutreffend und damit nicht sachgerecht ist auch die Behauptung, < laut chirurgischen Richtlinien > werde <ein solch bösartiger Tumor nicht mehr operiert >. Die Bauchraumerkundung diente ja gerade der Feststellung oder Entkräftung eines Befalls der extrarenalen Lymphknoten und wurde ja auch abgebrochen, nachdem dieser dann geführt wurde. Nur bei diesen sog. Fernmetastasen ist eine Operation meist kontraindiziert (Ausnahme lebensbedrohliche Blutung). Das SRF hat es im beanstandeten Bericht unterlassen, die Zuschauer über diese Tatsache zu informieren oder ihren Vorwurf konkret mittels der von ihr angeführten « chirurgischen Richtlinien » z u belegen und z u dokumentieren. Siehe im Übri g en das oben lit . f Gesagte .

h) Ebenfalls unzutreffend ist die Behauptung , ein solcher Eingriff (2-malige Hipec - Operation[12]) sei < experimentell > und < entspricht nicht den Richtlinien> . Siehe das oben lit. f und g Gesagte.

i) Mangel s Kenntnis der vollständigen Krankenakten des betreffenden Patienten reinspekulativ ist die Aussage eines anonymen Experten, <der Eingriff führte zur Lebensve r kürzung bei sonst schlechter Prognose > . Wer als Arzt, ohne die Einzelheiten der konkreten Krankengeschichte zu kennen, solche Behauptungen aufstellt , bewegt sich an der Grenze der Seriosität und Professionalität . Bezeichnenderweise hat es das SRF unterlassen , ihre Zuschauer über die Identität dieses ‚ Experten ‘ aufzuklären, obwohl das grund s ätzlich Ziff. 4 . 6 ihrer eigenen publizistischen Leitlinien widerspricht und so eine Überprüfung, ob diese Person für eine solche schwerwiegende Anschuldigung überhaupt qualifiziert ist, verunmöglicht wird . Mit fairem , sachgerechten Journalismus hat das nichts zu tun. Siehe im Übrigen das oben lit. g - i Gesagte.

j) Völlig ungerechtfertigt ist die 2-fache Nennung einer Voruntersuchung der Zürcher Staatsanwaltschaft gegen unbekannt wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung. Das SRF hat es bezeichnenderweise unterlassen, die Zuschauer darüber aufzuklären, dass die Durchführung einer Voruntersuchung lediglich dazu dient , abzuklären, ob überhaupt eine Strafuntersuchung eingeleitet oder mangels Tatverdachts gar nicht auf die entsprechende Anzeige eingetreten werden soll (Art. 299 StPO}. In diesem Verfahrensstadium ist es zur Vermeidung einer Verletzung der Unschuldsvermutung (Art . 32 Abs . 1 BV und Ziff. 6.8 der publizistischen Leitlinien des SRF) und zum Schutz der überwiegenden privaten Interessen von möglichen späteren Beschuldigten nicht zulässig, die Namen von Personen zu nennen , die in ein solche Voruntersu c hung eingezogen werden könnten. Das gilt im vo r liegenden Fall besonders und folgt auch aus Ziff. 6.9 der publizistischen Leitlinien des SRF, da eine solche Voruntersuchung gegen unbekannt geführt wird, was vom SRF zurecht nicht in Abrede gestellt wurde . Dann aber trotzdem im Bericht zu erwähnen, dass die Voruntersuchung u.a . gegen den Beanstandenden gerichtet sei, ist aus den genannten Gründen nicht sachgerecht und dient lediglich dazu, den Betroffenen beim Publikum als möglichen Straftäter zu diskreditieren.

k) Die Behauptungen von Prof . Bachmann, die Risiken , die mit diesen Eingriffen verbunden waren, seien <wahrscheinlich nicht richtig abgeschätzt > und <die Patienten möglicherweise nicht wirklich über die potentiellen Risiken aufgeklärt wurden>, haben sich in Bezug auf den Fall Y in der eingestellten Strafuntersuchung der Staatsanwaltschaft Heidelberg als unwahr erwiesen und unterschlagen im Fall P . F . die Tatsache , dass auch dieser Patient , wie alle Patienten , die vom Beanstandenden an der Leber operiert werden, über die Möglichkeit des Versterbens und das erhöhte Risiko aufgeklärt wurde. Zudem hat es das SRF unterlassen, die Zuschauer darüber zu informieren, dass Prof. Bachmann keinen vollständigen Einblick in OP - relevanten Patientenakten des Ehepaars Y hatte , sondern nur gerade in 13 von total 240 Seiten (also nicht einmal 10 % ) . Ihm trotzdem Gelegenheit zu geben, im beanstandeten Bericht seine erwiesenen Falschbehauptungen zu wiederholen, und ihn dem Publikum als ‚ Experten ‘ zu verkaufen, obwohl e r im einges te llten Verfahren für Frau Y als Privatgutachter tätig war und somit befangen ist , war verantwortungslos.

l) Auch die rhetorische Frage im ‚ off ‘ , ob den Patienten mit solchen Eingriffen wirklich geholfen und der Grundsatz < dem Patienten nicht zu schaden > eingehalten werde , und die daran gestellten Antwort von Prof . Clavien , damit werde < den Patienten geschadet > , sind tendenziös und vermitteln den Zuschauern einen falschen Eindruck von der är z tlichen Tätigkeit und vom Berufscredo des Beanstandenden. Auffallend ist, dass sich Prof . Clavien bei s einer Äusserung nicht auf eine konkrete Operation bezog , die der Beanstandende durchgeführt hat. Das stärkt die Vermutung , dass er keinen Einblick in die Krankengeschichten der im beanstandeten Bericht thematisierten OP - Fälle hatte, sondern bloss einen allgemeinen Grundsatz der Medizin ( ‚ Du sollst nicht schaden ‘ ) rezitierte. Der

Einschub der Aussage von Prof . Clavien erfolgte aber so, dass die Zuschauer annehmen mussten oder sollten, sie beziehe sich auf die Operationen des Beanstandenden und diese würden den besagten Grundsatz verletzen . Weder das eine noch das andere trifft jedoch zu. Das SRF hat es im beanstandeten Bericht unterlassen , die Zuschauer darauf hinzuweisen, dass es gegen den Beanstandenden trotz seiner über 30 - jährigen ärztlichen Berufstätigkeit, mit Ausnahme im Fall Y und einem weiteren Fall, noch nie zu einer Klage , Strafanzeige, Strafklage, Anklage oder Verurteilung gekommen , auf die sich die ungeheuerliche Unterstellung stützen liesse , er führe seinen Beruf zum Schaden seiner Patienten aus. Der Bericht war somit auch in diesem Punkt irreführend, manipulativ und damit in keiner Weise sachgerecht. Hinzukommt die Tatsache, dass auch der am Universitätsspital Zürich tätige Prof . Clavien nicht genügend neutral ist, um objektiv zu den Operationen des Beanstandenden Stellung zu nehmen, der als Belegarzt der Hirslanden ein namhafter Konkurrent von ihm ist.

m) Ebenfalls nicht sachgerecht sind die Bezeichnung von Eingriffen des Beanstandenden (P. B.) als ‚weiterer gravierender Fall‘. Das SRF hat es im beanstandeten Bericht unterlassen , die Zuschauer darüber zu informieren , dass der betreffende Patient wegen einer lebensbedrohlichen Infektion des Harntraktes und dem auf eine Schnittbildgebung gestützten hochgradigen Verdacht auf ein frühes und ausgedehntes Rezidiv eines Blasenkrebses mit Beteiligung der Blase, der Prostata und der rechten Niere als Notfall zu einem urologischen Kollegen des Beanstandenden (Dr. Rüedi) gekommen ist, dieser ihn gebeten hat , die z ur Abwendung der Lebensgefahr notwendigen Operation gemeinsam durchzuführen und es so gelang, den lnfektherd beim betagten Patienten zu entfernen und eine Blutvergiftung zu vermeiden. Berücksichtigt man zudem , dass sich der Patient <dank der Operation durch den Beanstandenden und Herrn Dr . Rüedi wieder frei bewegen kann, sich in guter gesundheitlicher Verfassung befindet (was vorher nicht der Fall war) und damit wieder mehr Lebensfreude ( . .. ) hat >[13] , gab es keinen sachlichen Grund , diesen Eingriff im beanstandeten Be r icht - zumal noch gegen den ausdrücklichen Protest des Pat i enten - als einen von drei Fällen hoch riskanter , lebensgefährlicher Operationen des Beanstandenden anzuführen .

n) Mangels Kenntnis der vollständigen Krankenakten des betreffenden Patienten rein spekulativ und sachlich nicht gerechtfertigt ist auch die Wiedergabe der Aussage eines weiteren anonymen Experten , wonach dies ein <nutzloser gefährlicher, grosser Eingriff> gewesen sei. Das SRF hat es im beanstandeten Bericht unterlassen, die Zuschauer darüber aufzuklären, dass der Patient - nach z wei ungewöhnlichen Eingriffen des Vorar z tes – in wiederholt gefährliche Infekt-Situationen geraten ist, total harninkontinent war und als Notfall eingeliefert wurde. Es gilt im Übrigen auch hier das oben lit . i und lit. m Gesagte.

o) Nicht sachgerecht sind ferner auch die Aussagen von Frau E . Ziltener von der Patientenstelle Zürich, wonach ihr der Beanstandende < durch seine TV - Auftritte in der Sendung 'CheckUp ' n e gativ aufgefallen > sei, seine < Werbeauftritte unzulässig > seien und es < unethisch > sei , <Schwerstkranken Hoffnung zu machen>. We r die Patienteninformationen , die der Beanstandende auf seiner Webseite, in der Sendung ‚CheckUp‘ und mit Videos via Youtube zur Verfügung stellt , aufmerksam liest, stellt fest, dass diese keine Aussagen enthalten, die als unzulässige oder unethische Werbe - oder Heilsversprechen gewertet werden könnten . Es gibt denn auch keinerlei standesrechtliche, gerichtliche oder sonstige Verfahren oder gar Urteile , die eine solche Qualifizierung stützen würden . Das SRF, das zu einer sachgerechten Berichterstattung verpflichtet ist, hätte auf diese Tatsache hinweisen müssen, damit sich die Zuschauer ein eigenes Bild über diese schwerwiegenden Vorwürfe machen konnte . Das hat es unterlassen , was verantwortungslos war. Die Aussagen von Frau Ziltener sind daher objektiv falsch und rechtfertigen es folglich auch nicht, den Beanstandenden als Person zu bezeichnen, der <negativ aufgefallen > sei.

p} Nicht sachgerecht ist schliesslich die emotionale Darstellung des Schicksals von Frau Y , der, wie gesagt, ausführlich Gelegenheit geboten wurde, sich schlecht über den Beanstandenden zu äussern, obwohl das von ihr angestrengte Strafverfahren eingestellt wurde und sie Partei in einem noch hängigen Zivilverfahren gegen ihn ist. In der beanstandeten Sendung wurde gerade mit den sich auf Frau Y beziehenden Sequenzen beim Publikum der Eindruck vermittelt , der Beanstandende habe keine ärztliche Moral und bereichere sich bei seinen Patienten . Das SR F hat es unterlassen , die Zuschauer zu informieren, dass es, mit Ausnahme des Zivilverfahrens von Frau Y , auch hierzu keinerlei standesrechtliche, gerichtliche oder sonstige Verfahren oder gar Urteile gibt , die eine solche Qualifizierung stützen würden.

21. Aus den genannten Gründen hätte der beanstandende Bericht so gar nie ausgestrahlt werden dürfen. Denn er vermittelte den Zuschauern ein völlig falsches, einseitiges und stark negatives Bild in Bezug auf die ärztliche Tätigkeit und die Motive des Beanstandenden und verunmöglichte, dass sich die Zuschauer über die gegen den Beanstandenden erhobenen Vorwürfe eine eigene Meinung bilden konnte. Frau Woodtlis unkritischer Umgang mit den Informationen, die ihr offenbar von einem anonymen Whistleblower (möglicherweise einem Arztkollegen bzw. Konkurrenten des Beanstandenden) sowie von Frau Y (die mit ihrer Strafklage gegen den Beanstandenden gescheitert ist und nun mit einer Zivilklage gegen ihn vorgeht) zusammen mit Krankengeschichten und Patientendaten , die der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen , z ugespielt worden sind, führt nicht nur dazu , dass die Meinungsbildung des Publikums zum Nachteil des Beanstandenden wesentlich beeinflusst wurde, sondern zeigt vor allem auch, dass sie als verantwortliche Autorin nicht frei von Vorurteilen und nicht mit der notwendigen kritischen Distanz an das Thema herangegangen ist, über das sie berichtet hat . Ihre Voreingenommenheit z eigt sich auch deutlich in i hrem Verhalten vor der Ausstrahlung ihres Berichts, wo sie dem Beanstandenden nicht nur persönliche Bereicherung und aggressive Behandlungsmethoden, sondern auch ‚Cowboy- oder Raubritter - Chirurgie ‘ vorgeworfen hat .[14] Zwar finden sich, mit Ausnahme des Bereicherungsvorwurfs, diese klar ehrverletzenden Formulierun g en n i cht mehr im beanstandeten Bericht , doch ändert das nichts daran, dass es Frau Woodtli vorrangig darum gegangen ist, gegen den Beanstandenden Stimmung zu machen und ihn namentlich im Fall Y im Hinblick auf eine Bestätigung ihrer Thesen unter Druck zu s etzen. Nur so ist erklärbar, wie leichtfe r tigt sie sich von der Desinformationskampagne des anonymen Whistleblowers und von Frau Y täuschen und sich für deren durchsichtigen Motive instrumentalisieren liess .

22 . Wenn es Frau Woodtli tatsächlich um die Vermittlung sachgerechter Informationen gegangen wäre, hätte sie entweder von Anfang an auf die Ausstrahlung der in ihrem Bericht enthaltenen Falschbehauptungen verzichtet, wie das vom Beanstandenden durch seinen Anwalt mehrmals und unter Hinweis auf die wahren Tatsachen verlangt wurde, oder diese wenigstens nach der Ausstrahlung von sich aus korrigiert, wie das in Ziff. 11.2 der publizistischen Leitlinien des SRF sowie in Ziff . 5 des Journalistenkodexes[15] vorgesehen ist und dem Sachgerechtigkeitsgebot gemäss Art . 4 Abs. 2 RTVG entspricht[16] Nichts von alledem hat sie gemacht und damit ein weiteres Mal ihre fehlende Objektivität und Wahrheitstreue manifestiert.

23 . An diesen Feststellungen ändert sich nichts dadurch, dass im beanstandeten Bericht zu einzelnen Behauptungen eine Stellungnahme des Beanstandenden eingeblendet oder zitiert wurde, denn insgesamt bl i eb es beim völlig manipulativen Eindruck (unterstützt durch bedrohlich wirkende Musik und Sounddesign) , den der Bericht beim Durchschnittszuschauer , der mit den Verhältnissen nicht besonders vertraut ist, vermittelt hat . Das gilt auch für die korrigierenden Ergänzungen, zu denen sich der Moderator U. Schmezer im Anschluss an den beanstandeten Bericht aufgrund der offenbar auch ihm aufgefallenen Fehlinformationen veranlasst sah und mit denen er im Grunde bestätigte , dass die im beanstandeten Bericht verbreiteten Informationen kein objektives Bild der tatsächlichen Verhältnisse vermittelte, also nicht sachgerecht waren . Bei dieser Sachlage hätten aber die Falschbehauptungen gar nie verbreitet werden dürfen, denn es besteht ja auch die Möglichkeit, dass Zuschauer nach dem Hauptbeitrag abschalten und die Berichtigung der Falschmeldung gar nicht mehr sehen .

2 4. Das gleiche gilt für das anschliessend mit dem Beanstandenden geführte Interview . Zwar gelang es dem Beanstandenden, einzelne Behauptungen zu widerlegen oder zu relativieren. Auch das genügt aber nicht, den manipulativen Eindruck, den der beanstandende Bericht vermittelt hat, zu beseitigen, denn beim Publikum musste bei dieser Art von Berichterstattung die Meinung entstehen, der Beanstandende übe seinen Beruf so aus , dass er seinen Patienten statt zu helfen sie in lebensgefährlicher Art schädige und sich zudem noch an deren Schicksal bereichere. Da die z ur Stützung dieser Thesen angeführten Behauptungen, wie gezeigt, nicht den Tatsachen entsprechen , war es im Lichte des Wahrheits - und Sachgerechtigkeitsgebots völlig unverantwortlich, solche Thesen überhaupt zu verbreiten .

25 . Auffallend ist zudem, dass Frau Woodtli in ihrem Bericht mehrere anonyme Quellen zu Wort kommen lässt bzw . von ihnen z ugespielte Informationen verbreitet . Das wider s pricht dem bereits früher erwähntem Grundsat z gemäss Ziff. 4.6 der publizistischen Leitlinien des SRF und dami t dem Sachgerechtigkeitsgebot , wonach in den SRF - Programmen alle Personen mit ihrem echten Namen auftreten müssen . Legitime Gründe , im vorliegenden Fall von diesem Grundsatz abzuweisen , sind keine ersichtlich .

26 . Störend ist schliesslich noch der Umstand, dass die interne Rechtsvertreterin des SRF dem Anwalt des Beanstandenden zugesichert hat, dass es im geplanten Bericht nicht um die Diffamierung und Rufschädigung des Beanstandenden gehe, sondern man sich vielmehr auf Fakten beziehen und die verfassungsmässigen und gesetzlichen Grundlagen, die publizistischen Leitlinien sowie die journalistischen Sorgfaltspflichten einhalten werde. Sie versuchte so offensichtlich zu beschwichtigen. Davon, dass der Bericht massgeblich auf falsche Tatsachen, anonyme und/oder voreingenommene Quellen sowie vermutlich illegal zugespielte Patientenakten gestützt wer de, verlo r sie kein Wort .

Aus allen diesen Gründen komme ich zum Schluss, dass die SRG bzw . die Verantwortlichen des SRF für die Sendung ‚ Kassensturz ‘ durch Ausstrahlung des beanstandeten Berichts ihren Programmauftrag bzw. ihre gesetzlichen und kon z essionsrechtlichen Programmpflichten sowie insbesondere das Sachgerechtigkeitsgebot nach Art. 4 Abs. 2 RTVG verletzt haben. Die Verletzung dauert bis heute an, da der beanstandete Bericht weiterhin auf www . srf.ch online verbreitet wird, was bei der Empfehlung entsprechender Massnahmen berücksichtigt werden muss, indem dem Programmveranstalter z . B . empfohlen wird , ihn auf ihrer Webseite zu löschen.»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für den «Kassensturz» äußerte sich dessen Redaktionsleiterin, Frau Ursula Gabathuler:

«In einem Schreiben vom 15. Juni 2018 wendet sich Prof. Jan Schmidt, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, an Sie und beanstandet den ‘Kassensturz’-Beitrag ‘Kritik an Star-Arzt: Hochrisiko-Operationen an Privatpatienten’ vom 5. Juni 2018:

Allein der Umfang dieser Beanstandung dokumentiert aus unserer Sicht, wie gross das Machtgefälle zwischen Arzt und Patient ist. Die Aufgabe anwaltschaftlicher Medien, sich Patienten schützend zur Seite zu stellen und auf Entgleisungen im Gesundheitssystem aufmerksam zu machen, erscheint uns je länger je wichtiger. ‘Kassensturz’ leistet dazu regelmässig kritische Beiträge. So auch im vorliegenden Fall.

Zunächst ist festzuhalten, dass im Beanstandungsverfahren der ‘Kassensturz’-Beitrag als solcher im Zentrum steht und zu prüfen ist, ob sich das Publikum beim Betrachten des Beitrages aufgrund der vermittelten Fakten eine eigene Meinung bilden konnte. Nicht Gegenstand des Beanstandungsverfahrens sind demgegenüber die Ereignisse im Vorfeld des Beitrages, auf welche die Beanstandung von Prof. Jan Schmidt ausführlich eingeht (vgl. Ziff. A der Beanstandung <Ereignisse vor der Ausstrahlung der beanstandeten Sendung>). Der Vollständigkeit halber werden wir trotzdem kurz auf die Ereignisse vor Ausstrahlung der Sendung eingehen und uns in der Folge ausführlich zur Kritik am beanstandeten Beitrag äussern (Ziff. B, Punkte 16 bis 26 der Beanstandung):

Immer wieder erhalten wir von Whistleblowern Dokumente zugespielt. Diesmal handelte es sich um sehr umfangreiche und sensible Unterlagen, die die Arbeit von Prof. Jan Schmidt an den Hirslandenkliniken dokumentierten. Unsere anschliessenden, sehr ausführlichen Recherchen zeigten, dass Prof. Jan Schmidt immer wieder umstrittene Hochrisiko-Operationen durchführt, im Grenzbereich des medizinisch Machbaren und dass er damit bei Privatpatienten sehr viel Geld verdient. Dies wollten wir in unserem Bericht aufzeigen. Wir sind der Ansicht, dass wir sachgerecht berichtet haben.

Im Vorfeld hatten wir nicht nur Kontakt mit vielen Ärzten und Professoren, sondern auch zu Angehörigen von mehreren Patienten. Auch mit Patient P.B., über dessen Krankengeschichte wir berichteten, führten wir mehrere Gespräche. Sein Fall diente neben zwei anderen Fällen im Beitrag dazu, die Problematik zu thematisieren, dass Zusatzversicherte häufiger operiert werden als Allgemeinversicherte und dass dabei unnötige Risiken eingegangen wurden. An einer solchen Berichterstattung besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse, da gegebenenfalls unnötige Eingriffe nicht nur die Prämien der Zusatzversicherten verteuern, sondern auch die Grundversicherung belasten. Gerade im Gesundheitsbereich besteht ein grosses Bedürfnis nach Transparenz. Den letzten Anruf von P.B. bekam die Redaktionsleiterin wenige Minuten vor Eintreffen des Anwaltsschreibens mit dem Publikationsverbot. Wir versicherten P.B., dass wir seinen Fall so anonymisieren, dass kein Rückschluss auf seine Person gemacht werden kann. P.B. erklärte sich explizit damit einverstanden. Dies, die Einschätzung der Experten, dass es sich im Fall P.B. um einen gravierenden Fall von Überbehandlung handelt, sowie das grosse öffentliche Interesse an einer Berichterstattung, bewog uns, die Krankengeschichte vollständig anonymisiert zu publizieren. In diesem Zusammenhang verwundert uns die wiederholte Namensnennung des Patienten in der vorliegenden Beanstandung. Wir bitten Sie, vor der Publikation auch in den vielen Beilagen von RA X darauf zu achten, dass der Name anonymisiert wird.

Wir hatten auch ausführlichen Kontakt zu Dr. R., dem behandelnden Urologen. Auch er wünschte keine Namensnennung. Zum missverständlichen Wort ‘Assistenz’ in Zusammenhang mit der Verantwortung von Prof. Schmidt bei dieser Operation: Tatsache ist, dass es Prof. Schmidt war, der die tumorfreie Niere entfernt hatte und den künstlichen Blasenausgang konstruiert hatte. Prof. Schmidt rechnete auch nicht als ‘Assistent’ ab (das wären nur 33% des Ärztehonorars). Natürlich legten wir auch die schriftliche Stellungnahme von Dr. R. den Experten vor, sie änderte nichts an ihrer Einschätzung. Ihrer Meinung nach widersprachen R.s Angaben teilweise den Krankenakten und Laborbefunden (siehe auch Punkt 20a).

Es ist zu betonen, dass wir im Vorfeld der Publikation sehr transparent und fair mit Prof. Jan Schmidt kommuniziert haben. Neben einem umfangreichen Telefon- und Emailkontakt hatten wir ein mehrstündiges Gespräch mit ihm, im Beisein von Herrn Liedtke (COO Hirslanden) und Herrn Nehlig (Kommunikationsverantwortlicher der Hirslandengruppe). Prof. Schmidt kannte jeden gegen ihn erhobenen Vorwurf und den Inhalt des Berichts im Vorfeld der Ausstrahlung sehr genau. In diesem Zusammenhang legen wir noch die ‘Dringende Abmahnung’ vom 1. Juni 2018 bei, die der Beanstandung nicht beigelegt wurde.[17] Auch sie zeigt, wie transparent wir mit dem Beanstander kommunizierten.

Zum beanstandeten Bericht:

Punkt 16 (Zusammenfassung)

- Zu Frau Woodtlis Frage an Frau Y, ob sie gewusst habe, dass sie und ihr Mann als ‘Versuchskaninchen’ dienten: Frau Y, die der Redaktion auch im Nachgang an die Berichterstattung ihr vollstes Vertrauen ausgesprochen hat, fühlt sich heute genauso. Wir zitieren aus einem Mail: < Mein Mann und ich waren die Versuchskaninchen> (siehe auch Punkt 20b).
- Ob die Auswirkungen des Krebses bei Herrn Y vorgängig abgeklärt wurden, war nicht Thema im ‘Kassensturz’ (siehe auch Punkt 20c).
- Der Vorwurf von Frau Y, dass sie und ihr Mann nicht über die Risiken des Doppeleingriffs aufgeklärt worden seien, ist für die Klägerin Hauptgrund für die laufende Zivilklage (siehe auch Punkt 20b und 20d)
- Professor Schmidt bezeichnet die Nierentransplantation als ‘Erfolg’. Der Patient indessen verstarb leidvoll nach zahlreichen Infekten, u.a. auch durch ein klaffendes Leck im Harnleiter (siehe auch Punkt 20b).
- Dass der Leberkrebspatient F. ohne vorgängige Gewebeprobe operiert worden ist, hat Professor Schmidt nie bestritten. Dieser Fakt lässt sich aus den Akten lesen (siehe auch Punkt 20f)
- Laut chirurgischen Richtlinien des ‘Barcelona Clinic Liver Cancer Staging’ (Link folgt weiter unten) sollte ein Patient im Stadium C palliativ behandelt werden (siehe auch Punkt 20g).
- ‘Kassensturz’ hat von ‘mehrmaligen’ HIPEC-Eingriffen gesprochen. Zu einer Wiederholung des HIPEC haben wir keine Richtlinien gefunden. Mehrere Experten haben uns den experimentellen Charakter einer wiederholten Anwendung beim gleichen Patienten bestätigt (siehe auch Punkt 20h).
- Zur Lebensverkürzung bei sonst schon schlechter Prognose führte eine OP-Komplikation (siehe auch Punkt 20f).
- Beim Hinweis auf die Voruntersuchungen wurden stets die korrekten strafprozessualen Begriffe verwendet (siehe auch Punkt 20j).
- Professor Bachmann sah sich aufgrund seiner Akteneinsicht zu dieser Aussage befähigt (siehe auch Punkt 20k).
- Professor Clavien sah sich aufgrund seiner Erfahrung zu dieser Aussage befähigt (siehe auch Punkt 20l).
- Patient P.B. hätte aufgrund der Komplikationen sterben können. Dies als ‘gravierender Fall’ zu bezeichnen, halten wir demnach für korrekt (siehe auch Punkt m n).
- ‘’Nutzloser, gefährlicher, grosser Eingriff’ zu diesem Schluss kommt ein Experte.
- Professor Schmidt ist der Patientenschützerin Erika Ziltener schon im Vorfeld negativ aufgefallen (siehe auch Punkt 20o).

Punkt 17

Wir haben den Umstand, dass uns Akten mit sensiblen Daten vorliegen, juristisch einschätzen lassen und sind zum Schluss gekommen, diese unter vollständiger Anonymisierung der betroffenen Personen zu verwenden, da das Thema von überwiegendem öffentlichen Interesse ist: Der Beitrag thematisiert anhand der medizinischen Tätigkeit von Prof. Jan Schmidt das allgemeine Problem, dass zusatzversicherte Patienten häufiger operiert werden als Allgemeinversicherte (laut Bundesamt für Gesundheit ist die Wahrscheinlichkeit 17 % höher). Da die Kosten für entsprechende Mehrbehandlungen auch die Grundversicherung mit rund 100 Mio. Franken pro Jahr und damit die Allgemeinheit belasten, ist es von grossem öffentlichen Interesse, darüber zu berichten. Die Darstellung konkreter Fälle sollte insbesondere dazu beitragen, die Allgemeinheit auf die Problematik der Überbehandlung aufmerksam zu machen und zu sensibilisieren. Wir haben zudem im Vorfeld der Berichterstattung mit den Betroffenen Kontakt aufgenommen, damit sie von der Berichterstattung nicht überrascht werden. Wir haben auch im Beitrag darauf aufmerksam gemacht, dass der Whistleblower oder die Whistleblowerin mit dem Zuspielen der Akten erhebliche Risiken in Kauf nimmt.

Punkt 18

Wir sind der Ansicht, fachlich korrekt und sachgerecht berichtet zu haben, indem wir wahrheitsgemäss und objektiv über die ausgewählten Fälle berichteten. Was der Beanstander mit dem Hinweis meint, es sei Pflicht, Abmachungen zwischen dem Medienschaffenden und dem Betroffenen im Hinblick auf die Durchführung eines Interviews einzuhalten, verstehen wir schlichtweg nicht. Wir sind der Ansicht, dass wir jederzeit fair und transparent mit dem Beanstander kommuniziert haben. Der Beanstander kannte alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Seine schriftlichen Stellungnahmen kamen ausführlich im Bericht vor, zudem konnte er in einem Studiogespräch ausführlich seine Sicht der Dinge darlegen.

Punkt 19

‘Kassensturz’ hat seine journalistischen Sorgfaltspflichten wahrgenommen und im Ton äusserst zurückhaltend berichtet. Auf bildhafte Begriffe wie ‘Cowboy-Chirurgie’ oder ‘Raubritter-Chirurgie’, die von Experten genannt wurden, verzichtete die Redaktion. Prof. Schmidt bekam schriftlich und mündlich Gelegenheit, sich ausführlich zu den Vorwürfen zu äussern und hat diese auch wahrgenommen.

Punkt 20

a) Wir erachten das Vorschieben eines ‘zufriedenen’ Patienten als zynisch. Einem fast 90-jährigen Mann wurden tumorfreie Organe entnommen. Heute hat der Diabetiker nur noch eine Niere und einen künstlichen Blasenausgang.
Dass Prof. Schmidt - laut eigenen Angaben - 14'000 Eingriffe durchgeführt hat, wurde in der Abmoderation, wie auch online gesagt. Zum Vorwurf, dass der Beanstander vor allem Privatpatienten operiert, dass er an Privatpatienten ein Vielfaches mehr verdient, als an allgemeinversicherten Patienten, konnte der Beanstander im Gespräch Stellung nehmen. Wir verweisen bei dieser Gelegenheit auf einen aktuellen Bericht im Beobachter.[18] Den Vorwurf der Stimmungsmache weist die ‘Kassensturz’-Redaktion in aller Form zurück.

b) Wir zitieren aus einem Mail von Frau Y: < Mein Mann und ich waren die Versuchskaninchen>. Die Zwischenfrage im Beitrag widerspiegelt also das Empfinden der geschädigten Patientin. Wir machen darauf aufmerksam, dass die Strafanzeige wegen fahrlässiger Tötung durch eine ehemalige Bundesrichterin erfolgte als Leiterin der ‘Vertrauensstelle Transplantationskommission’. Frau Y trat als Nebenklägerin auf. Herr Y starb nach 7 1⁄2 Monaten und unzähligen Infekten an Multiorganversagen. Die Spenderniere seiner Gattin musste ihm im Vorfeld wieder entfernt werden. Über operationsassoziierte Komplikationen - wie etwa Leckagen - hat ‘Kassensturz’ nicht berichtet. Wir beschränkten uns auf die Hauptkritik von Frau Y, der mangelnden Aufklärung über den erstmals durchgeführten Doppeleingriff bei Blutgruppenunverträglichkeit und gleichzeitiger Entfernung der Prostata und informierten sachgerecht, dass ein Gutachten im Auftrag der Heidelberger Staatsbehörden zu einem anderen Schluss kam.

c) Im Beitrag wird nicht behauptet, der Beanstandende habe die Auswirkungen des Krebses bei Herrn Y ‘nicht vorgängig abgeklärt’. Wir haben uns im Beitrag auf die Hauptkritik von Frau Y beschränkt, die aus ihrer Sicht ungenügende Aufklärung. Die ‘wissenschaftliche Analyse’, Beilage 17, lag uns bislang nicht vor. Wir zitieren bei dieser Gelegenheit aus dem Gutachten der Charité Berlin, das von der Heidelberger Staatsanwaltschaft in Auftrag gegeben worden ist: <Die Durchführung einer simultanen Prostatektomie und Lebendnierentransplantation ist unüblich und von bisher nicht nachgewiesener medizinischer Sinnhaftigkeit.>

d) Die Qualität der Aufklärung wird wohl Thema im Zivilverfahren von Frau Y sein. So viel dazu: Am Vorabend der OP habe ein Assistenzarzt, der offenbar nichts mit der OP zu tun hatte, Frau Y das Aufklärungsblatt eines ‘Empfängers’ (dieser hat andere Komplikationsrisiken als ein ‘Spender’) vorbeigebracht. Das Aufklärungsblatt liegt ‘Kassensturz’ vor. Die Begriffe ‘verantwortungslos’ und ‘manipulativ’ sind eine Unterstellung, gegen die sich die Journalistin in aller Deutlichkeit verwahrt.

e) Herr Y ist nach vielen Infekten an Multiorganversagen verstorben. Wir haben uns deshalb erlaubt, den Eingriff als ‘misslungen’ zu bezeichnen. Laut Einschätzung eines Mediziners hätte Herr Y mit der Bauchfelldialyse, die er daheim machte, noch jahrelang weiterleben können.

f) Die Feststellung, dass es im Fall P.F. keine Gewebeentnahme gegeben hat, ist korrekt. Dies lässt sich genauso den Akten entnehmen wie der radiologische Befund des PET-CTs, der auf hochgradig suspekte, vergrösserte Lymphknoten aufmerksam macht. Dazu der Kommentar eines beigezogenen Experten: <Lymphknoten im Leberhilus und Retroduodenal können problemlos endoskopisch punktiert werden. Die Notwendigkeit zur offenen Chirurgie besteht nicht. Diesem Patienten hätte der Eingriff und der komplikative Verlauf erspart werden können. Bei einem HCC von >5cm mit Lymphknotenmetastasen im Leberhilus von >2.5cm von Heilungsaussicht zu sprechen ist zudem gegenüber dem Patienten nicht fair und drängt den Patienten zur Einwilligung für einen riskanten und in diesem Fall unnötigen Eingriff. >

Prof. Schmidt hat auf eine Gewebeentnahme verzichtet und den Patienten aufgemacht. Beim Leberband (Ligamentum falciforme) fand er die erste Metastase und gab sie ins Labor zur Schnellschnitt-Untersuchung. Dazu schreibt ein weiterer Experte: <Spätestens nach dem positiven Schnellschnitt aus dem Ligamentum falciforme hätte die Operation beendigt werden können/müssen. Ob zur Gewinnung des retropankreatischen LK eine solch ausgedehnte Mobilisation des Duodenums notwendig war, erscheint fraglich. Dass der Operateur einer Pancreasfistel mit Drainagen vorsorgen will, lässt auf eine Verletzung des Pankreas hindeuten! Dem Prinzip ‘primum nihil nocere’ wurde da nicht nachgelebt.>

g) Basierend auf der am weitesten verbreiteten Stadieneinteilung, dem ‘Barcelona Clinic Liver Cancer Staging’, gehört der Patient ins Stadium C und sollte palliativ mit dem Medikament ‘Sorafenib’ behandelt werden.[19] Bei der Operation kam es zur Verletzung der Bauchspeicheldrüse und des Gallengangs. Blutungen und Nierenversagen waren die Folge.

h) Rechtsanwalt X schreibt von ‘2-maliger’ HIPEC-Behandlung. ‘Kassensturz’ sagte jedoch im Beitrag: <Hier zeigt Schmidt wie er eine warme Chemospülung durchführt – eine sogenannte HIPEC. Schaukelnd verteilt er während rund 60 Minuten das Zellgift im Bauch. Allein dafür kann er je nach Krankenkasse gut 3000 bis 5000 Franken verrechnen. ‘Kassensturz’ weiss: Schmidt behandelt so mehrheitlich zusatzversicherte Patienten. Manche mehrmals. Das ist experimentell und entspricht nicht den Richtlinien.>

Mehrere Experte haben uns den experimentellen Charakter der wiederholten Anwendung bestätigt. Dass in den Hirslanden Kliniken wiederholte HIPEC-Behandlungen ausserhalb eines wissenschaftlichen Studienprotokolls durchgeführt werden, mag erstaunen, war aber nicht Thema der Sendung.

Die Experten waren bestens dokumentiert und in der Lage, sich selber eine Meinung zu bilden. Das abmahnende Vorgehen und die angekündigten rechtlichen Schritte von Prof. Schmidt – übrigens bei völliger Transparenz von unserer Seite – zeigt, dass die Experten ihr Prozessrisiko hier korrekt eingeschätzt haben.

i) Um ein vollständiges Bild wiederzugeben und damit sich das Publikum eine eigene Meinung bilden kann, wurde im Beitrag korrekt darauf hingewiesen, dass Voruntersuchungen der Zürcher Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem im Beitrag jeweils erwähnten Fall laufen. Dabei wurden die korrekten strafprozessualen Begriffe verwendet und hervorgehoben, dass die Anzeige jeweils von einer anonymen Person eingereicht worden ist:
Bei Minute 6:10 im Beitrag heisst es: <‘Kassensturz’ weiss: Dieser Fall ist Teil einer Voruntersuchung gegen unbekannt der Zürcher Staatsanwaltschaft - aufgrund einer anonymen Anzeige.>
Bei 11:45 im Beitrag heisst es: <Auch in diesem Fall gab es eine anonyme Anzeige. Der Fall ist Teil einer Voruntersuchung der Staatsanwaltschaft gegen unbekannt wegen möglicher fahrlässiger schwerer Körperverletzung.>

j) Dass Prof. Bachmann im Auftrag von Y ein Gutachten verfasst hat, wird im Beitrag selbstverständlich gesagt. Dass er für Patienten Gutachten verfasst und dafür auch Honorar bekommt, heisst allerdings nicht, dass seine medizinischen Schlüsse nicht zutreffen würden. Die Einschätzung der Hirslanden-Patientenfälle von Professor Bachmann fusst auf seinen aktuellen Aktenkenntnissen. Er hat sie bewusst vorsichtig mit ‘wahrscheinlich’ und ‘möglicherweise’ formuliert. Ob der verstorbene Patient P.F. im mündlichen Gespräch über die Möglichkeit des Versterbens aufgeklärt worden ist, wissen wir nicht und haben dies auch nicht behauptet. Wir zitieren aus dem Aufklärungsblatt: Unter der Rubrik ‘voraussichtlicher Verlauf’ steht ‘Heilungschance’, ‘Lebensverlängerung’. Der Beanstander selber sagt im Beitrag in seiner Stellungnahme bei Minute 5:34 <Eine solche Operation kann leider das Leben des Patienten, wenn es zu Komplikationen kommt, etwas verkürzen. Andererseits würde man einem so betroffenen Patienten aber eine Heilungschance vorenthalten, wenn die Lymphknoten nicht befallen wären und man ihn zur Klärung der Gut- oder Bösartigkeit nicht operieren würde.>

k) Auf welche rhetorische Frage im ‚off‘ sich der Beanstander hier bezieht, wissen wir nicht. Im Antext zu Professor Clavien hat ‚Kassensturz‘ das Folgende gesagt:
<Zu den wichtigsten Grundsätzen in der Medizin gehört, einem Patienten mit der Behandlung nicht zu schaden. Am Universitätsspital Zürich operiert und transplantiert einer der renommierten Viszeralchirurgen der Schweiz. Vor jeder Operation müsse sich ein Arzt überlegen, ob er damit dem Patienten wirklich helfe. Professor Pierre-Alain Clavien:... >
Professor Clavien fühlte sich durchaus befähigt im Kontext eine allgemeingültige Aussage machen zu können. Professor Clavien leitet u.a. das Transplantationscenter am USZ. Unseres Wissens transplantiert Professor Schmidt in den Hirslanden Kliniken nicht. Die sogenannten ‘Konkurrenten’ arbeiten also nur teilweise im gleichen Bereich.

Wir haben von zwei Verfahren in Deutschland Kenntnis: Den Fall Y und einen abgeschlossenen Fall mit Zahlung an eine Patientin. Im Fall von Frau Y läuft eine Zivilklage. In der Schweiz laufen ausserdem zwei Voruntersuchungen der Staatsanwaltschaft: Einem betagten Mann wurden krebsfreie Organe entnommen, er erlitt dabei gefährliche Komplikationen. Der Leberkrebspatient starb an den Komplikationen des Eingriffs. Was irreführend oder manipulativ sein soll, verstehen wir nicht. Prof. Schmidt ist laut unseren Recherchen im In- und Ausland ein umstrittener Operateur. Darüber zu berichten, ist aus unserer Sicht von grösstem öffentlichen Interesse.

m, n) Aufgrund der uns vorliegenden Akten ist ersichtlich, dass eine ‘Entwicklung einer Urosepsis’ (Blutvergiftung) vor der OP intravenös mit Antibiotika behandelt worden ist. Der Patient war zum Zeitpunkt der OP stabil, wie dies uns auch Urologe Dr. R. bestätigte. Eine Blutvergiftung, sagen uns Experten, sei ausserdem kein Grund für eine radikale Entfernung mehrerer Organe.
Ohne vorgängige Gewebeentnahmen wurde der betagte Patient laut OP-Bericht wegen eines ‘multilokulären hoch aggressiven Urothelkarzinoms der Harnblase’ operiert. Diese Diagnose hat sich in den histologischen Befunden allerdings nicht bestätigt. Prof. Schmidt hat dem Patienten eine tumorfreie Niere entfernt und ihm einen künstlichen Blasenausgang konstruiert.
Zum Stichwort ‘Notfall’: Prof. Schmidt verrechnete für die Operation vom X.XX.17 (Datum der Redaktion bekannt) keinen Notfalltarif. Erst nachdem es zu Komplikationen kam, stellte er regelmässig Notfallzuschläge in Rechnung.

In der Abmoderation sagte Ueli Schmezer, dass sich der Patient gesundheitlich besser fühlt. Dies legitimiert aus unserer Sicht allerdings die radikale Entfernung mehrerer krebsfreier Organe nicht. Herr B. hätte aufgrund der OP-Komplikation, eines Urinlecks in seinen Bauchraum, sterben können. Heute hat seine verbliebene Niere einen kürzeren Weg zur Aussenwelt, ob sich dadurch das Infektrisiko erhöht, wäre eine Frage an die Fachwelt. Inkontinenz ist laut unserem Wissensstand kein Grund für eine komplette Blasenentfernung.

o) Medizinalpersonen dürfen laut Art. 40 lit. d MedBG (Medizinalberufegesetz) nur Werbung machen, die objektiv ist, dem öffentlichen Bedürfnis entspricht und weder irreführend noch aufdringlich ist. Das Verbot der Irreführung untersagt insbesondere Aussagen, die zum Erwecken von falschen Eindrücken gemacht werden, wie z.B. absolute Heilversprechen. Die Standesordnung der FMH (Art. 22) verlangt: <Stets hat die Sache und nicht die Person des Arztes oder der Ärztin im Vordergrund zu stehen.> In den Youtube-Videos, in denen Prof. Schmidt seine Patienten interviewt oder interviewt wird, kommt er - ob gewollt oder ungewollt - in die Rolle eines Retters in der Not. Immer wieder spricht er in seinen Videos von ‘Heilung’ oder ‘Lebensverlängerung’. Ein Wort, an das sich Schwerstkranke sicher klammern. <Ich bin ein Mediziner, der selten oder gar nicht aufgibt>, präsentiert er sich in einem Selbstporträt auf Youtube. Auch in verzweifelten Fällen gäbe es Möglichkeiten, <Patienten Lebensverlängerung zu schenken oder sogar noch eine Heilung zu ermöglichen>. Erika Ziltener, der langjährigen Patientenschützerin und Geschäftsführerin der Patientenstelle Zürich, sind diese medialen Auftritte ‘negativ aufgefallen’ - noch bevor der ‘Kassensturz’ sie überhaupt kontaktiert hat. Laut unseren Internet-Recherchen rückt sich Prof. Schmidt vergleichsweise oft ins Blickfeld der Öffentlichkeit bzw. der Medien. Der Zuschauer, die Zuschauerin kann sich auf Youtube leicht ein eigenes Bild machen; die Quellen ‘CheckUP’ und ‘Tumor Sprechstunde’ wurden im Beitrag jeweils eingeblendet.

p) Frau Y lebt heute ohne Mann. Ihre Nierenspende war vergeblich. Sie kämpft mit hohem Blutdruck und ständiger Müdigkeit. Sie hat das Recht, emotional zu sein. Emotionen bedeuten nicht, dass ihre Aussagen nicht stimmen. Das Strafverfahren wurde übrigens nicht von Frau Y angestrengt, sondern von einer ehemaligen Bundesrichterin im Auftrag der ‘Vertrauensstelle Transplantationsmedizin’.

Punkt 21

Dass die Journalistin ‘unkritisch’ mit Informationen umgehe, ist eine haltlose Unterstellung, genauso wie die Bemerkungen, sie liesse sich ‘instrumentalisieren’, sei ‘nicht frei von Vorurteilen’ und ‘nicht mit der notwendigen kritischen Distanz’ an das Thema herangegangen. Die Journalistin kannte den Beanstander nicht persönlich, sie hatte keinerlei Vorkenntnisse über seine Tätigkeit. Sie hat tagelang Akten in einem hochkomplexen Bereich der Medizin gesichtet und sich mit Fachleuchten besprochen, bevor die Redaktion schliesslich zum Schluss kam, über das Thema, an dem ein grosses öffentliches Interesse besteht, zu berichten. Im Nachgang an die Berichterstattung meldeten sich übrigens Ärzte bei der Redaktion, die sagten, die ‘Operationsfreudigkeit’ des Chirurgen sei hinlänglich bekannt und der ‘Kassensturz’ habe vorsichtig, ja sogar ‘harmlos’ berichtet.

Die Begriffe ‘Raubritter-Chirurgie’ und ‘Cowboy-Chirurgie’ kommen von Experten, nicht von der Redaktion. Wir haben Professor Schmidt die sehr bildhaften Begriffe vorgelegt, aber in der Berichterstattung darauf verzichtet. Der Begriff ‘Kampagne’ bedingt mehrere Beiträge über eine gewisse Zeitspanne und ist hier verfehlt. Ausserdem hat ‘Kassensturz’ korrekt berichtet und sich an die Fakten gehalten.

Punkt 22

Die Argumentation von RA X bzw. des Beanstanders geht vorliegend ins Leere. Wir haben unsere Aufgabe, kritisch und anwaltschaftlich zu berichten, erfüllt: Die vermittelten Fakten waren korrekt, von Falschbehauptungen kann keine Rede sein. Professor Schmidt wurde nicht nur im Beitrag selber ausführlich Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, sondern auch im anschliessenden Live-Studio-Gespräch, welches über 7 Minuten dauerte. Er hat diese Plattform genutzt und sich eloquent zu den Vorwürfen geäussert. Für das Publikum war somit klar, dass die Vorgehensweise von Prof. Schmidt umstritten ist und konnte sich somit eine eigene Meinung bilden.

Punkt 23

In den drei von ‘Kassensturz’ geschilderten Fällen befanden sich alle Patienten ausser Frau Y in einer lebensbedrohlichen Situation. Der fast 90-jährige Blasenpatient beispielsweise erlitt nach der Organ-Entfernung Komplikationen, die Leckage in den Bauchraum war lebensgefährlich. Solche dramatischen Situationen dürfen sich aus unserer Sicht durchaus auch in der Wahl der Musik und Töne widerspiegeln. Auf der Audioebene soll Trauer, Leid oder Schmerz erfahrbar sein – zumal die Zuschauer auf der visuellen Ebene, nämlich den Akten, viele Fachbegriffe verarbeiten mussten. Wir haben versucht, komplexe medizinische Vorgänge verständlich zu machen. Offenbar liessen sich die abstrakten Krankengeschichten tatsächlich ‘nacherleben’ - wir bekamen von einem Angehörigen dafür ein Dankesschreiben. Moderator Ueli Schmezer musste keine ‘korrigierenden’ Ergänzungen machen. Seine Ausführungen sind als Ergänzung zum Beitrag zu sehen und dienen der Sachgerechtigkeit, das heisst, der umfassenden Information des Publikums, damit sich dieses eine eigene Meinung zu den vermittelten Fakten bilden kann. Auf welche ‘Fehlinformationen’ sich RA X bezieht, müsste er präziser ausführen. Die Moderation hat sachlich über den Stand der diversen Anzeigen/Verfahren informiert. Herr Professor Schmidt und seine Frau waren bei den Proben im Studio anwesend und wissen, dass die Moderationen zu diesem Zeitpunkt sorgfältig ausgearbeitet waren.

Punkt 24

Im Interview kam der Beanstander ausführlich zu Wort. Er konnte sogar – ohne dass der Moderator korrigierend eingriff – behaupten, diese Operationen seien immer ein ‘Teamentscheid’. ‘Kassensturz’ weiss indes, dass der Blasenpatient, dem krebsfreie Organe entfernt wurden, keinem Tumorboard vorgestellt worden ist.

Punkt 25

Obwohl wir mit Herrn Schmidt und der Hirslandengruppe im permanenten mündlichen und schriftlichen Gespräch standen, zeigt die aggressive Vorgehensweise, wie wichtig der Schutz unserer Whistleblower auch in diesem Fall war. Die Redaktion hat den Auftrag, ihre Quellen zu schützen, und gibt dementsprechend Quellen vertraulicher Informationen nicht preis.

Punkt 26

Entgegen der Behauptung in der Beanstandung, wurden dem Rechtsvertreter des Beanstanders keine Zusicherungen hinsichtlich des Inhaltes des geplanten ‘Kassensturz’-Beitrages gemacht. Es wurde vielmehr darauf hingewiesen, dass sich ‘Kassensturz’ bei der Berichterstattung zur Frage, weshalb Zusatzversicherte häufiger operiert werden als Allgemeinversicherte, auf Fakten beziehe und die verfassungsmässigen und gesetzlichen Grundlagen, die publizistischen Leitlinien sowie die journalistischen Sorgfaltspflichten einhalten werde. Es wurde gegenüber dem Rechtsvertreter zudem begründet, warum dieses Thema von grossem öffentlichem Interesse ist und weshalb ‘Kassensturz’ diese Thematik anhand von drei Fällen des Beanstanders kritisch beleuchten werde. Somit war es für den Beanstander bzw. seinen Rechtsvertreter klar, dass ‘Kassensturz’ mit dem Beitrag weder eine Diffamierung noch eine Rufschädigung von Prof. Jan Schmidt verfolgte.

Zusammenfassend halten wir fest: Der Beitrag beleuchtet einen Bereich des hochspezialisierten ärztlichen Schaffens, über den sonst wenig kritisch berichtet wird. Durch Fehlanreize im System bezahlt die Allgemeinheit aber teuer dafür. Für Patienten kann dies gravierende Folgen haben. Wir sind der Überzeugung, sachgerecht und auf Tatsachen basierend berichtet zu haben, sodass sich die Zuschauenden eine eigene Meinung über die Arbeit von Prof. Jan Schmidt bilden konnten. Wir haben zu jeder Zeit offen und transparent mit Prof. Schmidt kommuniziert, und er konnte in einem fairen Gespräch seine Sicht der Dinge darlegen.

Aufgrund unserer Ausführungen bitte ich Sie, Herr Blum, die Beanstandung als unbegründet zurückzuweisen.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Wenn eine Einzelperson ins Visier der Medien gerät, sind die Aufregung und der Zorn regelmäßig sehr groß. Die Frage stellt sich: Musste das sein? Müssen sich Medien auf Einzelpersonen einschiessen?

Effektiv stellt sich die Frage anders: Wann sind Medien geradezu verpflichtet, Einzelpersonen ins Visier zu nehmen? Dann eben, wenn das Verhalten einer Einzelperson anderen Menschen, ja der Gesellschaft schadet, oder wenn zumindest der Verdacht besteht, dass jemand sich nicht an die Regeln hält. Bei Prof. Dr. Jan Schmidt hatte «Kassensturz» den Verdacht, dass er vorwiegend risikoreiche und ungenügend abgeklärte Operationen durchführt und hauptsächlich bei Zusatzversicherten.

Im Bereich der Medizin ist es von öffentlichem Interesse zu wissen, ob es Ärzte gibt, die bei Operationen zu große Risiken eingehen und sich möglicherweise an den Patienten bereichern wollen. Der «Kassensturz» ist eine Konsumentensendung, die auch die Interessen von Spitalpatienten vertritt. Es ist daher logisch, dass diese Redaktion immer wieder anwaltschaftlichen Journalismus betreibt. Das Bundesgericht und die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) billigen den Medien das Recht auf anwaltschaftlichen Journalismus zu, sie verlangen einzig, dass die Angegriffenen sich wehren können. Es ist weiter legitim, dass sich Medien auf Whistleblowers stützen. Sie müssen zwar prüfen, ob die Whistleblowers sie für deren eigene Interessen instrumentalisieren wollen, aber viele Unregelmäßigkeiten, Affären und Skandale kommen nur dank Whistleblowers in die Medien und damit ans Licht der Öffentlichkeit. Dabei gilt das Redaktionsgeheimnis: Die Medien sind rechtlich berechtigt und ethisch verpflichtet, ihre Informanten zu schützen.

Ich habe mir den Beitrag mehrfach angeschaut. Es ist richtig, dass sich geballte Kritik auf Prof. Dr. Jan Schmidt richtet. Aber erstens gibt es eine ganze Anzahl Fälle, in denen Patienten geschädigt aus der Behandlung von Prof. Schmidt herauskamen und besser dran wären (oder noch leben würden), wenn andere medizinische Methoden angewendet worden wären. Zweitens äußern sich zahlreiche medizinische Experten kritisch zur Art und Weise, wie Prof. Schmidt medizinische Probleme löst. Und drittens kann sich Prof. Schmidt wehren – erstens schriftlich mit Aussagen, die immer wieder in den Beitrag eingeblendet werden, zweitens mündlich im Studiogespräch mit Ueli Schmezer, und er verteidigt sich gut.

Als Ombudsmann habe ich einerseits die Interessen des Publikums, anderseits die Pressefreiheit zu verteidigen. Ich bin aber nicht die Klagemauer für Individualrechte; dafür sind die Zivilgerichte da. Ich muss mich lediglich fragen: Hatte die Sendung zur Folge, dass Prof. Schmidt in den Augen des Publikums zu Unrecht angegriffen, ja diskriminiert wurde? Wurde seine Würde verletzt? Aus meiner Sicht gab es in der Sendung nur Kritik, die zu Recht erfolgte. Wenn also sein Image gelitten hat, dann eben zu Recht und nicht zu Unrecht.

Weiter muss ich mich fragen: Konnte sich das Publikum frei eine eigene Meinung bilden? Es erhielt Fakten und Meinungen serviert, und dort, wo Prof. Schmidt besonders arg kritisiert wurde, erhielt es dessen Gegenposition. Zwar wird in einem anwaltschaftlichen Beitrag die Meinungsbildung des Publikums im Sinne der Betroffenen, Geschädigten und Abhängigen beeinflusst, aber hier konnte Prof. Schmidt durch die Art und Weise, wie er argumentierte, einiges wettmachen.

Schliesslich muss ich mich fragen: War der Beitrag sachgerecht und fair? Dort, wo Sie Fehler vermuteten, hat Frau Gabathuler einleuchtend entgegnet, dass dem nicht so war. Aus meiner Sicht war der Beitrag sachgerecht. Und er war fair, weil alle, die reden wollten, zu Wort kommen.

Frau Gabathuler hat Ihre Kritikpunkte entkräftet. Ich kann mich der Stellungnahme der «Kassensturz»-Redaktionsleiterin anschliessen und kann daher Ihre Beanstandung nicht unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

[1] https://www.srf.ch/news/schweiz/kritik-an-star-arzt-hochrisiko-operationen-an-privatpatienten

[2] Siehe https://www.hirslanden.ch/de/corporate/aerzte/1/d r-med-christian-rueedi.html

[3] Im Nachgang zur Ausstrahlung des beanstandeten Berichts erhielt der Beanstandende zahlreiche Zuschriften von bekannten Ärzten und Patienten, die seine medizinische Vorgehensweise in den kritisierten Fällen vollumfänglich gestützt haben. Da im Rahmen dieser Beanstandung keine vertiefte medizinische Diskussion geführt, sondern nur aufgezeigt werden kann, dass die vom Beanstandenden gewählte Vorgehensweise medizinisch korrekt war, wird hier auf die Einreichung dieser Zuschriften verzichtet. Falls das SRF aber weiter bestreiten sollte, dass sich der Beanstandende ärztlich korrekt verhalten hat, behält sich dieser die Einreichung ausdrücklich vor.

[4] Siehe https://www.hirslanden.ch/de/corporate/hirslanden-gruppe/unternehmensprofil/organigramm.html

[5] Der Beanstandende hat die Verantwortlichen des «Kassensturz» bereits anlässlich des Gesprächs vom 17. Mai

2018 darauf hingewiesen, dass Prof. Clavien aufgrund der Konkurrenzsituation befangen sei. Zudem wies er sie

am Vortrag vor der Ausstrahlung des beanstandeten Berichts im Rahmen eines Vorgesprächs nochmals darauf

hin, dass Prof. Bachmann aufgrund des Auftragsverhältnisses mit Frau Y befangen sei.

[6] Es handelt sich um die oben Ziff. 11 erwähnten Vorermittlungen

[7] Siehe Art. 2 und Art. 3 der SRG-Konzession. Zum Sachgerechtigkeitsgebot siehe insb. Art. 2 Abs. 4 lit. a der SRGKonzession.

[8] Dazu Art. 3 Abs. 1 der SRG-Konzession.

[9] Ziff. 1 lautet: «Sie [die Journalisten] halten sich an die Wahrheit ohne Rücksicht auf die sich daraus für sie

ergebenden Folgen und lassen sich vom Recht der Öffentlichkeit leiten, die Wahrheit zu erfahren.»

[10] Siehe dazu auch Stellungnahmen des Schweizer Presserates Nr. 62/2013, 14/2018, 15/2018 und viele mehr.

[11] Siehe http://www.petdiagnostik.ch/de/informationen-fuer-patienten/Was-ist-PET-CT.php

[12] Siehe zum Begriff https://www.hirslanden.ch/de/klinik-hirslanden/centers/chirurgisches-zentrumzuerich/speziel le-methoden/hipec.html

[13] Siehe oben Ziff. 13.

[14] Siehe oben Ziff. 3 lit. d.

[15] Ziff. 5 lautet: «Sie [die Journalisten] berichtigen jede von ihnen veröffentlichte Meldung, deren materieller Inhalt

sich ganz oder teilweise als falsch erweist.»

[16] Die Rechtsprechung der UBI und des Bundesgerichts stützt sich bei der Prüfung des Sachgerechtigkeitsgebots

regelmässig auf die journalistischen Sorgfaltspflichten (Weber, Kommentar zu Art. 4 RTVG, Rz 17 m.H.).

[17] Beilage 1: Abmahnung

[18] https://www.beobachter.ch/gesellschaft/spital-tricks-doppelt-abkassiert

[19]https://www.ccc.ac.at/fileadmin/ccc/SOPs/CCC_SOP_Diagnose_Stadieneinteilung_und_Behandlung_des_hepatozellulaeren_Karzinoms_01_12.pdf

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