Die Fussball-WM vor dem Ombudsmann

Nebst den Ombudsfällen zum Doppeladler-Torjubel behandelte Ombudsmann Roger Blum sieben weitere Beanstandungen zur Fussball-WM 2018. Sie betreffen fünf verschiedene Sendungen. Bei zwei Sendungen kann Roger Blum die Argumente der Beanstanderinnen und Beanstander unterstützen, bei den übrigen drei Sendungen nicht.

Eines haben alle sieben Beanstandungen gemeinsam: Es handelt sich um Sendungen bzw. Aussagen, die humorvoll und unterhaltend gedacht waren, bei den Beanstanderinnen und Beanstandern aber nicht so ankamen. Bei Humor und Satire werden gemäss Roger Blum Meinungsäusserungs- und Kunstfreiheit besonders hochgehalten. Aber auch hier haben etwa Rassismus, Sexismus und die Verletzung der Menschenwürde nichts zu suchen.

Im «WM-Talk: Letschti Rundi» vom 19. Juni sieht der Ombudsmann die Grenzen nicht verletzt. Die Sendung ist eine lockere Diskussionsrunde, die einem Stammtisch-Gespräch ähnelt. Während eine Beanstanderin die Sprüche über Afrikaner, Russen und Deutsche als platt und rassistisch empfindet, sind der Moderator und seine Gäste nach Auffassung von Roger Blum nicht in die Rassismus-Falle getappt.

Den Rahmen des Zulässigen ebenfalls nicht gesprengt hat laut Blum ein Schabernack von Radio SRF Virus mit dem Namen des Schweizer Nationalspielers Xherdan Shaqiri. Auf seiner Webseite zeigte der Radiosender 17 veränderte Bilder des Fussballspielers, die je ein Wortspiel mit dem Nachnamen Shaqiri bildeten. Gemäss Christoph Aebersold, stv. Bereichsleiter von SRF Junge Zielgruppen, seien solche humoristische Darstellungsformen vor allem auf Social-Media-Kanälen weit verbreitet und beim jungen Publikum beliebt. Für einen Beanstander ist das jedoch ehrverletzend. Der Ombudsmann findet die Wortspielerei zwar nicht besonders lustig, wertet sie aber als harmlos. Personen des öffentlichen Lebens müssten in Bezug auf Satire und Spott etwas mehr aushalten als unbekannte Personen.

Verletzung der Menschenwürde

Die «rote Karte» zieht der Ombudsmann allerdings bei zwei der beanstandeten Sendungen. Beim «WM-Talk: Letschti Rundi» vom 20. Juni und beim «Humorvoll zusammengestellten Rückblick» nach dem Spiel Argentinien-Frankreich vom 30. Juni sieht Roger Blum das Radio- und Fernsehgesetz verletzt. Satiriker und Komiker Renato Kaiser bezeichnete im «WM-Talk: Letschti Rundi» den Fussballer Christiano Ronaldo wiederholt als «Wichser» und «geiler Wichser». Damit beschimpfe Kaiser den portugiesischen Fussballer und verletze damit dessen Menschenwürde, ist Blum überzeugt. Auch für den Stabchef von SRF Sport, Nök Ledergerber, gingen die Häufigkeit und die Betonung dieser Wörter zu weit. Er entschuldigt sich im Namen der Sportredaktion.

Im «Humorvoll zusammengestellen Rückblick» der Fussball-WM lautete die Quintessenz der Zusammenfassung: «Tränen, Tore, Titelverteidigungsfrust». Beim Wort «Ti-telverteidigungsfrust» wurde ein weiblicher Fussball-Fan gezeigt, der Bild-Fokus lag auf ihrer Oberweite. Drei Fernsehzuschauerinnen empörten sich über diese Anspielung auf das Wort «Titten» und beanstandeten sie als beleidigend, herabwürdigend und sexistisch. Der Ombudsmann gibt ihnen recht und unterstützt ihre Beanstandungen.

Kompetent trotz Ausrutscher

Lediglich eine «gelbe Karte» erteilt Roger Blum dem Kommentar von Sascha Ruefer bei der Direktübertragung des WM-Finals Frankreich-Kroatien vom 15. Juli. Während des Spiels stürmten vier bekleidete junge Personen das Spielfeld. Sascha Ruefer kommentierte die Szene wie folgt: «Ich würde mich ja viel getrauen, aber sicher nicht in Russland, diese Personen werden ab Montag in Sibirien Steine klopfen». Da der Spielbetrieb durch die Aktion unterbrochen wurde, war es gemäss Roger Blum nötig, diese zu kommentieren. Ruefers Kommentar kommt beim Ombudsmann jedoch weniger gut an: «Denn auch in Russland wird niemand ohne Prozess ins Gefängnis geworfen, schon gar nicht nach Sibirien deportiert», so Blum. Es gebe doch erhebliche Unterschiede zwischen der Russischen Föderation und der früheren Sowjetunion. Blum wertet diesen Ausrutscher allerdings nur als Fehler in einem Nebenpunkt, die freie Meinungsbildung des Publikums über das Spiel und die journalistische Leistung Ruefers sei nicht beeinträchtigt worden. Denn Sascha Ruefer habe die Partie kompetent analysiert und kommentiert.

Schlussberichte und beanstandete Sendungen:

Schlussbericht 5498 , «WM-Talk: Letschti Rundi» vom 19. Juni 2018

Schlussbericht 5503 , «WM-Talk: Letschti Rundi» vom 20. Juni 2018

Schlussbericht 5504 , Radio SRF Virus: Online-Beitrag «Die vielen Seiten des Xherdan Shaqiri» vom 22. Juni 2018

Schlussbericht 5511 , 5514 und 5533 , «Humorvoll zusammengestellter Rückblick» nach dem Spiel Argentinien-Frankreich vom 30. Juni 2018

Schlussbericht 5529 , Direktübertragung des Fussball-WM-Finals Frankreich-Kroatien vom 15. Juli 2018 (Kommentar zu Flitzern)

Text: SRG.D/dl

Bild: Moderator Tom Gisler mit seinen Gästen Renato Kaiser, Komiker, und Silvan Lerch, Fussballautor (v.l.n.r.). Aus «WM-Talk: Letschti Rundi» vom 20.6.2018. Screenshot, SRF.

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