«Tagesschau»-Beitrag «Umweltverbände fordern Abgabe auf Flugtickets» beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 25. August 2018 beanstandeten Sie die «Tagesschau» (Fernsehen SRF) vom 24. August 2018 und dort den Beitrag «Umweltverbände fordern Abgabe auf Flugtickets». [1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Ich beanstande den obigen Beitrag über die Umweltverbände, welche eine Abgabe auf Flugtickets fordern.

Für die Zuschauerinnen und Zuschauer der Tagesschau vom 24. August 2018 entstand der Falsche Eindruck, dass unsere Nachbarländer keine solchen Steuern kennen. Wegen dieser Irreführung konnte sich der Zuschauer, trotz des über fünf Minuten langen Beitrages, keine fundierte / korrekte Meinung bilden. Denn das Gegenteil ist der Fall. In Deutschland, Frankreich, Österreich und weiteren Ländern sind solche Gebühren/Steuern bereits seit Jahren in variierender Höhe eingeführt worden. In unseren Nachbarländern werden die Flugscheine bereits in Milliardenhöhe besteuert.

Warum wurden die Flugverkehrsverantwortlichen (BAZL, SWISS und der Zürcher Flughafen) nicht mit dieser Tatsache konfrontiert? Kein einziger Passagier würde auf Nachbarländer ausweichen, wenn auch in der Schweiz eine entsprechende Gebühr eingeführt würde, welche der Umwelt zu gute kommen würde. Es ist ja auch hinlänglich bekannt, dass der Flugverkehr bis zu 18% am CO2 Ausstoss beteiligt ist und den Klimawandel anheizt. Darum kritisiere ich die Berichterstattung als absolut tendenziös.

Ich ersuche Sie aus diesem Grund, den Beitrag über die Abgaben auf Flugtickets zu korrigieren und zu berichtigen. Es kann doch nicht sein, dass dem Flugverkehr eine Werbeplatform zur Verfügung gestellt wird und unhaltbare Aussagen von verschiedenen Exponenten der Luftfahrt unwidersprochen ausgestrahlt werden. In diesem Sinne, danke ich Ihnen für die Richtigstellung in einer der nächsten Tagesschau.»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für die «Tagesschau» äußerte sich Herr Franz Lustenberger, ehemaliger stellvertretender Redaktionsleiter:

«Mit Mail vom 25. August hat Herr X die Berichterstattung zum Thema Kerosin und Besteuerung des Luftverkehrs in der Tagesschau vom 24. August beanstandet.

Inhalt

Ausgehend von einer Meinungsumfrage behandeln die beiden Beiträge zum Thema ‘steuerliche Belastung des Flugverkehrs’ die aktuelle Situation in der Schweiz.

Zuerst wird der Inhalt der Umfrage vorgestellt: Der Vertreter der Schweizerischen Energiestiftung SES, welche die Umfrage in Auftrag gegeben hatte (dies wird in der Moderation transparent gemacht) spricht davon, dass der Flugverkehr heute ‘viel zu günstig sei’. Er plädiert für eine Flugticketabgabe, welche bei den Konsumentinnen und Konsumenten wirken könnte. Die Vertreterin der Swiss befürchtet negative wirtschaftliche Auswirkungen. Und der Vertreter der Wissenschaft in der Person von ETH-Professor Massimo Filippini sieht eher eine Kilometer-abhängige Abgabe, da diese im Gegensatz zu einer fixen Pauschale die verursachten Emissionen besser abbilden würde.

Im zweiten Beitrag geht es um die Ausgestaltung der derzeitigen Mineralölsteuer in der Schweiz. Es geht um konkrete Steuerbefreiungen für den Verkehrsträger Luftverkehr in der Schweiz, welche von der Mehrheit der Befragten gemäss Umfrage nicht mehr als zeitgemäss angesehen werden.

Gesetzliche Grundlage

Basis ist das Mineralölsteuergesetz, das in Artikel 17, Absatz 2 dem Bundesrat die Kompetenz zur ganzen oder teilweisen Steuerbefreiung des Luftverkehrs zuordnet.[2] In der dazu gehörigen Verordnung wird in Artikel 33 die Steuerbefreiung für den Luftverkehr weiter konkretisiert. So sind Treibstoffe zur Versorgung von Luftfahrzeugen im Linienverkehr dann steuerfrei, wenn diese wie folgt verwendet werden: Zu flugplanmässigen Flügen nach dem Ausland (lit.a) oder zu Flügen, die zwischen schweizerischen Flugplätzen durchgeführt werden und die den Anschluss an einen flugplanmässigen Flug aus oder nach dem Ausland ermöglichen (lit.b).[3]

Vorstoss Grossen

GLP-Nationalrat Jürg Grossen hat einen Vorstoss zum Thema eingereicht (30. November 2017). Darin wird der Bundesrat beauftragt, einen Entwurf zu einem Erlass der Bundesversammlung vorzulegen, mit welchem eine Abgabe, Gebühr oder Lenkungsabgabe in der Zivilluftfahrt eingeführt wird, welche den Klimaauswirkungen Rechnung trägt und dessen Folgekosten den Fluggästen überträgt.[4] Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion (14. Februar 2018). Die Motion ist im Rat noch nicht behandelt worden; es handelt sich also um ein laufendes Geschäft, welches genau die in den Beiträgen angesprochene Thematik aufnimmt. Die Motion wurde von Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus mehreren Parteien mitunterzeichnet.

Fokus Schweiz

Die Tagesschau hat aus aktuellem Anlass die Frage einer Abgabe auf Flugtickets, respektive der Unterstellung der Zivilluftfahrt unter die Mineralölsteuer vertieft abgehandelt. Im Fokus der beiden Beiträge lag klar die Schweiz, ausgehend von der jetzigen Situation und der politischen Forderung im Parlament.

In der Moderation zum zweiten Beitrag wird gesagt, dass rund 60 Prozent der Befragten die derzeitige Steuerbefreiung in der Schweiz als nicht mehr zeitgemäss betrachten. Befragt wird deshalb das zuständige Bundesamt für Zivilluftfahrt, das sich in einem Quote für eine möglichst einheitliche Regelung im internationalen Flugverkehr ausspricht. Die Gegenposition nimmt Nationalrat Jürg Grossen ein, der sich für das Ende der Steuerbefreiung oder – wenn dies nicht möglich sei – für eine Abgabe auf Flugtickets ausspricht.

Der Beitrag brachte keinen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten der Verteuerung des Luftverkehrs in Europa. Er konzentrierte sich auf die Auseinandersetzung in der Schweiz – viele Schweizerinnen und Schweizer sind für eine Verteuerung des Luftverkehrs aus Gründen des Umweltschutzes, in der Politik ist ein entsprechender Vorstoss hängig. Die Swiss als wichtigste Fluggesellschaft lehnt eine solche Verteuerung ab, das Bundesamt für Zivilluftfahrt weist auf internationale Verträge und Umsetzungsprobleme hin.

Der internationale Vergleich von Abgaben auf Tickets oder der steuerlichen Belastung von Kerosin war nicht Gegenstand der beiden Beiträge. Man kann dies vermissen, wie dies der Beanstander in seinem Schreiben macht. Bei einem Dossier zum Thema, oder in einer politischen Diskussionssendung zu den Umweltfolgen des Luftverkehrs, müsste die internationale Dimension aufscheinen. Die Tagesschau muss sich in der Bearbeitung eines Themas auch beschränken.

Aktuell war die Umfrage in der Schweiz. Daher hat sich die Berichterstattung auf die Kontroverse in der Schweiz beschränkt. Die beiden Berichte haben dem Flugverkehr ‘keine Werbeplattform zur Verfügung gestellt’, wie dies Herr X moniert. Mehrfach ist von den klimaschädigenden Auswirkungen des Flugverkehrs die Rede: Sowohl Florian Brunner (SES) wie auch Nationalrat Jürg Grossen haben dies betont und sich für eine stärkere Belastung des Luftverkehres ausgesprochen.

Fazit

Die beiden Berichte haben zusammen ein Spiegelbild der aktuellen Situation in der Schweiz gezeigt – Meinungstrend in der Bevölkerung, politischer Vorstoss im Parlament, Kritik von Seiten der Swiss, Vorbehalte bei der zuständigen Behörde und eine wissenschaftliche Sicht auf die Frage von Abgabe oder Steuer. Aufgrund dieser breiten Meinungspalette konnte sich das Publikum eine Meinung zum aktuellen Stand der Diskussion über die Besteuerung des Luftverkehrs in der Schweiz machen. Ich bitte Sie, die Beanstandung in diesem Sinne zu beantworten.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Im Hauptpunkt Ihrer Beanstandung haben Sie Recht: Wenn die Sprecherin von Swiss, Karin Müller, im Beitrag sagte, eine Ticketabgabe hätte ökonomische Folgen und die Flugpassagiere würden dann auf ausländische Flughäfen ausweichen, dann unterschlug sie – oder wusste nicht -, dass es in allen Nachbarländern Luftverkehrsabgaben gibt. Die Journalistin brachte diesen Punkt zudem nicht mit einer kritischen Nachfrage aufs Tapet. Man musste also annehmen, dass sich die Schweiz mit einer Abgabe um einen Wettbewerbsvorteil bringt. Zwar sind die Abgaben in den anderen Ländern relativ niedrig. In Deutschland beträgt sie innerhalb Europas 23 Euro, in Großbritannien 13 Pfund.[5] In Österreich wurden sie auf den 1. Januar 2018 auf höchstens 7,50 Euro innerhalb Europas halbiert.[6] Abgaben kennen auch Italien, Frankreich, die Niederlande, Dänemark, Schweden, Finnland, Irland.[7]

Man kann in der Tat argumentieren, dass sich der Beitrag ausschliesslich auf die Schweiz bezog und dass die Abgaben anderer Länder nicht im Fokus waren. Auf den ersten Blick erscheint es auch als unwahrscheinlich, dass Schweizer Fluggäste auf die Flughäfen Stuttgart, München, Mailand oder Lyon ausweichen statt in Zürich, Genf oder Basel abzufliegen und zu landen. Denn neben dem Preis spielt ja auch der Zeitaufwand eine Rolle. Aber je nach Höhe einer künftigen Schweizer Abgabe könnte das Ausweichen auf ausländische Flughäfen durchaus realistisch werden. Und dadurch, dass die Swiss-Sprecherin das Thema aufwarf, war implizit die Frage nach den Abgaben auf Flugtickets in anderen Ländern gestellt. Es war daher nicht sachgerecht, diesen Aspekt auszuklammern. Ich komme folglich zum Schluss, dass Ihre Beanstandung begründet ist, und empfehle der Redaktion, auf der Korrekturseite im Internet eine entsprechende Ergänzung anzubringen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

[1] https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/umweltverbaende-fordern-abgabe-auf-flugtickets?id=824d99b9-0aff-433b-b13f-d80c816d62b2

[2] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19960320/index.html

[3] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19960585/index.html

[4] https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20173998

[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Luftverkehrabgabe

[6] http://www.airliners.de/oesterreich-ticketsteuer-halbiert/40649

[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Luftverkehrabgabe

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