Diverse Sendungen von Radio SRF beanstandet
5600
Ich danke Ihnen für Ihren Brief vom 8. Oktober 2018, mit dem Sie diverse Sendungen von Radio SRF beanstanden. Leider sagen Sie nicht genau, um welchen Kanal es sich jeweils handelte (Radio SRF 1, Radio SRF 2 Kultur, Radio SRF 3 oder Radio SRF 4 News) und um welche Sendungen. So habe ich die von Ihnen erwähnte Sendung über Alzheimer leider nirgends gefunden.
Als Ombudsmann überprüfe ich Beanstandungen gegen Sendungen und Publikationen von Radio und Fernsehen SRF, die kritisieren, dass die journalistische Arbeit beispielsweise tendenziös, inkompetent, unvollständig oder inhaltlich falsch gewesen sei. Ich muss aber immer genau wissen, welche Sendungen oder Online-Publikationen kritisiert werden.
Die von Ihnen im Weiteren kritisierte Sendung «Treffpunkt» auf Radio SRF 1 vom 8. Oktober 2018 über Wikipedia erwähnt in der Radiosendung durchaus, dass die Konferenz «Wikicon» in St. Gallen stattgefunden habe, und im Online-Text auf der Website steht ausdrücklich:[1]
«Einmal im Jahr trifft sich die Wikipedia-Community zur Wikicon, der Konferenz aller deutschsprachigen Wikipedianer. In diesem Jahr hat dieses Zusammentreffen erstmals in der Schweiz, in St. Gallen, stattgefunden.»
Und weiter:
«Einer der Organisatoren der Wikicon, des Wikipedia-Treffens in St. Gallen, Manuel Sahli, ist unser Gast in der Sendung ‘Treffpunkt’.»
Es ist normal, dass eine solche Konferenz am Radio zum Anlass genommen wird, das Thema zu behandeln, also: Was ist eigentlich Wikipedia? Wer arbeitet da mit? Wie wird kontrolliert, dass in den 50 Millionen Artikel alles stimmt? usw. Es geht also nicht um einen Veranstaltungsbericht, sondern um einen thematischen Schwerpunkt. All das, was Ihr Sohn gelobt hat – die Organisation vor Ort, die Infrastruktur, die Verpflegung – spielt da logischerweise keine Rolle. Die Sendung hatte Wikipedia im Blick, nicht das St. Galler Organisationstalent und das Leistungsvermögen von St. Gallen Tourismus.[2] Und die Sendung war vielfältig, instruktiv, weiterbildend. Weder gibt es also an der Sendung etwas auszusetzen, noch gibt es Anlass, dass Sie sich als Ostschweizerin diskriminiert fühlen.
Es gehört ein wenig zur Schweiz, dass alle Regionen stets das Gefühl haben, zu kurz zu kommen. Man hat den Eindruck, alles konzentriere sich auf Zürich. Es stimmt: Zürich ist die größte Schweizer Stadt, die wichtigste Wirtschafts- und Handelsmetropole mit dem größten Schweizer Flughafen, eine Medien-, Kultur-, Wissenschafts- und Messestadt. Aber Zürich ist nicht die Hauptstadt der Schweiz (das ist Bern), nicht Sitz des Bundesgerichts (das ist Lausanne), nicht die internationalste Stadt (das ist Genf), nicht Sitz der ältesten Universität (das ist Basel), nicht Standort der berühmtesten Bibliothek (das ist St. Gallen). Die Ostschweizer wollen jetzt wieder einen Sitz im Bundesrat, mit gutem Grund, aber sie waren seit dem Zweiten Weltkrieg gar nicht so schlecht vertreten mit Kobelt (SG), Holenstein (SG), Furgler (SG), Schlumpf (GR), Koller (AI), Metzler (AI), Merz (AR) und Widmer-Schlumpf (GR), also mit acht gegenüber sechs der Nordwestschweiz, nämlich Stampfli (SO), Tschudi (BS), Schaffner (AG), Ritschard (SO), Stich (SO) und Leuthard (AG), gegenüber fünf der Innerschweiz, nämlich Etter (ZG), von Moos (OW), Hürlimann (ZG), Egli (LU) und Villiger (LU) oder gegenüber ebenfalls fünf der italienischen Schweiz mit E. Celio, Lepori, N. Celio, Cotti und Cassis (alle TI). Die Staatskunst der Schweiz besteht darin, die Interessen der verschiedenen Sprachkulturen und Regionen immer wieder zu berücksichtigen und auszugleichen. Und gerade deshalb unterhält die SRG vier Unternehmen – je eines für die Deutschschweiz, eines für die Suisse romande, eines für die Svizzera italiana und eines für die rätoromanische Schweiz – und betreibt in der deutschsprachigen Schweiz Regionaljournale für Zürich-Schaffhausen, für Bern-Freiburg-Wallis, für Aargau-Solothurn, für die Ostschweiz, für die Zentralschweiz und für Basel-Stadt und Baselland. So wird versucht, der Vielfalt der Schweiz Rechnung zu tragen.
Wie Sie sehen, hat Radio SRF 1 in der Sendung «Treffpunkt» vom 8. Oktober 2018 nichts falsch gemacht. Ich kann daher ihre Beanstandung nicht unterstützen.
Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Kommentar