«Kassensturz» hat korrekt über Kosmetikfirma berichtet
Eine vermeintliche «Gratis»-Ausbildung einer Kosmetik-Kette war Thema in der Sendung «Kassensturz» vom 4. Dezember 2018. Der Beitrag zeigte auf, wie aussteigende Mitarbeiterinnen zur Kasse gebeten werden. Die betroffene Firma wandte sich an den Ombudsmann und beanstandete den Beitrag als tendenziös, wahrheitswidrig und rufschädigend. Roger Blum kann diese Argumentation jedoch nicht unterstützen.
Die im Beitrag genannte Kosmetikfirma bietet eine dreimonatige kostenlose Kosmetik-Ausbildung an. Diese ist jedoch an Bedingungen geknüpft: Wer nach der Ausbildung nicht mindestens 18 Monate bei der Firma arbeitet, muss die Kosten der Ausbildung – je nach Anstellungsdauer – teilweise oder ganz zurückzahlen.
«Kassensturz» porträtierte eine ehemalige Schülerin und Mitarbeiterin der Kosmetik-Kette, die nach dem vorzeitigen Verlassen des Unternehmens mit happigen Geldforderungen konfrontiert wurde. Über die Rückzahlungsregeln sei sie im Vorfeld ihrer Ausbildung nicht informiert worden, sagt sie.
Teure, nicht anerkannte Ausbildung
Die Beanstanderin – die in der Sendung genannte Kosmetikfirma – moniert, der erwähnte «Kassensturz»-Beitrag und die junge Frau stellten falsche Behauptungen auf und schädigten damit den Ruf des Unternehmens. Die Kosmetik-Kette werde anhand einer einzelnen, unzufriedenen Mitarbeiterin als unsozialer und ausnützender Arbeitgeber dargestellt. Vielmehr habe die porträtierte Mitarbeiterin den Schulvertrag rechtzeitig erhalten und sei vor ihrer Ausbildung über die 18-Monate-Frist im Bild gewesen. Zudem habe «Kassensturz» die Kosten für die Ausbildung von CHF 21'000 zu Unrecht als überteuert dargestellt.
Ursula Gabathuler, Redaktionsleiterin «Kassensturz»/«Espresso» sieht es anders: Die Redaktion habe der betroffenen Firma alle offenen Fragen frühzeitig zur Beantwortung geschickt. Die Kosmetikfirma habe alle Vorwürfe bestritten, aber nie stichhaltige Belege vorgelegt, wonach die porträtierte Mitarbeiterin von der 18-Monate-Regelung rechtzeitig gewusst habe. Tatsache sei, dass die Mitarbeiterin weder einen Ausbildungs- noch einen Arbeitsvertrag unterschrieben habe. Somit sei die Rückzahlungsforderung der Firma nicht gerechtfertigt. Dies sieht Ombudsmann Roger Blum ebenso. Betreffend Kenntnisnahme der Vertragsbedingungen stehe Behauptung gegen Behauptung. Die junge Frau habe sich jedoch über Facebook für die Ausbildung angemeldet, wo nichts über die Rückzahlungsbedingungen stehe.
Gabathuler betont, der Schweizerische Fachverband für Kosmetik sehe kein vernünftiges Verhältnis zwischen der dreimonatigen Ausbildung und dem von der Kosmetik-Kette genannten Wert der Ausbildung von 21'000 Franken. Zudem sei die Ausbildung nicht anerkannt. Ebenso habe «Kassensturz» die belastenden Arbeitsbedingungen korrekt dargestellt. Diese seien durch weitere ehemalige Angestellte bestätigt worden.
Einzelfall zu Recht aufgegriffen
Ombudsmann Roger Blum findet es legitim, den Fall der Kosmetikerin aufzugreifen. Denn die Frage, ob der von der Kosmetik-Kette berechnete Wert des Kurses nicht überteuert und eine allfällige Rückzahlung übertrieben sei, hält Blum für berechtigt. Daher sei es nicht abwegig, den Einzelfall zu verallgemeinern.
Der anwaltschaftliche Journalismus – den «Kassensturz» betreibt – sei zulässig, so Blum. Bedingung sei, dass der Standpunkt der kritisierten Seite ebenfalls zum Ausdruck komme. Zudem müsse bei Einzelpersonen, die an eine Redaktion gelangen, besonders sorgfältig und kritisch recherchiert werden. Roger Blum kommt zum Schluss, «Kassensturz» habe sachgerecht und transparent berichtet und keine Bestimmungen verletzt.
Schlussbericht Ombudsstelle 5676
Zum beanstandeten «Kassensturz»-Beitrag vom 4. Dezember 2018
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