«Rundschau»-Beitrag «Rebellierende Omas: Wiener Rentnerinnen kämpfen für die Demokratie» beanstandet

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Mit Ihrem Brief vom 17. Januar 2019 beanstandeten Sie die Sendung «Rundschau» (Fernsehen SRF) vom 16. Januar 2019 und dort den Beitrag «Rebellierende Omas: Wiener Rentnerinnen kämpfen für Demokratie». [1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Die rebellierenden Omas in Wien, welche sich gemäss SRF ‘Omas gegen Rechts’ nennen, die mit ihren Aktionen auf Plakaten und Strassen gegen die Aushöhlung der Demokratie, gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung protestieren, sind Frauen im Rentenalter. Es wurde aber leider während dieser Rundschau-Sendung mit keinem einzigen Wort erwähnt, dass diese Omas ausschliesslich ‘linkes’ Gedankengut vertreten und auch ‘linke’ Wählerinnen sind. Bei einer einigermassen neutralen Berichterstattung müsste dies während der Sendung unbedingt mindestens einmal vermerkt werden. Aus diesem Grunde beanstande ich die Rundschau Sendung ‘Wiener Rentnerinnen kämpfen um Demokratie’ vom 16. Januar 2019. Auch stimmt die Aussage dieser Omas nicht, dass beispielsweise zurzeit in Österreich mit der neuen Regierung die Demokratie ausgehöhlt wird. Falschaussagen dieser Omas gegenüber der österreichischen Regierung wurden von der Rundschau-Redaktion in dieser Sendung leider gar nicht hinterfragt. Dass die derzeitige österreichische ‘Rechts-Regierung’ während ihres EU-Ratsvorsitzes vom 1. Juli 2018 bis 31.12.2018 sehr gute Arbeit geleistet hat, wurde ebenfalls mit keinem einzigen Wort erwähnt. Sehr wahrscheinlich war es eine gewisse Absicht der Verantwortlichen dieser SRF Rundschau-Sendung, die aktuelle österreichische Regierung nicht gut darzustellen!»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für die «Rundschau» äußerte sich deren Redaktionsleiter, Herr Mario Poletti:

Gerne nehmen wir Stellung zur Beanstandung von Herrn X.

In der Reportage über die ‘Omas gegen Rechts’ werden die seit Wochen andauernden Proteste in Österreich thematisiert. Da die Proteste unter anderem von den ‘Omas gegen Rechts’ mitorganisiert sind, sind sie in dieser gesellschaftspolitischen Debatte Stimmen, die relevant sind. Konkret spricht die Interviewte Maria Moritz nicht über parteipolitische Anliegen, sondern über ihre grundsätzlichen Bedenken als Bürgerin, welche Auswirkungen die Politik der aktuellen Regierung haben könnte. Als Beispiel: < Ich will nicht in so einer Gesellschaft leben. Das ist ja grauenhaft. So denken, das grenzt uns ein, macht uns engstirnig, hartherzig. Das wollen wir nicht.> Weiter wird im Beitrag erwähnt , dass die Omas die Härte gegenüber Flüchtlingen und den Ausbau des Sicherheitsapparates fürchten. Die Frauen sorgen sich um die Menschenwürde, insbesondere auch beim Umgang mit Migranten. Und in ihrem Programm schreiben sie: <Es geht um die Erhaltung der parlamentarischen Demokratie in einem gemeinsamen Europa, um den Einsatz für die gleichen Rechte aller in Österreich lebenden Frauen, Männer und Kinder, um die sozialen Standards, die von Eltern und Grosseltern zum Teil bitter erkämpft wurden.> [2] Diese engagierte menschliche und überparteiliche Haltung hat – wie erwähnt – nichts mit ‘links’ oder ‘Mitte’ zu tun und ist deshalb für die Kernaussage des Beitrags auch nicht relevant.

In ihrem Kurzportrait bringen es die Omas so auf den Punkt: < Wer sind wir? OMAS GEGEN RECHTS ist eine Gruppe der Zivilgesellschaft, die gegen die Aushöhlung unserer Demokratie durch die aktuelle Regierung protestiert und zum zivilen Ungehorsam gegen Rassismus, Entrechtung und Sozialabbau aufruft!> [3]

Die Befürchtungen der Aktivistinnen sind nicht aus der Luft gegriffen. Die ÖVP/FPÖ-Regierung wurde gewählt für ihr Versprechen, Zuwanderung noch stärker zu begrenzen. Erkennbar sind auch tiefe Einschnitte in der Sozialpolitik und beim Arbeitsrecht.

Trotzdem sitzt die neue Regierung fest im Sattel. Im Beitrag kommen selbstverständlich auch mehrere dieser Regierungsanhänger zu Wort. Als Beispiel sagt Helmut Köhler, Lastwagenchauffeur: <Ich finde, die Ausländerpolitik macht er gut. Auch, dass er in der EU gesagt hat, dass die Grenzen geschlossen gehörten, die Balkanroute.>

Der in Ihrem Schreiben erwähnte EU-Ratsvorsitz war nicht das Thema des Beitrags, sondern die innenpolitische Stimmung. Und zu dieser kommen in der Reportage verschiedenste Menschen zu Wort, die sowohl Kritik, aber auch sehr viel Lob an der Politik der Regierung äussern. Zudem nimmt der im Fokus stehende Bundeskanzler Sebastian Kurz selber zu den Kritikpunkten Stellung.

Fazit: Die Reportage taucht ein in das aktuelle Österreich. Befürworter der Regierung wie auch die Gegner kommen zu Wort, sodass die Meinungsvielfalt gewährleistet ist. Wir sind der Ansicht, sachgerecht über das Thema berichtet zu haben und bitten Sie darum, sehr geehrter Herr Blum, die Beanstandung abzuweisen.>

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Wenn Rentnerinnen auf die Straße gehen, nicht weil sie um ihre Renten fürchten, sondern weil sie die Demokratie in Gefahr sehen, dann ist das bemerkenswert und einen Medienbericht wert. Die «Rundschau» hat in den Beitrag sowohl die Kritik an der Regierung Kurz als auch die Begeisterung für diese Regierung gespiegelt. Es war also ein Beitrag, der beide Seiten zeigte. Dass Demonstrierende unter dem Motto «Omas gegen Rechts» kein rechtes Gedankengut vertreten, sondern liberales oder linkes, versteht sich eigentlich von selbst und muss nicht extra erwähnt werden. Wer für eine offenere Flüchtlingspolitik eintritt, steht normalerweise eher links. Wer aber für die Erhaltung der demokratischen Institutionen und für die Grundrechte eintritt, muss überhaupt nicht links stehen, denn diese Überzeugungen sind Gemeingut aller demokratisch gesinnten Menschen. Ich kann in dem Beitrag keinerlei Manipulationsversuch erkennen. Das Publikum konnte sich aufgrund der vermittelten Fakten frei eine eigene Meinung bilden. Daher kann ich Ihre Beanstandung nicht unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

[1] https://www.srf.ch/play/tv/rundschau/video/priester-massiert-knabenfuesse-rahmenabkommen-theke-corrado-pardini-omas-gegen-rechts?id=2d3f3f39-3e30-4650-898b-c1676208900b

[2] https://omasgegenrechts.at/

[3] https://twitter.com/OMASGEGENRECHTS/status/955784710592040960?s=09

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