Sendung «Arena» «Heidis Heimatland?» beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 9. Februar 2019 beanstandeten Sie die Sendung «Arena» (Fernsehen SRF) vom 8. Februar 2019 zum Thema «Heidis Heimatland?».[1]Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich bin kann daher darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Es ist kaum wahr zu haben, wie das SRF einem Schweizer Bürger dessen Feierabend zu versauen vermag!!!

Eines voraus:

- Ich erachte ihre Moderadion als tendenziös, unter anderem was die Sprechzeiten der linken Seite, im Speziellen von Fr. Moser betrifft!!

- Weiter hat ein reiner Satiriker, welcher sich bisher noch nie sachlich politisch hervorgebracht hat (m.W.), nichts in einer sachbezogenen Diskussion zu suchen!!!! Ich empfinde dies als Frechheit, wenn sich dieser, aus dem linken Lager heraus, in satirischer Art und Weise zu äussern vermag!!! ... und zudem der Sachlichkeit den Raum nimmt!!! ... einfach frech hier mit Satire, Ironie und Zynismus <zum Schmunzeln der Proletarier> für die Linke aufzutrumpfen!!! Ein langjähriger Satiriker hat in einer Arena-Sendung schlechthin einfach nichts zu suchen!!!

- Weiter bezweifle ich die Ausgeglichenheit der Meinungsäusserungen!!!! ... kommt/kam es mir doch vor, dass Fr. Moser viel längere und (wichtig) auch ungestörtere Kommunikationsanteile genoss!!!

Alles in allem bestätigt für mich, dass das SRF ein schwer linksorientierter und manipulativer Medienquell ist, dem ich nimmer beitreten könnte, wenn ich aus Schweizer Hingezogenheit und aufgrund der durchwegs sensationellen Dok-Sendungen noch wollte!!!!

Ich unterstütze sämtliche freiheitlichen Bewegungen, welche dem linksorientierten SRF endlich den Garaus machen!!! ... doch dieses Problem liegt wohl in grösserem übergeordnetem Rahmen!!!!

PS: Mit der bitte um Weiterleitung ans Bundesamt für Kommunikation!!!! .... ansonsten ich dies selbst nachholen werde!!!

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für die «Arena» antwortete Frau Franziska Egli, Teamleiterin der Sendung:

«In seinem Schreiben vom 09. Februar beanstandet Herr X die Sendung vom 08. Februar 2019 <Heidis Heimatland>?». Einerseits kritisiert Herr X die Sprechzeiten der verschiedenen Gäste als zu linkslastig. Vor allem GLP-Vertreterin und Nationalrätin Tiana Angelina Moser wurde seines Erachtens zu viel Redezeit zuteil. Andererseits beanstandet er die Einladung von Mike Müller in die Sendung. Drittens kritisiert er SRF generell als <schwer linksorientiert> und manipulativ. Gerne nehme ich dazu Stellung.

In der Hauptrunde waren in der Sendung <Heidis Heimatland?> GLP-Fraktionschefin und Nationalrätin Tiana Angelina Moser, Satiriker Mike Müller, Herr Nationalrat Andreas Glarner von der SVP und Marianne Binder, Grossrätin der CVP im Kanton Aargau und Mitglied der Parteileitung der CVP Schweiz vertreten.

Der Moderator der <Arena>, wie auch die Redaktion ist in allen Sendungen darum bemüht, dass die Anzahl der Wortmeldungen der verschiedenen Gäste einigermassen ausgeglichen ist. Hierzu führt die Redaktion in der Regie eine entsprechende Liste und informiert den Moderator jeweils, wenn einer der Gäste unterzugehen droht oder zu häufig das Wort an sich reisst. So kann die Moderation gegebenenfalls ausgleichend eingreifen. In der von Herrn X beanstandeten Sendung ergriff Frau Nationalrätin Moser 23 Mal das Wort, Herr Nationalrat Glarner 26 Mal, bei Frau Grossrätin Binder-Keller zählte die Redaktion 19 Wortmeldungen, bei Herrn Müller waren es derer 20.

Herr Nationalrat Glarner, dessen Partei politisch rechts einzuordnen ist, hatte demnach mehr Wortmeldungen als Nationalrätin Tiana Angelina Moser. Von einer Linkslastigkeit der Wortmeldungen kann daher unserer Ansicht nach keineswegs Rede sein, insbesondere da die GLP gemäss unserer Einschätzung nicht pauschal dem politisch linken Lager zugerechnet werden kann. Smartvote [2]schreibt vor den letzten Wahlen dazu: <Beim Smartspider der Grünliberalen sticht der hohe Wert bei der Umweltpolitik hervor – eine Gemeinsamkeit mit der SP und den Grünen. Die Zurückhaltung in Sachen Sozialstaat sowie der Einsatz für eine liberale Wirtschaftspolitik und Sparsamkeit (...) hingegen zeugen eher von einer bürgerlichen Haltung.>

Im Unterschied zu Abstimmungssendungen stoppt die Redaktion die Redezeiten der einzelnen Gäste in regulären Sendungen nicht: In Abstimmungssendungen wird jeweils die totale Redezeit des Pro- und des Kontra-Lagers gemessen, jedoch nicht die Dauer der einzelnen Wortmeldungen.

Bei regulären Sendungen können die Positionen jedoch oftmals nicht einfach in Pro- und Kontra-Lager eingeteilt werden, so auch in dieser Sendung: Obwohl Grossrätin Marianne Binder-Keller und Nationalrat Andreas Glarner auf derselben Seite standen, waren sie sich nicht in allen Punkten einig. Dasselbe trifft auf Nationalrätin Tiana Angelina Moser und Satiriker Mike Müller zu. Da es sich um vier Einzelpersonen handelt, die jeweils ihre individuelle Meinung in der ‘Arena’ vertreten, dient es der Ausgewogenheit nicht oder nur eingeschränkt, wenn die Redezeit der Gäste exakt gestoppt wird. Am einfachsten lässt sich dies an einem Beispiel illustrieren: Angenommen es wird in der ‘Arena’ über das Verhältnis der Schweiz mit der EU und insbesondere über die Personenfreizügigkeit debattiert und es sind vier VertreterInnen der Bundesratsparteien in der Hauptrunde vertreten. In diesem Fall ist die SVP die einzige in der Hauptrunde vertretene Partei, die eine Kündigung der Personenfreizügigkeit befürwortet. Diese Runde so zusammenzustellen ist sachgerecht, da sie die politische Realität in der Schweiz abbildet. Allerdings wäre es nicht ausgewogen, wenn der oder die Vertreterin der SVP nicht jeweils auf rhetorische Angriffe der Vertreterinnen der anderen Bundesratsparteien reagieren dürfte. Würde man nun die Redezeit stoppen, hätte die Vertreterin der SVP in dieser Sendung vermutlich mehr Raum als die Vertreterinnen der anderen Parteien eingenommen, ohne dass dies zu einer Unausgewogenheit geführt hätte – im Gegenteil. Daher verzichtet die Redaktion in regulären Sendungen auf eine Zeitmessung einzelner Voten.

Als weiteren Kritikpunkt fügt der Beanstander die Einladung von Mike Müller in die Sendung an. Die <Arena> hat sich zum Ziel gesetzt immer wieder auch Gäste aus der Zivilgesellschaft, aus der Kunst- und Unterhaltungswelt in die Sendung einzuladen; so haben etwa auch schon Schriftsteller und Satiriker Franz Hohler, Model und Moderatorin Dominique Rinderknecht und Sänger Gustav an der ‘Arena’ teilgenommen. Herr Müller hat verschiedene Stücke aufgeführt, in denen er sich mit der Schweiz und ihren Eigenheiten befasst. So zum Beispiel führt er aktuell das Stück <Heute Gemeindeversammlung> auf, innerhalb dessen er sich mit Schweizer Gemeinden auseinandersetzt, 2013 hatte er das Stück <Truppenbesuch> im Programm, in dem er die Schweizer Armee und deren Selbstverständnis thematisierte und 2011 befasste er sich im Rahmen des Stücks ‘Elternabend’ mit den Themen Schule und Integration. Aufgrund dessen und auch aufgrund seines philosophischen Hintergrundes schien und scheint uns Herr Müller mehr als geeignet, um an einer <Arena> die sich mit Schweizer Traditionen und Werten beschäftig, als Gast eingeladen zu werden.

Zu Herrn Xs drittem Kritikpunkt, dass SRF generell linkslastig orientiert und manipulativ sei, kann ich als Teamleiterin der <Arena> lediglich für diese und nicht für SRF generell sprechen: Die Redaktion und der Moderator der <Arena> sind sehr darum bemüht, jede einzelne Sendung ausgewogen und sachgerecht zu gestalten. Dies sehen wir als Journalistinnen und Journalisten generell und als Angestellte des gebührenfinanzierten SRF im Besonderen als unsere Pflicht an. Ich bin überzeugt davon, dass meine Kolleginnen und Kollegen sich ebenfalls täglich darum bemühen – ob innerhalb oder ausserhalb von SRF.

Aufgrund obiger Ausführungen bitte ich Sie die Beanstandung von Herrn X zur «Arena» vom 08. Februar <Heidis Heimatland?> nicht zu unterstützen.

Für Nachfragen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Ich habe mir diese Sendung sehr genau angeguckt. Man könnte kritisieren, dass die Votanten immer wieder vom Thema abgeschweift sind, das da lautete, was eigentlich die Identität der Schweiz sei. Man unterschied zu wenig zwischen den Werten, die die Schweiz mit den anderen europäischen, ja westlichen Ländern teilt (wie Menschenrechte, Demokratie, Rechtsstaat, Gewaltenteilung, christlich-jüdisch-abendländische Tradition), und den Werten, die sie von anderen Ländern unterscheidet, nämlich einerseits die schweizerische politische Kultur (direkte Demokratie, Minderheitenschutz, Milizsystem, Konkordanz, Toleranz, Respektierung der Andern) und anderseits die historisch-kulturellen Charakteristika des Landes (vier Sprachkulturen, Föderalismus, hoher Arbeitsethos, Präzisionsindustrie). Davon einmal abgesehen, waren aber alle vier Gäste vorne an den Pulten – Nationalrat Andreas Glarner (SVP, Aargau), Grossrätin und Ständeratskandidatin Marianne Binder (CVP, Aargau), Kabarettist Mike Müller sowie Nationalrätin und Fraktionschefin Tiana Angelina Moser (GLP, Zürich) – auf ihre Art gut. Alle konnten ihre Sicht der Dinge darlegen. Geärgert hat mich nur die verbissene Art der Jungsozialistin Ronja Jansen in der ersten Reihe hinter den Pulten.

Sie erhoben im Wesentlichen drei Vorwürfe:

1. Der Moderator sei tendenziös gewesen, da er zu viel Sprechzeit nach links vergeben habe, vor allem Tiana Angelina Moser habe viel länger und ungestörter reden können als andere.

2. Ein Satiriker wie Mike Müller habe in einer Sachdiskussion nichts zu suchen.

3. Die Sendung habe bestätigt, dass SRF ein «schwer linksorientierter und manipulativer Medienquell» sei, dem man den Garaus machen müsse.

Frau Egli hat zu diesen Vorwürfen ausführlich Stellung genommen, und ich kann mich ihr vollumfänglich anschließen. Bloß zwei Bemerkungen möchte ich noch machen:

1. Die Verbindung von Satire und Politik hat in der Schweiz durchaus Tradition. Der große Kabarettist Alfred Rasser[3]nahm nicht nur in seinen Stücken und Filmen «HD Läppli» und «Demokrat Läppli» politisch Stellung. Sondern er mischte sich auch aktiv ein: Als 1969 das «Zivilverteidigungsbüchlein» erschien, reagierte er sofort mit dem Stück «Zivilverteidiger Läppli». Und 1967-1975 gehörte er als Vertreter des Landesrings der Unabhängigen dem Nationalrat an. Mike Müller war daher in der «Arena» keineswegs deplatziert.

2. Ihrem Befund, dass SRF «ein schwer linksorientierter und manipulativer Medienquell» sei, muss ich widersprechen. Ich beobachte jetzt seit drei Jahren die Sendungen von SRF sehr genau. Die Berichterstattung in den Nachrichten von Radio SRF, in Sendungen wie «Rendez-vous», «Echo der Zeit», «Tagesschau», «10 vor 10» oder «Rundschau» und von SRF News ist in der Regel strikt neutral. Die Analysen sind kritisch, was auch Aufgabe des Journalismus ist, und die Kommentare haben dann einen linken Touch, wenn Machenschaften von bürgerlichen oder rechtspopulistischen Regierungen kritisiert werden, und einen rechten Touch, wenn Machenschaften linkspopulistischer oder sozialistischer Regierungen (wie in Griechenland, Venezuela, China, Kuba, Algerien usw.) drankommen. Auch wenn die Stadtzürcher, die Stadtberner, die Basler oder die Waadtländer Regierung kritisiert werden, müsste man sagen, die Analyse oder der Kommentar sei rechts. Und da dies alles vorkommt, ist die Realität komplizierter als Sie unterstellen.

Zusammenfassend kann ich Ihre Sicht auf die beanstandete «Arena»-Sendung und auf SRF generell überhaupt nicht teilen und folglich Ihre Beanstandung nicht unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Roger Blum, Ombudsmann

[1]https://www.srf.ch/sendungen/arena/heidis-heimatland

[2]https://www.smartvote.ch/downloads/edu/sv_edu_parteienportraet_glp_de_CH.pdf

[3]http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D6540.php

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