Sendung «Arena» «Heidis Heimatland?» beanstandet (II)

5776
Mit Ihrer E-Mail vom 19. Februar 2019 beanstandeten Sie die Sendung «Arena» (Fernsehen SRF) vom 8. Februar 2019 zum Thema «Heidis Heimatland?».[1]Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich bin kann daher darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Es betrifft die Arena vom 08.02.2019 mit dem Moderator Mario Grossniklaus und den Mitwirkenden Andreas Glarner, Angelina Moser, Barianne Binder – Keller, Mike Müller usw.

Ich beanstande folgendes:

Die Redezeit der Mitwirkenden sind unterschiedlich, den einen werden längere Zeiten eingeräumt, hauptsächlich bei Linken und Grünen-Mitwirkenden, das ist einfach festzustellen, wenn die einzelnen, mit der der Stoppuhr gemessen werden. Beim Andreas Glarner wird dauernd ins Wort gefallen und etwas von einer Sendezeit geschwafelt. Das Schweizer – Fernsehen soll informieren und nicht uns eines besseren belehren. Wir sind selbst mündig.

Die Protokollführerin Patti Basler, das ist das Hinterletzte, das ist purer Abschaum, das ist nur ein verbraten von unseren Gebührengelder. Satire könnt ihr bei solchen Sendungen nicht anbringen, dafür gibt es andere Sendungsgefässe, ich fühle mich beleidigt, wie CVP ist ein Witz oder wie - können jetzt Raclette fressen gehen. Gerlernt nach der No – Billag habt ihr überhaupt nichts, es geht im gleichen System weiter.

Das soll Kultur in der Arena sein, das ist kein Anstand, das ist schwach, einfach Schmuddel nur noch TV–Schrott. Ich verlange, dass diese Arena dem Presserat vorgelegt wird.»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für die «Arena» antwortete Frau Franziska Egli, Teamleiterin der Sendung:

«In seinem Schreiben vom 17. Februar beanstandet Herr X die Sendung vom 08. Februar 2019 <Heidis Heimatland>?.

Einerseits kritisiert Herr X die Sprechzeiten der verschiedenen Gäste als zu linkslastig. Andererseits beanstandet er das Protokoll von Patti Basler am Ende der Sendung. Gerne nehme ich dazu Stellung.

In der Hauptrunde waren in der Sendung <Heidis Heimatland?> GLP-Fraktionschefin und Nationalrätin Tiana Angelina Moser, Satiriker Mike Müller, Herr Nationalrat Andreas Glarner von der SVP und Marianne Binder, Grossrätin der CVP im Kanton Aargau und Mitglied der Parteileitung der CVP Schweiz vertreten.

Der Moderator der <Arena>, wie auch die Redaktion ist in allen Sendungen darum bemüht, dass die Anzahl der Wortmeldungen der verschiedenen Gäste einigermassen ausgeglichen ist. Hierzu führt die Redaktion in der Regie eine entsprechende Liste und informiert den Moderator jeweils, wenn einer der Gäste unterzugehen droht oder zu häufig das Wort an sich reisst. So kann die Moderation gegebenenfalls ausgleichend eingreifen. In der von Herrn X beanstandeten Sendung ergriff Frau Nationalrätin Moser 23 Mal das Wort, Herr Nationalrat Glarner 26 Mal, bei Frau Grossrätin Binder-Keller zählte die Redaktion 19 Wortmeldungen, bei Herrn Müller waren es derer 20.

Herr Nationalrat Glarner, dessen Partei politisch rechts einzuordnen ist, hatte demnach mehr Wortmeldungen als Nationalrätin Tiana Angelina Moser. Von einer Linkslastigkeit der Wortmeldungen kann daher unserer Ansicht nach keineswegs die Rede sein, insbesondere da die GLP gemäss unserer Einschätzung nicht pauschal dem politisch linken Lager zugerechnet werden kann. Smartvote[2]schreibt vor den letzten Wahlen dazu: <Beim Smartspider der Grünliberalen sticht der hohe Wert bei der Umweltpolitik hervor – eine Gemeinsamkeit mit der SP und den Grünen. Die Zurückhaltung in Sachen Sozialstaat sowie der Einsatz für eine liberale Wirtschaftspolitik und Sparsamkeit (...) hingegen zeugen eher von einer bürgerlichen Haltung.>

Im Unterschied zu Abstimmungssendungen stoppt die Redaktion die Redezeiten der einzelnen Gäste in regulären Sendungen nicht: In Abstimmungssendungen wird jeweils die totale Redezeit des Pro- und des Kontra-Lagers gemessen, jedoch nicht die Dauer der einzelnen Wortmeldungen.

Bei regulären Sendungen können die Positionen jedoch oftmals nicht einfach in Pro- und Kontra-Lager eingeteilt werden, so auch in dieser Sendung: Obwohl Grossrätin Marianne Binder-Keller und Nationalrat Andreas Glarner auf derselben Seite standen, waren sie sich nicht in allen Punkten einig. Dasselbe trifft auf Nationalrätin Tiana Angelina Moser und Satiriker Mike Müller zu. Da es sich um vier Einzelpersonen handelt, die jeweils ihre individuelle Meinung in der <Arena> vertreten, dient es der Ausgewogenheit nicht oder nur eingeschränkt, wenn die Redezeit der Gäste exakt gestoppt wird. Am einfachsten lässt sich dies an einem Beispiel illustrieren: Angenommen es wird in der <Arena> über das Verhältnis der Schweiz mit der EU und insbesondere über die Personenfreizügigkeit debattiert und es sind vier VertreterInnen der Bundesratsparteien in der Hauptrunde vertreten. In diesem Fall ist die SVP die einzige in der Hauptrunde vertretene Partei, die eine Kündigung der Personenfreizügigkeit befürwortet. Diese Runde so zusammenzustellen ist sachgerecht, da sie die politische Realität in der Schweiz abbildet. Allerdings wäre es nicht ausgewogen, wenn der oder die Vertreterin der SVP nicht jeweils auf rhetorische Angriffe der VertreterInnen der anderen Bundesratsparteien reagieren dürfte. Würde man nun die Redezeit stoppen, hätte die VertreterIn der SVP in dieser Sendung vermutlich mehr Raum als die VertreterInnen der anderen Parteien eingenommen, ohne dass dies zu einer Unausgewogenheit geführt hätte. Daher verzichtet die Redaktion in regulären Sendungen auf eine Zeitmessung einzelner Voten.

Nebst den Redezeiten beanstandet Herr X das satirische Protokoll von Patti Basler am Ende dieser Sendung. Wir sind uns bewusst, dass die Meinungen über die Qualität des Protokolls durchaus auseinandergehen. Die Rückmeldungen, welche wir seitens Gäste und Zuschauerinnen und Zuschauer erhalten, sind jedoch grossmehrheitlich positiv. Ob einem dieses Protokoll aber gefällt oder nicht, ist letztlich Geschmackssache.

Der Beanstander kritisiert jedoch zusätzlich, dass dieses Protokoll – wenn überhaupt – nicht im Rahmen der <Arena>, sondern in anderen Sendegefässen stattfinden sollte. Patti Basler ist zwar während der ganzen Sendung im Studio, ihre Darbietung des Protokolls findet jedoch am Schluss der Sendung statt. Zudem wird das Protokoll von der Moderation jeweils klar von der vorhergehenden politischen Debatte abgegrenzt. Insofern stellen die Äusserungen von Frau Basler im Rahmen ihres Protokolls unseres Erachtens kein Problem für die Ausgewogenheit der Sendung dar, zumal für die Protokollantin der <Arena> die Kunstfreiheit der Satire gilt (Schlussbericht der Ombudsstelle, Nr. 5688).[3]

Aufgrund obiger Ausführungen bitte ich Sie die Beanstandung von Herrn X zur «Arena» vom 08. Februar «Heidis Heimatland?» nicht zu unterstützen.

Für Nachfragen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Ich habe mir diese Sendung sehr genau angeguckt. Man könnte kritisieren, dass die Votanten immer wieder vom Thema abgeschweift sind, das da lautete, was eigentlich die Identität der Schweiz sei. Man unterschied zu wenig zwischen den Werten, die die Schweiz mit den anderen europäischen, ja westlichen Ländern teilt (wie Menschenrechte, Demokratie, Rechtsstaat, Gewaltenteilung, christlich-jüdisch-abendländische Tradition), und den Werten, die sie von anderen Ländern unterscheidet, nämlich einerseits die schweizerische politische Kultur (direkte Demokratie, Minderheitenschutz, Milizsystem, Konkordanz, Toleranz, Respektierung der Andern) und anderseits die historisch-kulturellen Charakteristika des Landes (vier Sprachkulturen, Föderalismus, hoher Arbeitsethos, Präzisionsindustrie). Davon einmal abgesehen, waren aber alle vier Gäste vorne an den Pulten – Nationalrat Andreas Glarner (SVP, Aargau), Grossrätin und Ständeratskandidatin Marianne Binder (CVP, Aargau), Kabarettist Mike Müller sowie Nationalrätin und Fraktionschefin Tiana Angelina Moser (GLP, Zürich) – auf ihre Art gut. Alle konnten ihre Sicht der Dinge darlegen. Geärgert hat mich nur die verbissene Art der Jungsozialistin Ronja Jansen in der ersten Reihe hinter den Pulten.

Sie erhoben im Wesentlichen zwei Vorwürfe:

1. Die «Linken und Grünen» hätten mehr Anteil an der Redezeit gehabt.

2. Das satirische Protokoll von Patti Basler habe nichts in dieser Sendung zu suchen.

Frau Egli hat zu den Vorwürfen ausführlich Stellung genommen, und ich kann mich ihr vollumfänglich anschließen. Bloß zwei Bemerkungen möchte ich noch machen:

1. Es erstaunt, wie selbstverständlich Sie die Grünliberalen den Linken zurechnen. Es gab in den achtziger/neunziger Jahren innerhalb der FDP Ökoliberale. Zu ihnen zählten beispielsweise Elisabeth Kopp, René Rhinow, Otto Schoch, Gilles Petitpierre, Andreas Iten, Lilli Nabholz und einige andere. Sie vertraten das, was heute die Grünliberalen vertreten. Gleichwohl waren sie Bürgerliche. Es sind eben nicht alle Grünen Linke und nicht alle Linken grün.

2. Patti Basler mag mit ihrem Stil nicht allen gefallen. Aber es ist bewundernswert, wie es ihr gelingt, während der Sendung die Diskussion satirisch so zusammenzufassen, dass am Schluss ein gereimter Text vorliegt. Das ist eine phänomenale Begabung, und es ist meines Erachtens nichts dagegen einzuwenden, dass eine Sachdiskussion auf diese Weise einen satirischen Schlusstupfer kriegt.

Zusammenfassend kann ich Ihre Sicht auf die beanstandete «Arena»-Sendung, die Sie als schwach, Schmuddel, TV-Schrott bezeichnen, überhaupt nicht teilen und folglich Ihre Beanstandung nicht unterstützen.

Zum Schluss noch dies: Sie beklagen, dass die SRG nach der No-Billag-Abstimmung überhaupt nichts gelernt habe. Mit Verlaub: Ich möchte Sie sachte daran erinnern, dass Volk und Stände die No-Billag-Initiative nicht etwa angenommen und auch nicht knapp abgelehnt, sondern deutlich verworfen haben, nämlich mit einer Mehrheit von 71,6 Prozent der Stimmen und mit dem einstimmigen Nein aller Kantone.[4]Gleichwohl hat die SRG Umstrukturierungen beschlossen und Sparmassnahmen ergriffen. Sie können übrigens die «Arena»-Sendung gerne auch dem Presserat vorlegen. Er wird vermutlich nicht auf die Beschwerde eintreten, weil Sie bereits ein Verfahren vor der Ombudsstelle und der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) angestrengt haben. Und wenn, dann wird er sich auf eine medienethische Beurteilung der Sendung beschränken.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussberichtgemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Roger Blum, Ombudsmann

[1]https://www.srf.ch/sendungen/arena/heidis-heimatland

[2]https://www.smartvote.ch/downloads/edu/sv_edu_parteienportraet_glp_de_CH.pdf

[3]https://www.srgd.ch/de/aktuelles/news/2019/02/07/arena-zum-thema-ein-pakt-fur-migranten-beanstandet-i/

[4]https://www.bk.admin.ch/ch/d/pore/va/20180304/index.html

Tags

Alle Schlussberichte der Ombudsstelle jetzt ansehen

Kommentar

Bitte beachten Sie, dass Ihr Kommentar inkl. Name in unserem LINK-Magazin veröffentlicht werden kann

Leider konnte dein Kommentar nicht verarbeitet werden. Bitte versuche es später nochmals.

Ihr Kommentar wurde erfolgreich gespeichert und wird nach der Freigabe durch SRG Deutschschweiz hier veröffentlicht

Weitere Neuigkeiten