«Tagesschau»-Beitrag «Schützen werben für neues Waffenrecht beanstandet (II)

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Mit Ihrer E-Mail vom 5. März 2019 beanstandeten Sie die «Tagesschau» (Fernsehen SRF) vom 3. März 2019 und dort den Beitrag «Schützen werben für neues Waffenrecht».[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann daher darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Am Sonntag 03.03.19 erklährte ein Nationalrat der GLP, mit Name Herr Flach Beat, die Situation mit dem Waffenrecht. Die Erklärung finden Sie in der Tagesschau vom 03.03.19 19:30 Uhr.

Ich habe hierzu mehrere Fragen und Beanstandungen:

  • Laut diversen Organisationen ist Herr Flach in keinem Schiessverein gelistet, somit kann er sein ‘Hobby’ als Sportschütze gar nicht legal ausüben. Auch habe Herr Flach seit 10 Jahren an keinem ausserordonanzlichen Schiessen teilgenommen. Wie auch ohne Mitgliederschaft? Hat das SRF seine Angaben überprüft?
  • Herr Flach spricht von einem Formular welches man ausfüllen muss. Was ist dies für ein Formular? Geht es um eine Registrierung oder einen Waffenerwerbsschein? Die schweizer Ordonanzwaffen sind bereits heute alle beim Bund registriert.
  • Bei der Beschaffung eines neuen ‘Sturmgewehres’ braucht es nicht nur irgendein Formular. Heutiger Stand: Strafregisterauszug, Antrag eines Waffenerwerbsscheins, Prüfung durch Behörde. Nur wenn die polizeilichen Behörden dies genehmigen, wird der Waffenerwerbsschein ausgestellt. Dadurch dass ein Exemplar zurück an die Behörden muss, ist die Registrierung sichergestellt.
  • Die Aussage, dass es kaum relevante Änderungen für Schützen allgemein gibt, ist schlicht gelogen.

Falls die genannten Punkte den Tatsachen entsprechen, möchte ich noch ein abschliessende Frage stellen: Darf ein Nationalrat wärend der Tagesschau, durch unser Staatsfernsehen lügen an die Bevölkerung verbreiten? Ich bitte Sie die Punkte zu prüfen und hoffe auf ein feedback.»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für die «Tagesschau» antwortete Herr Franz Lustenberger, ehemaliger stellvertretender Redaktionsleiter:

«Mit Mail vom 5. März 2019 hat Herr X eine Beanstandung gegen die Tagesschau vom 3. März eingereicht. In der Beanstandung geht es um die Bezeichnung von NR Beat Flach als ‘begeisterter Sportschütze’, der ‘um sein Hobby keine Angst hat’.

Fokus des Beitrags

Das Referendum gegen den Bundesbeschluss vom 28. September 2018 über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Richtlinie (EU) 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands) wurde im Wesentlichen von der Interessengemeinschaft Schiessen Schweiz (IGS) lanciert. Dieser Interessengemeinschaft gehören verschiedene Verbände und Vereinigungen aus dem Schiess- und Militärwesen an.[2] Auf der der Pro-Seite hat sich ein Komitee aus Jäger und Schützen formiert, das für die Vorlage eintritt. NR Beat Flach ist Co-Präsident dieses Komitees.[3] Dieser Vorgang, eine Kontroverse innerhalb der Schützen und Jäger zum revidierten Waffenrecht, ist berichtenswert. Dies wird auch vom Beanstander nicht bestritten.

Sachlich wird der wesentliche Inhalt der Vorlage mittels Grafik dargestellt. Beide Seiten – NR Beat Flach als Vertreter des Komitees für ein modernes Waffenrecht und Thomas Steiger als Präsident eines am Referendum beteiligten Verbandes können ihre Argumente darlegen. Auch die gewählte Bildsprache ist ‘ausgewogen’; beide Protagonisten hantieren an ihren Waffen. Sie werden damit mit absolut gleichwertigen Handlungen dargestellt. Das Publikum kann sich unvoreingenommen eine Meinung zur Kontroverse innerhalb der Schützen und Jäger bilden.

‘Sportschütze’

Nationalrat Beat Flach ist Mitglied des Komitees ‘Jäger und Schützen für ein modernes Waffenrecht.’ Er hat im Vorgespräch zum Dreh über seine Freude am Schiessen gesprochen; die Reporterin konnte seine Begeisterung für den Schiesssport spüren. Die Tagesschau konnte und musste zum Zeitpunkt des Drehs daher davon ausgehen, dass im Komitee auch tatsächlich Schützen und Jäger vereinigt sind und dass NR Beat Flach mehr oder weniger regelmässig schiesst. Wann ist ein Schütze ein «richtiger Schütze»?

Wenn die Tagesschau gewusst hätte, dass NR Beat Flach schon länger nicht mehr geschossen hat, hätte die Tagesschau dies aktiv kommuniziert oder ihn damit konfrontiert. Nachdem bei der Redaktion einige Mails eingegangen sind, hat der verantwortliche Journalist bei NR Beat Flach nachgefragt und per mail folgende Antwort erhalten: <Ich habe sicher nichts unwahres gesagt... Ich habe zwei Gewehre und mehrere Kurzwaffen. Ich habe mit dem Sturmgewehr vermutlich vor 10 Jahren zuletzt geschossen und mit der Pistole vor ca. 8 Jahren. Ich weiss aber nicht, ob das jetzt sooo wichtig ist.>

NR Beat Flach zählt sich als Waffenbesitzer zu den Schützen. Die Bezeichnung ‘Sportschütze’ kann in Schützenkreisen missverständlich sein, da NR Beat Flach in der Vereins- und Verbandsregistration (VVA) nicht als ‘aktiv’ registriert ist. Diese persönlichen Daten sind allerdings nicht öffentlich, sondern beim Verband hinterlegt. Die Tagesschau hat nie gesagt, dass NR Beat Flach aktiver Schütze und Mitglied in einem Verein sei.

Kampagne

Der Fokus des Beitrages liegt wie anfänglich dargelegt auf der Auseinandersetzung innerhalb der Schützen und Jäger. In einem Tagesschau-Beitrag von knapp 2 Minuten kann schon aus Zeitgründen nicht auf alle Details der Registrierung und des formellen Ablaufs beim Waffenerwerb eingegangen werden. Die vertiefte inhaltliche Auseinandersetzung findet in der Abstimmungsarena statt; in dieser prallen die Argumente Pro und Contra in der ganzen Breite aufeinander.

Ob die Änderungen mit dem neuen Waffenrecht für Schützen relevant sind oder nicht, ist letztlich eine persönliche Abwägung, welche jede einzelne Stimmbürgerin und jeder einzelne Stimmbürger vornehmen muss. Eine solche Beurteilung von Anfang als Lüge zu bezeichnen verhindert den politischen Diskurs.

Fazit

Die Bezeichnung von NR Beat Flach als ‘begeisterter Sportschütze’ kann missverstanden werden.

Der Beitrag als Ganzes vermittelt aber eine ausgewogene Sicht auf zwei Personen, die Waffen besitzen und zur kommenden Abstimmung unterschiedlicher Meinung sind. Beide Seiten werden gleichwertig behandelt. Das Publikum konnte sich zum Fokus des Beitrages eine Meinung bilden.

Ich bitte Sie, die Beanstandung in diesem Sinne zu beantworten.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Die «Tagesschau» hatte beste Absichten mit diesem Beitrag. Er war in sich ausgewogen. Aber die «Tagesschau» ist hereingelegt worden: Ein Sportschütze muss in der Schweiz einem Schützenverein angehören und aktuell (nicht vor 10 Jahren) regelmässig am Feldschießen und am «Obligatorischen» teilnehmen. Diese Bedingung erfüllt Nationalrat Beat Flach nachweislich nicht. Er kann darum nicht mit dem Sturmgewehr hantieren und so tun, als schösse er regelmäßig damit. Die Fehlinformation entstand zwar nicht durch Verschulden der «Tagesschau», aber die muss die Verantwortung dafür tragen. Deshalb unterstütze ich Ihre Beanstandung.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen,
Roger Blum, Ombudsmann

[1] https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/tagesschau-vom-03-03-2019-1930?id=3306661e-95a9-4294-af67-014e1a9758a4

[2] https://eu-diktat-nein.ch/komitee/

[3] https://modernes-waffenrecht.ch/

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