Ausstrahlung des Songs «Pam Pam» von «Azet & Zuna» beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 18. März 2019 beanstandeten Sie die Ausstrahlung des Songs «Pam Pam» von «Azet & Zuna» im Programm von Radio SRF 3 vom 17. März 2019.[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann daher darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Untenstehender Song [2] mit gewaltverherrlichendem bzw. gewaltverharmlosendem Text und Ton (Ladebewegungen und Schusssalven deutlich hörbar) wurde gestern um ca. 14h auf SRF3 ausgestrahlt. Ich beanstande diese Tatsache (nicht nur aufgrund zeitlicher Parallelität mit Attentat in Neuseeland) und bitte Ihre Ombudsstelle, den Sachverhalt zu prüfen und die künftige Ausstrahlung zu unterbinden. Der Sender hat eine Verantwortung gegenüber der Jugend. Ich habe die Ausstrahlung per Online-Formular auch direkt beim Sender beanstandet und eine Erklärung/Stellungnahme gewünscht.»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für Radio SRF 3 schrieb Herr Michael Schuler, Leiter der SRF Fachredaktion Musik:

«Mit Mail vom Montag, 18. März 2019 beanstandet Herr X die Ausstrahlung eines Songs in der Schweizer Hitparade, nämlich des Songs <Pam Pam> von <Azet & Zuna>:

Zum gesellschaftlichen Umfeld und zur Relevanz des Songs

Azet gehört zur KMN Gang, die aus Dresden stammt. Bereits nach Veröffentlichung seines Debütalbums (Nummer 1 in Deutschland, Österreich und in der Schweiz) hat Azet sich immer wieder kritisch zu Pegida Demonstrationen in Interviews geäussert und über sein Leben als Ausländer (Azet stammt ursprünglich aus dem Kosovo) in Dresden erzählt.

Azet und Zuna reimen im beanstandeten Song über das Leben auf der Strasse, z.B. <Schule war gut, doch die Strasse war besser>. Die beiden Rapper möchten mit dem Song ihr Image als ‘Gangster-Rapper’ untermauern. Sie erzählen dazu in überspitzter und klischierter Form vom fiktiven Strassen-Leben als Gangmitglied im Kampf mit anderen Gangs. Ein direkter oder konkreter inhaltlicher Zusammenhang mit Terroranschlägen oder mit rassistisch motivierten Gewaltverbrechen ist aus unserer Sicht nicht gegeben.

<Er will Stress, doch ich kill' ihn, bam-bam (ey)
Mit der Neunmilli-milli, bam-bam
Alle meine Jungs in der City, bam-bam (ey)
Mit der Neunmilli-milli, bam-bam>

Im deutschsprachigen Raum sind seit geraumer Zeit Songs mit ähnlich massiven Texten enorm erfolgreich vor allem beim jüngeren Publikum. Ein Publikum, das im Übrigen das ‘Spiel’ mit der Grenzüberschreitung als Abgrenzung zu den ‘Erwachsenen’ regelrecht zelebriert und ihre Idole dafür feiert und liebt.

Genauso wie die heute Erwachsenen dies in ihrer Jugend auch mit den damaligen Grenz-überschreitungen ihrer Idole gehalten hat. Primäre Abgrenzungs-Themen waren damals eher Sexualität, Drogen und die engen Normen der bürgerlichen Welt oder der Vietnamkrieg. Heute wie damals können die jugendlichen Fans und Käufer der Songs sehr wohl zwischen übertriebener künstlerischer Darstellung in Songs und der eigenen Realität unterscheiden.

Zum Umgang mit solchen Songs bei Radio SRF 3

Sie kommen im normalen Lauf-Programm nicht vor , weil das erwachsene Zielpublikum von SRF 3 seine Abgrenzungsphase bereits abgeschlossen hat. SRF 3 spielt aber in der Hitparade der kommerziell erfolgreichsten Musikstücke immer alle Titel der Top 30, solange sie keinen strafrechtlichen Inhalt transportieren. Bei Songs mit anstössigen Inhalten hat die Moderation der Hitparade die redaktionelle Pflicht, darauf vorher hinzuweisen. Dies hat der Moderator in diesem Fall leider nicht gemacht.

Damit sich dies in Zukunft nicht mehr wiederholt, weist die Fachredaktion Musik bei entsprechenden Songs in der Hitparade durch eine Text-Notiz direkt vor dem Song im Ausspielsystem die Moderation darauf hin, dass das Publikum auf die expliziten Texte aufmerksam gemacht werden muss.

Zusammenfassend halten wir fest, dass der beanstandete Song keine strafrechtlichen Normen verletzt, sehr wohl aber - als bewusstes Stilmittel der Abgrenzung - die politische Korrektheit verletzt. Damit solche Lieder in der Hitparade nicht unvermittelt zum Publikum kommen, ist es die Pflicht der Moderation immer vorher darauf hinzuweisen, sie allenfalls auch nach dem Stück noch zusätzlich einzubetten. Dies ist im beanstandeten Fall als Unterlassung nicht passiert, was wir sehr bedauern. Mit der oben erwähnten Massnahme sollte dies nicht mehr möglich sein. Das heisst, dass wir den beanstandeten Song mit den erwähnten Massnahmen verbunden bei einer Hitparadenplatzierung in den Top 30 weiterhin ausstrahlen. Wir ziehen also eine Zensur für den Titel (wie auch für viele ähnlich gelagerte Musikstücke) weiterhin nicht in Betracht.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Zunächst muss ich gestehen, dass ich beim Anhören des Songs «Pam Pam» den Liedtext rein akkustisch gar nicht verstehe. Ich bekomme nur Wort- und Satzfetzen mit und kriege überhaupt keinen Zusammenhang. Ich nehme den Song als rein musikalisches Erlebnis wahr. Und auch wenn ich dann den Liedtext nachschlage, ist mir immer noch nicht vollends klar, was der Autor eigentlich erzählen will. Ich verstehe bloß, dass er eine Neunmillimeter-Knarre hat, jemanden umbringt und immer wieder nachlädt. Mehr als Gedankenfetzen bleiben nicht haften.

Unbestreitbar ist aber, dass der Song Gewalt verherrlicht. Die Frage ist, ob auch der Sender Gewalt verherrlicht, wenn er einen Song ausstrahlt, der Gewalt verherrlicht. Artikel 4 des Radio- und Fernsehgesetzes sagt in Absatz 1:

Alle Sendungen eines Radio- oder Fernsehprogramms müssen die Grundrechte beachten. Die Sendungen haben insbesondere die Menschenwürde zu achten, dürfen weder diskriminierend sein noch zu Rassenhass beitragen noch die öffentliche Sittlichkeit gefährden noch Gewalt verherrlichen oder verharmlosen.[3]

Ob also Radio SRF 3 durch die Ausstrahlung selber Gewalt verherrlicht oder zumindest verharmlost hat, müsste die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) entscheiden. Tatsache ist, dass der Song populär ist. Es gehört zur Aufgabe der Medien, über die gesellschaftlichen Phänomene zu berichten, auch darüber, dass gewaltverherrlichende Songs vor allem in der jungen Bevölkerung beliebt sind. Ich komme daher zum Schluss, dass es nicht falsch war, den Song auszustrahlen, aber dass es ein Fehler war, ihn nicht zu kommentieren und einzubetten. In diesem Sinne kann ich Ihre Beanstandung teilweise unterstützen. Gleichzeitig begrüsse ich die Massnahmen, die die Fachredaktion Musik ergriffen hat, um zu gewährleisten, dass Gleiches oder Ähnliches nicht mehr passiert.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Roger Blum, Ombudsmann

[1]

[2] https://genius.com/Azet-and-zuna-pam-pam-lyrics

[3] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20001794/index.html

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